Landgericht Braunschweig
Urt. v. 20.05.2014, Az.: 7 O 372/12
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 20.05.2014
- Aktenzeichen
- 7 O 372/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42400
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Schadensersatz wegen einer behaupteten Amtspflichtverletzung. Streitgegenständlich sind verschiedene Presseerklärungen des XXX mit Sitz in XXX (im Folgenden „XXX“) und der mit ihr zusammenarbeitenden Behörden.
Die Klägerin ist Herstellerin von Sprossen und Keimlingen. Sie behauptet, in Deutschland marktführend zu sein. Ihre Produkte werden unter anderem an bekannte Handelsgruppen verkauft und unter deren Handelsmarken weiter vertrieben. Die Klägerin führt unter anderem Produkte mit Adzukibohnenkeimlingen, Alfalfa, Linsen sowie Rettich. Das XXX ist selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des XXX und unter anderem die deutsche Kontaktstelle für die XXX der Europäischen Kommission. Zudem unterstützt das XXX das XXX beim Krisenmanagement.
Im Zusammenhang mit der in Deutschland und Frankreich aufgetretenen EHEC-Infektionen veröffentliche das XXX zusammen mit dem XXX (im Folgenden „XXX“) und dem XXX (im Folgenden „XXX“) als sogenannte “Task Force EHEC“ mehrere gemeinsame Presseerklärungen.
Der EHEC-Ausbruch im Mai 2011 war der größte bakterielle Ausbruch in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg mit schwersten, teilweise irreversiblen klinischen Verlaufsformen. In der Zeit von Mai bis Juli 2011 erkrankten in Deutschland 3.842 Menschen an EHEC-Erregern, wobei in 855 Fällen die schwere Form (HUS) diagnostiziert wurde, es verstarben allein in Deutschland 53 Menschen. Im selben Zeitraum kam es auch in Frankreich zu Ausbrüchen dieser Krankheit. Bereits geringste Keimmengen mancher Varianten des EHEC-Erregers reichen aus, um Infektion auszulösen, so dass diesbezüglich eine Übertragung sehr leicht möglich ist und diese Formen der EHEC-Erreger äußert aggressiv sind.
In der zweiten Mai-Woche traten vermehrte EHEC-Erkrankungen auf. Am 25.05.2011 ergab eine erste Fallstudie einen Verdacht bzgl. Tomaten, Gurken, Blattsalate als Ursache des Ausbruchgeschehens. Das XXX erließ eine Verzehrwarnung bezüglich dieser Produkte. Eine zweite Studie des XXX am 29.05.2011 ergab weiterhin einen Verdacht bezüglich Tomaten, Gurken und Blattsalate. Von Anfang Mai 2011 bis zum 02.06.2011 (15 Uhr) wurden dem XXX Mitteilungen über 520 HUS-Fälle, darunter 11 Todesfälle, sowie 1.213 Fälle einer EHEC-Infektion, darunter 6 Todesfälle, aus dem gesamten Bundesgebiet gemacht. Am 03.06.2011 richtete das XXX (XXX) bei dem XXX zur Untersuchung des Ausbruchsgeschehens eine sogenannte „Task Force EHEC“, aus Experten des XXX, des XXX und XXX sowie aus Vertretern der Bundesländer ein. Die Task Force wurde zudem durch Mitarbeiter der XXX (XXX) und Mitarbeiter der EU-Kommission unterstützt. Durch die Ansiedlung der Task Force beim Lagezentrum des XXX wurde der direkte Kontakt zum XXX (XXX) und den damit verbundenen Organisationswegen sichergestellt. Von den im Rahmen des Ausbruchs insgesamt offiziell festgestellten 3.842 erkrankten Menschen waren zum Zeitpunkt des 03.06.2011 bereits etwa 3.500 Menschen mit EHEC O104:H 4 angesteckt.
Nach den Ausführungen der Beklagten lasse sich die Aufklärung des Ausbruchgeschehens grob in verschiedene Phasen einteilen, die jedoch nicht trennscharf voneinander abgegrenzt werden können, sondern sich teilweise überlappen.
