Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 29.05.2017, Az.: 8 C 2320/17

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.05.2017
Aktenzeichen
8 C 2320/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53664
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen und Antragsteller beantragen, im Sommersemester 2017 zum Studium der Humanmedizin bei der Antragsgegnerin außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl in einem höheren als dem Eingangssemester zugelassen zu werden. Einige Antragstellerinnen und Antragsteller beanspruchen darüber hinaus hilfsweise die Zulassung zum Studium beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt.

Die Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 5., 11. bis 19., 22. und 23. verfolgen ihre vorläufige Zulassung zum Studium im 4., hilfsweise einem niedrigeren Fachsemester. Die übrigen Antragstellerinnen und Antragsteller begehren ihre vorläufige Zulassung im 2. und zum Teil hilfsweise im 1. Fachsemester.

Die Antragstellerinnen und Antragsteller legen zur Glaubhaftmachung ihres jeweiligen Ausbildungsstandes Anrechnungsbescheide deutscher Behörden vor, mit denen aus anderen Studiengängen oder aus Auslandsstudien ein bestimmter Ausbildungsstand bescheinigt worden ist.

Zur Antragsbegründung rügen die Antragstellerinnen und Antragsteller die unzureichende Kapazitätsauslastung bei der Antragsgegnerin im Studiengang Humanmedizin.

Die Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 5., 11. bis 19., 22. und 23. beantragen,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, sie im Sommersemester 2017 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 4. Fachsemester zuzulassen,

hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, sie im Sommersemester 2017 vorläufig zum Studium der Humanmedizin in einem niedrigeren als dem 4. Fachsemester zuzulassen.

Die übrigen Antragstellerinnen und Antragsteller beantragen, teilweise sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, sie im Sommersemester 2017 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 2. Fachsemester zuzulassen,

teilweise beantragen sie hilfsweise,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, sie im Sommersemester 2017 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester zuzulassen.

Teilweise beantragen die Antragstellerinnen und Antragsteller zusätzlich hilfsweise sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, sie im Sommersemester 2017 beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt vorläufig zum Studium der Humanmedizin zuzulassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Die Antragsgegnerin nimmt im Einzelnen zur Frage der Zulässigkeit der Rechtsschutzanträge Stellung und vertritt unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen in den vorangegangenen Verfahren bezüglich des Wintersemesters 2016/2017 und ihre Beschwerden gegen den Beschluss der Kammer vom 14.12.2016 - 8 C 4707/16 u.a. - die Auffassung, dass der § 17 Abs. 2 Nds. KapVO nicht nichtig sei und die Aufnahmekapazität des Studiengangs mit der festgesetzten Zulassungszahl von 270 auch im Sommersemester erschöpft sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Anträge sind gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zulässig und teilweise begründet.

I. Begründet sind die Rechtsschutzanträge der Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 5., 11. bis 14. und 17. (Az. 8 C 3143/17, 8 C 3179/17, 8 C 3182/17,8 C 3562/17, 8 C 3566/17und 8 C 3575/17) mit denen diese ihre vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 4. Fachsemester beantragen.

§ 2 Satz 1 der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2016/2017 und zum Sommersemester 2017 - ZZ-VO 2016/2017 - (vom 23.6.2016, Nds. GVBl. S. 117) regelt, dass ein im ersten Semester zulassungsbeschränkter Studiengang auch in höheren Semestern zulassungsbeschränkt ist. Sind - wie im Fall des Studiengangs Humanmedizin bei der Antragsgegnerin - für höhere Semester keine besonderen Zulassungsbeschränkungen nach § 4 Abs. 2 NHZG festgesetzt, ergibt sich die jeweilige Zulassungszahl für jedes höhere Semester aus der Differenz zwischen der Zulassungszahl für Studienanfängerinnen und Studienanfänger einerseits und der Zahl der Studierenden nach Ablauf der Rückmeldefrist für das entsprechende höhere Semester andererseits, § 2 Satz 2 ZZ-VO 2016/2017. Für Studienbewerber, die wie die o.a. Antragstellerinnen und Antragsteller zum Sommersemester 2017 in einem höheren Fachsemester mit gerader Zahl zugelassen werden wollen, gilt dabei nach § 2 Satz 3 Nr. 2 b) ZZ-VO 2016/2017 die Zulassungszahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger des vorangegangenen Wintersemesters, also des Wintersemesters 2016/2017.

Diese ist in der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 ZZ-VO 2016/2017 für das vergangene Wintersemester für den Studiengang (Human-) Medizin bei der Antragsgegnerin auf 270 festgesetzt worden. Die Kammer hat sich mit der zu dieser Zulassungszahl führenden Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin in den Gründen ihres den Beteiligten bekannten Beschlusses vom 14.12.2016 - 8 C 4707/16 u.a. - eingehend auseinandergesetzt. Sie ist dabei in Anlehnung an den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24.10.2016 (2 NB 35/16) zu der Überzeugung gelangt, dass der § 17 Abs. 2 Nds. KapVO wohl rechtswidrig und damit nichtig seien dürfte. Nach einem für angemessen erachteten Sicherheitsaufschlag von 7,5 % auf die bisherigen Studienplätze ist die Kammer von einer Kapazitätsgrenze von insgesamt 290 Studienplätzen ausgegangen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des Beschlusses vom 14.12.2016 verwiesen.

