Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.02.1998, Az.: VIII 243/95
Abzug von Aufwendungen, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entstehen als Sonderausgaben; Unmittelbarer Zusammenhang der Aufwendungen mit der Anschaffung der Wohnung ; Vorkostenabzug eines Mieters, der die bereits von ihm bewohnte Wohnung erwirbt; Renovierung in unmittelbarem Zusammenhang mit der beabsichtigten und vereinbarten Anschaffung ; Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwendungen und Herstellungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 16.02.1998
- Aktenzeichen
- VIII 243/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 30109
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:0216.VIII243.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 10e Abs. 6 EStG
Fundstelle
- KFR 1998, 395
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer
Solidaritätszuschlag
Amtlicher Leitsatz
Aufwendungen vor Bezug der zunächst gemieteten, 1 Jahr später gekauften Wohnung wegen Zusammenhangs mit dem Erwerb auch ohne notariellen Vorvertrag gem. § 10 e Abs. 6 EStG zum Abzug zugelassen.
Redaktioneller Leitsatz
Aufwendungen der Steuerpflichtigen, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnungzu eigenen Wohnzwecken entstehen können als Sonderausgaben abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass, diese unmittelbar mit der Anschaffung der Eigentumswohnung zusammenhängen, nicht zu den Anschaffungskosten der Wohnung gehören und im Fall der Vermietung oder Verpachtung der Wohnung als Werbungskosten abgezogen werden könnten.
Der VIII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
im Einverständnis der Beteiligten
durch
die Berichterstatterin gemäß § 79a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung (FGO)
ohne mündliche Verhandlung am ...,
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom ... und Aufhebung des Einspruchsbescheids vom ... werden die Einkommensteuer mit ... DM und der Solidaritätszuschlag mit ... DM festgesetzt.
Der Beklagte hat die Kosten zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Kostenerstattung abwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG.
Die Kläger erwarben im ... per ... die von ihnen selbst bewohnte Eigentumswohnung in ..., ... Zimmer, qm groß). Diese Wohnung hatten die Kläger bereits mit dem auf ein Jahr befristeten Mietvertrag vom ... gemietet. Die Beteiligten streiten um den Abzug der von den Klägern ... getätigten Erhaltungsaufwendungen in Höhe von DM ... (zuzügl. ... DM Abschlußgebühr Bausparvertrag).
Der Voreigentümer/Vermieter hatte die Wohnung im ... wie folgt im ... inseriert:" -Zimmer-Altbauwohnung., mit Küche u. Bad, ca. qm in ... zu vermieten. Übernahme als Eigentumswohnung evtl. zu einem späteren Zeitpunkt verhandelbar. Angebote unter (Chiffre)".
In ihrem Schreiben auf die Anzeige vom ... erklärten die Kläger u.a. sie seien auch einem Kauf der Wohnung grundsätzlich nicht abgeneigt. Im Antwortschreiben vom ... teilte der Voreigentümer/Vermieter sowohl die Kaltmiete als auchden Kaufpreis mit und schrieb:"Des weiteren bin ich sehr daran interessiert, einen Mieter zu finden, der zu irgend einem Zeitpunkt die Wohnung auch wirklich kauft, weshalb hierfür ein notarielles Angebot erforderlich ist. Der Kaufpreis beläuft sich auf DM .... Einen Besichtigungstermin habe ich für ... geplant.... Für eine kurze Rückäußerung, ob sie unter den gegebenen Vorstellungen weiterhin Interesse an der Wohnung haben, bin ich Ihnen sehr dankbar." Zur Miethöhe heißt es in dem Schreiben u.a.:"die Miete (beträgt) bei Übernahme der Renovierungskosten DM ... kalt ... .Sofern Sie die Wohnung renoviert übernehmen möchten, beträgt die Miete DM ... kalt". Die Kläger besichtigten die Wohnung am .... Dabei vereinbarten sie die Anmietung der Wohnung ab ... für DM Kaltmiete sowie - zunächst - ein von ihnen abzugebendes bis zum ... befristetes Angebot zum Kauf der Wohnung.Der Voreigentümer/Vermieter bestätigte diese Vereinbarungen mit Schreiben vom mit dem er zugleich die Bauzeichnungen übermittelte.
