Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 23.05.2017, Az.: 3 A 10723/14

Erziehungsstelle; Feststellungsklage; Leistungsklage; pädagogisches Personal; Pflegeperson; Pflegeverhältnis

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
23.05.2017
Aktenzeichen
3 A 10723/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53905
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur gerichtlichen Klärung eines Streits zwischen zwei Jugendhilfeträgern über die Frage, ob eine Bearbeitungszuständigkeit gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII eingetreten ist, ist eine darauf gerichtete Feststellungsklage nach § 43 VwGO gegenüber einer Leistungsklage auf - erweiterte - Kostenerstattung nach § 89c Abs. 2 SGB VIII als effektivere Klageart zulässig.

2. Ein "Leben bei einer Pflegeperson" im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII kann auch dann vorliegen, wenn ein Kind gem. §§ 27, 34 SGB VIII in einer von einem freien Jugendhilfeträger betriebenen "Erziehungsstelle" untergebracht ist, in der zusätzlich zur Leitungsperson weiteres pädagogisches Personal zeitanteilig beschäftigt wird. Maßgebend ist auch in einem solchen Fall allein, ob die "Erziehungsstelle" zugleich den privaten Haushalt der Leitungsperson abbildet und das Kind in seinem Lebensalltag in diesen integriert ist.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden ist.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte gemäß § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII für die Bearbeitung des Hilfefalles A. örtlich zuständig ist.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 8/9 und die Beklagte 1/9.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin kann eine Vollstreckung der jeweiligen Vollstreckungsgläubigerin mittels Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte für die Bearbeitung des Jugendhilfefalls des minderjährigen A. örtlich zuständig ist.

Der am B. geborene C. ist das leibliche Kind der Frau D. (KM) und des Herrn Thomas B. (KV). Die Eltern lebten voneinander getrennt. Beide waren suchtmittelabhängig. Bevor Frau E. am 15.08.2011 verstarb, war sie für C. allein sorgeberechtigt. Mit Urkunde vom 01.02.2007 wurde die Vaterschaft des Herrn F. für C. rechtskräftig festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt verbüßte der KV eine Strafe in der JVA Berlin. Nachdem der KV zwischenzeitlich im Bereich des Beigeladenen gelebt hatte, zog er am 01.08.2014 nach Berlin um, wo er am G. verstarb.

Auf Antrag der KM gewährte die Klägerin mit Bescheid vom 04.08.2006 ab dem 19.07.2006 für C. Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII in einer Bereitschaftspflegefamilie. Im Zeitpunkt des Hilfebeginns hatte die KM ihren gewöhnlichen Aufenthalt (gA) im Bereich der Klägerin. Auf weiteren Antrag der KM vom 17.01.2007 gewährte die Klägerin für C. ab dem 05.03.2007 Hilfe zur Erziehung in Form von Heimerziehung oder einer sonstigen betreuten Wohnform gem. § 34 SGB VIII. Am 05.03.2007 wechselte das Kind aus der Bereitschaftspflegestelle in die Erziehungsstelle H. in C..

Am 12.04.2007 trat die KM zur Verbüßung einer Haftstrafe in die JVA Langenhagen ein. Am 03.05.2007 wurde sie in die JVA Vechta und am 24.05.2007 in die JVA I. verlegt. Wegen des geschützten Aufenthalts der KM in der JVA übernahm die damals als örtliche Jugendhilfeträgerin tätige Stadt I. den Fall zum 01.02.2008 in die eigene Zuständigkeit und gewährte der KM für C. mit Bescheid vom 03.03.2008 ab dem 01.02.2008 bis längstens zur Volljährigkeit Hilfe zur Erziehung in Form von Heimerziehung oder einer sonstigen betreuten Wohnform gem. § 34 SGB VIII in der Erziehungsstelle H.. Am 10.09.2008 wurde die KM aus der Strafhaft entlassen und nahm anschließend bis zum 04.01.2009 in der Klinik J. in K. eine vollstationäre Therapie in Anspruch. Am 05.01.2009 wechselte sie in eine Adaptionseinrichtung in K..

Zum 01.06.2009 übernahm die Klägerin den Fall „C.“ erneut in ihre örtliche Zuständigkeit gem. § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII. Auf Antrag der KM gewährte sie mit Bescheid vom 23.06.2009 ab dem 01.06.2009 bis auf weiteres (längstens bis zur Volljährigkeit) für den jungen Menschen Hilfe zur Erziehung in Form von Heimerziehung oder einer sonstigen betreuten Wohnform gem. § 34 SGB VIII. Das Kind verblieb weiterhin in der Erziehungsstelle.

