Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.02.1998, Az.: VIII 553/97
Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer; Vorläufige Festsetzung einer Steuer; Änderung eines Bescheides, nachdem die im ursprünglichen Bescheid enthaltene vorläufige Festsetzung der Steuer in einem nachfolgenden Änderungsbescheid weder ausdrücklich wiederholt noch geändert wurde; Vorläufige Festsetzung einer Steuer in einem Änderungsbescheid; Vorläufige Festsetzung einer Steuer als Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 24.02.1998
- Aktenzeichen
- VIII 553/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 30110
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:0224.VIII553.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 119 Abs. 1 AO
- § 120 AO
- § 124 Abs. 1 S. 2 AO
- § 165 Abs. 1 S. 1 AO
Fundstellen
- DB 1998, 2198 (Kurzinformation)
- DStRE 1998, 850-852 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Umfang der Vorläufigkeit gem. § 165 AO beiÄnderungsbescheiden
Einkommensteuer 1992
Der VIII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 24. Februar 1998,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richterin am Finanzgericht ...
4. ehrenamtliche Richterin ...
5. ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1992 vom 13. Juni 1996 und Aufhebung des Einspruchsbescheids wird die Einkommensteuer herabgesetzt; unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung von 8.135,00 DM.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte hat die Kosten zu tragen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenerstattung abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Einkommensteuerbescheid (ESt-Bescheid) gemäß § 165 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) bezüglich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ändern durfte.
Der Kläger ist seit 1990 Eigentümer einer vermieteten Eigentumswohnung in B. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger für die Wohnung erhöhte Absetzungen gemäß § 7 Abs. 5 EStG in Höhe von 16.271,00 DM geltend. In dem (nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen) ESt-Bescheid vom 07.02.1994 berücksichtigte das FA erklärungsgemäß die erhöhte Absetzung, setzte aber die ESt vorläufig fest, u.a. weil ungewiß war, ob der Kläger Ersterwerber der 1990 fertiggestellten Wohnung war. Im Bescheid heißt es unter "Art der Festsetzung": "Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig, soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist." Unter "Erläuterungen zur Vorläufigkeit" verwies das FA zu Ziff. 1 auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. andere gerichtliche Verfahren und erläuterte zu Ziff. 2: "Der Bescheid ergeht vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil z. Z. die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann (Liebhaberei)." In der Anlage zum Bescheid erläuterte das FA: "Die Vorläufigkeit bezieht sich auf das Objekt in B. Lutherplatz 2 (s.a. Bp.-Bericht, besondere Angaben Nr. 10 a). Ich bitte um Vorlage entsprechender Unterlagen bezüglich Ersterwerb, Rückkaufsverpflichtung (Einkunftserzielungsabsicht)." Auf den Bescheid und den Bp.-Bericht vom 16.12.1993 wird Bezug genommen.
Die Beteiligten sind sich inzwischen darüber einig, daß nur die lineare AfA zu gewähren und deshalb der im Bescheid vom 07.02.1994 angesetzte Verlust aus bebauten Grundstücken (materiell-rechtlich) um 8.135,00 DM zu kürzen wäre.
Den ersten ESt-Bescheid vom 07.02.1994 änderte das FA gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO mit Bescheid vom 28.02.1994. Unter "Art der Festsetzung" heißt es u.a. "Der Bescheid ... ist nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig, soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist." Unter "Erläuterung zur Vorläufigkeit" verwies das FA lediglich auf anhängige Verfassungsbeschwerden - wie zu Ziff. 1 des Bescheides vom 07.02.1994. Es teilte mit, die Änderung beruhe auf der Feststellung der Einkünfte aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft,über eine vorläufige Festsetzung wegen der Einkünfte aus der Wohnung in B. - wie zu Ziff. 2 des Bescheides vom 07.02.1994 - enthält der Bescheid keine Angaben.
Entsprechend erfolgten Festsetzung und Erläuterungen in dem wiederum gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid vom 24.08.1994.
