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Abschnitt 228 VV-BauGB - 228. Wertermittlung

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
Amtliche Abkürzung
VV-BauGB
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000002

228.1
Verantwortung der Gemeinde

Die Feststellung der maßgeblichen Grundstückswerte beim Vollzug des besonderen Sanierungsrechts obliegt der Gemeinde. Der Umlegungsausschuß setzt die Werte fest, die in einem Umlegungsverfahren maßgebend sind.

228.2
Gutachterausschuß für Grundstückswerte

228.2.1
Allgemeines

Die Gemeinde kann sich des Gutachterausschusses für Grundstückswerte bedienen. Der Ausschuß hat auf Antrag Gutachten über den Verkehrswert von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Rechten an Grundstücken zu erstatten und Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete, bezogen auf einen Zeitpunkt, zu ermitteln, der von dem turnusmäßigen abweicht (§ 193 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 196 Abs. 1 Satz 5). Der Gutachterausschuß ermittelt von Amts wegen Bodenrichtwerte und sonstige zur Wertermittlung erforderliche Daten (§ 193 Abs. 3). Im übrigen berät der Ausschuß die Gemeinde in allen mit der Sanierung zusammenhängenden Fragen über Grundstückswerte.

228.2.2
Wirkung der Gutachten

Die Gutachten haben keine bindende Wirkung, soweit nichts anderes (z.B. durch förderungsrechtliche Vorschriften im Falle der Förderung) bestimmt oder vereinbart ist (§ 193 Abs. 4 bzw. § 143). Das gilt im Grundsatz auch für die übrigen Wertermittlungsergebnisse.

228.2.3
Anrufung des Oberen Gutachterausschusses

Unter der Voraussetzung, daß bereits ein Gutachten des örtlichen Gutachterausschusses vorliegt und die Verbindlichkeit des Gutachtens oder des zu erstattenden Obergutachtens vereinbart worden ist, kann der Obere Gutachterausschuß angerufen werden.

228.2.4
Grundlagen der Wertermittlung

Für Wertermittlungen gelten die Vorschriften der §§ 192ff. und der WertV.

228.3
Ermittlung

228.3.1
Allgemeines

Im Interesse der rechtlichen Gleichbehandlung der betroffenen Grundstückseigentümer während und nach Abschluß der Sanierung ist die frühzeitige Erarbeitung eines Rahmens für das Wertgefüge und das Wertniveau der Grundstücke im Sanierungsgebiet angebracht. Es ist zweckmäßig, hierfür den Gutachterausschuß für Grundstückswerte einzuschalten. Der Ausschuß bereitet die wertermittlungsrelevanten Grundlagen für das Verfahrensgebiet und für Vergleichsgebiete im Hinblick auf die Anforderungen des jeweiligen Sanierungsverfahrens auf. Die Ermittlungen beziehen sich sowohl auf den sanierungsunbeeinflußten Grundstückswert (Nr. 223.4.1) und den Anfangswert (Nr. 223.4.2) als auch auf den Neuordnungswert (Nr. 223.4.3) und den Endwert (Nr. 223.4.4).

228.3.2
Vorarbeiten des Gutachterausschusses

Der Gutachterausschuß hat Daten in dem erforderlichen Umfang zu erfassen, die Daten zu analysieren und die Ergebnisse aufzubereiten. Die Erfassung ist auf § 197 zu stützen. Sie ist erforderlich, wenn z.B. Angaben über Mieten und Pachten oder über Art, Größe, Ausstattung und Zustand von Gebäuden nicht oder nicht in dem benötigten Umfang vorliegen. Die Analysen haben zum Ziel,

  • die Aussagekraft der Gutachten zu erhöhen,
  • Struktur und Aussagekraft der Bodenrichtwerte zu optimieren,
  • Bodenrichtwerte i.S. des § 196 Abs. 1 Satz 5 zu ermitteln (auf Antrag für einzelne Gebiete zu Zeitpunkten, die sich nach Nr. 228.3.5 ergeben),
  • sonstige zur Wertermittlung erforderliche Daten abzuleiten, wie Bodenpreisindizes, Umrechnungskoeffizienten, Klassifikationen.

228.3.3
Sanierungsunbeeinflußter Grundstückswert, Anfangswert

Für den sanierungsunbeeinflußten Wert nach § 153 Abs. 1 (Nr. 223.4.1) wie für den Anfangswert (Nr. 223.4.2) ist der Zustand maßgebend, den das Wertermittlungsobjekt ohne Beeinflussung durch die Sanierung am Wertermittlungsstichtag gehabt hätte. Hierbei ist von der Entwicklung in vergleichbaren Gebieten, für die eine Sanierung noch nicht vorgesehen ist, und von Erfahrungswerten auszugehen.