Mit Schreiben vom 17.01.2011 teilte die Stadt I. der Klägerin mit, dass der KV in 31137 I. in einem Obdachlosenasyl wohne und sich dort auch aufhalte.

Mit Schreiben vom 09.11.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie, die Beklagte, durch das Amtsgericht Neustadt für C. zum Vormund bestellt worden sei.

Nach dem Tod der KM am 15.08.2011 bat die Klägerin die Stadt I. mit Schreiben vom 18.08.2011 unter Hinweis auf § 86 Abs. 1 SGB VIII um Übernahme des Jugendhilfefalls. Sie, die Klägerin, werde weiter gem. § 86 c SGB VIII leisten und ab dem Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels Kostenerstattung gem. § 89 c SGB VIII geltend machen. Mit Schreiben vom 27.02.2012 lehnte die Stadt I. die Übernahme des Falls zum 01.03.2012 ab. Laut Urteil des BVerwG‘s vom 01.09.2011 - 5 C 20.10 - sei § 86 Abs. 6 SGB VIII auch bei Hilfen gem. §§ 27, 34 SGB VIII anzuwenden, wenn es sich um eine Erziehungsstelle handele. C. lebe in der Erziehungsstelle H. in 31535 Neustadt. Es sei deshalb gem. § 86 Abs. 6 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit der Beklagten gegeben.

Daraufhin bat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 22.03.2012 um Übernahme des Hilfefalls. Das Kind lebe seit dem 18.09.2009 mit Langzeitperspektive in der Erziehungsstelle H.. Nach der Rechtsprechung des BVerwG‘s bestehe ihre Zuständigkeit gem. § 86 Abs. 6 SGB VIII. Sie, die Klägerin, leiste gem. § 86 c SGB VIII weiter und mache ab dem Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels gem. § 89 c SGB VIII Kostenerstattung geltend. Mit weiterem Schreiben vom 26.07.2012 meldete die Klägerin bei der Beklagten gem. § 89 c SGB VIII ab dem 16.08.2011 (also ab dem Tag nach dem Tod der KM) einen Kostenerstattungsanspruch an.

Mit Schreiben vom 09.08.2012 lehnte die Beklagte die Fallübernahme ab und führte an, das BVerwG stelle in seinem Urteil vom 01.09.2011 klar, dass die Sonderzuständigkeit gem. § 86 Abs. 6 SGB VIII nicht an der Hilfeart der Vollzeitpflege, sondern an dem Begriff der Pflegeperson festzumachen sei. C. lebe in der Erziehungsstelle H., die dem L. (D. angegliedert sei. Nach der Betriebserlaubnis vom 23.01.2012 würden in dieser Erziehungsstelle drei Plätze für Kinder bzw. Jugendliche vorgehalten. Der Leistungsbeschreibung sei zu entnehmen, dass die Erziehungsstelle von einer pädagogischen oder psychologischen Fachkraft mit jeweils identischer (Zusatz-)Qualifi-kation geleitet werde. Der Personalschlüssel betrage 1:2. In den Außenstellen mit drei oder vier jungen Menschen sei anteilig eine zusätzliche pädagogische Fachkraft tätig. Bei der Erziehungsstelle handele es sich somit nicht ausschließlich um ein persönliches Betreuungsverhältnis zwischen dem Kind und der Pflegeperson, sondern es werde - über normale Urlaubs- und Krankheitsvertretung hinaus - zusätzliches pädagogisches Personal beschäftigt.

Mit Schreiben vom 04.12.2012 bat die Klägerin erneut die Stadt I. unter Hinweis auf § 86 Abs. 1 SGB VIII um Übernahme des Jugendhilfefalls. Sie, die Klägerin, leiste gem. § 86 c SGB VIII weiter und mache ab dem Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels Kostenerstattung nach § 89 c SGB VIII geltend. Mit weiterem Schreiben vom 15.01.2013 erinnerte die Klägerin die Stadt I. an die Fallübernahme.