Mit Bescheid vom 12.10.1995 änderte das FA den Bescheid gemäß § 165 Abs. 2 AO, Unter Art der Festsetzung heißt es: "Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert und nach§ 165 Abs. 1 AO vorläufig." In den Erläuterungen zur Vorläufigkeit wies das FA - wie bisher - auf anhängige Verfassungsbeschwerden hin. In der Anlage zum Bescheid heißt es: "DieÄnderung erfolgt aufgrund der Feststellungen des Bausachverständigen des Finanzamtes H.. Für das Grundstück B., Luther ... ist nur die lineare AfA (2,5 % = 8.176,00 DM) zu gewähren. Die Vorläufigkeit bezügl. der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wird aufgehoben."
Dagegen machten die Kläger mit ihrem Einspruch vom 17.10.1995 geltend, der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Wohnung in B. im Bescheid vom 07.02.1994 habe seine Wirkung durch die nachfolgenden Änderungsbescheide verloren, da er in diesen nicht wiederholt worden sei. Die Änderungsbescheide seien insoweit nicht hinreichend bestimmt. Nach der Rechtsprechung des BFH bleibe die Vorläufigkeitserklärung zwar auch dann wirksam, wenn sie im Änderungsbescheid nicht wiederholt werde (BFH, Urteil vom 09.09.1988 III R 191/84, BStBl II 1989, S. 9 ff.).
Anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall sei jedoch in den den Klägern bekanntgegebenen Änderungsbescheiden der Vorläufigkeitsvermerk nicht gänzlich unterblieben. Die Einschränkung "..., soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist" in den Bescheiden vom 28.02. und 24.08.1994 beschränke die Vorläufigkeit auf den im Erläuterungsteil dargelegten Umfang. Dort werde das Objekt B. nicht mehr aufgeführt. Die Vorläufigkeit sei mithin auf die im Erläuterungsteil genannten anhängigen gerichtlichen Verfahren begrenzt.
Die Vorläufigkeit des ursprünglichen Bescheides bezüglich des Objektes in B. könne nicht bestehen bleiben, wenn - wie im Streitfall - ihr Umfang nach dem Wortlaut des Folgebescheides anderweitig bestimmt werde. Es widerspreche den Grundsätzen der Rechtssicherheit und -klarheit, wenn die Vorläufigkeit eines vorangegangenen Bescheides zum Teil wiederholt, zum Teil nicht wiederholt werde, jedoch in vollem Umfang bestehen bleiben solle. Der tatsächliche Umfang der Vorläufigkeit sei für den Steuerpflichtigen nicht mehr erkennbar. Im Zweifel gingen Unklarheiten hinsichtlich des Umfangs der Vorläufigkeit im Interesse der Rechtssicherheit zu Lasten der Finanzbehörde.
Das FA wies den Einspruch zurück. Gemäß dem Urteil des BFH vom 09.09.1988 bleibe ein Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 AO auch dann wirksam, wenn er in einem nachfolgenden Änderungsbescheid nicht ausdrücklich wiederholt werde. Die Annahme einer stillschweigenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks im Rahmen einer ausdrücklich auf eine andere Korrekturvorschrift gestützten Änderung sei damit ausgeschlossen. Somit sei das FA zurÄnderung gemäß § 165 Abs. 2 AO befugt gewesen.
Die Änderung widerspreche nicht Treu und Glauben. Der BFH habe in dem angegebenen Urteil ausgeführt, weder das Gebot der Rechtssicherheit noch der Schutz des Vertrauens des Steuerpflichtigen auf den erkennbaren Inhalt des bekanntgegebenen Bescheides geböten eine ausdrückliche Wiederholung des Vorläufigkeitsvermerks in einemÄnderungsbescheid.
Diese Grundsätze gälten auch, wenn - wie im Streitfall - im übrigen eine Vorläufigkeit hinsichtlich der anhängigen gerichtlichen Verfahren programmgesteuert erfolge.
Die Kläger hätten nicht davon ausgehen können, daß die Vorläufigkeit hinsichtlich der Einkünfte aus V+V nicht mehr bestanden habe, weil der Vorläufigkeitsvermerk insoweit nicht ausdrücklich aufgehoben bzw. der Steuerbescheid für endgültig erklärt worden sei.
Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens hat das FA den Bescheid unter Festsetzung einer höheren Einkommensteuer mit Bescheid vom 13.06.1996 geändert; diese Änderung ist nicht strittig. Auf dieÄnderungsbescheide und den Einspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Mit ihrer Klage machen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen sowie ergänzend geltend, der Hinweis auf die Programmsteuerung sei nicht einschlägig. Auch im Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung, die nur ein überwachungsbedürftiges Hilfsmittel, nicht aber Handlungsersatz sein könne, fordere ein Verwaltungsakt nach der Legaldefinition des § 118 Abs. 1 Satz 1 AO ein positives Handeln, welches auch für programmgesteuerte Vermerke gelten müsse. Eine qualitative Unterscheidung von programmgesteuerten und manuellen Vorläufigkeitsvermerken verbiete sich grundsätzlich. Darin liege der entscheidende Unterschied zum Urteil des BFH vom 09.09.1988, dessen Ausgangstatbestand mangels einer seinerzeit gegebenen Programmsteuerung eine derartige Differenzierung nicht gekannt habe.
Würden Vorläufigkeitsvermerke erneuert, müsse diese Erneuerung zwangsläufig für alle Vorläufigkeitsvermerke gelten. Würden Vorläufigkeitsvermerke nur zum Teil wiederholt, seien die nicht wiederholten Vorläufigkeitsvermerke aufgehoben. Einer expliziert formulierten Aufhebung bedürfe es insoweit nicht.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids in der Fassung vom 13.06.1996 und Aufhebung des Einspruchsbescheides die Einkommensteuer unter Ansatz von Verlusten aus bebauten Grundstücken in Höhe von 68.423,00 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest. Der Vertreter des FA hat telefonisch angeregt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Vorgehensweise des FA, manuelle Vorläufigkeitsvermerke nicht zu wiederholen, sei ständige Praxis. Die programmgesteuerten Vorläufigkeitsvermerke im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden würden automatisch wiederholt; sei daneben ein Vorläufigkeitsvermerk aus anderen Gründen ergangen, wiederhole das FA diesen in Änderungsbescheiden nicht.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Soweit ungewiß ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig festgesetzt werden. Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie gemäß § 165 Abs. 2 AO die Festsetzung aufheben oderändern.
Bei Erlaß des Änderungsbescheids vom 12.10.1995 lagen die Voraussetzungen des § 165 Abs. 2 AO nicht vor, weil die ESt nicht (mehr) vorläufig festgesetzt war, soweit sie auf die Einkünfte des Klägers aus der Wohnung in B. entfiel.
Die vom FA angeführte Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 09.09.1988 a.a.O.) ist auf den Streitfall nicht anwendbar, weil ihr ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt, nämlich die Änderung eines Bescheides gemäß § 165 Abs. 2 AO, nachdem die im ursprünglichen Bescheid enthaltene vorläufige Festsetzung der Steuer in einem nachfolgenden Änderungsbescheid nicht mehr ausdrücklich wiederholt - jedoch auch nicht geändert - worden war.
Im Streitfall hat das FA dagegen in den Änderungsbescheiden vom 28.02. und 24.08.1994 die Einkommensteuer jeweils in dem aus den Erläuterungen ersichtlichen Umfang vorläufig festgesetzt und damit auch insoweit die Bestimmungen des ursprünglichen Bescheids vom 07.02.1994 geändert.
Die Regelung in einem Steuerbescheid, die Steuer werde vorläufig festgesetzt, ist eine Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt (§ 120 AO). Verwaltungsakte (einschließlich ihrer Nebenbestimmungen) werden gemäß § 124 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem Inhalt wirksam, mit dem sie bekanntgegeben werden. Gemäß § 119 Abs. 1 AO müssen sie inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
Daraus folgt, daß es für den Inhalt des Verwaltungsaktes nicht auf den inneren Willen der Behörde, sondern auf den objektiven Inhalt des tatsächlich bekanntgegebenen Verwaltungsaktes - aus der Sicht des Bekanntgabeempfängers - ankommt (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, Rdz. 3, 5 zu § 124 AO, BFH, Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BStBl II 1997, S. 791 ff.).
Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO kann eine Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiß ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung eingetreten sind. Damit für den Bekanntgabeempfänger zweifelsfrei erkennbar ist,inwieweit die Steuer vorläufig festgesetzt ist, bestimmt § 165 Abs. 1 Satz 3 AO, daß Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben sind.
Im Streitfall hat das FA in den Änderungsbescheiden vom 28.02. und 24.08.1994 mit der ausdrücklichen Bestimmung unter "Art der Festsetzung", der Bescheid sei "nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig, soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist" und durch die Erläuterungen, die sich nur auf die anhängigen Verfassungsbeschwerden und die insoweit angegebenen Besteuerungsgrundlagen (Höhe der Kinderfreibeträge, des Solidaritätszuschlages, der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen und der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen) beziehen, den Umfang bestimmt, in dem es die Einkommensteuer vorläufig festgesetzt hatte.
Für eine Auslegung der Änderungsbescheide vom 28.02. und 24.08.1994 dergestalt, daß die Steuer auch in dem im ursprünglichen Bescheid angegebenen Umfang vorläufig festgesetzt sei, ist kein Raum, weil das FA in den Änderungsbescheiden durch die Angaben unter "Art der Festsetzung" und unter "Erläuterungen" ausdrücklich den Umfang der vorläufigen Festsetzung angegeben hat und dieÄnderungsbescheide keine Anhaltspunkte dafür enthalten, daß die Einkommensteuer auch darüber hinausgehend vorläufig festgesetzt sein sollte. Derartige Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere nicht aus der Angabe, die Bescheide seien gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. In diesem Hinweis liegt lediglich die gemäß § 121 Abs. 1 AO erforderliche Begründung zur Berücksichtigung der gesondert bzw. gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte des Klägers. Maßgeblich ist der objektive Regelungsinhalt der Änderungsbescheide, die den Umfang der Vorläufigkeit in ihren Erläuterungen festlegen.
Die Argumentation des FA, die vorläufige Festsetzung wegen anhängiger Verfassungsbeschwerden erfolge programmgesteuert, deshalb müsse der manuelle Vorläufigkeitsvermerk daneben bis zu einer entsprechenden Änderung oder seiner Aufhebung bestehen bleiben, entspricht nicht der gesetzlichen Regelung der §§ 165 Abs. 1 Sätze 1 und 3, 124 Abs. 1 Satz 2 AO. Ein Steuerbescheid kann nicht mit einer Vielzahl von Vorläufigkeits-"Vermerken" - je nach Anzahl der Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich derer Ungewißheit besteht - versehen werden, die einzeln geändert oder aufgehoben werden könnten. Vorläufigkeits-"Vermerke" sind keine selbständigen Nebenbestimmungen, die unabhängig vom Erlaß geänderter vorläufiger Einkommensteuerfestsetzungen bestehen bleiben.
Vielmehr wird gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO die - einheitliche - Steuer vorläufig festgesetzt,soweit Ungewißheiten bestehen bzw. - wie im Streitfall in den Änderungsbescheiden unter Art der Festsetzung angegeben - "soweit dies im Erläuterungsteil aufgeführt ist". Deshalb hat das FA mit Erlaß der Änderungsbescheide vom 28.02. und 24.08.1994 die Einkommensteuer nur noch in dem darin angegebenen Umfang vorläufig festgesetzt.
Für eine Änderung des Bescheides aufgrund offenbarer Unrichtigkeit (§ 129 AO) liegen die Voraussetzungen nicht vor. Das FA verfährt nach seinen Angaben in entsprechenden Fällen ständig so, daß nicht programmgesteuerte vorläufige Festsetzungen nicht wiederholt werden. Es hält seine Vorgehensweise für richtig. Ein mechanisches Versehen liegt deshalb nicht vor.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen. Das zu versteuernde Einkommen ist um 8.135,00 DM zu mindern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig erklärt. Die Entscheidungüber die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Das Gericht läßt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil eine höchstrichterliche Entscheidung zu der ständigen Vorgehensweise des FA in entsprechenden Fällen nicht ersichtlich ist.