Die Phase I beginnt mit der Suche nach dem mit EHEC-Erregern assoziierten Lebensmittel ausgehend von 5 Ausbruchsorten sogenannten Clustern. Nach Erstellen einer Liste aller relevanten 90 „kleinen Salatbestandteile“ wurden die Lieferkette und Warenströme für sämtliche Zutaten zurückverfolgt. Dies führte zu dem Ergebnis, dass an den Ausbruchsorten jeweils Sprossen aus einem Betrieb in XXX verwendet wurden. Umgekehrt wurden sodann die Vertriebswege dieses Betriebes in XXX nachvollzogen, um festzustellen, ob diese zu weiteren Ausbruchsorten führen. Dies führte dann am 09.06.2011 zu der Erkenntnis, dass 26 Ausbruchsorte mit Sprossen aus dem Betrieb in XXX beliefert worden waren. Es war aber noch unklar, welche Sprossen und ggf. wie Sprossen mit EHEC-Erreger kontaminiert wurden. Die Phase II beschäftigte sich dann mit der Suche nach der Quelle des EHEC-Erregers. In Betracht kamen Kontaminationen durch Umwelt (Trink-, Brauch- und Abwasser), das Personal oder der Samen bei dem Sprossenhersteller, dem Produzenten oder einem Zwischenhändler zwischen Hersteller und Produzent (Reinigungs-, Misch- und Abfüllprozesse). In diesem Zusammenhang ist schon die ausreichende Berücksichtigung verschiedener Eintragswege zwischen den Parteien streitig. Bezüglich der verschiedenen Ermittlungsphasen wird zudem auf den Ergebnisbericht der Task Force Anlage B 1 verwiesen.
Am 10.06.2011 wurde die erste gemeinsame Presseerklärung des XXX, des XXX und des XXX veröffentlicht. In dieser Presseerklärung wurde pauschal vor dem Verzehr roher Sprossen gewarnt. In Bezug auf Tomaten, Gurken und Blattsalate wurde Entwarnung gegeben. Wegen des genauen Inhaltes der Presseerklärung wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.
Am 17.06.2011 ordnete das Bezirksamt XXX auf Veranlassung des XXX an, dass die Klägerin ihre Ware prüfen müsse (Anlage K 6). Am 19.06.2011 äußerte die Klägerin per elektronischer Mail gegenüber dem Bezirksamt ihr Unverständnis darüber XXX Am 23.06.2011 teilte das XXX mit, es sei zweifelsfrei belegt, dass Sprossen eines Gartenbaubetriebs in XXX Quelle des EHEC Ausbruchs in Deutschland seien. Dort seien zwei verschiedene Sprossenmischungen im Verdacht. Für beide Mischungen würden nur Bockshornkleesprossen verwendet. Alle im Gartenbaubetrieb verwendeten Bockshornkleesamenchargen seien aus Ägypten. Wegen des genauen Inhaltes der Mitteilung wird auf die Anlage K 38 verwiesen.
Am 30.06.2011 wurde eine weitere gemeinsame Presseerklärung des XXX, des XXX und des XXX veröffentlicht. In dieser wurde unter anderem erläutert, dass mit großer Wahrscheinlichkeit Bockshornkleesamen aus Ägypten die Ursache für das Ausbruchsgeschehen sei. Obwohl die vorliegenden Erkenntnisse eine Eingrenzung der Ermittlungen zuließen, könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere Samenarten durch unhygienische Produktionsbedingungen im Herkunftsland mit dem Ausbruchsstamm kontaminiert wurden. Eine Kreuzkontamination weiterer Samenarten werde geprüft. Den Verbrauchern wurde weiterhin empfohlen, auf den Verzehr von rohen Sprossen zu verzichten. Wegen des genauen Inhaltes wird auf die Anlage K 10 verwiesen.
Am 05.07.2011 wurde eine weitere gemeinsame Presserklärung des XXX, des XXX und des XXX veröffentlicht. Darin wurde unter anderem mitgeteilt, das EHEC-Ausbruchsgeschehen in Deutschland sei aufgeklärt. Auslöser seien Sprossen von aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen. Bislang habe man zwar keine konkreten Hinweise auf Kreuzkontaminationen, dennoch sei eine solche möglich. Da derzeit möglicherweise noch mit EHEC kontaminierte Sprossensamen im Umlauf seien, bleibe die Empfehlung der deutschen Behörden vom 10.06.2011, Sprossen nicht roh zu verzehren, bestehen. Wegen des genauen Inhaltes der Presseerklärung wird auf die Anlage K 11 verwiesen.
Gleichzeitig wurde ein Importverbot für Samen aus Ägypten seitens der EU-Kommission verhängt (Anlage K 40). Durch das XXX wurden ebenfalls Wirkstoffe und Arzneimittel mit Bockshornkleesamen, der im Zeitraum von 2009 bis 2011 aus Ägypten eingeführt wurde, vom Markt genommen (Anlage K 41/42). Am 06.07.2011 ordnete die EU-Kommission den Rückruf und die unschädliche Beseitigung der im Zeitraum 2009 bis 2011 aus Ägypten importierten und im Rahmen der Rückverfolgung auf EU-Ebene ermittelten Chargen Bockshornkleesamen an. In Ergänzung verhängte die Kommission ein Importverbot für Bockshornkleesamen und weitere Samen aus Ägypten bis zum 31.10.2011.