Mit Schreiben vom 17.12.2013 wandte sich die Klägerin an den nunmehr als örtlichen Jugendhilfeträger zuständigen Beigeladenen, legte den Sachverhalt dar und machte ihm gegenüber pflichtwidriges Verhalten nach § 89 c Abs. 2 SGV VIII geltend, sofern er den Fall nicht bis zum 31.01.2014 übernehme. Außerdem halte sie an ihrem Kostenerstattungsantrag nach § 86 c SGB VIII ab dem 16.08.2011 bis zur Fallübernahme fest.          Mit Schreiben vom 24.02.2014 erkannte der Beigeladene seine Kostenerstattungspflicht gem. § 89 c SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII ab dem 16.08.2011 an. Die Übernahme der laufenden Sachbearbeitung lehnte er jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG’s ab. Hierzu verwies er darauf, dass es sich bei Erziehung und Betreuung C. s in der Erziehungsstelle H. um ein Pflegeverhältnis i.S.d. § 86 Abs. 6 SGB VIII handele.

Daraufhin schrieb die Klägerin die Beklagte unter dem 22.05.2014 erneut an, verwies auf den bisherigen Schriftverkehr zur Aufforderung, den Hilfefall zu übernehmen, und machte einen Kostenerstattungsanspruch im Rahmen des § 89 c Abs. 2 SGB VIII i.H. eines Drittels ihrer aufgewendeten Jugendhilfekosten geltend, sofern sie, die Beklagte, den Fall nicht bis spätestens 30.06.2014 übernehme. Darüber hinaus halte sie, die Klägerin, an dem Kostenerstattungsantrag nach § 89 c SGB VIII bis zur Fallübernahme fest. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Die Klägerin hat am 17.07.2014 Klage erhoben, mit der sie ursprünglich einen Leistungsanspruch nach § 89 c Abs. 2 SGB VIII verfolgt hat.

Sie teilt den wesentlichen Sachverhalt mit und meint unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG’s vom 01.09.2011: Nach der Entscheidung sei § 86 Abs. 6 SGB VIII auch dann Rechtsgrundlage für die örtliche Zuständigkeit, wenn zwar Hilfe in Form von Heimbetreuung gem. § 34 SGB VIII gewährt werde, das Kind aber im Haushalt eines Beschäftigten der Einrichtung lebe und die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erfüllt seien. Dieses gelte auch für Erziehungsstellen. Diese fielen unter den Begriff der Pflegeperson i.S.d. § 44 Abs. 1 SGB VIII. Für die Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII sei maßgebend, inwieweit mit der Jugendhilfe der Zweck verfolgt werde, dem Kind oder Jugendlichen eine auf Dauer in der Familie angelegte Lebensform zu bieten. Die Pflegeeltern seien dabei zentrale, konstante Bezugspersonen. Hierbei sei unerheblich, ob die Familie H. zur Unterstützung im Haushalt noch Personal beschäftige. Mit dem 18.09.2009 sei im Rahmen des § 86 Abs. 6 SGB VIII die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen, denn das Kind habe nunmehr länger als zwei Jahre in der Pflegefamilie/Erziehungsstelle H. gelebt und sein weiterer Verbleib sei auf Dauer angelegt. Ab diesem Zeitpunkt habe sie in ihrer Zuständigkeit gem. § 86 c SGB VIII weiter geleistet. Eine Erstattung ihrer Jugendhilfeaufwendungen im Rahmen des § 89 c Abs. 1 SGB VIII für den Zeitraum ab dem 01.09.2012 könne sie nicht geltend machen, da der Beigeladene seine Kostenerstattungspflicht anerkannt habe. Es gehe ihr mit der Klage vorrangig darum zu erreichen, dass die Beklagte die Bearbeitung des streitbefangenen Jugendhilfefalls übernehme.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, ein Drittel der für A. in dem Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 31.05.2014 aufgewendeten Jugendhilfekosten i.H.v. 24.724,91 € zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten und

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, ein Drittel der ab dem 01.06.2014 bis zur Fallübernahme mtl. aufgewendeten Jugendhilfekosten zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten.

Diese Anträge hat sie in der mündlichen Verhandlung am 23.05.2017 zurückgenommen.

