Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.10.2005, Az.: 13 K 31/03
Versteuerungspflicht für Zinseinkünfte aus Geldanlagen bei der türkischen Zentralbank eines in der Bundesrepublik ansässigen deutschen Staatsangehörigen türkischer Abstammung; Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung ausländischer Kapitaleinkünfte; Gleichheitsgrundsatz im Steuerrecht; Maßstab bei der Prüfung des Vorliegens eines Treuhandverhältnisses; Berechtigung zu einer steuerrechtlich geänderten Veranschlagung auf Grund nachträglich bekannt gewordener Tatsachen ; Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung; Ablauf der Festsetzungsfrist im Steuerrecht; Fahrten zur türkischen Zentralbank als Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.10.2005
- Aktenzeichen
- 13 K 31/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 32304
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:1004.13K31.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
- § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
- § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO
- § 169 Abs. 2 S. 2 AO
- § 171 Abs. 5 S. 2 AO
Fundstelle
- NWB direkt 2006, 5
Hinweis
Hinweis: Verbundenes Verfahren
Verbundverfahren:
FG Niedersachsen - 04.10.2005 - AZ: 13 K 458/04
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Erzielt ein in der Bundesrepublik ansässiger deutscher Staatsangehöriger türkischer Abstammung Zinseinkünfte aus Geldanlagen bei der türkischen Zentralbank, hat er diese in Deutschland zu versteuern.
- 2.
Die Besteuerung ausländischer Kapitaleinkünfte leidet an keinem strukturellen Erhebungsdefizit und ist daher verfassungsgemäß. Soweit hinsichtlich ausländischer Kapitaleinkünfte Verifikationsmöglichkeiten nur aufgrund von Auskunftsklauseln in DBA oder Rechts- und Amtshilfevereinbarungen bestehen, kann diese unbefriedigende Situation nicht dem deutschen Gesetzgeber zugerechnet werden.
- 3.
Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis vorliegt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erfassung von Einnahmen aus Kapitalvermögen in den Jahren 1990 bis 2000 und 2002.
Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Sie sind deutsche Staatsangehörige türkischer Abstammung.
Die Einkommensteuererklärungen 1990 bis 1994 sind wegen des Ablaufs der Aufbewahrungsvorschriften bereits vernichtet worden. Nach den Aktenausfertigungen der jeweiligen Steuerbescheide sind keine Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst worden.
In den Einkommensteuererklärungen seit 1995 sind die streitigen Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht erklärt worden. Die Kläger erklärten lediglich im Jahr 1997 DM 905 und im Jahr 1998 DM 24.
Im Jahr 2001 beschlagnahmte das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen 15 Kreditbriefe der türkischen Zentralbank, die auf den Namen des Klägers ausgestellt waren. Am xx. Juni 2001 wurde gegen den Kläger ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, welches ihm am xx. Juni 2001 bekannt gegeben wurde. Da die Kläger der Aufforderung des Beklagten, die erzielten Kapitalerträge aufzuschlüsseln und nachzuweisen, nicht nachkamen, schätzte der Beklagte die Zinserträge seit 1990 auf der Grundlage der bekannten Unterlagen. Mit Bescheiden vom xx. Dezember 2001 (1990) und vom xx. April 2002 (1991 bis 2000) wurden dementsprechend erhöhte Einnahmen aus Kapitalvermögen angesetzt.
Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, dass für die Jahre 1990 bis 1994 nicht mehr überprüft werden könne, ob die Kläger ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt hätten. Bis einschließlich 1994 hätten die Kläger ihre Steuererklärungen von einem im Ruhestand befindlichen Steuerberater ausfüllen lassen, der auch die Einkünfte bei der türkischen Zentralbank erklärt habe. Die Einkommensteuer sei insoweit bereits objektiv nicht verkürzt worden. Die Erben des Steuerberaters hätten mitgeteilt, dass alle diesbezüglichen Unterlagen vernichtet worden seien. Erst seit dem Veranlagungszeitraum 1995 seien die Einkünfte nicht mehr angegeben worden. Die Kläger hätten sich ab 1995 eines neuen "Hobbysteuerberaters" bedient, der ihnen nur gezeigt habe, wo sie zu unterschreiben hätten. Die Kläger seien mit der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten überfordert gewesen.
Auch der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung liege nicht vor. Denn die Kläger seien subjektiv davon überzeugt gewesen, dass die bei der türkischen Zentralbank erwirtschafteten Zinsen in Deutschland nicht steuerpflichtig seien. Beamte der türkischen Zentralbank hätten Ende 1989 in türkischen Zeitungen inseriert, dass die Zinseinnahmen in Deutschland von der Steuer befreit gewesen seien.
Mit Einspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Die Zinseinnahmen seien in Deutschland steuerpflichtig. Die Festsetzungsverjährung sei noch nicht eingetreten, da eine Steuerhinterziehung vorliege. Der objektive Tatbestand sei gegeben. Es könne nicht angenommen werden, dass der Sachbearbeiter über mehrere Jahre hinweg angeblich erklärte Einnahmen nicht erfasst habe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dann ab 1995 keine Einnahmen aus Kapitalvermögen mehr erklärt worden seien. Auch der subjektive Tatbestand sei gegeben. Trotz Aufforderung hätten die Kläger die Inserate nicht vorgelegt, aus denen sich die Werbung mit der Steuerfreiheit der Anlagen ergeben solle. Die Thematik der Besteuerung von Kapitaleinkünften sei seit 1990 regelmäßig in allen Medien behandelt worden. Die Kläger hätten Erträge in erheblicher Größenordnung erzielt.
Aus den beigezogenen Akten des Steuerstrafverfahrens ergibt sich, dass die Kläger in dem dortigen Verfahren eine Übersetzung für ein Werbevideo der türkischen Zentralbank vorgelegt haben, wonach der Vorsitzende der türkischen Zentralbank Folgendes ausführte:
"...Der zweite Vorteil ist, dass der Ertrag in keinerlei Weise und keinerlei Höhe einer Steuer unterliegt. Anders ausgedrückt, der Ertrag aus dieser Anlageform ist nicht zu versteuern. Wohingegen Erträge in anderen Ländern der dortigen Steuer zu unterwerfen sind....".
In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht H vom xx.xx 2003 erklärte der Verteidiger, dass die Anklageschrift zutreffe. Der Kläger wurde wegen Steuerhinterziehung in 6 Fällen verurteilt. In der Hauptverhandlung des Berufungsverfahrens vor dem Landgericht H vom xx.xx 2004 erklärte der Verteidiger, dass die angegebenen Beträge zutreffend seien und diese Verkürzungen in den Jahren 1995 bis 2000 eingetreten seien. Der Angeklagte erklärte: "Ja, das ist so zutreffend". Der Kläger wurde wegen Steuerhinterziehung in 4 Fällen (Einkommensteuer 1995, 1997, 1999 und 2000) verurteilt. Das Verfahren wegen Einkommensteuer 1996 und 1998 wurde nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Revision wurde am xx.xx 2004 vom OLG xx als unbegründet verworfen.
Im hiesigen Klageverfahren trugen die Kläger vor, dass sie ehemalige Gastarbeiter aus der Türkei seien, "die aus unselbständiger Arbeit ihre Ersparnisse in der Türkei bei der türkischen Zentralbank angelegt haben".
Der zunächst erhobene Einwand, dass die Zinsen nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei in Deutschland nicht steuerpflichtig seien, wurde in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen.