Zu einem notariellen Kaufangebot kam es jedoch nicht. Die Vertragsparteien vereinbarten statt dessen - nach ihren Angaben, um die Kosten eines notariellen Angebots zu sparen - ein auf ein Jahr - vom ... bis ... - befristetes Mietverhältnis mit einer Kaltmiete von monatlich ... DM. Zum Zustand der Mieträume heißt es in § 26 des Mietvertrages u.a.:"Der Mieter übernimmt die Wohnung im gegenwärtigen unrenovierten Zustand .... In den Mieträumen sollen ... folgende Arbeiten durchgeführt werden:... durch den Mieter Renovierung der Wohnung nach eigenen Vorstellungen; Umbau des Bades ist genehmigt."
In dem Schreiben, mit dem er den Mietvertrag übersandte, erklärte der Voreigentümer/Vermieter u.a.:"Ich habe mich zu diesem befristeten Mietvertrag aus den Ihnen bekannten Gründenentschlossen und bitte um Ihr Verständnis. Damit umgehen wir kostenträchtige anderweitige Wege. Für Ihr Verständnis besten Dank." In ihrem Schreiben zur Rücksendung des unterzeichneten Mietvertrages vom ... erklärten die Kläger u.a.:"Für die von Ihnen gewählte Form des auf 1 Jahr befristeten Mietvertrages haben wir natürlich Verständnis; sie ist auf jeden Fall die günstigere Alternative zum notariellen Vorvertrag. Soweit ich das überblicke, dürften Sie damit gegen Ihre verständlichen Bedenken, daß wir die Wohnung wider Erwarten nicht kaufen, aber auch nicht ausziehen, hinreichend abgesichert sein. Andererseits hoffe ich, daß auch Sie Verständnis dafür haben, daß auch wir ein gewisses Absicherungsbedürfnis haben, wobei es aus rechtlicher Sicht keine Alternative zum notariellen Vorvertrag gibt. Da aber auch ich der Ansicht bin, daß dieser teure Weg nicht nötig ist, müssen wir uns - und tun es auch - auf Ihre Zusage verlassen, daß Sie die Wohnung nach Umwandlung in eine ETW auch a) an uns und nicht an einen anderen und b) zum vereinbarten Preis von ... DM verkaufen.
Dies vor allem deshalb, weil wir im Rahmen der angelaufenen Renovierung/Modernisierung sehr viel Geld, Zeit und viel Mühe in die Wohnung stecken und noch stecken werden." Ferner bestätigten die Kläger nochmals ihr Vertrauen darauf, daß alles wie besprochen laufen werde und für beide Seiten "das Wort gilt".
Anschließend renovierten die Kläger die Wohnung, insbesondere das Badezimmer durch Änderung der Sanitärobjekte und Einbau eines Warmwasserspeichers im Keller. Die in ... getätigten Aufwendungen betrugen ... DM; auf die Belege wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich darüber verständigt, daß davon auf das von der Klägerin beruflich genutzte Arbeitszimmer ... DM entfallen.
Mit notariellem Kaufvertrag vom ... erwarben die Kläger die Wohnung für ... DM. Vom gleichen Tage datiert die Teilungserklärung des Voreigentümers.
Der Voreigentümer ist zwischenzeitlich verstorben. Seine Ehefrau hat zu den mit den Klägern getroffenen Vereinbarungen erklärt,"daß mein Ehemann ... mir gegnüber im ... geäußert hat, daß er für die Wohnung in ... in der ... Mieter (die) gefunden hatte, die die Wohnung den Vorstellungen meines Mannes entsprechend alsbald kaufen wollten. Mein Mann hatte mit der ... die feste Vereinbarung getroffen, die Wohnung zunächst zu mieten und in der 2. Hälfte des kommenden Jahres dann zu kaufen bzw. zu verkaufen. Daß mein Mann von dieser Vereinbarung Abstand nehmen wollte (z.B. kein Verkauf oder Verkauf an Dritte) hat er nie in Erwägung gezogen; vielmehr war es für ihn selbstverständlich, an einer einmal getroffenen Absprache festzuhalten. Ebenso ging er davon aus, daß sich die ... an ihre Kaufzusage hielt."