Am 06.07.2011, 07.07.2011 und 09.07.20011 forderten der Geschäftsführer der Klägerin sowie seine Rechtsanwälte das XXX und die Institute zur Rücknahme der allgemeinen Warnung bzw. einer Konkretisierung derselben auf. Insoweit wird auf die Anlagen K 12-K 15 Bezug genommen. Am 07.07.2011 hob die Beklagte die gegenüber der Klägerin am 17.06.2011 erlassene Prüf- und Kontrollanordnung nach § 39 LFGB wieder auf. Am 11.07.2011 wurde eine Abänderung oder Konkretisierung der Verzehrempfehlung vom XXX und den Institutionen zurückgewiesen. Am 14.07.2011 stellte die Klägerin diesbezüglich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Verwaltungsgericht in XXX.
Am 21.07.2011 wurde eine weitere Presserklärung veröffentlicht. Darin wurde durch das XXX, das XXX und das XXX die Verzehrwarnung hinsichtlich Sprossen und Keimlingen im allgemeinen aufgehoben. Sprossen und Keimlinge aus Bockshornkleesamen, der aus Ägypten importiert wurde sollten aber weiterhin nicht roh verzehrt werden. Wegen des genauen Inhaltes der Presseerklärung wird auf die Anlage K 17 Bezug genommen.
Am 07.10.2011 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin das XXX zur Zahlung von Schadensersatz bis zum 31.10.2011 auf. Inhaltlich wird auf die Anlage K 18 Bezug genommen. Am 25.11.2011 wiesen die Prozessbevollmächtigten des XXX den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zurück.
Die Klägerin behauptet, sie habe keinen Bockshornklee und keine Produkte aus Ägypten im Anbau und dies der Beklagten und den anderen Behörden auch frühzeitig mitgeteilt. Sie beziehe das Saatgut für die gesamte Produktion von verschiedenen, regelmäßig einer Bewertung unterliegenden Lieferanten. Das Saatgut unterliege dabei fortlaufend nachweislich einer umfassenden mikrobiologischen Kontrolle sowohl vorgelagert bei den Lieferanten der Klägerin als auch fortlaufend im gesamten Produktionsprozess. Umfang und Art der Kontrollen seien mit einem akkreditierten externen Labor festgelegt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte und die gemeinsam handelnden Bundesoberbehörden für die Verzehrempfehlungen und Warnungen innerhalb der drei streitgegenständlichen Presseerklärungen nicht zuständig gewesen seien und dass es diesbezüglich schon an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage gefehlt habe. Zudem habe die Beklagte und die von ihr koordinierten Behörden im Zusammenhang mit den 3 streitgegenständlichen Presseerklärungen das Anhörungserfordernis zu Gunsten der Klägerin missachtet. Die Klägerin ist zudem der Ansicht, dass die pauschale Warnung und die allgemeine Verzehrempfehlung, auf den Verzehr roher Sprossen zu verzichten, innerhalb der Presseerklärungen der Beklagten unzutreffend und materiell rechtswidrig sei.
Dies begründet sie unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte und die von ihr koordinierten Behörden hätten den Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Ausbruchsgeschehen nicht vollumfänglich und zutreffend aufgeklärt. Da von falschen Vorgaben ausgegangen worden sei und nicht nach Ingredienzien der Sprossenarten unterschieden worden sei und nicht davon ausgegangen worden sei, dass nur aus menschlicher oder tierischer Ausscheidung iVm unhygienischen Standards ein EHEC-Befall bei Sprossen eintrete, sei es zu einer falschen Sachverhaltseinschätzung, dass vor allen Sprossen zu warnen war, gekommen. Auch beim Betrieb in XXX sei eine Personaltoilette im Brunnenhaus im Zusammenhang mit erkrankten Mitarbeitern vermutlich der Grund für das Ausbruchsgeschehen gewesen. Es sei naheliegend gewesen, dass der EHEC-Ausbruch nur wegen Hygieneproblemen in dem Betrieb in XXX erfolgt sei. Diese Hygieneprobleme bestünden bei der Klägerin nicht. Infolgedessen hätte die Warnung konkretisiert werden müssen. Eine Differenzierung in der Warnung habe insbesondere deswegen gefehlt, weil das Handeln der Beklagten und den von ihr koordinierten Behörden nicht dem anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik entsprochen habe.
