Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 14.11.2000, Az.: 4 A 231/99
Heimkosten; Pflegesatzvereinbarung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 14.11.2000
- Aktenzeichen
- 4 A 231/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41875
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 93 BSHG
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, im Rahmen der Eingliederungshilfe ihr entstandene Heimkosten zu übernehmen.
Die 1963 geborene Klägerin ist geistig und seelisch wesentlich behindert. Seit November 1984 wurde sie stationär in verschiedenen Häusern des Heimbereichs der Klinikum W. GmbH, S. , zuletzt ab dem 20. Mai 1992 im Langzeitbereich, betreut. Dort bewohnte die Klägerin seit März 1996 mit ihrem Lebensgefährten ein Zimmer im zum Werner-Haus gehörenden Ravenhaus in S. , Ortsteil K. , in dem insgesamt sechs Bewohner betreut werden können. Aufgrund des Grundanerkenntnisses des Beklagten gewährte der Landkreis Soltau-Fallingbostel der Klägerin mit Bescheid vom 20. Mai 1992 Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG für die Unterbringung in den W. schen Kliniken. Das Kostenanerkenntnis des Landkreises Soltau-Fallingbostel erging unter dem Vorbehalt, dass Kosten nur in Höhe des jeweils vereinbarten oder festgesetzten Pflegesatzes anerkannt werden würden. Der Landkreis Soltau-Fallingbostel übernahm auf der Grundlage seines Bescheides daher nicht die vollen zwischen der Klägerin und der Klinikum W. GmbH vereinbarten Heimentgelte (253,64 DM für das Jahr 1995 und 263,61 DM für die Jahre 1996 bis 1998), sondern wegen fehlender Pflegesatzvereinbarungen lediglich Abschläge auf das Heimentgelt. Diese sind von der Schiedsstelle nach § 94 BSHG für das Land Niedersachsen mit Bescheid vom 26. März 1998 für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 auf vorläufig 194,72 DM festgesetzt worden.
Der Beklagte wies mit Rundbrief vom 20. April 1998 u.a. den Landkreis Soltau-Fallingbostel darauf hin, dass die Klinikum W. GmbH in C. und H. sog. "Außenwohngruppen" in Betrieb genommen habe. Für diese Angebote bestünden weder Vereinbarungen i.S.d. § 93 Abs. 2 BSHG, noch sei der Abschluss solcher Vereinbarungen bisher von der Klinikum W. GmbH beantragt worden. Die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung in den betreffenden Wohngruppen seien daher nicht gegeben. Eine Verpflichtung zur Übernahme von Aufwendungen seitens des Sozialhilfeträgers bestehe nicht. Dies gelte vor allem bei Umzügen von Hilfeempfängern ohne Wechsel der Betreuungsform (stationäre Langzeiteinrichtung).
Mit Schreiben vom 11. November 1998 teilte die Klinikum W. GmbH dem Landkreis Soltau-Fallingbostel mit, dass die Klägerin am 18. September 1998 innerhalb des Langzeitbereichs in den Wohnbereich C. umgezogen sei. Nach telefonischer Auskunft der Klinikum W. GmbH vom 11. November 1998 sollte der Pflegesatz unverändert bleiben. Auf weitere Anfrage des Landkreises Soltau-Fallingbostel wurde am 30. November 1998 mitgeteilt, dass die Klägerin bereits am 18. September 1998 zum Probewohnen in C. aufgenommen worden sei. Nach sechs Wochen sei der endgültige Umzug erfolgt. Der Landkreis Soltau-Fallingbostel stellte zum 1. Januar 1999 seine Abschlagszahlungen in Höhe von 194,72 DM täglich an die Klinikum W. GmbH ein.