Die Kammer hält in Kenntnis der von der Antragsgegnerin dagegen erhobenen rechtlichen Einwendungen an dieser Bewertung fest.

Da nach dem schriftlichen Vortrag der Antragsgegnerin und den vorgelegten Immatrikulationslisten von der nach der Entscheidung der Kammer vom 14.12.2016 abgeschätzten Ausbildungskapazität von 290 Studienplätzen gegenwärtig 275 Studienplätze mit Studierenden im 4. Fachsemester besetzt sind, stehen für eine vorläufige Zulassung der Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 5., 11. bis 14. und 17. im 4. Fachsemester eine ausreichende Anzahl von Studienplätzen zur Verfügung.

Dagegen sind die auf eine vorläufige Zulassung im 4. Fachsemester abzielenden Hauptanträge der Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 15., 16., 18., 19., 22. und 23 (8 C 3567/17, 8 C 3571/17, 8 C 3579/17, 8 C 3669/17, 8 C 3791/17 und 8 C 3873/17) mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abzulehnen. Diese Antragstellerinnen und Antragsteller haben trotz gerichtlicher Aufforderung und Fristsetzung nicht durch Vorlage entsprechender Leistungs- oder Ausbildungsnachweise bzw. eines Anrechnungsbescheides glaubhaft gemacht, dass sie die persönlichen Voraussetzungen für ein der Studienordnung des Modellstudiengangs entsprechendes Studium im 4. Fachsemester erfüllen. Nach den vorgelegten Nachweisen erfüllen sie lediglich die Voraussetzungen für ein Studium im 3. Fachsemester.

Mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs unbegründet und insoweit abzulehnen sind auch die Hilfsanträge der Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 15., 16., 18., 19., 22. und 23., soweit diese hilfsweise ihre vorläufige Zulassung zum Studium in einem niedrigeren als dem 4. Fachsemester und damit auch im 3. Fachsemester beantragen. Denn im Sommersemester 2017 findet die Ausbildung in einem 3. Fachsemester nicht statt. Für den bei der Antragsgegnerin eingerichteten Studiengang Humanmedizin ist eine Zulassungsbeschränkung vorgesehen, die im Sommersemester keine freien Studienplätze für Erstsemester und höhere Fachsemester mit ungerader Zahl vorsieht (Zulassungszahl Null). Durch dieses fortlaufend praktizierte und in der Studienordnung für den Studiengang Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule C-Stadt (vom 15.07.2015) rechtlich verankerte Prinzip des Studienjahres bedingt weist die Anlage 1 zu § 1 der ZZ-VO 2016/2017 auch für das Sommersemester 2017 als Zulassungszahl „Null“ aus. Diese Zulassungszahl ist nach § 2 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a) der ZZ-VO 2016/2017 für die Fachsemester mit ungerader Zahl bindend. Ein Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium im 3. Fachsemester besteht daher im Sommersemester nicht.

II. Die übrigen, nicht in Ziffer I. der Beschlussformel genannten, auf ein Medizinstudium im 2. Fachsemester abzielenden Haupt- und Hilfsanträge der Antragstellerinnen und Antragsteller sind nur nach Maßgabe des angeordneten Los- und Nachrückverfahrens begründet.

Die Antragsgegnerin hat mit der Vorlage der Immatrikulationsliste glaubhaft gemacht, dass 285 Studierende im Sommersemester 2017 mit dem 2. Fachsemester immatrikuliert sind. Angesichts der nach § 2 Satz 3 Nr. 2 b) ZZ-VO 2016/2017 auch für das 2. Fachsemester maßgebenden Zulassungszahl von 290 Studienanfängern (s.o.) verbleiben fünf Studienplätze, die auf die übrigen 28 Antragstellerinnen und Antragsteller, zu verteilen sind.

III. Die für die Verfahren der Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 5., 11. bis 14. und 17. (Az. 8 C 3143/17, 8 C 3179/17, 8 C 3182/17,8 C 3562/17, 8 C 3566/17 und 8 C 3575/17) getroffene Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die in den übrigen Verfahren getroffenen Kostenentscheidungen folgen aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, wobei in den Verfahren der Antragstellerinnen und Antragsteller zu Nrn. 15., 16., 18., 19., 22. und 23. (8 C 3567/17, 8 C 3571/17, 8 C 3579/17, 8 C 669/17, 8 C 3791/17 und 8 C 3873/17) berücksichtigt wird, dass ihre Rechtschutzbegehren jeweils nur mit den Hilfsanträgen Erfolg haben. Bezüglich der übrigen Antragstellerinnen und Antragsteller berücksichtigt die Kostenentscheidung die rechnerische Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs bei der Verlosung der fünf zu vergebenden Studienplätze bei 28 Bewerberinnen und Bewerbern.

IV. Die Festsetzung der Streitwerte beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des jeweils festgesetzten Streitwertes orientiert sich gemäß §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG an dem gesetzlich vorgesehenen Auffangwert von 5.000 Euro.