Die Kläger verwiesen auf die Begründung des Aussetzungsverfahrens vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (13 V 269/02). Dort wurde zusätzlich vorgetragen, dass die Besteuerungspraxis gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Die Überprüfung der ausländischen Kapitaleinkünfte würde an rechtlichen und tatsächlichen Kontrollhemmnissen scheitern. Deshalb leide die Steuererhebung an strukturellen Mängeln.
Die Inserate in den türkischen Zeitungen hätten nicht vorgelegt werden können, da auf Grund eines Eigentümerwechsels bei der Zeitung Hürriyet das Archiv nicht mehr zugänglich sei.
Während des Klageverfahrens legten die Kläger eine Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen nach Blatt 37 der Gerichtsakte verwiesen. Der Beklagte ermittelte auf dieser Grundlage die jährlich angefallenen Kapitaleinnahmen, die angefallene ausländische Steuer ("Vergi Kesintisi") sowie den Fondsabzug ("Fon Kesintisi"). Hinsichtlich der einzelnen Beträge wird auf die Anlage 1 zu dem Schreiben des Beklagten vom xx. Juli 2004 (Bl. 43 bis 45 Gerichtsakte) verwiesen. Auf Nachfrage des Beklagten nach den Kontoauszügen für weitere Anlagen bei der türkischen Zentralbank trugen die Kläger vor, dass weitere Anlagen nicht existieren würden. Aus den vorgelegten Bescheinigungen würde sich ergeben, dass die Zinserträge zwar teilweise eine neue Kontonummer erhalten hätten, dass sie aber nicht unter der neuen Kontonummer neu angelegt, sondern unter der alten Kontonummer abgehoben worden seien.
Die Kläger stellten den Antrag, die ausländische Steuer nach § 34c Abs. 2 EStG abzuziehen. Daraufhin ergingen am xx. Januar 2005 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1990 bis 2000, in denen die Erkenntnisse aus der vorgelegten Kontoentwicklung berücksichtigt und die ausländische Steuer nach § 34c Abs. 2 EStG abgezogen wurde. Da der Beklagte davon ausging, dass noch weitere Konten existieren würden, nahm er eine zusätzliche Schätzung vor. Dabei ging er von einer Wiederanlage der Beträge zu den bisherigen Bedingungen aus. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage zu dem geänderten Steuerbescheid 2000 verwiesen (in den Anlagen zu Blatt 78 der Gerichtsakte). Für das Jahr 2000 ergab sich eine höhere Steuer als in dem vorherigen Bescheid. Insoweit berief sich der Beklagte auf § 173 AO.
Da die Kläger für das Jahr 2002 keine Steuererklärung abgaben, schätzte der Beklagte insoweit die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom xx. Juni 2004. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen setzte der Beklagte nach Auswertung der Kontenentwicklung der türkischen Zentralbank mit 23.107 EUR an. Da im Einspruchsverfahren keine Begründung erfolgte, wurde der Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 1. September 2004 zurückgewiesen. Im Klageverfahren (13 K 458/04) wurde die Einkommensteuererklärung eingereicht. Einnahmen aus Kapitalvermögen wurden nicht erklärt.
Die Kläger trugen im Mai 2004 erstmals vor, dass die angelegten Gelder in Wirklichkeit zu einem großen Teil Verwandten in der Türkei gehören würden. Die Kläger legten notariell beglaubigte Entlastungserklärungen vor, wonach folgende Einlagen mittels Fremdgelder erfolgt sein sollen:
hingegeben | zurückerhalten | Betrag | Kapitalgeber |
---|---|---|---|
04.10.1994 | 06.10.1997 | DM 61.000 | B. D. |
07.05.1995 | 11.03.1997 | DM 111.000 | Ali D. |
04.04.1995 | 08.04.1997 | DM 72.500 | Ali D. |
16.11.1995 | 16.11.2001 | DM 84.000 | Ah. D. |
06.05.1996 | 16.05.2000 | DM 66.000 | Ah. D. |
11.03.1997 | 11.03.2001 | DM 120.000 | Z. D. |
08.04.1997 | 08.04.2001 | DM 83.000 | Z. D. |
10.06.1997 | 10.06.2001 | DM 77.000 | B. D. |
Nach den Kontounterlagen der türkischen Zentralbank ist die Anlage in Höhe von DM 111.000 bereits am 7. März 1995 angelegt worden (Kontonummer 2k4470xxx). Die Anlage in Höhe von DM 66.000 (Kontonummer 2k4774xxx) ist am 6. Mai 2000 im Gesamtbetrag von DM 89.885,92 auf das Konto 2k6210xxx umgebucht worden, wo dieser Betrag (45.957,94 EUR) bis zum 6. Mai 2002 angelegt war.
Die Entlastungserklärung datieren alle vom 29. Juni 2004. Die Verwandten erklären gleichlautend, dass sie die Gelder dem Kläger anvertraut hätten, damit er sie bei der türkischen Zentralbank zur Erzielung des gesetzlich vorgesehenen Zinssatzes auf eigenen Namen anlegen sollte. Sie hätten den Anlagebetrag mitsamt der Zinsen zurückerhalten.
Eine Auswertung der Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank für den fraglichen Zeitraum ergibt folgendes:
Datum | Auszahlung | Datum | Einlage | "neu" angelegtes Geld | ||
---|---|---|---|---|---|---|
02.05.1994 | DM 37.500 | 02.05.1994 | DM 50.000 | DM 12.500 | 04.10.1994 | DM?? 40.000 |
04.10.1994 | DM ?9.442 | 04.10.1994 | DM 61.000 | DM 11.558 | 27.10.1994 | DM???? 1.686 |
27.10.1994 | DM 7.144 | 27.10.1994 | DM 20.000 | DM 11.170 | 07.03.1995 | DM?? 85.000 |
07.03.1995 | DM 15.181 | 07.03.1995 | DM 111.000 | DM 10.819 | ? | |
04.04.1995? | DM 46.000 | |||||
04.04.1995 | DM 8.123 | |||||
04.04.1995 | DM 17.832 | 04.04.1995 | DM 72.500 | DM 545 | 19.04.1995 | DM 1.445 |
06.06.1995 | DM 57.000 | 06.06.1995 | DM 62.000 | DM 3.555 | 16.11.1995 | DM 60.000 |
16.11.1995 | DM 7.144 | 16.11.1995 | DM 84.000 | DM 16.856 | 12.12.1995 | DM 1.271 |
21.12.1995 | DM 10.680 | |||||
23.01.1996 | DM 40.000 | |||||
23.01.1996 | DM 7.144 | 23.01.1996 | DM 59.000 | DM ?0 | 06.05.1996 | DM 50.000 |
06.05.1996 | DM 6.697 | 06.05.1996 | DM 66.000 | DM 9.303 | 28.05.1996 | DM 1.192 |
29.10.1996 | DM 20.000 | 29.10.1996 | DM 35.000 | DM 13.808 | 19.11.1996 | DM 3.560 |
11.03.1997 | DM 111.000 | 11.03.1997 | DM 120.000 | DM 5.440 | 25.03.1997 | DM 8.188 |
08.04.1997 | DM 72.500 | 08.04.1997 | DM 83.000 | DM 2.312 | 22.04.1997 | DM 1.518 |
05.06.1997 | DM 10.146 | |||||
10.06.1997 | DM 62.000 | 10.06.1997 | DM 77.000 | DM 3.336 | 06.10.1997 | DM 61.000 |
Die Kläger trugen insoweit vor, dass sich weder die Kläger noch die Verwandten konkret an den Tag hätten erinnern können, an dem die Gelder den Klägern anvertraut worden seien. Deshalb hätten die Kläger und die eigentlichen Kapitaleigentümer als Datum des Anvertrauens die Einzahlung bei der türkischen Zentralbank angegeben. Die Verwandten hätten sich zunächst geweigert, die Kläger durch eine notarielle Erklärung zu entlasten. Sie seien hierzu erst nach Androhung rechtlicher Schritte bereit gewesen. Die fremden Kapitalanlagen seien auf den Namen des Klägers angelegt worden, um diese von dem Vermögen der Eheleute zu trennen. Durch die notariellen Erklärungen sei nachgewiesen worden, dass dieses Geld nicht den Klägern zuzurechnen sei. Maßgeblich für die Treuhandverträge sei das türkische Recht. Danach könnten solche Verträge auch mündlich abgeschlossen werden.