Nunmehr beantragt sie,

festzustellen, dass die Beklagte gemäß § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII für die Bearbeitung des Jugendhilfefalles A. örtlich zuständig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert im Wesentlichen: Erstmals mit Schreiben vom 22.03.2012 habe die Klägerin bei ihr die Fallübernahme beantragt. Anlass hierfür sei das Urteil des BVerwG’s vom 01.09.2011 gewesen. Wegen der Bandbreite der (möglichen) Anträge erscheine es zweifelhaft, dass das Urteil auf den vorliegenden Fall anzuwenden sei. Denn der Begriff der Erziehungsstelle sei nicht definiert. Das BVerwG verwende den Begriff „familiäre oder familienähnliche Gemeinschaft bzw. Charakter“. Werde wie im vorliegenden Fall zusätzliches pädagogisches Personal in der Familie beschäftigt, habe sie Zweifel, dass ein ausschließliches persönliches Betreuungsverhältnis zwischen dem Kind und der Pflegeperson bestehe. Fest angestelltes pädagogisches Personal wie z.B. eine halbtags beschäftigte Sozialpädagogin oder Erzieherin, die sich jeden Nachmittag im Haushalt der Erziehungsstelle aufhalte und dort im Rahmen ihres versicherungspflichtigten Arbeitsverhältnisses pädagogisch wirke, spreche gegen ein ausschließlich persönliches Betreuungsverhältnis. Sie vertrete deshalb die Auffassung, dass es sich hier nicht um eine Erziehungsstelle handele, die Pflegeverhältnissen gleichgestellt sei und deshalb einen Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 SGB VIII auslösen könne. Deshalb seien der Beigeladene bzw. die Stadt Berlin zwischenzeitlich zur Fallübernahme verpflichtet gewesen und zwar aufgrund der (Grund-)Zuständigkeit gem. § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII. Nach dem Tod beider Eltern liege die Bearbeitungszuständigkeit gem. § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII wieder bei der Klägerin.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Er führt im Wesentlichen aus: Zur Klärung der Frage, ob unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerwG’s die Vorschrift des § 86 Abs. 6 SGB VIII Anwendung finde, habe er am 04.11.2013 fernmündlich mit dem M., Frau N., gesprochen. Sie habe erklärt, dass die in der Erziehungsstelle H. untergebrachten Kinder zusammen mit der Familie H. in deren eigenem Einfamilienhaus lebten. Eine freie Mitarbeiterin (Erzieherin) sei zusätzlich max. 20 Stunden mtl. tätig. Die Kinder nähmen intensiv am familiären Leben teil. Er, der Beigeladene, teile deshalb die Auffassung, dass es sich bei der Erziehungsstelle H., in der C. seit Jahren lebe, um eine Pflegeperson i.S.v. § 86 Abs. 6 SGB VIII handele. Es sei deshalb die Zuständigkeit der Beklagten gegeben. Er habe daher zwischenzeitlich die Fallübernahme abgelehnt. Er habe allerdings die Kostenerstattungspflicht gem. § 89 c i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII mit Wirkung vom 16.08.2011 gegenüber der Klägerin anerkannt. Die in dem Zeitraum vom 16.08.2011 bis zum 30.09.2014 entstandenen Kosten seien an die Klägerin ausgezahlt worden.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere der Sitzungsniederschrift vom 23.05.2017, und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2. Mit dem in der mündlichen Verhandlung im Wege einer sachdienlichen Klageänderung gestellten Antrag ist die Klage als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Die gemäß § 43 Abs. 2 VwGO für diese Klageart geltende Subsidiarität gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob in einem Rechtsstreit zwischen zwei Rechtsträgern des öffentlichen Rechts die Regelung in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Subsidiarität der Feststellungsklage überhaupt erheblich ist (verneinend in einem Kostenerstattungsstreit zweier Jugendhilfeträger OVG Lüneburg, Urt. vom 20.01.2016 - 4 LB 14/13 - juris, Rn. 31 f - unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 27.10.1970 - VI C 8.69 - u. vom 22.02.2001 - 5 C       34.00 -). Denn jedenfalls ist in der in diesem Verfahren vorliegenden Konstellation die von der Klägerin zunächst erhobene Leistungsklage weniger effektiv als die Feststellungsklage (vgl. dazu Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 43, Rn. 119 ff.).

Das von der Klägerin letztlich verfolgte Rechtsschutzziel richtet sich auf eine Fallübernahme seitens der Beklagten. Ein solcher Anspruch ist im Gesetz nicht geregelt. Die Vorschriften des SGB VIII und ggf. des SGB X ordnen das Rechtsverhältnis zweier Jugendhilfeträger zueinander, zwischen denen die Frage der Zuständigkeit zur Fallbearbeitung streitig ist, grundsätzlich über die Regelungen zur Kostenerstattung. Wird Kostenerstattung begehrt und verweigert, ist in den diesbezüglichen Gerichtsverfahren die Frage der Bearbeitungszuständigkeit regelmäßig inzidenter zu klären.