Aus der beigezogenen Bauakte ergibt sich folgender Sachverhalt:Das Grundstück wurde dem Voreigentümer im Rahmen einer Erbauseinandersetzung am ... aufgelassen; er wurde am ... als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Am ... beantragte er die Abgeschlossenheitsbescheinigung, zu deren Erteilung jedoch noch Unterlagen erforderlich waren. Durch beizubringende Zeichnungen und Schriftwechsel verzögerte sich die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung, die schließlich am ... erteilt wurden. Auf Anfrage hat das Bauamt am ... mitgeteilt, die Abgeschlossenheitsbescheinigung habe erst ausgestellt werden können, nachdem dem Antragsteller mehrfach aufgegeben worden sei, die erforderlichen Unterlagen zu vervollständigen bzw. zu überarbeiten. Aus baurechtlicher Sicht habe es keine Probleme gegeben bzw. hätten keine Bedenken gegen die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung bestanden.
In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machten die Kläger Erhaltungsaufwendungen von insgesamt ... DM sowie DM Abschlußgebühr Bausparvertrag, zusammen ... DM (da von im Klageverfahren nicht mehr geltend gemachte DM ... für zwei und aus) als Aufwendungen vor Bezug gemäß § 10e Abs. 6 EStG geltend. Auf die Erklärung nebst Anlagen wird Bezug genommen.
Im Einkommensteuerbescheid vom ... lehnte das Finanzamt (FA) die Berücksichtigung ab, weil die Aufwendungen nicht in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stünden (Mietbeginn, Anschaffung ...). Auf den Bescheid nebst Anlage wird Bezug genommen.
Den Einspruch der Kläger vom ... wies das FA mit Bescheid vom zurück.
Auf die Schreiben der Kläger vom und nebst Anlagen, des FA vom und und den Einspruchsbescheid vom wird Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger machen ihr bisheriges Vorbringen geltend.
Sie hätten sie Aufwendungen nur im Hinblick und wegen des vereinbarten Kaufs der Wohnung getätigt. Sie seien mit dem Voreigentümer übereingekommen, die Wohnung befristet auf 1 Jahr zu mieten und sie sodann nach 1 Jahr für ... DM zu kaufen. Die wesentlichen Essentialen des Kaufs (Kaufobjekt, Kaufdatum, Kaufpreis) seien bereits bei Abschluß des Mietvertrages vereinbart worden. Dementsprechend seien die Beteiligten 1 Jahr später verfahren. Mangels Abgeschlossenheitsbescheinigung sei im ... ein sofortiger Erwerb der Wohnung noch nicht möglich gewesen.
Auf ein notarielles Kaufangebot hätten die Beteiligten aus Kostengründen verzichtet. Aus dem Schriftwechsel als auch aus den Gesamtumständen ergebe sich jedoch, daß die Beteiligten den Kauf/Verkauf der Wohnung ernsthaft vereinbart hätten. Deshalb seien die Aufwendungen als Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des FA sei unerheblich, daß sie zum Zeitpunkt der Renovierung weder bürgerlich- rechtliche noch wirtschaftliche Eigentümer der Wohnung gewesen seien. Andernfalls könnten Mieter, die die gemietete Wohnung kauften, in keinem Fall Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG abziehen, weil in derartigen Fällen regelmäßig der Beginn der Selbstnutzung als Eigentümer mit dem Übergang des Eigentums zusammenfalle. Von dieser Auffassung gingen weder der BFH noch der BMF in seinem Erlaß vom 31.12.1994 aus.
Auch könne es nicht darauf ankommen, ob sie die Vereinbarungen über den Kauf der Wohnung privatschriftlich oder mündlich getroffen hätten. Die Beteiligen hätten nicht stärker auf die Einhaltung der Kaufabrede vertraut, wenn sie privatschriftlich vereinbart worden wäre. Da allen Beteiligten bekannt gewesen sei, daß nur ein formgerechter (notarieller) Vorvertrag rechtlich verbindlich gewesen sei, sei ihnen eine mündliche Absprache genauso viel wert wie eine schriftliche Fixierung gewesen. Eshabe "das Wort gegolten", zumal es sich bei dem Vermieter um einen Kaufmann gehandelt habe.
Indiz für die Ernsthaftigkeit der getroffenen Verkaufsabreden bei Abschluß des Mietvertrages sei auch, daß der Vermieter/Verkäufer auch noch im Zeitpunkt des Kaufvertrages bei seiner ursprünglichen Kaufpreisforderung geblieben sei, obwohl sich von ... nach ... die Preise für Eigentumswohnungen um durchschnittlich % erhöht hätten.