Es seien Fahrtkosten nach Ankara (1 x pro Jahr) und nach Frankfurt (2 x pro Jahr) entstanden, die als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig seien.
Hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 tragen die Kläger vor, dass die Kapitaleinkünfte nicht mehr ermittelt werden könnten, weil sämtliche Konten bei der türkischen Zentralbank mit Ausnahme einer Anlage über 65.422 EUR gelöscht und die Fremdgelder an die jeweiligen Inhaber des Kapitals ausgehändigt worden seien. Hinsichtlich der noch vorhandenen Kapitalanlage seien den Klägern im Jahr 2004 Einnahmen in Höhe von 4.325,27 EUR zugeflossen. Diese Kapitaleinkünfte seien auch für 2002 anzusetzen.
Das Kind C habe 2002 Abitur gemacht und anschließend Zivildienst geleistet. Der Zivildienst sei ab dem 1. Juli 2002 geleistet worden.
Die Kläger beantragen,
- 1.
die Einkommensteuerbescheide 1990 bis 2000 in der Fassung der jeweiligen Änderungsbescheide unter Aufhebung der Einspruchsbescheide aufzuheben.
- 2.
die mit Bescheid vom xx. Juni 2004 festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2002 unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom xx. September 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei Auswertung der im Klageverfahren eingereichten Kontoauszüge falle auf, dass die Kontoentwicklung offenbar nicht sämtliche Anlagen enthalte. In der Spalte Erläuterungen ("Aciklama") seien Buchungshinweise enthalten, wonach fällige Anlagen und/oder Zinsen auf neue Konten angelegt worden seien, die in den vorgelegten Unterlagen nicht ausgewiesen seien. Der Beklagte führte die ungeklärten Konten in der Anlage 2 zu dem Schreiben vom 15. Juli 2004 auf (Bl. 46 Gerichtsakte).
Entgegen der Auffassung der Kläger lägen keine Treuhandverhältnisse vor. Kontoinhaber sei der Kläger gewesen. Es sei keine abweichende Bestimmung über den Gläubiger getroffen worden. Es sei auch unwahrscheinlich, dass entsprechende Vereinbarungen existieren würden, weil die gewählte Anlage nur von im Ausland lebenden türkischen Staatsbürgern hätte vorgenommen werden können. Die vorgetragene Treuhand stehe im Widerspruch zu den Angaben nach § 8 Geldwäschegesetz. Der Nachweis der Treuhandverhältnisse habe nach inländischen Grundsätzen zu erfolgen. Bei Verträgen zwischen Angehörigen sei ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gelte insbesondere bei einem Auslandsbezug (§ 90 Abs. 2 AO).
Die geltend gemachten Fahrtkosten könnten nicht anerkannt werden. Es sei nicht glaubhaft, dass die Kläger ausschließlich für Bankbesuche in den Streitjahren jeweils einmal in die Türkei und zweimal nach Frankfurt gefahren seien. Ein Besuch der Zentralbank sei für eine Kapitalanlage grundsätzlich nicht erforderlich gewesen. Zur Eröffnung eines DM-Sparkontos hätte eine Einzahlung des Anlagebetrags auf dem Sonderkonto der D Bank genügt. Dies sei von dem Kläger nach den vorliegenden Unterlagen durchweg so gehandhabt worden. Auszahlungen seien bei jeder Filiale der D Bank im Inland möglich und seien im Streitfall auch so durchgeführt worden.
Hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 führt der Beklagte aus, dass der Ansatz der für 2004 erzielten Kapitalerträge im Streitjahr ausscheide. Einerseits seien auch schon in den Vorjahren die Kapitalerträge sehr schwankend gewesen. Andererseits würden die Kapitalerträge für 2004 keinen Anhaltspunkt für das Streitjahr bieten, weil die Konten erst nach 2002 gelöscht worden seien.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Kläger befragt. Insoweit wird auf die Niederschrift vom 4. Oktober 2005 verwiesen. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger den Antrag gestellt, die türkische Steuer anzurechnen.
Gründe
Die Klagen sind teilweise begründet.
I.
Einkommensteuer 1990 bis 2000
1.
Der Beklagte hat dem Grunde nach zu Recht die bislang unbekannten Kapitaleinnahmen der deutschen Besteuerung unterworfen.
a)
Die in den Streitjahren von der türkischen Zentralbank vereinnahmten Zinserträge sind in Deutschland gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig, weil die Kläger im Inland einen Wohnsitz inne hatten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dies entspricht auch den Regelungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 16. April 1985 (kurz: DBA Türkei; BGBl 1989 II S. 567). Nach Art. 11 Abs. 1 DBA Türkei können Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, in dem Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Dem steht auch Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a DBA Türkei nicht entgegen. Insoweit werden nur Zinsen steuerfrei gestellt, die aus der Bundesrepublik Deutschland stammen und an die türkische Zentralbank gezahlt werden. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb DBA Türkei wird die Doppelbesteuerung dadurch vermieden, dass die türkische Steuer auf die zu erhebende deutsche Einkommensteuer anzurechnen ist.
b)
Die Besteuerung ausländischer Kapitaleinkünfte verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Besteuerung leidet an keinem strukturellen Erhebungsdefizit.
Der Gleichheitsgrundsatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch das Steuergesetz gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der materiellen Norm nach sich ziehen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich eine Erhebungsregel gegenüber dem Besteuerungstatbestand strukturell gegenläufig auswirkt, so dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann und dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zugerechnet werden kann (Urteil des BVerfG vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654; Urteil des BVerfG vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, NJW 2004, 1022). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in dem genannten Urteil vom 27. Juni 1991 bei der Besteuerung von Zinseinkünften einen strukturellen Erhebungsmangel festgestellt. Dies hatten die Steuerpflichtigen aber bis zu einer Neuregelung hinzunehmen, die ab dem Veranlagungszeitraum 1993 in Kraft getreten ist.
