Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 22.08.2002, Az.: 2 A 1004/00
Badewannen; HeimmindestbauVO; Sanitäre Anlagen
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 22.08.2002
- Aktenzeichen
- 2 A 1004/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43404
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs 3 HeimMindBauV
- § 27 Abs 2 HeimMindBauV
- § 27 Abs 3 HeimMindBauV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Auch fahrbare Badewannen, die ein gefahrloses Baden der Heimbwohner gewährleisten, entsprechen den Anforderungen des § 27 Abs. 2 und 3 der HeimMindBauVO, § 18 Abs. 3 HeimMindBauVO schreibt das Vorhandensein von Gemeinschaftsbädern nicht zwingend vor, sondern nur, dass diese freistehend aufzustellen sind.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine der ihr erteilten Baugenehmigung beigefügte Auflage.
Die Klägerin gehört zu einem Unternehmen, das bundesweit unter anderem Alten- und Pflegeeinrichtungen betreibt.
Mit Bescheid vom 14. Juni 1999 erteilte die Beklagte der Klägerin die Genehmigung zum Neubau eines Altenpflegeheimes mit Pflegeeinrichtung auf dem Grundstück Flurstück 14/373 der Flur 12, Gemarkung B. (B.-v.-S.-A.). Nach den mit diesem Bescheid genehmigten Bauplänen war zunächst die Einrichtung von im Erdgeschoss und im Obergeschoss jeweils 44 Einzelzimmern sowie ferner im Obergeschoss eines Doppelzimmers vorgesehen. Dieser Bescheid wurde ergänzt durch einen Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 2000, der Bestandteil des Genehmigungsbescheides vom 14. Juni 1999 ist. Nach den mit diesem Bescheid genehmigten Bauplänen ist nunmehr die Einrichtung von im Erdgeschoss 47 und im Obergeschoss 51 Einzelzimmern sowie eines Doppelzimmers im Obergeschoss, somit für insgesamt 100 Bewohner genehmigt; die Einzelzimmer sowie das Doppelzimmer sind jeweils mit einer Dusche und einem WC ausgestattet. Im Erdgeschoss des Altenheimes ist ein Etagenbad mit einer Badewanne vorgesehen.
Nach der Nebenbestimmung Nr. 24 zum Genehmigungsbescheid vom 14.Juni 1999 sind dem Bescheid als Anlage 1 beigefügte, vom Beigeladenen (Heimaufsicht) geforderte Auflagen Bestandteil der Genehmigung. Die erste, hier streitige Auflage dieser Anlage lautet:
"Gem. § 27 Heimmindestbauverordnung sind auf Grund der vorgesehenen Pflegeplätze im EG und 1. OG jeweils zwei Pflegebäder/Stationsbäder vorzuhalten. (A)"
Unter anderem gegen diese Auflage erhob die Klägerin am 27. Juli 1999 bei der Beklagten Widerspruch, den sie mit Schriftsatz vom 10. August 1999 damit begründete, die richtige Auslegung des § 27 der Heimmindestbauverordnung, hier sanitäre Anlagen Ziffer 2, gebe eindeutig zu verstehen, dass für jeweils 20 Bewohner mindestens eine Badewanne und eine Dusche zur Verfügung stehen müsse. In dem Bauvorhaben seien jeweils 91 Duschen für die Bewohner vorhanden, das heißt für jeden Bewohner eine Dusche und für die Möglichkeit des Badens stünden den Bewohnern fünf fahrbare Badewannen zu Verfügung: Darüber hinaus sei eine Stationsbadeeinrichtung mit vorgesehen. Mit Schreiben vom 16. März 2000 erklärte sich die Klägerin, um die Inbetriebnahme ihrer Einrichtung nicht zu gefährden, der Beklagten gegenüber bereit, der Forderung nach Einbau von jeweils zwei Pflegebädern/Stationsbädern im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss des zu errichtenden Altenpflegeheimes nachzukommen, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass hierin keine Rücknahme des aufrechterhaltenen Widerspruchs zu sehen sei. Inzwischen sind drei weitere Pflegebäder in Räumen des Altenheimes, die zunächst für andere Zwecke vorgesehen waren, eingerichtet worden.