228.3.4
Neuordnungswert, Endwert

Für den Neuordnungswert nach § 153 Abs. 4 (Nr. 223.4.3) und den Endwert nach § 154 Abs. 2 (Nr. 223.4.4) ist der Zustand nach Abschluß der Sanierung zugrunde zu legen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 und § 23 Satz 2 WertV). Bei der Wertermittlung ist gegebenenfalls fiktiv davon auszugehen daß die rechtliche und tatsächliche Neuordnung abgeschlossen ist. Hierbei ist, soweit kein Bebauungsplan aufgestellt worden ist, auf die Ziele und Zwecke der Sanierung (Nr. 212) abzustellen. Soweit Maßnahmen noch nicht abgeschlossen sind, ist die Aussicht auf die in der Planung vorgesehenen Änderungen und sonstigen Wertverbesserungen in einer angemessenen Höhe bei der Wertermittlung zu berücksichtigen. Der Abschlag wird im wesentlichen begründet mit

  • der Wartezeit bis zum Abschluß der von der Gemeinde geplanten Ordnungs- und Baumaßnahmen und
  • dem für die Durchführung dieser Einzelmaßnahmen bestehenden Wagnis.

Die Auswirkung dieser Umstände auf den jeweiligen Wert muß unter Berücksichtigung der ortsüblichen Gegebenheiten und der besonderen Verhältnisse des Grundstücks und seiner Umgebung quantifiziert werden. Das Wagnis besteht vor allem darin, daß die erwartete Rentabilität von Investitionen - zumindest vorübergehend in einer gewissen Anlaufzeit - mit Unsicherheiten behaftet ist. Soweit sich dies im gewöhnlichen Geschäftsverkehr auf die Preisgestaltung auswirkt, muß es bei der Wertermittlung berücksichtigt werden. Von dem zunächst auf den fiktiven Endzustand bezogenen Endwert müssen daher entsprechend der Wartezeit für die Durchführung der von der Gemeinde geplanten Einzelmaßnahme im Rahmen der Sanierung und dem dafür bestehenden Wagnis Abschläge (sogenannte Pionierabschläge) angebracht werden. Die Abschläge für die Wartezeit können auch in der Weise bemessen werden, daß die zum Zeitpunkt der vorzeitigen Ermittlung noch nicht "realisierten" sanierungsbedingten Werterhöhungen auf den Zeitpunkt der vorzeitigen Ermittlung abgezinst werden.

228.3.5
Wertermittlungsstichtag

Der Wertermittlungsstichtag ist maßgebend für die Feststellung des Zustandes und der allgemeinen Wertverhältnisse (Währungs- und Preisverhältnisse). Er wird bestimmt durch den Zeitpunkt der Wirksamkeit folgender Rechtshandlungen

  1. a)

    auf der Grundlage sanierungsunbeeinflußter Grundstückswerte i.S. des § 153 Abs. 1:

    • Genehmigung privater Grundstücksgeschäfte gemäß § 153 Abs. 2,

    • Erwerb von Grundstücken durch die Gemeinde oder den Sanierungs- oder Bedarfsträger nach § 153 Abs. 1 und 3,

    • Enteignung von Grundstücken zugunsten der Gemein de oder des Sanierungsträgers,

    • Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 3,

    • Überführung von Grundstücken des Sanierungsträgers gemäß § 160 Abs. 5;

  2. b)

    auf der Grundlage von Neuordnungswerten:

    • Veräußerung von Grundstücken während des Sanierungsverfahrens;

  3. c)

    auf der Grundlage von Anfangs- und Endwerten, die jeweils auf denselben Stichtag zu beziehen sind:

    • Ablösung des Ausgleichsbetrags nach § 154 Abs. 3 Satz 2,

    • Vereinbarung eines höheren Ausgleichsbetrags nach § 154 Abs. 3 Satz 2,

    • vorzeitige Festsetzung des Ausgleichsbetrags auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen nach § 153 Abs. 3 Satz 3,

    • Erhebung von Vorauszahlungen auf den Ausgleichsbetrag nach § 154 Abs. 6,

    • Erhebung von Ausgleichsbeträgen bei Erklärung des Abschlusses der Sanierung für einzelne Grundstücke nach § 163 (Nr. 236),

    • Erhebung von Ausgleichsbeträgen nach Abschluß der Sanierung gemäß § 162 (Nr. 235).

228.3.6
Anwendung in besonderen Fällen

Für die gutachtliche Ermittlung von Bodenwerterhöhungen i.S. des § 155 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 kann der Gutachterausschuß Daten zur Verfügung stellen. Das gilt auch für die Beurteilung des Bodenwertniveaus bei der Entscheidung nach § 142 Abs. 4. Sanierungsbedingte Werterhöhungen können aus Bodenrichtwerten, gegebenenfalls aus solchen nach § 196 Abs. 1 Satz 5, abgeleitet werden. Es dürfen aber auch Methoden eingesetzt werden, mit deren Hilfe diese Werterhöhungen direkt ermittelt werden können, wenn die Verfahren allgemein anerkannt sind. Ihre Anwendung kommt vor allem in Betracht, wenn für die sonst erforderliche Ermittlung der Anfangs- und Endwerte nicht genügend Vergleichsmaterial vorhanden ist oder wenn das aus Anfangs- und Endwert abgeleitete Ergebnis durch eine unabhängige Ermittlung gestützt werden soll.

228.4
Information des Gutachterausschusses

Die Gemeinde teilt dem örtlichen Gutachterausschuß die Anfangs- und Endwerte mit, die der Bemessung von Ausgleichsbeträgen zugrunde gelegt worden sind.