Durch das Gesetz zur Neuregelung der Zinsbesteuerung vom 9. November 1992 (sog. Zinsabschlaggesetz) wurde eine Kapitalertragsteuer (Zinsabschlag) in Höhe von 30 v.H. auf Kapitalerträge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG eingeführt. Gleichzeitig wurde der Sparerfreibetrag verzehnfacht und ein sog. Freistellungsauftrag zur Vermeidung des Zinsabschlags eingeführt. Allerdings werden Kapitalerträge, die von ausländischen Zahlstellen bezogen werden, nicht der Zinsabschlagsteuer unterworfen. Daher ist es beim Zufluss von ausländischen Kapitalerträgen nach wie vor möglich, diese im Rahmen der Veranlagung zu verschweigen, ohne dass sie bereits mit inländischer Steuer belastet wären. Verifikationsmöglichkeiten bestehen lediglich auf Grund von Auskunftsklauseln in dem DBA oder Rechts- und Amtshilfevereinbarungen. Diese unbefriedigende Situation kann aber nicht dem deutschen Gesetzgeber zugerechnet werden. Denn nach völkerrechtlichen Grundsätzen ist es den deutschen Finanzbehörden prinzipiell verwehrt, hoheitliche Befugnisse außerhalb des deutschen Staatsgebiets auszuüben, so dass Maßnahmen zur Aufklärung steuerliche Sachverhalte im Ausland weitgehend unmöglich sind. Defizite bei der Verifikation der deklarierten Beträge beruhen daher nicht auf einer strukturell gegenläufigen Erhebungsregel, sondern auf den Besonderheiten grenzüberschreitender Kapitalanlagen (BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BStBl II 1997, 499, die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden: Beschluss des BVerfG vom 10. Oktober 1997 2 BvR 1440/97, juris).
c)
Dem Kläger sind auch die Zinseinnahmen zuzurechnen, die nach ihrem Vortrag für Angehörige in der Türkei angelegt worden sind. Die behaupteten Treuhandverhältnisse zwischen dem Kläger und den Angehörigen können steuerrechtlich nicht anerkannt werden.
Einnahmen sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen verwirklicht grundsätzlich derjenige den Tatbestand der Einkunftserzielung, der das Kapitalvermögen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen Entgelt zur Nutzung überlässt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272; BFH-Urteil vom 22. August 1990 I R 69/89, BStBl II 1991, 38; BFH-Urteil vom 26. November 1997 X R 114/94, BStBl II 1998, 190). Bei Eigenkonten gilt eine Tatsachenvermutung, dass derjenige, der ein Konto auf seinen Namen errichtet, auch Inhaber der Forderung ist (BFH-Urteil vom 3. November 1976 VIII R 170/74, BStBl II 1977, 206; BFH-Urteil vom 23. April 1980, VIII R 156/75, BStBl II 1980, 643; BFH-Urteil vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BStBl II 1990, 539). Im vorliegenden Fall hat der Kläger die streitigen Beträge im eigenen Namen bei der türkischen Zentralbank angelegt. Dies ergibt sich aus den Einzahlungsbelegen und den Kreditbriefen, die sich in Kopie in den Akten befinden, sowie aus der Kontenentwicklung, die auf den Namen des Klägers lautet. Eine Einschränkung über das Verfügungsrecht ist nicht erkennbar. Somit sind die Geldbeträge nach den genannten Grundsätzen zunächst dem Kläger zuzurechnen.
Eine abweichende Zurechnung kann auch nicht auf Grund der Behauptung erfolgen, dass im Innenverhältnis zwischen den Angehörigen und dem Kläger ein Treuhandverhältnis bestanden hat. Zwar sind die Wirtschaftsgüter bei Treuhandverhältnissen gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dem Treugeber zuzurechnen. Die wirtschaftliche Zurechnung der Darlehensforderung zum Treugeber würde dazu führen, dass auch die Zinseinkünfte dem Treugeber zuzurechnen wären (BFH-Urteil vom 30. Januar 1986 IV R 125/83, BStBl II 1986, 404; BFH-Urteil vom 4. Dezember 1996 I R 99/94, BStBl II 1997, 404; BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97 DStR 1999, 973). Doch muss nach § 159 Abs. 1 AO derjenige, der behauptet, dass er Rechte, die auf seinen Namen lauten, nur als Treuhänder inne hat, auf Verlangen nachweisen, wem die Rechte gehören. Anderenfalls ist das Finanzamt berechtigt, das Recht dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152). Aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen muss sich eindeutig ergeben, dass die mit der rechtlichen Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers in einem Maße eingeschränkt ist, dass die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint (BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97, DStR 1999, 973). Wesentliches inhaltliches Kriterium für eine von der Zivilrechtslage abweichende Zurechnung des Wirtschaftsguts ist daher die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und die damit korrespondierende Weisungsgebundenheit des Treuhänders gegenüber dem Treugeber. Hinzu muss - zumindest im Grundsatz - die Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts kommen. Anders ausgedrückt muss der Treugeber das Treuhandverhältnis beherrschen. Kann er dies auf Grund der getroffenen Absprachen nicht, so besteht kein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152; BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97, DStR 1999, 973; BFH-Urteil vom 5. November 2003 X R 34/02, BFH/NV 2004, 610). Mit diesen Anforderungen geht einher, dass das Treuhandverhältnis im vorhinein klar und eindeutig vereinbart und dann auch vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sein muss. Zur konsequenten Durchführung einer Treuhandabrede gehört auch die klare Trennung von Eigenvermögen und Treugut (Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 18. Januar 2001 13 K 490/99, juris; Urteil des FG München vom 2. April 2003 9 K 3107/00, juris).
Werden diese Maßstäbe zugrunde gelegt, hat der Kläger die behaupteten Treuhandverhältnisse nicht hinreichend nachgewiesen.
aa)
Es ist schon nicht hinreichend nachgewiesen worden, dass die Gelder überhaupt aus der Sphäre der Angehörigen stammen. Hiergegen spricht, dass der Kläger weder im Veranlagungs- und im Einspruchsverfahren noch im Strafverfahren derartige Angaben gemacht hat. Es hätte nahe gelegen, zumindest im Strafverfahren einen derartigen Einwand zu erheben, wenn dies den Tatsachen entsprach. Stattdessen wurde der Tatvorwurf in objektiver Hinsicht in beiden Tatsacheninstanzen eingeräumt. Hierzu hätte kein Anlass bestanden, wenn tatsächlich nur Fremdgelder verwaltet wurden. In der Klagebegründung vom xx. Februar 2003 führten die Kläger ausdrücklich aus, dass sie ihre Ersparnisse in der Türkei angelegt hätten. Von Treuhandvereinbarungen war zunächst im finanzgerichtlichen Verfahren keine Rede.
Soweit die Kläger als Begründung für die späte Offenlegung der behaupteten Treuhandvereinbarungen die Weigerung der Angehörigen anführen, die Kläger durch eine notarielle Erklärung zu entlasten, überzeugt dies nicht. Dies erklärt nicht, weshalb der Sachverhalt nicht bereits von Anfang an offengelegt worden ist. Denn die Offenlegung des Treuhandverhältnisses hing von der Vorlage notarieller Entlastungserklärungen nicht ab.
Die Zweifel werden durch die vagen Angaben in den Entlastungserklärungen verstärkt. So haben die Angehörigen nicht den Tag der Hingabe und der Rückgabe des Geldes bescheinigt, sondern nur die Tage der Einzahlung und Auszahlung bei der türkischen Zentralbank, wie sie sich aus den Kontoauszügen ergeben. Zudem sind in den Entlastungserklärung Behauptungen enthalten, die nachweislich unzutreffend sind. Während in der Entlastungserklärung des Herrn Ali D. behauptet wird, dass der Betrag in Höhe von DM 111.000 erst am 7. Mai 1995 dem Kläger übergeben worden sei, ergibt sich aus der Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank, dass der Betrag bereits am 7. März 1995 angelegt worden ist. Herr Ah. D. behauptet in seiner Entlastungserklärung, die Anlage in Höhe von DM 66.000 samt Zinsen am 6. Mai 2000 zurückerhalten zu haben. Tatsächlich wurde der Betrag aber nur innerhalb der türkischen Zentralbank umgebucht und unter einer anderen Kontonummer unter dem Namen des Klägers bis zum 6. Mai 2002 weiter angelegt. Nach Ansicht des Senats sind die Entlastungserklärungen daher nicht aussagekräftig. Sie sind alle am 29. Juni 2004 und nach Maßgabe der Kontoentwicklung erstellt worden. Sie wurden offenbar ausschließlich im Hinblick auf dieses Klageverfahren abgegeben und nicht, um den Kläger tatsächlich im Innenverhältnis "zu entlasten". Ansonsten wäre zu erwarten gewesen, dass die Entlastungserklärungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Rückzahlungen abgegeben worden wären.