Mit Bescheid vom 06. April 2000 erteilte der Beigeladene der Klägerin Befreiung von der Einrichtung eines 5. Pflegebades. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2000, der Klägerin zugestellt am 24. Mai 2000, wies die Bezirksregierung L. den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die der Klägerin erteilte Baugenehmigung hätte ohne die der Klägerin aufgegebenen Auflage, dass sowohl im Erd- als auch im ersten Obergeschoss jeweils zwei Pflegebäder/Stationsbäder vorzuhalten sind, nicht erteilt werden können, da dies dem öffentlichen Baurecht widersprochen hätte. Öffentliches Baurecht in diesem Sinne seien gemäß § 2 Abs. 10 NBauO unter anderem sonstige Vorschriften des öffentlichen Rechts, die Anforderungen an Baumaßnahmen stellen. Hierzu gehörten auch die Vorschriften der Heimmindestbauverordnung in der Fassung vom 03. Mai 1983. Gemäß § 27 Abs. 2 dieser Verordnung müssten für jeweils bis zu 20 Bewohner im gleichen Gebäude mindestens eine Badewanne und eine Dusche zur Verfügung stehen. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergebe sich eindeutig, dass beide Sanitäreinrichtungen nebeneinander vorhanden sein müssten, unabhängig davon, dass alle Zimmer mit Duschen ausgestattet seien. Bei der Einrichtung der Bäder sei § 18 Abs. 3 Heimmindestbauverordnung entsprechend anzuwenden, das heißt die Badewannen seien an den Längsseiten und an der Stirnseite freistehend aufzustellen. Aus dieser Regelung ergebe sich, dass mit Badewannen in diesem Sinne nicht fahrbare, sondern nur fest installierte Wannen gemeint sein könnten. Die Verwendung fahrbarer Wannen erscheine aus fachlicher Sicht auch deshalb nicht unbedenklich, weil die Unfallgefahr größer sei. Hinzu komme, dass auch für die Benutzung fahrbarer Wannen entsprechend ausgestattete Sanitärräume geschaffen werden müssten, da die Verwendung dieser Wannen in den Wohn-/Schlafräumen sowohl aus Sicherheitsgründen als auch unter hygienischen Gesichtspunkten nicht zulässig sei. Zwar könne die Heimaufsichtsbehörde von einzelnen Anforderungen Befreiung erteilen, wenn dies mit den Interessen und Bedürfnissen der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner vereinbar sei, also der Verzicht auf einzelne Mindestanforderungen objektiv nicht zu einer Benachteiligung der Heiminsassen führe. Diesem Erfordernis habe der Landkreis S. als zuständige Heimaufsichtsbehörde in der Weise Rechnung getragen, dass er unter Berücksichtigung des vorgesehenen Standards sowie der bereits mit der angefochtenen Auflage geforderten vier Pflegebäder auf die Einrichtung eines eigentlich auf Grund der Bewohnerzahl erforderlichen fünften Pflegebades verzichtet habe.
Daraufhin hat die Klägerin am 26. Juni 2000, einem Montag, beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der sie sich weiterhin gegen die Auflage, im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Alten- und Pflegeheimes jeweils zwei Pflegebäder/Stationsbäder vorzuhalten, wendet.
Die erhobene Klage sei als Anfechtungsklage zulässig, da die von der Klägerin vorgenommene freiwillige Erfüllung der Auflage nicht zu einer Erledigung des Rechtsstreites im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geführt habe; denn eine Rückabwicklung sei jederzeit möglich, sobald die belastende Auflage entfalle. Die Klägerin habe die Möglichkeit, die drei zusätzlich vorgehaltenen Pflegebäder ohne größeren Aufwand anderweitig zu nutzen, zum Beispiel als Lagerraum bzw. als Abstellraum für Reinigungwagen. Die Klägerin beabsichtige zur Zeit aber nicht, die nun einmal installierten Stationsbäder baulich grundlegend zu verändern. Es gehe der Klägerin hauptsächlich darum, weitere Lagerkapazitäten und Abstellmöglichkeiten zu erhalten. Die Räumlichkeiten der vorhandenen Stationsbäder könnten also tagsüber dafür genutzt werden, mobile Wannen dort aufzustellen, um darin Bewohner oder Bewohnerinnen zu baden.
Sollte eine Erledigung des Rechtsstreits im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eingetreten sein, sei die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. An der Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitigen Auflage habe die Klägerin ein berechtigtes Interesse. Dies ergebe sich daraus, dass es der Klägerin für den Fall, dass die Rechtswidrigkeit der Auflage festgestellt werden sollte, möglich sei, die Räume - wie ursprünglich geplant - zu verwenden. Des Weiteren habe die Klägerin unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Auflage, denn es sei möglich, dass die Klägerin im Zuständigkeitsbereich der Beklagten künftig weitere Einrichtungen in Betrieb nehmen werde.