Nach Anhörung der Klägerin hob er dann mit Bescheid vom 21. Juli 1999 seine Kostenzusage vom 20. Mai 1992 mit Wirkung vom 18. September 1998 auf. Er führte aus, dass für das Wohnangebot "A." in C. mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe keine Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 BSHG bestünden, so dass die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung in der betreffenden Wohngruppe nicht gegeben seien. Bis zum Abschluss einer derartigen Vereinbarung könne sich das Wunsch- und Wahlrecht von Hilfeempfängern nicht auf eine Hilfe in dem genannten Wohnangebot erstrecken. Da die Klägerin den Sozialhilfeträger nicht unverzüglich über den Umzug informiert habe, sei es gerechtfertigt, das Kostenanerkenntnis ab dem Zeitpunkt des Umzugs aufzuheben. Der Klägerin wurde zugesichert, die Kosten für ihre stationäre Betreuung in den Wohnbereichen des Klinikums W. zu übernehmen, da diese für sie geeignet seien und insofern Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 BSHG bestünden.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 9. August 1999 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie an, dass die Betreuung in C. für die Klägerin die Chance beinhalte, ggf. ganz aus der stationären Betreuung entlassen zu werden. Ab dem 1. Januar 1999 sei für den Wohnbereich in C. ein neuer Unterbringungs- und Versorgungsvertrag abgeschlossen worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wies mit Schreiben vom 3. Oktober 1999 darauf hin, dass der Beklagte verpflichtet sei, als sogenannter "anderer Fall" gem. § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz BSHG das volle vereinbarte Heimentgelt zu übernehmen, da ihr keine anderweitige, gleichermaßen geeignete und zumutbare preisgünstigere Unterbringungsmöglichkeit angeboten worden sei. Der Umzug zum 18. September 1998 sei zunächst probehalber erfolgt. Als sich herausgestellt habe, dass das niederschwelligere Versorgungs- und Betreuungsangebot für sie nicht nur ausreiche, sondern darüber hinaus sogar vorteilhafter sei, habe der Einrichtungsträger den Umzug zeitnah mit Schreiben vom 11. November 1998 mitgeteilt. Durch die niederschwelligere Betreuungs- und Versorgungsform hätten sich die Kosten für die stationäre Unterbringung verringert, was üblicherweise von den Sozialhilfeträgern begrüßt werde. Der Einrichtungsträger habe die Außenwohngruppe bis zum 31. Dezember 1998 organisatorisch und wirtschaftlich noch nicht selbständig geführt, sondern dem gesamten Langzeitbereich der Klinikum W. GmbH zugeordnet. Auf Drängen des Beklagten habe er sich dann dazu entschlossen, ab dem 1. Januar 1999 den Einrichtungsteil in C. wirtschaftlich selbständig zu führen und dafür einen täglichen Pflegesatz von 184,25 DM kalkuliert, der mit der Klägerin vereinbart worden sei. Darüber hinaus beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, den Rückstand bezüglich der in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 17. September 1998 entstandenen Heimkosten abzüglich der gezahlten Abschläge in Höhe von insgesamt 162.455,52 DM zu übernehmen. Über diesen Antrag ist von dem Beklagten nicht entschieden worden.
Die Klägerin hat, vertreten durch ihre Betreuerin, mit der Klinikum W. GmbH am 10. August 1999 schriftlich einen Unterbringungs- und Versorgungsvertrag für den Heimplatz in C. geschlossen. Danach beträgt das tägliche Entgelt 184,25 DM.
Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 1999 den Widerspruch der Klägerin zurück. Da eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte zwischen dem Träger der Einrichtung und dem Träger der Sozialhilfe in der Zeit vom 18. September 1998 bis einschließlich 31. Dezember 1998 weder bestanden habe, noch ein Abschluss einer solchen Vereinbarung beantragt worden sei, sei eine Übernahme der Aufwendungen für die Betreuung in der Außenwohngruppe C. für diesen Zeitraum gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz BSHG (a.F.) nicht möglich. Für die Betreuung ab 1. Januar 1999 komme eine Kostenübernahme nach § 93 Abs. 3 BSHG (n.F.) ebenfalls nicht in Betracht, weil der Träger der Einrichtung ein Leistungsangebot, das die Kriterien des § 93 a Abs. 1 BSHG erfülle, bisher nicht vorgelegt habe. Im Übrigen setze die Übernahme der Aufwendungen ohne Abschluss einer Vereinbarung voraus, dass dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten sei. Gründe für die Notwendigkeit eines Einrichtungswechsels habe die Klägerin nicht vorgetragen. Die für die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung notwendige Hilfe sei bis zu ihrer Verlegung in die Außenwohngruppe in C. im Langzeitbereich des Klinikums W. in S. erbracht worden und hätte auch weiter in dieser Einrichtung gewährt werden können. Für den Fall der Rückkehr in den Langzeitbereich des Klinikums W. in S. sei ihr auch die Kostenübernahme zugesichert worden. Außerdem könne die für die Klägerin erforderliche Hilfe im Rahmen der ärztlichen Behandlung nach §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG nicht in der Außenwohngruppe erbracht werden, weil hierfür entsprechendes Personal nicht zur Verfügung stehe.
Mit Schreiben vom 11. Mai 1999 beantragte die Klinikum W. GmbH bei der Schiedsstelle nach § 94 BSHG für das Land Niedersachsen die Festsetzung des Entgelts für den Wohnbereich in C. , Alter Bremer Weg 27, in Höhe von 116,83 DM Maßnahmepauschale, 20,58 DM Grundpauschale und 46,84 DM Investitionskosten und damit insgesamt 184,25 DM. Dem Antrag fügte sie eine Leistungsbeschreibung bei. Im Rahmen der sich anschließenden Behandlungen konkretisierte die Klinikum W. GmbH ihr Leistungsgebot mit Stand vom 27. September 1999 und verpflichtete sich mit Schreiben vom 30. Dezember 1999, Leistungen entsprechend ihres Leistungsangebotes zu erbringen.
Die Klägerin hat am 29. November 1999 Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, dass der Einrichtungsträger zunächst davon ausgegangen sei, dass abrechnungstechnisch und organisatorisch die elf Plätze der Außenstelle in C. als Teil des gesamten Langzeitbereichs zu führen seien, so dass das von ihr zuletzt vereinbarte Heimentgelt in Höhe von 263,61 DM zunächst weiter gegolten habe. Erst aufgrund der von dem Beklagten vertretenen Auffassung, dass die Außenstelle in C. wirtschaftlich und abrechnungstechnisch gesondert zu führen sei, habe sich die Einrichtung dazu entschlossen, für diesen Einrichtungsteil einen gesonderten Pflegesatz zu ermitteln, welchen sie ab dem 1. Januar 1999 mit den Bewohnern vereinbart habe. Sie fühle sich in der Außenstelle in C. ganz besonders wohl und meine, dass sich ihr Zustand dort erheblich gebessert habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landkreises Soltau-Fallingbostel vom 21. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 17. November 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin durch Übernahme des vollen von ihr mit dem Einrichtungsträger vereinbarten Heimentgeltes in Höhe von täglich 253,64 DM für das Jahr 1995, 263,61 DM für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1998 und in Höhe von 184,25 DM seit dem 1. Januar 1999 abzüglich gezahlter Abschläge Eingliederungshilfe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der Abschluss des Heimvertrages nach § 1907 Abs. 3 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfe. Im Übrigen wiederholt er im Wesentlichen die Begründung seines Widerspruchsbescheides.
Mit Schreiben vom 14. August 2000 hat der Beklagte dem Landkreis Soltau-Fallingbostel mitgeteilt, dass es sich nach Prüfung des vorgelegten Leistungsangebotes bei dem Wohnbereich C. um eine Wohngruppe für teilverselbständigte wesentlich Behinderte handele. Das Angebot entspreche vom Inhalt her dem, was allgemein mit anderen Trägern von Wohngruppen für seelisch und geistig Behinderte vereinbart werde. Der Durchschnitt der vereinbarten Gesamtvergütungen betrage 1999 (2000) pro Tag und Hilfeempfänger 76,65 DM (78,61 DM) für Wohngruppen für geistig Behinderte und 81,66 DM (83,79 DM) für Wohngruppen für seelisch Behinderte. Für die Inanspruchnahme von tagesstrukturierenden Angeboten der Wohneinrichtung seien entsprechende Zuschläge von 20,-- bis 30,-- DM vereinbart worden. Die von der Klinikum W. GmbH verlangte Vergütung liege weit darüber. Die Schiedsstelle nach § 94 BSHG habe mit Bescheid vom 21. Juli 2000 den Antrag auf Festsetzung von Vergütungen nach §§ 93 ff. BSHG für die Jahre 1999 und 2000 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 28. September 2000 hat der Landkreis Soltau-Fallingbostel der Klägerin einen Heimplatz im Haus Hoheneck in Bienenbüttel angeboten und für diesen Platz die Kostenübernahme zugesagt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 14. November 2000 das Verfahren insoweit abgetrennt und vertagt, als es sich auf Ansprüche der Klägerin aus dem Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 17. September 1998 bezieht. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 4 A 238/00 fortgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Landkreises Soltau-Fallingbostel verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, die sich nach der teilweisen Abtrennung des Verfahrens, soweit der Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 17. September 1998 betroffen ist, nur noch auf die Übernahme der Betreuungskosten in dem Wohnangebot in C. ab dem 18. September 1998 richtet, ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Landkreis Soltau-Fallingbostel hat mit Bescheid vom 21. Juli 1999 ab dem 18. September 1998 sein ursprüngliches Kostenanerkenntnis für die Unterbringung im Langzeitbereich der Klinikum W. GmbH aufgehoben und damit gleichzeitig, wie in dem Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. November 1999 klargestellt worden ist, eine Übernahme der Kosten für die Unterbringung in dem Wohnangebot in C. abgelehnt. Diese Bescheide sind rechtmäßig. Die Klägerin hat in den hier zu überprüfenden Zeiträumen keinen Anspruch auf Übernahme der Betreuungskosten für den Heimplatz in C. .
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG erhalten Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, Eingliederungshilfe. Unter die Maßnahmen der Eingliederungshilfe fällt gem. § 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG auch eine stationäre Behandlung. Dass die Klägerin aufgrund ihrer geistigen und seelischen Behinderung zu dem Personenkreis des § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG gehört und Eingliederungshilfe für eine stationäre Unterbringung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG beanspruchen kann, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Beklagte hat es jedoch abgelehnt, die seit dem Umzug der Klägerin in das Wohnangebot in C. entstandenen Kosten zu übernehmen und die Klägerin auf eine Rückkehr in den Langzeitbereich der Klinikum W. GmbH in S. verwiesen, für den der Landkreis Soltau-Fallingbostel auf der Grundlage seines Kostenanerkenntnisses vom 20. Mai 1992 bisher Eingliederungshilfe gewährt hatte.
Für den vorliegenden Fall, dass die Maßnahme der Eingliederungshilfe nicht in einer eigenen Einrichtung des Sozialhilfeträgers erfolgt, regelt § 93 Abs. 2 BSHG a. F. bzw. § 93 Abs. 2 und 3 BSHG n. F. die Frage, in welcher Höhe der Träger der Sozialhilfe Aufwendungen für die Hilfe in einer Einrichtung tragen muss. Aufgrund der zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Gesetzesänderung sind hier zwei Zeiträume zu beurteilen. Für die Zeit vom 18. September bis zum 31. Dezember 1998 galt noch § 93 Abs. 2 BSHG in der Fassung des 2. SKWPG (BGBl. I 1993, 2374), während für die Zeit vom 1. Januar bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1999 § 93 Abs. 2 und 3 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl. I, S. 1088) anzuwenden sind.
Für den Zeitraum vom 18. September 1997 bis zum 31. Dezember 1998 ergibt sich danach Folgendes:
Nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz BSHG a. F. ist der Träger der Sozialhilfe für den Fall, dass mit dem für die Einrichtung zuständigen Träger eine Vereinbarung über den Inhalt, Umfang und die Qualität der Leistungen sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte besteht, verpflichtet, die danach vereinbarten Aufwendungen zu übernehmen. Eine solche Vereinbarung besteht zwischen der Klinikum W. GmbH als Trägerin des Wohnangebots in C. und dem Beklagten nicht. Für den hier zu beurteilenden Zeitraum ist eine solche Vereinbarung auch nicht beantragt worden. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass das Wohnangebot in C. von der Klinikum W. GmbH zunächst als Teil des Langzeitbereichs der Klinikum W. GmbH mit dem für die Haupteinrichtung geltenden Entgelt angesehen worden ist und erst ab 1. Januar 1999 als eigenständige Einrichtung mit einem eigenen, von dem Pflegesatz der Haupteinrichtung abweichenden Entgelt geführt werden sollte.
Da eine Pflegesatzvereinbarung oder eine rechtskräftige Entscheidung über die Höhe der Pflegesätze nicht vorliegt, ist hier ein "anderer Fall" im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz BSHG gegeben. Danach soll der Sozialhilfeträger die Aufwendungen übernehmen, wenn dies nach den Besonderheiten des Einzelfalles geboten ist. Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl. I, S. 1088) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass bis zum 31. Dezember 1998 die Regelung eines "anderen Falles" bei Fehlen einer Pflegesatzvereinbarung durch § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz BSHG a. F. möglich bleiben sollte. Denn er hat das Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 29 b, in dem die Neufassung der Abs. 2 und 3 des § 93 BSHG geregelt sind, nach Art. 17 des Gesetzes erst zum 1. Januar 1999 angeordnet. Die Verpflichtung zur Kostenübernahme nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz BSHG unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20.10.1994 - BVerwG 5 C 21.91 -, FEVS 45, 353 = DVBl. 1995, 680) zwei Schranken. Die erste ergibt sich aus § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz i. V. m. § 3 Abs. 2 BSHG (Angemessenheit des Wunsches, die Hilfe in einem Heim zu erhalten; Erforderlichkeit dieser Hilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles; keine unverhältnismäßigen Mehrkosten durch die Nichterfüllung des Wunsches) und die zweite aus § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG (Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit). Dabei gilt die Einschränkung des § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG bei Hilfebedürftigen, die sich in einer Einrichtung befinden, nur dann, wenn dem Hilfeempfänger der Wechsel in eine für ihn geeignete, jedoch kostengünstigere Einrichtung zugemutet werden kann und ihm vom Sozialhilfeträger diese Einrichtung auch konkret angeboten wird (BVerwG, Urteil vom 20.10.1994, a. a. O.; Nds. OVG, Urteil vom 23.10.1996 - 4 L 959/95 -).
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Unterbringung in dem Wohnangebot in C. für die Zeit vom 18. September bis zum 31. Dezember 1998 setzt voraus, dass für die Betreuung in C. in der fraglichen Zeit ein wirksamer Heimvertrag vorgelegen hat. Dies ist nicht der Fall. Die Klinikum W. GmbH und die durch ihre Betreuerin vertretene Klägerin haben erst am 10. August 1999 bezüglich des Heimplatzes in C. einen neuen Unterbringungs- und Versorgungsvertrag geschlossen, in dem ein tägliches Entgelt in Höhe von 184,25 DM vereinbart worden ist. Ein rückwirkender Vertragsbeginn lässt sich dem Vertrag selbst nicht entnehmen. Wie sich aber u.a. aus dem von der Betreuerin der Klägerin eingelegten Widerspruch vom 9. August 2000 ergibt, ist der neue Heimvertrag rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Januar 1999 abgeschlossen worden. Auch die Klinikum W. GmbH geht in dem Schreiben vom 21. September 1999 an den Beklagten (erst) von einem Vertragsbeginn ab dem 1. Januar 1999 aus. Dies erklärt sich daraus, dass die Klinikum W. GmbH das Wohnangebot in C. 1998 zunächst als Teil ihres Langzeitbereichs (Abteilung Rudolf-W. -Haus) führen wollte. In der Zeit vom 18. September bis zum 31. Dezember 1998 sollte daher nach Auffassung der Klinikum W. GmbH noch der für ihren Langzeitbereich vereinbarte Pflegesatz in Höhe von 263,61 DM gelten. Für eine solche Forderung der Klinikum W. GmbH gegenüber der Klägerin fehlt es aber an der erforderlichen vertraglichen Grundlage.