Nur im Hinblick auf den bevorstehenden Kauf sei es den Klägern im Mietvertrag gestattet worden, die Wohnung völlig frei nach eigenen Vorstellungen zu renovieren und das Bad zu modernisieren. Ohne einen bevorstehenden Kauf wäre eine solche Freiheit der Mieter bei einem nur auf 1 Jahr befristeten Mietvertrag unwahrscheinlich.
Auch hätten die Kläger die getätigten Anstrengungen und Ausgaben nicht vorgenommen, wären sie nicht davon ausgegangen, daß nach der kurzen Mietzeit der Verkauf erfolgte. Vielmehr hätten siewenn der Verkauf kein Thema gewesen wäre - die Wohnung renoviert übernommen. Bei den von ihnen durchgeführten Renovierungsarbeiten habe es sich nicht nur um übliche Schönheitsreparaturen gehandelt. Tatsächlich habe sich die Wohnung in einem recht desolaten Zustand befunden, was gegebenenfalls durch Fotos belegt werden könne.
Daß sich sowohl die Kläger als auch der Verkäufer an die getroffene Abmachung gebunden fühlten, zeige sich letztlich auch daran, daß alles "wie geplant" abgelaufen sei und die Kläger die Wohnung gekauft hätten.
Von dieser Auffassung gehe weder der BFH noch der BMF in seinem Erlaß vom 31.12.1994 aus.
Wegen des weiteren Vorbringen wird auf die Klage und die Schriftsätze vom ... und ... Bezug genommen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom und Aufhebung des Einspruchsbescheids vom die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Vorverfahren dargelegten Auffassung fest. Die Erhaltungsaufwendungen stünden nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem späteren Erwerb der Wohnung, weil die Kläger ohne schuldrechtliche Vereinbarung nicht auf die spätere Eigentumsübertragung hätten vertrauen können. Die gegenseitigen Zusicherungen zwischen Kläger und Vermieter/- Veräußerer reichten nicht aus, um die von den Klägern getätigten Investitionen als konkrete Maßnahmen zur Anschaffung der Wohnung und damit als Vorkosten im Sinne des § 10e Abs. 6 EStG zu klassifizieren. Entscheidend sei, daß die Kläger keinen Anspruch auf Übertragung der Wohnung gehabt hätten, der z.B. im Fall des Ablebens des Veräußerers durchsetzbar gewesen wäre. Die Voraussetzungen für die Veräußerbarkeit der Wohnung seien zudem erst nach der Abgeschlossenheitsbescheinigung der ... vom ... durch die Teilungserklärung vom ... geschaffen worden. Bei dieser Sachlage hätten die Kläger im Streitjahr in objektiver Hinsicht nicht zielgerichtet auf den Anschaffungsvorgang im Folgejahr hin investieren können, auch wenn sie subjektiv von dieser Vorstellung ausgegangen sein mochten.
Im Schriftsatz vom ... vertritt das FA darüberhinaus die Auffassung, zum Abzug von Renovierungskosten als Vorkosten müsse der Steuerpflichtige regelmäßig die Stellung eines zivilrechtlichen oder zumindest wirtschaftlichen Eigentümers innehaben. Der BMF habe darüberhinaus in seinem Erlaß vom 31.12.1994 zur Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus nach § 10e Abs. 1 bis 5a EStG den Mieter einer Wohnung begünstigt, wenn bereits Maßnahmen zum Eigentumserwerb eingeleitet worden seien.