Die Klage sei auch begründet. Aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 der Heimmindestbauverordnung, wonach für jeweils bis zu 20 Bewohner im gleichen Gebäude mindestens eine Badewanne und eine Dusche zur Verfügung stehen müsse, ergebe sich, dass diese Vorschrift gerade nicht den Einbau von Pflegebädern/Stationsbädern, wie er von der Beklagten verfügt worden sei, fordere, sondern lediglich die Vorhaltung von Badewannen vorschreibe. Die Heimbaumindestverordnung enthalte auch keine Vorschriften darüber, welcher Art die in § 27 geforderten Badewannen zu sein hätten. Da es sich bei der Heimmindestbauverordnung bereits dem Namen nach ausschließlich um Mindestanforderungen zur bautechnischen Ausstattung der von dieser Verordnung erfassten Einrichtungen handele, dürfe die Beklagte den § 27 dieser Verordnung nicht nach ihren eigenen Vorstellungen ausweiten und einen Tatbestand darunter subsumieren, der von dieser Vorschrift ersichtlich nicht erfasst werde. Eine Verpflichtung zum Einbau von Pflegebädern/Stationsbädern folge entgegen dem Widerspruchsbescheid insbesondere aber auch nicht daraus, dass gemäß § 27 Abs. 4 Heimmindestbauverordnung § 18 Abs. 3 dieser Verordnung entsprechend gelte. § 18 Abs. 3 Heimmindestbauverordnung besage lediglich, dass in den Gemeinschaftsbädern der Pflegeabteilungen die Badwannen an den Längsseiten und an einer Stirnseite freistehend aufzustellen seien. Folglich enthalte § 18 Abs. 3 Heimmindestbauverordnung lediglich eine zusätzliche Regelung für den Fall, dass die erforderlichen Badewannen in Gemeinschaftsbädern aufgestellt werden. Aus dieser Vorschrift sei keinesfalls zwingend zu schlussfolgern, dass die Badewannen oder Duschen ausschließlich in Pflegebädern/Stationsbädern installiert werden dürften. Hätte der Verordnunggeber eine derart enge Vorgabe für die Vorhaltung von Badewannen gewollt, hätte er in § 27 Abs. 2 Heimmindestbauverordnung nicht nur von Badewannen gesprochen, sondern ausdrücklich Pflegebäder/Stationsbäder vorgeschrieben. Eine nachträgliche ausweitende Interpretation des eindeutigen Wortlautes der Heimmindestbauverordnung sei der Beklagten aber versagt, da sie insoweit in rechtswidriger Weise an die Stelle des Verordnungsgebers trete. Die Auslegung des Wortlautes des § 27 Abs. 2 Heimmindestbauverordnung im Sinne der Klägerin werde auch dadurch unterstrichen, dass es mittlerweile dem Standard neuer Pflegeeinrichtungen, wie auch derjenigen der Klägerin, entspreche, ausschließlich Einzelzimmer vorzuhalten, die über eine separate Nasszelle verfügen, die mindestens mit einer eigenen Dusche ausgestattet ist. Es bestünde die Möglichkeit, dass diese Nasszellen künftig auch mit Badewannen ausgestattet werden und sei widersinnig anzunehmen, dass damit nicht die Voraussetzungen der Heimmindestbauverordnung erfüllt werden würden, sondern zusätzlich noch entsprechende Pflegebäder/Stationsbäder eingerichtet werden müssten. Es sei auch nicht zutreffend, dass die Vorschrift des § 27 der Heimmindestbauverordnung flächendeckend so ausgelegt werde, wie die Beklagte es tue. Vielmehr seien dem Unternehmen, dem die Klägerin als Tochtergesellschaft angehöre, bereits in mehreren Alten- und Pflegeeinrichtungen von der zuständigen Heimaufsichtsbehörde gestattet worden, transportable bzw. fahrbare Badewannen vorzuhalten.