Auch die Höhe der Einzahlungen bei der türkischen Zentralbank spricht nicht für die Überlassung von Gelder durch die Verwandten. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass die jährlichen Einzahlungen isoliert betrachtet nicht aus dem Einkommen der Kläger bestritten werden konnten. Doch ist aus der Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank ersichtlich, dass der Kläger schon vor den Streitjahren über erhebliches Vermögen verfügte, welches bei der türkischen Zentralbank angelegt worden war. Diese Gelder wurden immer wieder für Neuanlagen frei. Die Auswertung der Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank für den Zeitraum, in dem die angelegten Gelder nach dem Vortrag der Kläger weitgehend von den türkischen Verwandten stammten, zeigt, dass die neuen Einlagen im Wesentlichen aus den vorher erfolgten Auszahlungen bestritten werden konnten. Wenn die Neuanlagen tatsächlich von den Verwandten stammen, stellt sich die Frage, wie der Kläger dann die ausgezahlten Beträgen verwendet hat. Der Senat hat den Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, ohne eine Antwort zu erhalten.
Die verbleibenden Ungewissheiten gehen zu Lasten der Kläger, die insoweit die Feststellungslast tragen. Das Gericht war nicht verpflichtet, die vermeintlichen Geldgeber als Zeugen zu laden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH haben die Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 AO die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen, wenn ein Sachverhalt zu ermitteln ist, der sich auf Vorgänge im Ausland bezieht. Deshalb sind im Ausland lebende Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu stellen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1998 I B 48/97, BFH/NV 1999, 506; BFH-Beschluss vom 27. September 1999 I B 49/98, BFH/NV 2000, 452; BFH-Beschluss vom 9. Februar 2001 II B 9/99, BFH/NV 2001, 933). Vorliegend ist den Klägern mit der Ladung vom 10. Juni 2005 ein entsprechender Hinweis erteilt worden. Die Kläger haben zwar angeregt, die Angehörigen vor einem türkischen Richter, einem Vertrauensanwalt oder im deutschen Konsulat vernehmen zu lassen, da die Erteilung eines Visums für Deutschland zwei bis drei Monate dauere. Doch lag zwischen dem rechtlichen Hinweis vom 10. Juni 2005 und der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2005 ein Zeitraum von fast vier Monaten. Deshalb hätten die Angehörigen durchaus in der mündlichen Verhandlung erscheinen können. Eine Vernehmung der Angehörigen im Wege der Rechtshilfe oder durch einen Bundeskonsul im Ausland (§ 82 FGO i.V.m. §§ 363, 364 ZPO) war vorliegend nicht zielführend. Angesichts der Unstimmigkeiten in den Entlastungserklärungen kam es entscheidend auf die Glaubwürdigkeit der Angehörigen und damit auf den persönlichen Eindruck an.
bb)
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Angehörigen dem Kläger die Gelder überlassen haben, würden keine steuerrechtliche anzuerkennenden Treuhandverhältnisse vorliegen.
Der Kläger hat keine im Vorhinein geschlossenen klaren und eindeutigen Treuhandabreden vorgelegt. Die Entlastungserklärungen stammen vom 29. Juni 2004 und sind ersichtlich im Hinblick auf die nachträgliche Versteuerung der Zinsen erstellt worden. Schriftliche Vereinbarungen im Zeitpunkt der Anlage existieren offenbar nicht. Deshalb kann auch nicht von einer "Beherrschung" des Treugebers auf Grund einer eventuell mündlich abgeschlossenen Vereinbarung gesprochen werden. Nach dem Wortlaut der Entlastungserklärungen war eine "Beherrschung" durch den Treugeber auch gar nicht vorgesehen. Danach hatten die Angehörigen die Gelder dem Kläger anvertraut, damit dieser die Beträge in eigenem Namen anlegen konnte. Von einer konkreten Weisungsbefugnis ist in den Entlastungserklärungen keine Rede. Es könnte sich auch um Darlehen handeln. Die Angehörigen hätten Weisungen gegenüber dem Kläger rechtlich nicht durchsetzen können. Im Falle eines Zerwürfnisses hätten die Angehörigen weder die Hingabe des Geldes noch die Existenz der Treuhandabrede beweisen können. Die Angehörigen waren bei dieser Sachlage davon abhängig, dass sich der Kläger an die Absprachen hielt. Derartige mündliche Abreden sind - sollten sie tatsächlich getroffen worden sein - nicht hinreichend klar und eindeutig, um eine steuerrechtliche Anerkennung nach sich zu ziehen.
Entgegen der Auffassung der Kläger ist bei der Beurteilung der Treuhandverhältnisse nicht das türkische Recht anzuwenden. Es kann dahin stehen, ob nach dem türkischen Zivilrecht Treuhandverhältnisse mündlich abgeschlossen werden können. Dies wäre nach dem deutschen Zivilrecht grundsätzlich auch möglich. Hier ist allein maßgeblich, ob die - möglicherweise nach türkischem Zivilrecht wirksamen Vereinbarungen - auch mit steuerrechtlicher Wirkung anerkannt werden können. Für die steuerrechtliche Anerkennung ist aber das inländische Steuerrecht entscheidend.
d)
Den geänderten Steuerfestsetzungen in den Streitjahren stehen auch keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegen.
aa)
Die bisher nicht erklärten Zinseinnahmen stellen unproblematisch nachträglich bekannt gewordene Tatsachen dar, die in den Streitjahren zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigten. Dies gilt auch für das Streitjahr 2000 soweit durch den Änderungsbescheid vom xx. Januar 2005 eine Erhöhung der festgesetzten Steuer gegenüber dem Bescheid vom xx. April 2002 eingetreten ist. Während die Festsetzung vom xx. April 2002 auf relativ vagen Schätzungsgrundlagen beruhte, hatte der Kläger während des Klageverfahrens die Bescheinigungen der türkischen Zentralbank eingereicht, aus denen sich einerseits die Höhe der konkret zugeflossenen Kapitalerträge ergab und andererseits neue, konkrete Schätzungsgrundlagen bekannt wurden. Die nicht aufgeklärten Umbuchungen auf neue Konten stellen nachträglich bekannt gewordene Tatsachen dar, die zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigen (vgl. zu neuen Schätzungsgrundlagen als Tatsachen: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 173 Rz. 10; Koenig in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 173 Rz. 26).
bb)
Auch die Festsetzungsverjährung ist noch nicht eingetreten. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist grundsätzlich vier Jahre soweit keine Verlängerung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre bei Steuerhinterziehung oder auf fünf Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung eingreift.
aaa)
Die Änderungen der Steuerfestsetzungen 1997 bis 2000 sind unproblematisch innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt. Für 1997 ergibt sich dies daraus, dass die Steuererklärung am 30. März 1998 eingegangen ist, mithin die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs 1998 zu laufen begonnen hat (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). Sie ist daher regulär erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 abgelaufen. Der Änderungsbescheid ist schon am xx. April 2002 ergangen.
bbb)
Für das Streitjahr 1996 ist die Festsetzungsfrist ebenfalls noch nicht abgelaufen, ohne dass es auf die Frage einer leichtfertigen Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung ankommt. Da die Steuererklärung am 18. März 1997 eingegangen ist, lief die Festsetzungsfrist regulär mit Ablauf des Kalenderjahrs 2001 ab. Bereits am xx. Juni 2001 wurde gegen den Steuerpflichtigen ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für 1995 bis 2000 eingeleitet, welches dem Kläger am xx. Juni 2001 bekannt gegeben wurde. Deshalb lief nach § 171 Abs. 5 Satz 2 AO die Festsetzungsfrist erst mit Unanfechtbarkeit der auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide ab, so dass der Erlass des Änderungsbescheids am xx. April 2002 noch innerhalb der Frist lag.
ccc)
Für das Streitjahr 1995 ist die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, weil (zumindest) eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Da die Steuererklärung am 27. Februar 1996 abgegeben worden ist, lief die reguläre Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2000 ab. Bei Ansatz der fünfjährigen Festsetzungsfrist für leichtfertige Verkürzungen verlängert sich die Frist auf den 31. Dezember 2001. Es greift aber - wie auch schon für 1996 - die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 Satz 2 AO ein, so dass der Erlass des Änderungsbescheids am 22. April 2002 noch fristgemäß war.