Im vorliegenden Fall ist die von der Klägerin begehrte Feststellung der Fallzuständigkeit der Beklagten gegenüber einer Leistungsklage jedoch der effektivere Weg. Denn die ursprünglich auf Erstattung eines Drittels des Kostenaufwandes nach § 89 c Abs. 2 SGB VIII gerichtete Leistungsklage hätte, um erfolgreich zu sein, nicht nur die inzidente Klärung der Zuständigkeitsfrage verlangt, sondern außerdem vorausgesetzt, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Weigerung, den Jugendhilfefall zu übernehmen, pflichtwidrig gehandelt hat. Da sich wegen der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegebenen Komplexität vieler Jugendhilfefälle die Frage der Pflichtwidrigkeit häufig nicht eindeutig beantworten lässt, ist mit der Leistungsklage ein zusätzliches Prozessrisiko verbunden, das der Klägerin mit Blick auf das eigentlich verfolgte Rechtsschutzziel - nämlich die Fallübernahme durch die Beklagte - nicht zumutbar ist. Sollte nämlich das Gericht im Rahmen einer Leistungsklage zu dem Ergebnis gelangen, dass dem an sich örtlich zuständigen Jugendhilfeträger im Hinblick auf seine Weigerung, den Jugendhilfefall zu übernehmen, Pflichtwidrigkeit nicht vorgeworfen werden könne, bliebe die Klage ohne Erfolg. In diesem Fall hätte der nach § 86 c SGB VIII vorleistende und auf Erstattungsleistungen nach § 89 c Abs. 2 SGB VIII klagende Jugendhilfeträger die Prozesskosten zu tragen, obwohl die das Rechtsschutzziel bestimmende Frage der örtlichen Zuständigkeit ggf. zu seinen Gunsten inzidenter geklärt worden ist. Im Hinblick hierauf ist die Feststellungsklage, die ausschließlich auf die Klärung der Frage der örtlichen Zuständigkeit gerichtet ist, die deutlich effektivere Klageart.

Die Klägerin hat darüber hinaus ein berechtigtes - wirtschaftliches - Interesse an der begehrten Feststellung. Die Bearbeitung eines Jugendhilfefalles erfordert naturgemäß den Einsatz personeller und sachlicher Ressourcen des Jugendamtes der Klägerin. Eine Kompensation hierfür ist über die Kostenerstattungsregelungen nicht zu erlangen, denn § 109 Satz 1 SGB X schließt den Ersatz von Verwaltungskosten ausdrücklich aus.

3. Die Klage ist auch begründet.

Die Beklagte ist am 06.03.2009 für die Bearbeitung des Jugendhilfefalles A. örtlich zuständig geworden. Diese Zuständigkeit besteht bis in die Gegenwart fort.

Die Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich aus § 86 Abs. 6 SGB VIII. Danach ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 des § 86 SGB VIII der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson lebt und sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist.

Zu Beginn der Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege gem.       §§ 27, 33 SGB VIII am 19.07.2006 lebte C. in einer Bereitschaftspflegestelle. Zu diesem Zeitpunkt hatte die allein sorgeberechtigte KM ihren gA im Gebiet der Klägerin und die Vaterschaft für das Kind war noch nicht rechtskräftig festgestellt. Deshalb war zu diesem Zeitpunkt gem. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII die Klägerin örtlich zuständiger Jugendhilfeträger. Am 01.02.2007 war zwar die Vaterschaft rechtskräftig festgestellt. Da aber die Mutter die Personensorge für das Kind allein innehatte und die Eltern unterschiedliche gewöhnliche gA’s hatten (der KV saß zu diesem Zeitpunkt in der JVA Berlin ein), blieb die Klägerin gem. § 86 Abs. 2 SGB VIII nach Feststellung der Vaterschaft örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe. Mit der Inhaftierung und Verlegung zur Verbüßung einer über 6 Monate andauernden Strafhaft in die JVA I. am 14.06.2007 veränderte sich der gA der KM, so dass gem. § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ein Zuständigkeitswechsel eintrat. Die damals noch als Jugendhilfeträger handelnde Stadt I. übernahm deshalb den Jugendhilfefall zum 01.02.2008 bis zu dem Tag vor der Entlassung der KM aus der Strafhaft am 09.09.2008. Nach der Haftentlassung am 10.09.2008 kehrte die KM auf Dauer nach K. zurück und änderte damit erneut ihren gA. Dadurch war gem. § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII wieder die Klägerin örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe. Tatsächlich übernahm sie den Fall am 01.06.2009 in ihre Zuständigkeit.