Die Klägerin beantragt,
die erste Auflage (erster Spiegelstrich) der Anlage 1 des Bescheides der Beklagten vom 14. 06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 19.05.2000 aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass die erste Auflage (erster Spiegelstrich) der Anlage 1 des Bescheides der Beklagten vom 14.Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 19. Mai 2000 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, eine systematische Betrachtung der Vorschriften der Heimmindestbauverordnung ergebe, dass mit Badewannen im Sinne der vorgenannten Verordnung nicht fahrbare, sondern nur fest installierte Wannen gemeint sein könnten. Dass bei Erlass dieser Verordnung keine Abgrenzung zwischen fest installierten Wannen und fahrbaren Wannen erfolgt sei, möge daran gelegen haben, dass zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung im Jahre 1983 dem Gesetzgeber fahrbare Wannen für den Einsatz in Altenheimen und Pflegeheimen nicht bekannt gewesen seien. Wie die Beigeladene als zuständige Fachbehörde sei auch sie der Meinung, dass das Baden in einer fahrbaren Badewanne das Baden in einem Pflege/Stationsbad auf keinen Fall ersetzen könne. Die aus fachlicher Sicht bestehenden Bedenken gegen fahrbare Badewannen seien im Widerspruchsbescheid bereits ausführlich dargelegt. Da sich an den fahrbaren Badewannen unter anderem Haltegriffe schlechter anbringen ließen, dürfte sich die Unfallgefahr vergrößern. Außerdem müssten auch für die Benutzung fahrbarer Badewannen entsprechend ausgestattete Sanitärräume geschaffen werden, da eine Verwendung dieser Wannen in den Wohn-/Schlafräumen sowohl aus Sicherheitsgründen als auch unter hygienischen Gesichtspunkten nicht zulässig sei. Eine Verpflichtung zur Erteilung einer entsprechenden Befreiung gemäß § 31 Heimmindestbauverordnung ergebe sich auch nicht daraus, dass möglicherweise andere Heimaufsichtsbehörden fahrbare Badewannen zugelassen hätten; denn die Beklagte sei an derartige Entscheidungen anderer Heimaufsichtsbehörden nicht gebunden. Hinzuweisen sei auch darauf, dass der Klägerin bereits Zugeständnisse in der Form gemacht worden seien, dass auf das eigentlich wegen der Anzahl der Heimbewohner erforderliche fünfte Pflegebad verzichtet worden sei.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, aus den Vorschriften der §§ 27 Abs. 2 und 27 Abs. 4 i.V.m. § 18 Abs. 3 der HeimMindBauVO ergebe sich, dass die erforderlichen Badewannen je 20 Heimbewohner in Gemeinschaftsbädern bereitzustellen und dort fest und freistehend zu installieren seien. Mit fahrbaren Badewannen, die in den Wohnräumen der Bewohner auch nicht benutzt werden könnten, und deren Verwendung auch nicht geregelt sei, könne der Zweck des § 18 Abs. 3 HeimMindBauVO nicht erreicht werden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten, die von der Beklagten vorgelegten Baugenehmigungsvorgänge sowie auf die Terminsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. August 2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist - als Anfechtungsklage - zulässig und begründet.
1. Die Klage ist, obwohl die Klägerin nach Befreiung von der Einrichtung eines fünften Stationsbades die von der Beklagten noch geforderten vier Stationsbäder bereits eingerichtet hat, als Anfechtungsklage zulässig, da sich der Rechtsstreit hierdurch nicht in der Hauptsache erledigt hat.
Nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 43 Abs. 2 VwVfG wird ein Verwaltungsakt unter anderem dann unwirksam, wenn er sich, auf welche Weise auch immer, erledigt. Von einer Erledigung im Sinne dieser Regelung ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfällt (BVerwG, Beschluss vom 17. November 1998 - 4 B 100.98 - Baurecht 1999, S. 733 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 27.02.1969 - 8 C 88.68 - , BVerwGE 31, 324 [BVerwG 27.02.1969 - BVerwG VIII C 88.68] und vom 27.03.1998 - 4 C 11.97, Baurecht 1998, 1002). Hiervon kann jedenfalls so lange keine Rede sein, wie der mit einer behördlichen Maßnahme erstrebte Erfolg nicht endgültig eingetreten ist, das heißt durch einen zwangsweisen Vollzug oder, wie hier, durch die freiwillige - vorläufige - Erfüllung keine irreversiblen Verhältnisse geschaffen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 1998 - 4 B 100.98 - , a.a.O.).