Eine leichtfertige Steuerverkürzung liegt nach § 378 Abs. 1 Satz 1 AO vor, wenn ein Steuerpflichtiger eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten leichtfertig begeht. Da die Kläger im Streitjahr 1995 die Kapitalerträge aus den Anlagen bei der türkischen Zentralbank nicht in ihrer Einkommensteuererklärung erklärt haben, ist der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO gegeben. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, zu der der Steuerpflichtige nach den Steuergesetzen verpflichtet und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten imstande ist. Der Kläger wusste, dass er in dem Streitjahr 1995 erhebliche Kapitalerträge bei der türkischen Zentralbank erwirtschaftet hatte. Auch unter Berücksichtigung der Aussagen in dem Werbevideo der türkischen Zentralbank durfte der Kläger nicht einfach von der Steuerfreiheit ausgehen, sondern hätte die Kapitalerträge gegenüber dem Finanzamt offen legen müssen.
ddd)
Schließlich ist auch die Festsetzungsfrist für die Streitjahre 1990 bis 1994 eingehalten worden. Der Senat ist bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände davon überzeugt, dass der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen hat, so dass sich die Festsetzungsfrist auf zehn Jahre verlängert. Für das "älteste" Jahr 1990 bedeutet dies, dass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1991 begann, weil die Steuererklärung in 1991 eingereicht worden sein muss, da der Bescheid bereits am xx. September 1991 ergangen ist. Sie lief grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2001 ab. Der Änderungsbescheid ist bereits am xx. Dezember 2001 und damit innerhalb der Frist erlassen worden.
Gemäß § 370 Abs. 1 AO hinterzieht ein Steuerpflichtiger Steuern, wenn er den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (Nr. 1) oder er die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (Nr. 2) und er dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Steuern werden namentlich verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO).
Das Gericht entscheidet über das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Obwohl auch im finanzgerichtlichen Verfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" zu beachten ist, ist das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung nicht nach der Strafprozessordnung, sondern nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO und der FGO zu beurteilen (Beschluss des Großen Senats vom 5. März 1979 GrS 5/77, BStBl II 1979, 570; BFH-Urteil vom 21. Oktober 1988 III R 194/84, BStBl II 1989, 216; BFH-Urteil vom 8. September 1994, IV R 6/93, BFH/NV 1995, 573). Daher ist für die Feststellung einer Steuerhinterziehung kein höherer Grad von Gewissheit erforderlich, als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die objektive Feststellungslast trägt (BFH-Urteil vom 12. März 1992 IV R 29/91, BStBl II 1993, 36; BFH-Urteil vom 8. September 1994, IV R 6/93, BFH/NV 1995, 573; BFH-Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BStBl II 1999, 28). Das Beweismaß mindert sich, wenn die vollständige Aufklärung des Sachverhalts scheitert, weil der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht genügt (BFH-Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BStBl II 1999, 28 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gegeben ist. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass der Kläger in den Streitjahren 1990 bis 1994 Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt und in den Steuererklärungen bewusst nicht angegeben hat. Der Senat stützt seine Beurteilung auf folgenden Erwägungen:
aaaa)
Die Verwirklichung des objektiven Tatbestand ergibt sich aus der Kontenentwicklung der türkischen Zentralbank. Ausweislich der gespeicherten Daten der Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1994 haben die Kläger diese Zinseinnahmen in der Einkommensteuererklärung nicht angegeben. Zwar hat der Beklagte die Einkommensteuererklärung vernichtet, so dass nicht mehr anhand der Originalunterlagen überprüft werden kann, ob tatsächlich keine Angaben erfolgt sind. Dies hindert den Senat indes nicht, von der fehlenden Erklärung der Zinseinnahmen auszugehen.
Zwar haben die Kläger behauptet, dass sie in den Jahren 1990 bis 1994 die Zinsen erklärt hätten. Der Senat wertet diesen Einwand als bloße Schutzbehauptung. Denn dies würde bedeuten, dass die Sachbearbeiter des Beklagten kontinuierlich vier Jahre lang die Angaben des Klägers übersehen haben müssten. Zudem ergibt sich aus den Steuererklärungen ab 1995, dass die Kläger die Kapitalerträge ab dem Veranlagungszeitraum 1995 nicht erklärt haben. Weshalb eine solche Änderung im Erklärungsverhalten erfolgt sein soll, ist nicht hinreichend erklärt worden. Zwar haben die Kläger vorgetragen, dass sie sich ab 1995 eines neuen "Hobbysteuerberaters" bedient hätten. Doch haben die Kläger weder konkret vorgetragen, um welche Personen es sich in den Jahren 1990 bis 1994 und ab 1995 gehandelt hat, noch haben sie Unterlagen eingereicht, aus denen sich entnehmen ließe, dass die Erträge für 1990 bis 1994 erklärt worden sind. Die Kläger haben insoweit nur vorgetragen, dass der frühere "Hobbysteuerberater" verstorben sei und die Erben mitgeteilt hätten, dass keine Unterlagen mehr existieren würden. Hinzu kommt, dass die Kläger nach ihren eigenen Angaben davon ausgingen, dass die Kapitalerträge wegen des DBA Türkei in Deutschland steuerfrei gewesen seien. Dies zusammen genommen hat den Senat die Überzeugung gewinnen lassen, dass die Kläger für den gesamten Zeitraum keine Angaben über die Kapitalerträge gemacht haben.
bbbb)
Der Kläger hat auch den subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt. Die Verkürzung muss mit Vorsatz, das heißt mit Wissen und Wollen um die Tatbestandsverwirklichung geschehen. Ausreichend ist, wenn der Steuerpflichtige mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Bedinger Vorsatz liegt vor, wenn der Kläger es in Kenntnis der Tatumstände für möglich hält oder billigend in Kauf nimmt, dass der Tatbestand verwirklicht wird. Es genügt, wenn sich der Steuerpflichtige des sozialen Sinngehalts seines Verhaltens bewusst ist (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre).