Im Streitfall hätten die Vertragsparteien bewußt die endgültige, sie bindende Entscheidung zur Übertragung in die Zukunft verlegtund seien zunächst ein Mietverhältnis eingegangen. Ein wenn auch konkret geplanter Anschaffungsentschluß könne den Vorkostenabzug nicht eröffnen. Die Verfügungsmöglichkeit als Eigentümer müsse gegeben sein. Im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom ... und ... 1997 Bezug genommen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die notariellen Vereinbarungen, den Mietvertrag und den Schriftwechsel der Kläger mit dem Vermieter/Verkäufer Bezug genommen, ferner auf den Inhalt der beigezogenen Bauakte.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Gemäß § 10e Abs. 6 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Aufwendungen der Steuerpflichtigen, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung im Sinne des § 10e Abs. 1 EStG zu eigenen Wohnzwecken entstehen, unmittelbar mit der Anschaffung der Eigentumswohnung zusammenhängen, nicht zu den Anschaffungskosten der Wohnung gehören und die im Fall der Vermietung oder Verpachtung der Wohnung als Werbungskosten abgezogen werden könnten, wie Sonderausgaben abgezogen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Kläger sind Eigentümer ihrer selbstbewohnten Wohnung, so daß ihnen grundsätzlich der Vorwegabzug gemäß § 10e Abs. 6 EStG zusteht. Als die Kläger die Renovierungsaufwendungen, deren Abzug sie gemäß § 10e Abs. 6 EStG geltend machen, tätigten, waren sie noch nicht Eigentümer der von ihnen gemieteten Wohnung. Dies ist unschädlich. § 10e Abs. 6 EStG fordert nicht, daß die Steuerpflichtigen die Aufwendungen (erst) in einem Zeitpunkt tätigen, in dem sie rechtsverbindlich Eigentümer der Wohnung geworden sind oder ein entsprechendes Anwartschaftsrecht durch notariellen Vertrag erworben haben. Die Rechtsprechung des BFH, wonach der Abzug zivilrechtliches, zumindest wirtschaftliches Eigentum an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung voraussetzt, legt nicht den Eintritt des Eigentums als Voraussetzung des Tatbestandsmerkmals "unmittelbar mit der Anschaffung zusammenhängen" fest, sondern dient der Abgrenzung in den Fällen, in denen Steuerpflichtige Aufwendungen nicht für eine eigene, sondern für eine fremde Wohnung, an der sie gegebenenfalls ein Nutzungsrecht haben, tätigen (vgl. Urteile vom 20. 09. 1995 X R 94/92, BStBl II 1996 S. 186ff., Ziff. 1. und vom 21. 05. 1992 X R 61/91, BStBl. II 1992,S. 944ff.).
§ 10e Abs. 6 EStG setzt voraus, daß die Aufwendungen der Steuerpflichtigen unmittelbar mit der Anschaffung der Wohnung zusammenhängen. Dieser Zusammenhang kann bereits zu einem Zeitpunkt bestehen, in dem noch kein zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum begründet worden ist. Die Kläger haben zu Recht darauf hingewiesen, daß andernfalls ein Vorkostenabzug bei einem Mieter, der die bereits von ihm bewohnte Wohnung erwirbt, nicht denkbar ist. Davon geht auch die Verwaltung im BMF-Erlaßvom 31. Dezember 1994 (Anhang 34 amtliches Einkommensteuerhandbuch 1996) nicht aus.
Das Tatbestandsmerkmal des unmittelbaren Zusammenhangs mit der Anschaffung in § 10e Abs. 6 EStG dient nach der Rechtsprechung des BFH dazu, Aufwendungen, die sich nicht unmittelbar auf den Anschaffungsvorgang der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung beziehen, auszugrenzen (vgl. BFM, Urteil vom 11. 03. 1992 X R 113/89, BStBl II 1992, S. 886ff., S. 888).
Es kommt deshalb darauf an, ob die Kläger die Aufwendungen für die (insbesondere Badezimmer-)Renovierung in unmittelbarem Zusammenhang mit der beabsichtigten und vereinbarten Anschaffung getätigt haben oder aus anderen Gründen, d.h. deshalb, weil sie die Wohnung gemietet hatten.