So liegt es hier, denn wie die Klägerin überzeugend dargetan hat, können die von ihr, um die Inbetriebnahme des von ihr errichteten Alten- und Pflegeheimes nicht zu gefährden, bereits geschaffenen Stationsbäder wieder ausgebaut und die hierfür in Anspruch genommenen Räumlichkeiten einer anderen Verwendung als der Unterbringung stationärer Badeeinrichtungen zugeführt werden, was die Klägerin im Falle des Erfolgs ihrer Klage auch beabsichtigt.
Die Klage ist mit dem Hauptantrag auch begründet.
Die der Baugenehmigung vom 14. Juni 1999 beigefügte, selbständig anfechtbare Auflage, wonach im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des der Klägerin genehmigten Altenpflegeheimes jeweils zwei Pflegebäder/Stationsbäder vorzuhalten sind, ist rechtswidrig und die Klägerin dadurch im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt.
Die Baugenehmigung der Beklagten sowie der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L. vom 19. Mai 2000 stützen die der Klägerin gemachte Auflage auf § 27 Abs. 2 sowie § 18 Abs. 3 der Heimmindestbauverordnung (HeimMindBauVO) vom 27.01.1979 (BGBl. I, S. 189) in der Fassung der Bekanntmachung vom 03. Mai 1983 (BGBl. I, S. 550).
§ 27 der HeimMindBauVO ordnet für "Pflegeheime für Volljährige und gleichartige Einrichtungen" zu denen die der Klägerin genehmigte und von ihr geschaffene Einrichtung gehört, in seinem Absatz 2 an:
"Für jeweils bis zu 20 Bewohner müssen im gleichen Gebäude mindestens eine Badewanne und eine Dusche zur Verfügung stehen"
sowie in seinem Absatz 3:
"Ist dauernd bettlägrigen Bewohnern die Benutzung sanitärer Anlagen nur in der Geschossebene ihres Wohnschlafraumes möglich, so muss die nach Abs. 2 geforderte Anzahl an Badewannen und Duschen in dem jeweiligen Geschoss vorgehalten werden."
Nach dem unmittelbar für "Altenheime" geltenden und gemäß § 27 Abs. 4 HeimMindBauVO auf "Pflegeheime für volljährige und gleichartige Einrichtungen" entsprechend anzuwendenden § 18 Abs. 3 HeimMindBauVO sind
"in den Gemeinschaftsbädern der Pflegeabteilungen die Badewannen an die Längsseiten und an einer Stirnseite freistehend aufzustellen".
Diese Vorschriften stellen keine Rechtsgrundlage für die der Klägerin mit der angefochtenen Auflage aufgegebene Verpflichtung dar, "im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss jeweils zwei Pflegebäder/Stationsbäder vorzuhalten."
§ 27 Abs. 2 HeimMindBauVO schreibt lediglich vor, dass in Altenpflegeheimen, wie dem von der Klägerin betriebenen, je 20 Bewohner mindestens eine Badewanne "zur Verfügung stehen" muss sowie, dass die erforderlichen Badewannen für dauernd bettlägrige Bewohner gegebenenfalls in dem jeweiligen Geschoss "vorgehalten werden" müssen. Damit ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vorgeschrieben, dass die erforderlichen Badewannen in Pflegebädern aufgestellt werden müssen bzw. solche einzurichten sind, sondern nur, dass in den jeweiligen Geschossen die erforderliche Anzahl von Badewannen bereit gehalten werden und in einer den Bewohnern entsprechenden Weise benutzbar sein müssen. Zwar mag der Verordnungsgeber bei Erlass der Heimmindestbauverordnung im Jahre 1978 seinerzeit aufgrund der damals üblichen Einrichtungen von Altenheimen davon ausgegangen sein, dass Badewannen nur in ausschließlich dafür vorgesehenen Räumen aufgestellt und benutzt werden. Dem Wortlaut der Verordnung lässt sich dies aber nicht entnehmen und angesichts der von der Klägerin betriebenen Einrichtung, in der alle Wohnschlafräume der Bewohner mit ausreichend großen Nasszellen mit Wasseranschlüssen ausgestattet sind, ist dies vom Zweck des § 27 Abs. 2 HeimMindBauVO, jedem Bewohner jederzeit ein seinem gesundheitlichen Zustand entsprechendes Baden zu ermöglichen, auch nicht gefordert. Vielmehr ist dies, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, in hygienisch einwandfreier Weise auch in den Zimmern der Bewohner möglich. So hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten wäre, ausgeführt:
"Die Nasszellen in den einzelnen Zimmern sind so groß, dass die mobilen Badewannen dort Platz finden können. Das Wasser, das in diesen Wannen verwendet wird, wird von den in den Nasszellen der einzelnen Zimmer vorhandenen Anschlüssen genommen; damit wird die Wanne gefüllt und nach dem Baden wird das Wasser dorthin wieder entsorgt. Es gibt zwei grundsätzliche Typen von fahrbaren Badewannen, nämlich größere Wannen, in denen die Bewohner im Liegen gebadet werden sowie Sitzbadewannen, die von manchen Bewohnern bevorzugt werden. Die Ver- und Entsorgung dieser Wannen mit Wasser geschieht in beiden Fällen in gleicher Weise."
