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  • ab 21.07.1988 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 250 VV-BauGB - 250. Aufhebung von schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnissen

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
Amtliche Abkürzung
VV-BauGB
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000002

250.1
Gesetzliche Regelungen in §§ 182 bis 184

250.1.1
Fälle

Die Aufhebung von schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnissen ist in §§ 182 bis 184 für folgende Fälle geregelt:

  1. a)
    Aufhebung auf Antrag des Eigentümers bei bebauten oder unbebauten Grundstücken im Sanierungsfall (§ 182 Abs. 1 Alternative 1),
  2. b)
    Aufhebung auf Antrag des Mieters oder Pächters bei Geschäftsgrundstücken im Sanierungsfall (§ 182 Abs. 3),
  3. c)
    Aufhebung von Amts wegen bei bebauten oder unbebauten Grundstücken im Sanierungsfall (§ 182 Abs. 1 Alternative 2),
  4. d)
    Aufhebung bei bebauten und unbebauten Grundstücken im Gebotsfall (§ 182 Abs. 1 Alternative 3),
  5. e)
    Aufhebung auf Antrag des Eigentümers bei unbebauten Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 183).

Die Voraussetzungen für die Aufhebung weichen in den genannten Fällen teilweise voneinander ab.

250.1.2
Verhältnis von § 182 zu § 183

Die Vorschrift des § 183 ist bei unbebauten Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sanierungsgebiet oder bei Maßnahmen nach §§ 175 bis 179 (Gebotsfall) anzuwenden (§ 183 Abs. 2 i.V.m. § 182 Abs. 1). Sinn und Zweck von § 183 Abs. 1 ist es, die vom Eigentümer ausgehende Initiative zur Verwirklichung des in einem Bebauungsplan abschließend konkretisierten Sanierungskonzepts zu unterstützen. Dementsprechend kommt die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses ausschließlich auf Antrag des Eigentümers in Betracht; eine Aufhebung von Amts wegen ist nur unter den verschärften Anforderungen des § 182 Abs. 1 im Gebotsfall zulässig. § 182 Abs. 1 tritt gegenüber der Spezialvorschrift des § 183 Abs. 1 zurück, wenn sich der Aufhebungsantrag des Eigentümers auf ein unbebautes Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans bezieht und der Eigentümer die im Bebauungsplan vorgesehene neue Nutzung verwirklichen will.

In den Fällen des Bau- und Pflanzgebots kommt nicht § 183, sondern § 182 Abs. 1 zur Anwendung.

250.2
Voraussetzungen für die Aufhebung in den einzelnen Fällen

250.2.1
Aufhebung auf Antrag des Eigentümers bei bebauten oder unbebauten Grundstücken im Sanierungsfall (§ 182 Abs. 1 Alternative 1)

Bei bebauten oder unbebauten Grundstücken im Sanierungsgebiet oder in dazu gehörenden Ersatz- und Ergänzungsgebieten kann ein schuldrechtliches Gebrauchs- und Nutzungsverhältnis gemäß § 182 Abs. 1 Alternative 1 aufgehoben werden, wenn dies zur Verwirklichung der Ziele und Zwecke der Sanierung (Nr. 212) erforderlich ist.

Der Verwirklichung der Ziele und Zwecke dienen Ordnungs- und Baumaßnahmen gemäß §§ 147 und 148.

Die betreffenden Ziele und Zwecke der Sanierung müssen so konkretisiert sein, daß ihnen eindeutig entnommen werden kann, ob die Aufhebung erforderlich ist. Außerdem müssen die bisherige Vorbereitung und Durchführung einen solchen Stand erreicht haben, daß die Aufhebung zum betreffenden Zeitpunkt geboten ist.

Ohne Bedeutung ist bei diesem Fall einer Aufhebung, ob ein Bebauungsplan vorliegt oder ob die Voraussetzungen für die Anordnung eines städtebaulichen Gebots gegeben sind.

250.2.2
Aufhebung auf Antrag des Mieters oder Pächters bei Geschäftsräumen im Sanierungsfall (§ 182 Abs. 3)

Bei Sanierungsmaßnahmen kann die Vertragsaufhebung gemäß § 182 Abs. 3 auch auf Antrag eines Mieters oder Pächters erfolgen. Diese Möglichkeit ist auf Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsraum beschränkt.

Voraussetzung für die Aufhebung ist, daß die Erwerbsgrundlage des Mieters oder Pächters infolge der Durchführung der Sanierung wesentlich beeinträchtigt ist und ihm die Fortsetzung des Miet- oder Pachtverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn durch Umsetzung von Bewohnern der Kundenstamm verringert oder durch den Bau von Erschließungsanlagen die Zugänglichkeit von Geschäftsräumen erheblich erschwert wird.