Indem der Kläger über Jahre hinweg Kapitalerträge in erheblicher Höhe erzielte und diese Erträge in den Einkommensteuererklärungen nicht offen legte, handelte er nach dem Motto "es sei, wie es sei, ich handele trotzdem". Denn der Kläger hatte keinen Grund anzunehmen, dass für die streitigen Kapitalerträge in Deutschland keine Steuerpflicht bestand. Soweit sich die Kläger auf die Inserate in türkischen Zeitungen berufen haben, haben sie diese Inserate trotz ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts nicht vorlegen können. Soweit sich die Kläger auf das Werbevideo der türkischen Zentralbank berufen, fällt zunächst auf, dass dieser Vortrag erst während des Klageverfahrens eingeführt worden ist. Außerdem sind die Angaben in dem Werbevideo schon allein deshalb unzutreffend, weil die Kapitalerträge entgegen der Behauptung in dem Video sehr wohl auch in der Türkei steuerpflichtig waren, weil insoweit eine Quellensteuer erhoben wurde. Da der Kläger diese Steuererhebung auf den Bescheinigungen der türkischen Zentralbank erkennen konnte, bestand für ihn keine Veranlassung, den Angaben in dem Video zu glauben. Hinzu kommt, dass es nicht Aufgabe der türkischen Zentralbank ist, über die steuerlichen Gegebenheiten in dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat zu informieren. Schon allein deshalb hätte der Kläger nicht einfach auf den Ansatz der Kapitalerträge verzichten dürfen, sondern hätte die Beträge offen legen müssen.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass das deutsche Steuerrecht kompliziert sei und er letztlich die von dem"Hobbysteuerberater" vorbereitete Steuererklärung nur unterschrieben habe. Denn dass er erhebliche Kapitalerträge in den Streitjahren 1990 bis 1994 erzielt hatte, wusste der Kläger ebenso, wie die Tatsache, dass diese Erträge in den Steuererklärungen nicht angegeben waren. Angesichts der bereits zu Beginn der 90iger Jahre auftretenden Diskussionen in den Medien über die Steuerpflicht von Kapitalerträgen musste sich für den Kläger vielmehr aufdrängen, dass eine Steuerpflicht bestehen könnte. Hierbei ist auch die Höhe der erzielten Erträge von mindestens - netto - DM 15.xxx (1990), DM 33.xxx (1991), DM 17.xxx (1992), DM 41.xxx (1993) und DM 22.xxx (1994) zu berücksichtigen. Bei derartigen Beträgen liegt eine steuerliche Relevanz auf der Hand. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger selbst eingeräumt, dass er bereits im Jahr 1990 wusste, dass die Zinsen einkommensteuerpflichtig waren. Zwar hat er gleichzeitig behauptet, dass er ab dem Jahr 1995 die Zinsen nicht angegeben habe, weil er nicht gewusst habe, dass die Zinsen einkommensteuerpflichtig gewesen seien. Hier kommt es aber einerseits nur auf den Vorsatz für die Jahre 1990 bis 1994 an. Außerdem sind die Angaben des Klägers wegen ihrer klaren Widersprüchlichkeit nur wenig glaubhaft.
Die konkrete Abwicklung der Anlagegeschäfte lässt darauf schließen, dass der Kläger nicht unbedarft in Gelddingen war, sondern planmäßig und mit Geschäftssinn vorging. So hat der Kläger sein Kapital zu einem sehr hohen Zinssatz und offenbar auch im Hinblick auf steuerliche Überlegungen angelegt, wie der Hinweis der Kläger auf das Werbevideo der türkischen Zentralbank belegt. Die Abwicklung selbst führte dazu, dass die Erträge im Inland kaum ermittelbar waren. Die Einzahlungen der sehr hohen Beträge erfolgte bar, die Kreditbriefe wurde in einem Bankschließfach gefunden. Ein Zusammenhang mit bekannten Bankverbindungen war so nicht herstellbar. Diese Vorgehensweise eröffnete die Möglichkeit der Verschleierung der Einnahmen.
Angesichts des zutage getretenen Verhaltens kann nicht angenommen werden, dass der Kläger auf den "guten Ausgang" in dem Sinne vertraute, dass keine Hinterziehung eintreten werde. Vielmehr wird aus den Gesamtumständen ersichtlich, dass der Kläger über die Jahre hinweg, komme was wolle, die Kapitalerträge nicht erklären wollte, solange dies nicht auffiel. An dem Verhalten ist erkennbar, dass der Kläger eine Steuerverkürzung für möglich hielt und sie billigend in Kauf nahm. Damit ist der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt.
2.
Der Höhe nach sind gegenüber den Festsetzungen des Beklagten noch Korrekturen vorzunehmen.
a)
Der Beklagte hat die von den Klägern eingereichten Bescheinigungen der türkischen Zentralbank zutreffend ausgewertet.
Soweit die Kläger davon ausgehen, dass es sich bei den in der Bescheinigung der türkischen Zentralbank unter "Tahakkuk Eden Net Faiz" erfassten Beträge um Bruttozinsen handelt, trifft dieses Annahme nicht zu. Aus der Kontoentwicklung ergibt sich, dass die ausgewiesenen Beträge tatsächlich ausgezahlt worden sind und damit Nettobeträge darstellen. So sind beispielsweise die Zinsen der Anlage mit der Kontonummer 2k2840xxx in Höhe von DM 3.222 und die Zinsen des Konto 2k3502xxx in Höhe von DM 21,49 am 22. Februar 1992 auf ein neues Konto mit der Nr. 2k3550xxx umgebucht worden, wo der Gesamtbetrag in Höhe von DM 3.243,49 am 18. März 1992 von der D Bank ausgezahlt worden ist. Dieses Beispiel ließe sich beliebig fortsetzen, so dass der Senat keine Zweifel hat, dass es sich bei den ausgewiesenen Beträgen um Nettozinsen handelt.
Zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören auch die bereits vorgenommenen Abzüge. Deshalb hat der Beklagte zu Recht den Steuerabzug ("Vergi Kesintisi") und den Fondsabzug ("Fon Kesintisi") bei den Einnahmen erfasst.
Soweit die Kläger in dem Schreiben vom xx. Mai 2004 für die Jahre 1992 bis 1995 gänzlich andere Beträge ermittelt haben, die teilweise erheblich höher sind, als die von dem Beklagten ermittelten Beträge, ist dies für das Gericht nicht nachvollziehbar. Dagegen ergeben sich die von dem Beklagten ermittelten Beträge aus den Bescheinigungen der Türkischen Zentralbank.
b)
Der Beklagte war auch befugt, in den Jahren 1997 bis 2000 zusätzlich Kapitalerträge hinzuzuschätzen. Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln kann. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO ist insbesondere zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag. Diese Voraussetzung liegt hinsichtlich der von dem Beklagten in dem Schreiben vom xx. Juli 2004 in der Anlage 2 aufgeführten Konten vor. In der Bescheinigung der türkischen Zentralbank ist regelmäßig unter der Rubrik "Erläuterung" ("Aciklama") die Kontonummer angegeben, auf welches die ausgewiesenen Zins- oder Kapitalbeträge umgebucht worden sind. Diese Kontonummer lässt sich regelmäßig innerhalb der Bescheinigungen wiederfinden, so dass erkennbar ist, was mit den Beträgen weiter geschehen ist und ob weitere Zinserträge erwirtschaftet wurden. Dieser Nachvollzug ist lediglich in den von dem Beklagten aufgelisteten Ausnahmefällen nicht möglich. Bei Überprüfung der Liste hat das Gericht allerdings das Konto 2k6210xxx in der Bescheinigung der türkischen Zentralbank noch zuordnen können. Dies ist für die Höhe der Schätzung aber unerheblich, weil die Neuanlage erst am 23. Juni 2000 erfolgte, und von dem Beklagten unberücksichtigt gelassen worden ist. Die übrigen Konten, die in der Liste des Beklagten enthalten sind, sind in der Bescheinigung der türkischen Zentralbank als Umbuchungskonto in der Spalte "Erläuterung" enthalten, ohne dass erkennbar ist, was mit den Beträgen danach geschehen ist.