Allerdings war C. zwischenzeitlich am 05.03.2007 von der Bereitschaftspflegestelle in die Erziehungsstelle H. in O. gewechselt und hielt sich dort fortlaufend auf. Mit Bescheid vom 23.06.2009 gewährte die Klägerin ab dem 01.06.2009 bis auf weiteres (längstens bis zur Volljährigkeit) für C. Hilfe zur Erziehung in Form von Heimerziehung oder einer sonstigen betreuten Wohnform gem. § 34 SGB VIII. Ein Wechsel in eine andere Einrichtung, Pflegefamilie oder zu einem seiner Elternteile war unstreitig nicht beabsichtigt. Danach lebte C. zum 06.03.2009 zwei Jahre lang in der Erziehungsstelle H. und sein Verbleib dort war (und ist) zweifelsfrei auf Dauer zu erwarten. Die die Erziehungsstelle führende Frau H. bzw. ihre Familie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in C., also im Bereich der Beklagten. Die Beklagte ist deshalb seit dem 06.03.2009 örtlich zuständiger Jugendhilfeträger, denn bei Frau H. handelt es sich um eine Pflegeperson im Sinne von § 86 Abs. 6 SGB VIII.

Die dagegen von der Beklagten erhobenen Einwendungen überzeugen nicht. In seinem Urteil vom 01.09.2011 hat das BVerwG ausgeführt, dass das Gericht der Vor-instanz den Begriff der Pflegeperson im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII zu eng ausgelegt habe, soweit es angenommen habe, Pflegeperson im Sinne dieser Vorschrift sei nur, wer der Sache nach Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII leiste. Dieser Begriff werde vielmehr allein durch die Merkmale der Legaldefinition des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ausgefüllt. In dieser Vorschrift werde der in § 86 Abs. 6 SGB VIII verwendete Begriff der Pflegeperson gesetzlich definiert. Danach sei Pflegeperson, wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinen Haushalt aufnimmt. Diese gesetzliche Begriffsbestimmung sei so allgemein gehalten, dass sie - obgleich sie nicht im Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches Achtes Buch stehe - grundsätzlich für den gesamten Anwendungsbereich des Kinder- und Jugendhilferechts Geltung beansprucht. Sie sei als solche von dem engeren systematischen Zusammenhang des § 44 SGB VIII gelöst, sodass sie wegen ihrer Stellung in der Vorschrift über die Erlaubnis zur Vollzeitpflege nicht auf solche Personen beschränkt sei, die der Sache nach Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege im Sinne des § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII leisteten. Eine derartige Einschränkung ergebe sich auch nicht aus der Verwendung des Begriffs im speziellen Regelungskontext der örtlichen Zuständigkeit. Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthalte eine leistungsunabhängige Begriffsbestimmung. Die Qualifikation einer Person als Pflegeperson sei (notwendige) Voraussetzung für eine nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 Satz 2 erforderliche und unter den Voraussetzungen des
§ 44 Abs. 2 SGB VIII zu versagende Erlaubnis. Sie sei nicht erst die Folge einer im Einzelfall für die Vollzeitpflege auf der Grundlage des § 44 SGB VIII erteilten Erlaubnis. Nach dem Regelungskonzept des § 86 SGB VIII sei der Zuständigkeitswechsel nach
§ 86 Abs. 6 SGB VIII als Folge der Begründung eines neuen familiär oder familienähnlich strukturierten Pflegeverhältnisses veranlasst. Die Vorschrift des § 86 SGB VIII orientiere sich am Wohl des Kindes oder Jugendlichen (vgl. § 1 Abs. 1 und 3 SGB VIII) als Ausgangspunkt und Ziel jeder Jugendhilfemaßnahme und solle eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherstellen. Zu diesem Zweck knüpfe sie die örtliche Zuständigkeit losgelöst von der konkreten Leistung an eine räumliche Nähe zu dem Ort, an dem das Kind oder der Jugendliche (primär) seinen Lebensmittelpunkt habe. Sie sei mithin eine rein aufenthaltsbezogene Bestimmung. Dabei berücksichtige sie, dass ein Kind oder Jugendlicher aus rechtlicher und pädagogischer Sicht im Zusammenhang mit den Personen zu sehen sei, die für es oder ihn die Erziehungsverantwortung innehätten. Dementsprechend binde § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt(sort) der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), weil diese bzw. dieser im Regelfall