Bei Würdigung der gesamten Verhältnisse des Streitfalls hängen die von den Klägern getätigten Renovierungsaufwendungen unmittelbar mit der Anschaffung der Wohnung zusammen. Die Anzeige des Voreigentümers, in der dieser bereits auf den beabsichtigten Verkauf hingewiesen hatte, sein Schreiben vom ..., in dem er die Besichtigung der Wohnung von einem notariellen Kaufangebot abhängig machte, der weitere Schriftwechsel zwischen den Klägern und dem Voreigentümer als auch die Erklärung der Ehefrau des Voreigentümers vom ... belegen, daß für beide Seiten bei Abschluß des Mietvertrages vereinbart war und feststand, daß die Kläger die Wohnung nach 1 Jahr zum Preis von ... DM kauften, so wie es dann tatsächlich erfolgt ist. Anders ist nicht erklärbar, warum der Voreigentümer den Klägern im Mietvertrag gestattete, die Wohnung nach eigenen Vorstellungen zu renovieren und das Bad umzubauen und warum die Kläger bei dem auf 1 Jahr befristeten Mietvertrag mit einer Kaltmiete von ... DM monatlich rd. 22.000 DM Renovierungskosten für die Wohnung aufgewandt haben, anstelle die Wohnung für den mit DM ... monatlich nur geringfügig höheren Mietpreis von ... DM renoviert zu übernehmen, wie vom Voreigentümer im Schreiben vom ... angeboten. Den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Renovierung/Modernisierung und Kauf der Wohnung haben die Kläger zudem in ihrem Schreiben vom ... an den Voreigentümer/Vermieter ausdrücklich erklärt.
Aus der Bauakte als auch aus der Auskunft des Bauamtes vom ... ergibt sich,daß der Verkäufer schon vor Abschluß des Vertrages die für den Wohnungsverkauf erforderlichen Schritte eingeleitet hatte und daß aus baurechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung bestanden. Die Kläger und der Verkäufer durften deshalb damit rechnen, daß der Kauf wie vereinbart durchgeführt würde, wie sie sich beiderseits in den Schreiben zur Übersendung des Mietvertrages versichert haben.
Nach dem Inhalt der Bauakte geht das Gericht davon aus, daß der Verkäufer, ein Steueramtmann a.D., im Streitjahr ... verbindliche notarielle Erklärungen lediglich deshalb nicht vereinbarenbzw. erhalten wollte, weil er das Grundstück im ... im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erlangt hatte und sicherstellen wollte, innerhalb der 2- Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG kein Veräußerungs-/Spekulationsgeschäft zu tätigen, da die notariellen Beurkundungsgebühren bei notariellem Kaufangebot und Annahme des Kaufangebotes in gleicher Höhe wie bei der Beurkundung eines einheitlichen Kaufvertrages anfallen (§§ 36 Abs. 2, 37, 38 Abs. 2 Nr. 2 Kostenordnung); lediglich die Auslagen für Schreibgebühren und Portoauslagen erhöhen sich. Dies ändert jedoch nichts an der Beurteilung, daß sich beide Beteiligten an die im Streitjahr getroffenen Vereinbarungen gebunden gefühlt haben, sich entsprechend daran gehalten haben und daß die Kläger die Renovierungskosten nicht im Hinblick auf den befristeten Mietvertrag, sondern auf den bereits im Streitjahr vereinbarten Erwerb der Wohnung getätigt haben.
Die Aufwendungen sind dem Grunde nach Erhaltungsaufwendungen undkeine Herstellungskosten. Es handelte sich um Aufwendungen zur Modernisierung des bereits vorhandenen Badezimmers. Daß eine derart erhebliche Wertverbesserung der Wohnung durch die Renovierung entstanden ist, daß von Herstellungskosten auszugehen ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Aufwendungen für den Bausparvertrag sind als Finanzierungskosten abzugsfähig. Soweit die Aufwendungen auf das Arbeitszimmer entfallen (DM), erhöhen sie die bereits über dem Pauschbetrag liegenden Werbungskosten der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit. Die übrigen Aufwendungen (DM) sind wie Sonderausgaben abzuziehen.
Berechnung: zu versteuerndes Einkommen gemäß Bescheid vom ... | DM |
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./. Minderung | DM |
zu versteuerndes Einkommen neu | DM |
Einkommensteuer Splitting-Tabelle neu | DM. |
Solidaritätszuschlag neu ... % von ... | DM |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Das Gericht läßt die Revision nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zu. Die Rechtsprechung des BFH, wonach zivilrechtliches oder zumindest wirtschaftliches Eigentum für den Vorkostenabzug erforderlich ist, bezieht sich nur auf diejenigen Fälle, in denen Steuerpflichtige Aufwendungen für eine fremde Wohnung getätigt haben. Die Feststellung, daß die Kläger die Renovierungsaufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anschaffung der Wohnung getätigt haben, hat das Gericht nach den individuellen Umständen des Streitfalles getroffen, so daß eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht erkennbar ist.