250.2.3
Aufhebung von Amts wegen bei bebauten oder unbebauten Grundstücken im Sanierungsfall (§ 182 Abs. 1 Alternative 2)

Hat der Eigentümer einen Antrag nicht gestellt, kann ein schuldrechtliches Gebrauchs- und Nutzungsverhältnis bei bebauten oder unbebauten Grundstücken im Sanierungsfall nur aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung eines städtebaulichen Gebots gegeben sind. Bei planakzessorischen Geboten (Nr. 242.1.2) muß ein Bebauungsplan vorliegen. Es reicht nicht aus, daß die Aufhebung des schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnisses nach den Zielen und Zwecken der Sanierung oder zur Durchsetzung einer städtebaulichen Rahmenplanung erforderlich ist.

Das städtebauliche Gebot muß erlassen sein, wenn die Aufhebung angeordnet wird.

250.2.4
Aufhebung bei bebauten oder unbebauten Grund stücken im Gebotsfall (§ 182 Abs. 1 Alternative 3)

Bei bebauten oder unbebauten Grundstücken kann ein schuldrechtliches Gebrauchs- und Nutzungsverhältnis gemäß § 182 Abs. 1 Alternative 3 auch zur Durchführung eines städtebaulichen Gebots (§§ 175 bis 179) sowohl auf Antrag des Eigentümers als auch von Amts wegen angeordnet werden.

Die materiell- und formell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines Gebots müssen erfüllt sein. Bei planakzessorischen Geboten (Nr. 242.1.2) muß ein Bebauungsplan vorliegen.

Bei Vorliegen eines Antrags des Eigentümers ist nicht erforderlich, daß ein Gebot bereits angeordnet ist. Die Gemeinde kann z.B. von einer Anordnung absehen, weil der Eigentümer sich freiwillig zur Durchführung bereiterklärt hat.

Von Amts wegen kann die Gemeinde nur vorgehen, wenn sie bereits ein städtebauliches Gebot erlassen hat.

250.2.5
Aufhebung auf Antrag des Eigentümers bei unbebauten Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 183)

Liegt ein einfacher oder qualifizierter Bebauungsplan vor, kann auf Antrag des Eigentümers ein schuldrechtliches Gebrauchs- und Nutzungsverhältnis bei einem unbebauten Grundstück gemäß § 183 aufgehoben werden.

Die Aufhebung ist, wie sich aus der Verweisung in § 183 Abs. 2 auf § 182 Abs. 1 ergibt, sowohl im Sanierungs- als auch im Gebotsfall möglich.

Voraussetzung ist, daß die Festsetzungen eines rechtswirksamen Bebauungsplans hinsichtlich des betreffenden Grundstücks eine andere als die bisherige Nutzung vorsehen.

Ferner muß der Eigentümer die Absicht haben, die Nutzung des Grundstücks entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans alsbald zu ändern.

250.3
Weitere Voraussetzungen

250.3.1
Bei Mietverhältnissen über Wohnraum

Ein Mietverhältnis über Wohnraum darf nur aufgehoben werden, wenn im Zeitpunkt der Beendigung angemessener Ersatzwohnraum für den Mieter und die zu seinem Haushalt gehörenden Personen zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht (§ 182 Abs. 2 Satz 1).

250.3.2
Bei Miet- oder Pachtverhältnissen über Geschäftsraum

Ein Miet- oder Pachtverhältnis über Geschäftsraum darf nur aufgehoben werden, wenn

  • der Mieter oder Pächter eine anderweitige Unterbringung anstrebt und
  • im Zeitpunkt der Beendigung des Rechtsverhältnisses anderer geeigneter Geschäftsraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht.

250.4
Aufhebungsfristen

Bei der Aufhebung eines schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnisses sind gemäß § 182 Abs. 1 folgende Fristen einzuräumen:

  1. a)
    bei land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken:
    bis zum Schluß des Pachtjahres;
  2. b)
    in allen sonstigen Fällen:
    mindestens sechs Monate.

250.5
Adressat

Adressaten der Aufhebungsanordnung sind die Parteien des betreffenden schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnisses.

250.6
Verfahren, Form der Aufhebung

250.6.1
Zuständigkeit

Für die Aufhebung von schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnissen ist die Gemeinde zuständig. Es handelt sich um eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises.

250.6.2
Erörterung mit den Betroffenen

Maßgebend ist § 28 VwVfG.

250.6.3
Form und Inhalt

Die Aufhebung des schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsverhältnisses erfolgt durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Zugleich wird der Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigte zur Räumung verpflichtet.

250.7
Durchsetzung

Die Aufhebungsverfügung wird in ihrem Verpflichtungsteil nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes durchgesetzt.

250.8
Entschädigung

Auf § 185 wird hingewiesen. Zur Entschädigung ist die Gemeinde verpflichtet.