Der Erklärungsversuch der Kläger hat nicht zur Klärung beigetragen. Die Kläger behaupten, dass auf dem Konto 2k4005xxx eine Einlage von DM 32.000 erfolgt sei und nach vier Zinsgutschriften in Höhe von DM 5.696, DM 5.696, DM 6.216,83 und DM 7.240,53 der Gesamtbetrag wieder von diesem Konto abgeflossen sei. Der abgeflossene Summe betrug nach der Bescheinigung DM 51.153,36. Werden die Einlage und die Zinsen addiert, ergibt dies aber DM 56.849,36. Bei der Differenz handelt es sich genau um jene DM 5.696, die nach der Bescheinigung auf das Konto 2k4552xxx gebucht worden sind. Deshalb trifft die Behauptung der Kläger nicht zu, dass immer der gesamte Betrag mit den jeweiligen Zinserträgen von dem Konto mit der alten Kontonummer wieder abgeflossen ist. Das Gegenteil ist richtig. Soweit die türkische Zentralbank unter der Rubrik"Erläuterung" eine neue Kontonummer angegeben hat, ist der jeweilige Betrag ab diesem Zeitpunkt unter der neuen Kontonummer geführt worden.
Die Schätzung des Beklagten ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Da keine Aufklärung über den Verbleib der entsprechenden Gelder zu erlangen war, durfte der Beklagte von einer Wiederanlage bei der türkischen Zentralbank zu den erzielbaren Zinssätzen ausgehen. Nach den aus den Akten ersichtlichen Ermittlungen des Beklagten waren dies bei einer zweijährigen Anlage Zinssätze in Höhe von 10 % (bis 11. September 1995) bzw. 9,5 % (ab 12. September 1995). Dementsprechend hat der Beklagte seine Schätzung vorgenommen.
c)
Die von den Klägern geltend gemachten Fahrten zur türkischen Zentralbank (1 x pro Jahr) und nach Frankfurt (2 x pro Jahr) können nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen getätigt wurden. Sie müssen objektiv in einem Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen und subjektiv zur Förderung der steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht worden sein. Soweit die Aufwendungen auch durch die allgemeinen Lebensführung veranlasst sind, greift grundsätzlich das sog. Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ein.
Der Beklagte hat zu Recht ausgeführt, dass ohne weitere Substanziierung nicht glaubhaft ist, dass die Kläger ausschließlich für eine Beratung durch die türkische Zentralbank mit dem Pkw einmal pro Jahr in die Türkei gefahren bzw. zur Beratung durch die D Bank zwei Mal pro Jahr nach Frankfurt gefahren sind. Einerseits werden nach der Lebenserfahrung anlässlich des Besuchs in der Heimat auch Verwandte und Freunde besucht. Andererseits ist nur schwer nachvollziehbar, weshalb die Kläger zweimal im Jahr nach Frankfurt gefahren sein sollen, wenn doch die Kapitalanlagen mittels Einzahlungen in H erfolgen konnten. Die Kläger haben trotz der ablehnenden Ausführungen des Beklagten keine weiteren Angaben zwecks Glaubhaftmachung und Substanziierung gemacht. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Kläger, die insoweit die objektive Beweislast (Feststellungslast) tragen.
d)
Die türkische Steuer ist nach Art. 23 Abs. 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb des DBA Türkei auf die insoweit zu erhebende deutsche Einkommensteuer unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts anzurechnen. Nach § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG sind § 34c Abs. 1 Satz 2 bis 5 EStG und § 34c Abs. 2 EStG entsprechend anzuwenden. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag auf Abzug der türkischen Steuer zurückgenommen. Deshalb erfolgt eine Anrechnung nach Maßgabe des § 34c Abs. 1 EStG. Auch der Fondsabzug ("Fon Kesintisi") ist auf die deutsche Steuer anrechenbar. Denn er wird von der deutschen Seite als unter das Abkommen fallende Steuer im Sinne von Art. 2 DBA Türkei anerkannt (BMF-Schreiben vom 25. Oktober 2001 IV B 3 - S 1301 Tür - 16/01, BStBl I 2001, 778). Die grundsätzlich anrechenbaren ausländischen Steuern betragen:
1990 | DM | xxx,xx |
---|---|---|
1991 | DM | 3.xxx,xx |
1992 | DM | 2.xxx,xx |
1993 | DM | 5.xxx,xx |
1994 | DM | 2.xxx,xx |
1995 | DM | 6.xxx,xx |
1996 | DM | 2.xxx,xx |
1997 | DM | 10.xxx,xx |
1998 | DM | 3.xxx,xx |
1999 | DM | 10.xxx,xx |
2000 | DM | 5.xxx,xx |
Der Beklagte wird im Rahmen der Ermittlung der festzusetzenden Steuer errechnen, welcher Teil der Beträge nach Anwendung des § 34c Abs. 1 EStG tatsächlich anzurechnen ist.
II.
Einkommensteuer 2002
Gegenüber dem angefochtenen Schätzungsbescheid ergibt sich nach Auswertung der im Klageverfahren eingereichten Steuererklärung eine geringere Steuerschuld.
1.
Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit können nach Maßgabe der Steuererklärung mit 36.xxx EUR (Kläger) und 25.xxx EUR (Klägerin) angesetzt werden. Da die geltend gemachten Werbungskosten geringer sind, greift jeweils der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ein.
2.
Die Einnahmen aus Kapitalvermögen sind mit 23.107 EUR anzusetzen. Es handelt sich dabei um die zutreffende Auswertung der Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank. Soweit die Kläger vorgetragen haben, dass die Kapitalerträge für 2002 nicht mehr ermittelt werden könnten, trifft dies angesichts der eingereichten Bescheinigung offensichtlich nicht zu. Abzuziehen ist der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR und der Sparer-Freibetrag von 3.100 EUR.
3.
Bei den Sonderausgaben ist der Sonderausgaben-Pauschbetrag in Höhe von 72 EUR abzuziehen. Bei den beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben sind die Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für den Kläger (7.xxx EUR) und die Klägerin (5.xxx EUR) zu berücksichtigen.
4.
Den Kinderfreibetrag für das Kind C erhalten die Kläger nach § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG im Jahr 2002 für 6 Monate, weil das Kind im Juni 2002 das Abitur abgelegt und ab dem 1. Juli 2002 Zivildienst geleistet hat. Für Zivildienstleistende gilt nur die Verlängerungsklausel des § 32 Abs. 5 Nr. 1 EStG. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass Eltern von Kindern, die Zivildienst leisten, typischerweise nicht mit Unterhaltspflichten belastet sind. Die Regelung ist daher verfassungsgemäß (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2001 VI B 176/00, BStBl II 2001, 675).
5.
Die nach § 34c Abs. 1 EStG anrechenbare ausländische Steuer beträgt 3.xxx,xx EUR.
III.
Nebenentscheidungen
Dem Beklagten wird die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer auferlegt (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Kosten waren den Klägern vollständig aufzuerlegen, weil das Obsiegen auf der erst im Klageverfahren eingereichten Kontoentwicklung der türkischen Zentralbank bzw. der Steuererklärung 2002 sowie der Rücknahme des Antrags nach § 34c Abs. 2 EStG in der mündlichen Verhandlung beruht. Die Kläger hätten die Unterlagen bereits im Einspruchsverfahren vorlegen können. Dann wäre die jetzt festgesetzte Einkommensteuer bereits damals festgesetzt worden.