Damit ist nach der Überzeugung der Kammer der Forderung des § 27 Abs. 2 und 3 der HeimMindBauVO mit der Vorhaltung und Benutzbarkeit in ausreichender Zahl vorhandener fahrbarer Badewannen in allen von Bewohnern bewohnten Geschossen des Altenpflegeheimes der Klägerin Genüge getan.
Auch die im Widerspruchsbescheid getroffene aus § 27 Abs. 4 i.V.m. § 18 Abs. 3 HeimMindBauVO abgeleitete Feststellung und Forderung, dass es sich bei den notwendigen Badewannen um fest installierte handeln müsse, lässt sich aus dieser Vorschrift nicht ableiten. Die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 18 Abs. 3 HeimMindBauVO schreibt nicht das Vorhandensein von Gemeinschaftsbädern zwingend vor, sondern nur, wie in vorhandenen Gemeinschaftsbädern verwendete Badewannen dort aufzustellen sind, nämlich freistehend, das heißt in einer Weise, die es dem Pflegepersonal ermöglicht, von beiden Seiten an die Badewanne heranzutreten, um das Baden von Bewohnern, die in die Wanne hinein und aus dieser herausgehoben werden müssen, für diese gefahrlos zu gewährleisten. Dass die Badewannen fest installiert zu sein haben, lässt sich dem Wortlaut und dem Sinn dieser Vorschrift dagegen nicht entnehmen, sondern allenfalls, dass die verwendeten Badewannen, wenn sie nicht fest installierte sind, mit Einrichtungen versehen sind, die deren unbeabsichtigtes Wegrollen verhindern und damit ein gefahrloses Baden der Bewohner gewährleisten. Insoweit hat die Klägerin, auch dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten, in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ausgeführt:
"Es handelt sich um Badewannen, die Einrichtungen zur Arretierung dieser Wannen haben, so dass diese Wannen dann, wenn sie benutzt werden, fest stehen und nicht beweglich sind" und damit für die Kammer überzeugend dargelegt, dass die Verwendung der von ihr in ausreichender Zahl vorgehaltenen fahrbaren Badewannen auch ein gefahrloses Baden der Bewohner des Altenheimes gewährleisten.
Damit ist zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass mit den von der Klägerin in ausreichender Zahl vorgehaltenen fahrbaren Badewannen, die im Übrigen den Anforderungen der für alle in Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Heimgesetzes geforderten sanitären Einrichtungen des § 10 Abs. 2 und 3 HeimMindBauVO genügen müssen, dem Wortlaut und dem Zweck der §§ 27 Abs. 2 und 3 sowie 27 Abs. 4 i.V.m. 18 Abs. 3 HeimMindBauVO in vollem Umfange entsprochen wird.
Die von der Klägerin angefochtene Auflage, für die es eine Rechtsgrundlage nicht gibt, war daher, weil rechtswidrig und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzend, aufzuheben.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es, was die Klägerin ausdrücklich betont und die Beklagte auch nicht in Abrede gestellt hat, dem Wunsch der meisten Heimbewohner, denen es wegen zunehmender Inkontinenz unangenehm ist, in Gemeinschaftsbädern zu baden, entspricht, in der privaten Atmosphäre des eigenen Zimmers zu baden bzw. gebadet zu werden. Hierdurch wird auch dem in § 10 des Heimgesetzes zum Ausdruck kommenden Gedanken, den Wünschen der Heimbewohner bei der Gestaltung ihres Aufenthaltes dort, wo dies rechtlich möglich ist, Rechnung zu tragen, entsprochen.
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedurfte es nicht,weil die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat.