Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.02.1998, Az.: I 292/93
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 13.02.1998
- Aktenzeichen
- I 292/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 34759
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:0213.I292.93.0A
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 1992
hat der I. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13. Februar 1998, an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht .
Richter am Finanzgericht .
Richter am Finanzgericht .
ehrenamtliche Richterin . Damenschneiderin
ehrenamtliche Richterin . Architektin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob den Klägern die Steuerbegünstigung nach § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) sowie die Steuerermäßigung nach § 34 f EStG für ein Kind zustehen.
Mit Kaufvertrag vom 28. Mai 1991 erwarb die Klägerin das Einfamilienhaus W. W. gehört zur Gemeinde H. und liegt im Landkreis C. Seit dem 24. August 1991 sind die Kläger zusammen mit ihrem am 13. April 1991 geborenen Sohn auf dem Grundstück mit Hauptwohnsitz -; Wohnungsstatus: alleinige Wohnung -; gemeldet. Nach dem im Streitjahr gültigen Bebauungsplan liegt das Grundstück in einem "Sonderbaugebiet, das der Erholung dient; Ferienhausgebiet". Nach einer Auskunft der Samtgemeinde H. vom 5. November 1993 ist es nach den melderechtlichen Bestimmungen zulässig, seine Hauptwohnung in diesem Ferienhausgebiet zu bestimmen; jedoch knüpfe § 10 der Nutzungsverordnung das dauernde Wohnen an einen wechselnden Personenkreis. Tatsächlich haben die Kläger ihr Grundstück von Anfang an dauernd bewohnt, ebenso wie mehrere ihrer Nachbarn. Der Samtgemeinde H. war diese Nutzung von Anfang an bekannt und wurde geduldet. Unstreitig ist das Wohnhaus der Kläger nach seiner baulichen Gestaltung winterfest und zum ganzjährigen Bewohnen geeignet; auch die nötigen Anschluß- und Versorgungsleitungen sind vorhanden. Im Jahre 1997 wurde das Gebiet, in dem das Grundstück der Kläger liegt, durch eine Änderung des Bebauungsplanes in ein "allgemeines Wohngebiet" umgewandelt, eine Rückwirkung besteht jedoch nicht.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1992 beantragten die Kläger, ihnen die Steuervergünstigungen nach § 10 e und 34 f EStG zu gewähren. Der Beklagte (Finanzamt, FA) lehnte dies mit der Begründung ab, es handele sich um ein Ferienhaus. Das Vorverfahren blieb erfolglos.
Die Kläger tragen vor:
Die Versagung der Abschreibung gem. § 10 e EStG habe für sie finanzielle Einbußen zur Folge, die nicht zu rechtfertigen seien. Sowohl von der baulichen Gestaltung als auch der tatsächlichen Nutzung her seien alle Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt. Es bedeute reinen Formalismus, auf den Ausweis als "Feriengebiet" im Bebauungsplan abzustellen, zumal die Samtgemeinde H. von Anfang an bewußt geduldet habe, daß dieser Plan nicht eingehalten wurde. Für die Versagung der Steuerbegünstigung gebe es nicht ein einziges sachliches Argument. Dies werde dadurch bestätigt, daß ab 1997 das Wohngebiet baurechtlich in ein allgemeines Wohngebiet umgewandelt worden sei.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 2. Juni 1993 und Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 14. Oktober 1993 ihnen die Steuervergünstigungen nach § 10 e und 34 f EStG zu gewähren.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es trägt vor:
Enthalte -; wie hier -; der Bebauungsplan keine Regelung, die ein dauerndes Bewohnen eines bestimmten Gebietes erlaube, so gelte ein Dauerwohnen baurechtlich als unzulässig. In einem solchen Falle sei die Steuervergünstigung des § 10 e und damit auch die des § 34 f EStG nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 10 e Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zu gewähren, und zwar auch dann nicht, wenn eine tatsächliche Dauernutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken sowie die stillschweigende Duldung dieser Nutzung durch die Gemeindeverwaltungsbehörde vorlägen. Eine baurechtswidrige Dauernutzung könne die Steuerbegünstigung des § 10 e EStG nicht herbeiführen.
Im übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 10 e Abs. 2 Satz 1 EStG ist Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbegünstigung nach dieser Vorschrift -; und damit auch nach § 34 f EStG -;, daß die begünstigte Wohnung keine Ferienwohnung oder Wochenendwohnung ist. Unter Ferien- und Wochenendwohnungen in diesem Sinne sind solche Wohnungen zu verstehen, die baurechtlich nicht ganzjährig bewohnt werden dürfen oder sich aufgrund ihrer Bauweise nicht zum dauernden Bewohnen eignen (vgl. BFH, Urteil vom 28. März 1990 X R 160/88, BStBl II 1990, 815). Im Streitfall lag das Grundstück der Kläger -; jedenfalls 1992 -; baurechtlich in einem Ferienhausgebiet, was zur Folge hatte, daß die Wohnung zwar ganzjährig bewohnt werden durfte, jedoch war diese Nutzung an einen wechselnden Personenkreis gebunden. Dagegen war es baurechtlich nicht zulässig, daß die Kläger ihr Haus ganzjährig bewohnten. Diese baurechtliche Einschränkung steht der Gewährung der begehrten Steuervergünstigung entgegen.
Der Senat verkennt nicht, daß diese Entscheidung für die Kläger eine erhebliche Härte darstellt. Er verkennt auch nicht, daß diese Entscheidung einen gewissen Formalismus beinhaltet und seine Rechtfertigung nicht finden kann in der tatsächlichen Nutzung der Wohnung. Andererseits erfordern die Rechtsinstitute der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, daß auch formelle Regelungen beachtet werden. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, sind Wohnungen in einem Sondernutzungsgebiet im Sinne von § 10 Nutzungsverordnung auch dann nicht nach § 10 e EStG begünstigt, wenn der Steuerpflichtige sie ganzjährig bewohnt und dort mit Hauptwohnsitz gemeldet ist (BFH, Urteil vom 31. Mai 1995 X R 140/93, BStBl II 1995, 720). Auf das Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Eine anderweitige Beurteilung ergibt sich nicht durch das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 1995 4 K 1806/93 (EFG 1995 S. 1017). Dort handelte es sich um eine Wohnung, die in einem Kurgebiet lag; ein Kurgebiet ist mit einem "Sondergebiet, Ferienhausgebiet" nicht zu vergleichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 1 Nr. 2 FGO.