auch die Nähe zur Lebenswelt des Kindes oder Jugendlichen vermitteln bzw. vermittelt. § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII durchbreche diese Regel in den Fällen, in denen ein Kind oder Jugendlicher auf Dauer in eine andere Familie eingebunden sei. Lebe ein Kind oder Jugendlicher längere Zeit mit anderen Personen in einer familienähnlich strukturierten Gemeinschaft zusammen, verschiebe sich gewöhnlich dessen Lebensmittelpunkt. Das Kind oder der Jugendliche bilde typischerweise (auch) zu den dort als zentrale und langfristig zur Verfügung stehenden Bezugspersonen persönliche und familiäre Bindungen aus. In Anerkennung dieser allgemeinen psychosozialen Realität wolle § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit - abweichend von § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII - an den gewöhnlichen Aufenthalt dieser Bezugspersonen binden. Dadurch werde die im Interesse des Kindes oder Jugendlichen liegende enge und kontinuierliche Zusammenarbeit des Jugendamtes mit der Person oder den Personen ermöglicht und begünstigt, die faktisch die Funktion der Eltern wahrnehme oder wahrnähmen. Für den erforderlichen familiären oder familienähnlichen Charakter sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Kind oder der Jugendliche gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII über Tag und Nacht in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen wird. Denn eine derartige Aufnahme sei ihrer Art nach typischerweise auf die Begründung familiärer oder familienähnlicher Beziehungen angelegt. Haushalt im Sinne dieser Vorschrift sei der private Haushalt der Pflegeperson. Die Pflegeperson müsse also den Haushalt eigenverantwortlich führen. Eine Haushaltsaufnahme über Tag und Nacht sei gegeben, wenn das Kind oder der Jugendliche dort sein Zuhause habe. Das Kind oder der Jugendliche müsse sich grundsätzlich durchgängig und nicht nur zeitweise im Haushalt der Pflegeperson aufhalten. Eine zeitweilige auswärtige Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen von vorübergehender Dauer (z.B. zur Schul- oder Berufsausbildung) sei dabei unschädlich, sofern es oder er im Rahmen der Möglichkeiten regelmäßig in den Haushalt der Pflegeperson zurückkehre. Die darüber hinaus geforderte Beständigkeit der Beziehung werde hingegen allein aus einem zweijährigen Aufenthalt bei der Pflegeperson und der positiven Prognose zum weiteren Verbleib bei dieser Person hergeleitet. Dem liege die Erfahrung zugrunde, dass sich persönliche und emotionale Bindungen mit der Dauer des Zusammenlebens verfestigten. Für die Bestimmung der Zuständigkeit nicht erforderlich sei hingegen die Feststellung, dass eine derartige Verfestigung im konkreten Pflegeverhältnis tatsächlich eingetreten sei und sich eine der Eltern-Kind-Beziehung vergleichbare Bindung entwickelt habe. Denn die Bewertung der tatsächlichen Qualität von Bindungen in einem konkreten Pflegeverhältnis hänge im Wesentlichen von inneren Tatsachen ab und könne mit beträchtlichen Unsicherheiten belastet sein. Dieses stehe dem Bedürfnis nach Zuständigkeits- und Rechtssicherheit entgegen. Der Träger der örtlichen Jugendhilfe, der gegenwärtig zur Gewährung der Jugendhilfeleistung berechtigt und verpflichtet sei und dem damit die Verantwortung für die Gewährung einer einzelnen Jugendhilfemaßnahme zukomme, müsse sich ohne intensivere Nachforschungen und Entscheidungen klar und eindeutig bestimmen lassen (vgl. BVerwG, Urteil v. 01.09.2011 - 5 C 20/10 - mit weiteren Nachweisen bei juris).

Unter Berücksichtigung der vorzitierten Entscheidung des BVerwG’s, die sich die Kammer zu Eigen macht, und der nicht in Abrede gestellten Angaben des Beigeladenen zu einem am 04.11.2013 fernmündlich mit dem Einrichtungsträger, dem M., und dort mit Frau N. geführten Gespräch, wonach die in der Erziehungsstelle H. untergebrachten Kinder zusammen mit Frau H. bzw. ihrer Familie in deren eigenem Einfamilienhaus lebten und die Kinder intensiv am familiären Leben teilnähmen, hat die Kammer keine Zweifel daran, dass es sich bei der „Erziehungsstelle H.“ um eine „Pflegeperson“ i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII handelt.

Die Erziehungsstelle ist zwar rechtlich dem Einrichtungsträger M. zugeordnet und Frau H. als Pflegeperson für die Erziehungsarbeit pädagogisch besonders qualifiziert. Außerdem ist zusätzlich eine freie Mitarbeiterin (Erzieherin) in der Familie mit max. 20 Wochenstunden tätig, die sich allerdings auf die 3 dort untergebrachten Kinder verteilen dürften. Die hier gegebene rechtliche Konstruktion mit dem die Familie Stephan vermittelnden Einrichtungsträger, die die Jugendhilfemaßnahme zu einer nach § 34 SGB VIII macht, ändert jedoch nichts daran, dass C. seit weit mehr als zwei Jahren über Tag und Nacht, also auf Dauer angelegt in dem privaten Haushalt der Familie H. lebt und in deren Tagesablauf vollständig eingebunden ist. In der in den Verwaltungsakten befindlichen Leistungsbeschreibung des Trägers (Stand: 09.08.2013) heißt es zum eigenen Leitbild, dass den jungen Menschen ein Leben in pädagogisch qualifizierten Familien angeboten werde. Das Angebot werde durch spezialisierte pädagogisch-psychologische Hilfen ergänzt. Die außerdem beschriebene Alltagsgestaltung umfasst alle Elemente eines optimal strukturierten Familienlebens vom Wecken des betreuten jungen Menschen bis zum zu Bett gehen. Darüber hinaus werden für die Wochenenden und Ferien gemeinsame Freizeitaktivitäten aufgeführt (vgl. Bl. I /189 ff. BA A). Nach dem beschriebenen Leistungsprofil und den Angaben der Mitarbeiterin des Einrichtungsträgers, Frau N., führt Frau H. bzw. ihre Familie neben dem Betreuungsverhältnis zu C. offensichtlich kein davon zu unterscheidendes privates Familienleben, so dass C. in der Erziehungsstelle eine „Rund-um-die-Uhr-Betreuung“ durch Frau H. bzw. ihre Familie erfährt und dort sein „Zuhause“ hat.

Der von der Beklagten außerdem erhobene Einwand, in den Außenstellen mit drei oder vier jungen Menschen sei anteilig eine zusätzliche pädagogische Fachkraft tätig, der Personalschlüssel betrage also 1:2, so dass es sich bei der Erziehungsstelle nicht ausschließlich um ein persönliches Betreuungsverhältnis zwischen dem Kind und der Pflegeperson handele, überzeugt ebenso wenig und ist unerheblich. Denn unabhängig davon, dass die jugendhilferechtliche Betreuung eines jungen Menschen in einer Pflegefamilie nach§ 33 SGB VIII ebenso die Unterstützung durch weitere pädagogische, sozialpädagogische oder sonstige therapeutische Fachkräfte zulässt und einen Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII nicht hindert, vermag der Einwand der Beklagten den hier den Zuständigkeitswechsel begründenden Umstand, dass C. in der Erziehungsstelle H. in die Familie bzw. ihr Leben vollständig integriert ist und dort seinen „Lebensmittelpunkt“ hat, nicht in Frage zu stellen. Der Einsatz der „auswärtigen“ Betreuungskraft ist vielmehr vorrangig quantitativen Betreuungsanforderungen bei einer vollen „Auslastung“ der Erziehungsstelle geschuldet. Denn sie würde dort nicht eingesetzt, soweit die Erziehungsstelle nur mit einem oder zwei zu betreuenden Kindern belegt wäre. Der Einsatz einer zusätzlichen Fachkraft ändert aber nichts an der Einbindung der aufgenommenen Kinder in den privaten Haushalt der Erziehungsstellenleiterin.

4. Soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat, hat sie gem. § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf      § 154 Abs. 1 VwGO. Den Wert des Streitgegenstandes hat die Kammer auf 44.124,91 € festgesetzt. Hiervon entfällt auf die zurückgenommenen Anträge ein Betrag i.H.v. 39.129,91 €. Auf den Feststellungsantrag entfällt mangels näherer Bestimmbarkeit der Regelwert von 5.000,-- €. Auf diesen Beträgen beruht die für die Hauptbeteiligten ausgeurteilte Kostenquote.

Anlass, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen gem. § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, besteht mangels eigener Antragstellung nicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.