Landgericht Braunschweig
Urt. v. 29.08.2014, Az.: 1 O 738/14
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 29.08.2014
- Aktenzeichen
- 1 O 738/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42474
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG - 27.10.2015 - AZ: 7 U 61/14
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien streiten nach einem Verkehrsunfall über Schadensersatzansprüche des Klägers aufgrund eines Rentenschadens.
Am 08.05.2013 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall, den der zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten haftpflichtversicherte Unfallverursacher allein verschuldet hatte, verletzt. Unfallbedingt war der Kläger etwa 1 Jahr arbeitsunfähig erkrankt. In der Zeit von Mai bis September 2004 versuchte er erfolglos eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben. In der Folgezeit verlor er seinen Arbeitsplatz. In der Zeit vom 29.10.2004 bis 26.02.2006 erhielt er Arbeitslosengeld. Ab 01.03.2006 bezog der Kläger eine vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, die von dem Rentenversicherungsträger mit einem Abschlag von 15,3 % versehen wurde.
Bis zum Eintritt in die Regelaltersrente leistete die Beklagte die ausgefallenen Beitragszahlungen an den Rentenversicherungsträger, wodurch das Rentenkonto zum Zeitpunkt des Eintritts in die Regelaltersrente den Stand aufwies, den es auch aufgewiesen hätte, wenn der Kläger ohne Unfallereignis bis zu seinem 65 Lebensjahr gearbeitet und in die Rentenkasse einbezahlt hätte. Zudem nahm der Rentenversicherungsträger die Beklagte aufgrund der Gewährung vorzeitiger Altersrente in Regress. Seit 01.06.2010, nämlich mit Vollendung seines 65. Lebensjahres, erhielt der Kläger die Regelaltersrente, bei der sich die bei der vorzeitigen Altersrente erfolgte Minderung des Rentenanspruchs fortsetzte.
Der Kläger forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 22.01. und 14.05.2013 auf, ihre Haftung für den Rentenschaden des Klägers anzuerkennen und Schadensersatz entsprechend der monatlichen Kürzung der Altersrente zu zahlen.
Der Kläger ist der Ansicht, zum erstattungsfähigen Schaden gehörte auch die Erstattung der Rentenminderbeträge.
Er beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 31.01.2014 Schadensersatz in Höhe von 9.317,43 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.05.2014 zu zahlen.
2. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Unfall bedingt den Einkommensverlust des Klägers, der sich aus einer Kürzung der Regelaltersrente seit dem 01.06.2010 in Höhe von 15,3 % ergibt, auch zukünftig auszugleichen.
3. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 837,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.05.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei nicht Anspruchsinhaber, sondern Ansprüche seien auf den Rentenversicherungsträger übergegangen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch für die sich aus der Kürzung der Regelaltersrente seit dem 01.06.2010 gegebene Rentenminderung zu, denn der Kläger ist nicht Inhaber des materiellen Anspruchs.
Grundsätzlich umfasst der Anspruch des Klägers gem. §§ 7, 18 StVG aus dem Unfallereignis auch den Ausgleich eines erlittenen Rentenschadens. Der Geschädigte muss im Hinblick auf seine sozialrechtliche Stellung so gestellt werden, wie er ohne Schädigung stehen würde. Zu den auszugleichenden Nachteilen gehören grundsätzlich auch die Einbußen in Folge einer Reduzierung der Regelrente.
Vorliegend ist der Anspruch jedoch nach § 119 SGB X auf den Rentenversicherungsträger übergegangen. Nach der vorgenannten Vorschrift geht der Anspruch des Versicherten auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung auf den Rentenversicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweisen kann oder danach pflichtversichert wird. Der Anspruch geht vollständig auf den Rentenversicherungsträger als Treuhänder über, dem Geschädigten verbleibt auch nicht eine Einzugsermächtigung. Infolge dessen kann er weder aus eigenem Recht noch in gewillkürter Prozessstandschaft des Sozialversicherungsträgers auf Ausgleich klagen.
Vielmehr ist der Rentenversicherungsträger zur Durchsetzung des Anspruchs allein aktivlegitimiert. Soweit der Rentenversicherungsträger seiner Pflicht zum Einzug der Beiträge nicht nachkommt und dies zu einer Verminderung der Rente führt, hat der Geschädigte keinen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger, sondern allenfalls gegen den Rentenversicherungsträger. Sinn dieser Regelung ist, dass die vom Schädiger zu zahlenden Beiträge dem Sozialversicherungsträger zweckgebunden zugeführt werden, ohne dass der Geschädigte diese Beträge unmittelbar erhält und anderweitig darüber verfügen könnte (vgl. zum Ganzen BSG vom 31.01.2002, B13RJ23/01). Danach ist durch die vorgenannte gesetzliche Regelung dem Versicherten die Aktivlegitimation für den Anspruch auf Erstattung des Beitragsschadens entzogen und auf den Rentenversicherungsträger übertragen (BGH vom 02.12.2003, VI ZR 243/02).
Danach hätten Ansprüche im Zusammenhang mit der Rentenminderung gegen den Rentenversicherungsträger vor dem Sozialgericht geltend gemacht werden müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Anordnung zur Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.