Dabei kann an dieser Stelle offen bleiben, ob für die Zeit bis zum 17. September 1998 ein Heimvertrag vorlag, insbesondere, in welcher Höhe zwischen der Klägerin und dem Einrichtungsträger ein Entgelt wirksam vereinbart worden war. Jedenfalls wäre für die Unterbringung der Klägerin in C. der Abschluss eines neuen Heimvertrages erforderlich gewesen. Das Wohnangebot in C. stellt nämlich eine gegenüber dem Langzeitbereich der Klinikum W. GmbH eigenständige Einrichtung dar. Dies folgt schon daraus, dass das Wohnangebot C. nicht in das Leistungsangebot der Klinikum W. GmbH des Jahres 1998 für den Langzeitbereich aufgenommen worden ist und daher auch nicht im Rahmen der Kalkulation der Kosten des Langzeitbereichs in den Pflegesatzvereinbarungen bzw. bei der vorläufigen Festsetzung der Pflegesätze für den Langzeitbereich berücksichtigt werden konnte. Es fehlt daher an der für die Annahme einer einheitlichen Einrichtung erforderlichen pflegesatzmäßigen Anbindung an die Stammeinrichtung. Entscheidend ist darüber hinaus, dass die Einrichtungen der Klinikum W. GmbH in S. angesiedelt sind, das Wohnangebot "Alter Bremer Weg" sich dagegen in C. befindet, so dass es auch räumlich nicht als Teil der Langzeiteinrichtung anzusehen ist. Im übrigen handelt es sich, wie der Beklagte in seinem Schreiben vom 14. August 2000 an den Landkreis Soltau-Fallingbostel ausgeführt hat, bei dem Wohnbereich C. nach dem Leistungsangebot der Klinikum W. GmbH um eine Wohngruppe, in der wesentlich Behinderte betreut werden, die in Teilbereichen über Selbstversorgungsfähigkeiten sowie im Bereich des Sozial- und Arbeitsverhaltens über einen Verselbständigungsgrad verfügen, der die enger strukturierte Hilfe in einem Vollheim nicht mehr erforderlich macht. Insofern stellt das Wohnangebot in C. eine völlig andere, weniger betreuungs- und damit auch weniger kostenintensive Unterbringungsform dar als die stationäre Betreuung im Langzeitbereich der Klinikum W. GmbH.
Der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Heimkosten für die Unterbringung im Wohnangebot in C. scheitert auch daran, dass der Landkreis Soltau-Fallingbostel und der Beklagte der Klägerin eine zumutbare Alternative zur Deckung ihres sozialhilferechtlichen Bedarfs angeboten haben. Denn der Landkreis Soltau-Fallingbostel hat bereits in seinem Anhörungsschreiben vom 14. Januar 1999 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sein Kostenanerkenntnis bei einer Rückkehr der Klägerin in den Langzeitbereich der Klinikum W. GmbH in S. wieder aufleben würde. Diese Zusage ist in den angefochtenen Bescheiden noch einmal wiederholt worden. Damit ist der Klägerin - jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt - eine für sie geeignete Betreuungsalternative angeboten worden. Denn die Klägerin war von Mai 1992 bis zu ihrem Umzug nach C. im September 1998 stationär in verschiedenen Häusern des Langzeitbereichs der Klinikum W. GmbH in S. untergebracht gewesen, so dass mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass sie dort auch weiterhin entsprechend ihrer Behinderung hätte betreut werden können. Insbesondere ergibt sich aus dem Betreuungsbericht des Werner-Hauses/Ravenhauses vom 3. Dezember 1997 und der Stellungnahme der Klinikum W. GmbH vom 10. Dezember 1997 nicht, dass ein Wechsel der Unterbringung der Klägerin erforderlich gewesen wäre. Vielmehr wird neben der positiven Entwicklung, die die Klägerin durch die psychiatrische Pflege gemacht habe, betont, dass die Klägerin "aus psychiatrisch pflegerischer Sicht derzeit den höchsten ihr möglichen Level erreicht hat." Der Wechsel der Klägerin zu einer weniger intensiven Betreuung erfolgte zum damaligen Zeitpunkt probeweise. Auch wenn der Versuch, wie die Klägerin vorträgt, aus heutiger Sicht erfolgreich war, lässt dies nicht den Schluss zu, dass die Klägerin in dem hier entscheidenden Zeitraum von September bis Dezember 1998 nicht auch im Langzeitbereich angemessen untergebracht und betreut worden wäre. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass damit keine Entscheidung darüber getroffen wird, ob der Klägerin zum heutigen Zeitpunkt noch zumutbar eine Rückkehr in den Langzeitbereich angeboten werden könnte.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 17. November 1999 ergibt sich folgende Bewertung:
Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG n. F. ist, wenn die Leistung von einer Einrichtung erbracht wird, der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über
1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung (Leistungsvereinbarung),
2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und
3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) besteht.
Nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG n. F. kann der Träger der Sozialhilfe, wenn eine der in Abs. 2 genannten Vereinbarungen nicht abgeschlossen ist, Hilfe durch diese Einrichtung nur gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Die vorher bestehende Soll-Vorschrift ist somit zu einer Kann-Vorschrift geworden, so dass der Sozialhilfeträger nach pflichtgemäßem Ermessen über die Hilfegewährung zu entscheiden hat. Das Ermessen dürfte allerdings auf Null reduziert sein, wenn die Wünsche des Leistungsberechtigten angemessen, andere Hilfen nicht möglich sind oder nicht ausreichen und die Erfüllung der Hilfe nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist (LPK-BSHG, Kommentar, 5. Auflage, Anhang § 93 d Rn. 3).
Die Klinikum W. GmbH und der Beklagte haben für die Einrichtung in C. für das Jahr 1999 (und im übrigen auch für das Jahr 2000) keine Vereinbarungen nach § 93 BSHG n F. abgeschlossen. Die Verhandlungen sind inzwischen vielmehr gescheitert. Den Antrag der Klinikum W. GmbH auf Festsetzung von Vergütungen nach §§ 93 ff. BSHG für die Jahre 1999 und 2000 hat die Schiedsstelle mit Bescheid vom 21. Juli 2000 wegen der fehlenden Leistungsvereinbarung zurückgewiesen. Insofern könnte die Klägerin nur unter den in §§ 93 Abs. 3 Satz 1 n. F., 3 Abs. 2 BSHG aufgestellten Voraussetzungen die Kostenübernahme verlangen, die hier allerdings nicht erfüllt sind. So hat der Einrichtungsträger nach Satz 2 ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 1 erfüllt, und sich schriftlich zu verpflichten, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Die Klinikum W. GmbH hat dem Beklagten mit Stand vom 27. September 1999 ein Leistungsangebot unterbreitet, das nach Auffassung des Beklagten nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt und sich erst mit Schreiben vom 30. Dezember 1999 zur Einhaltung dieses Angebotes verpflichtet. Damit lagen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2000 noch nicht die Voraussetzungen nach § 93 Abs. 3 BSHG n. F. vor.
Im Hinblick auf den sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz kommt es allerdings nach den von dem Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. Oktober 1994 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätzen auch bei der nunmehr geltenden Fassung des § 93 Abs. 3 BSHG für den Hilfeanspruch darauf an, ob dem Hilfeempfänger eine zumutbare Unterbringungsalternative angeboten werden kann. Dies war hier auch für den Zeitraum bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides der Fall. Denn auch in dieser Zeit wäre es der Klägerin zuzumuten gewesen, in den Langzeitbereich zurückzukehren.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.