Dabei seien unter Missachtung der Erkenntnisse des Zeugen XXX zu Hygienefrage falsche Ermittlungsansätze gewählt worden. Die Beklagte und die von ihr koordinierten Behörden hätten zudem die getroffenen Ermittlungsergebnisse falsch bewertet. So habe man beispielsweise unter Missachtung der Besonderheiten des Hersteller- und Produktionsprozesses hinsichtlich der verschiedenen Sprossenarten die Risikobewertung falsch getroffen. Die weiterhin angenommene Theorie der Möglichkeit einer Kreuzkontamination sei abstrus. Verschiedene Saatarten würden nicht miteinander vermischt. Bei der Klägerin scheide eine Kreuzkontamination zudem ohnehin aus, da diese keine Bockshornkleesamen und auch keine Produkte aus Ägypten verwende.
Ausweislich eines Vermerks über lebensmittelrechtliche Maßnahmen für Sprossen und Samen/Ergebnis TK/Bund/Länder vom 30.6.2011/1.7.0211 seien die Beklagte und die von ihr koordinierten Behörden intern bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass Maßnahmen gegen die Inverkehrbringer anderer Samen, die zum Rohverkehr bestimmt sind, aufgehoben werden könnten. Wegen des konkreten Inhaltes wird auf Bl. 171 f. der beigezogenen Akte des Verwaltungsgerichts XXX verwiesen. Dies hätte auch eine Konkretisierung der Presseerklärungen zur Folge haben müssen.
Bereits am 05.04.2011 - also mehr als 2 Monate vor der Warnung und über einen Monat vor Bekanntwerden der EHEC-Verbreitung - habe die Klägerin 12 der 15 von ihr vertriebenen Produkte auf entscheidenden Erreger/Bakterien getestet. Sämtliche Befunde der Klägerin vom 08.04.2011 seien negativ ausgefallen. (Anlagenkonvolut 1) Am 24.5.2011 und 31.05.2011 habe die Klägerin aus ihrem gesamten Produktsortiment Proben zur Untersuchung genommen. Der wöchentliche Produktionscheck sei auf EHEC erweitert worden und amtliche Untersuchungen seien durchgeführt worden. Auch im Rahmen dieser Untersuchungen sei bei der Klägerin kein EHEC nachgewiesen worden (Anlagenkonvolut 2). Am 30.05.2011 und 02.06.2011 habe die Klägerin die EHEC-negativ Ergebnisse der Untersuchungen betreffend die Klägerin an das zuständige Verbraucherschutzamt XXX weitergeleitet (Anlage K 3). Auch danach sei eine regelmäßige Überprüfung ihrer Produkte durch ein außenstehendes Prüfinstitut und jeweils die Übermittlung der Ergebnisse an die Behörde für Verbraucherschutz XXX erfolgt (Anlagenkonvolut K 4). Klägerin sei - anders als ggf. andere Sprossenherstellerbetriebe - bereits pro-aktiv zeitlich deutlich vor dem ersten Auftreten von EHEC-Erkrankungen tätig geworden und habe deswegen sozusagen in „Sonderrechtsverhältnis“ zu den handelnden Behörden gestanden. Da der Beklagten spätestens seit dem 2.6.2011 aufgrund der umfangreichen Probenergebnisse bei der Klägerin und dem Prüfbericht klar gewesen sei, dass die Klägerin ein EHEC-freier Betrieb sei, habe die Klägerin individuell ausdrücklich aus den Verzehrwarnungen herausgenommen werden müssen. Da schon Ende Juni 2011 nach den Ermittlungsergebnissen der Beklagten und den von ihr koordinierten Behörden Bockshornkleesamen eindeutig als Ursache identifiziert worden sei, hätte die Verzehrempfehlung entsprechend auf Bockshornkleesamen konkretisieren müssen. Das sei sowohl möglich als auch zumutbar gewesen.
Im Rahmen von Gesprächen und elektronischem Mailverkehr zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und Frau XXX vom XXX am 27.6.2011 habe diese wörtlich geäußert „Ohne Bockshornklee sind Sie außen vor“.
Ergänzend wird hinsichtlich der einzelnen Vorwürfe, die die Klägerin der Beklagten und der von ihr koordinierten Behörden hinsichtlich des Umganges mit dem EHEC-Ausbruchsgeschehens und in Bezug auf die drei streitgegenständlichen Presseerklärungen macht, auf die Schriftsätze der Klägerin - insbesondere die Auflistung im Schriftsatz vom 12.9.2013 S. 54 ff./ Bl. 278 ff. d.A. - Bezug genommen. Zudem wird auf die Aufstellung der verschiedenen Vorwürfe in den Entscheidungsgründen explizit Bezug genommen.
Durch die rechtswidrigen Verzehrempfehlungen, die sich da facto als Warnungen ausgewirkt hätten, sei der Klägerin ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden. Aufgrund der von der Beklagten und den von ihr koordinierten Behörden über einen langen Zeitraum veranlassten Verzehrwarnungen hätten Verbraucher entweder ihr vorheriges Verzehrverhalten gänzlich geändert und vom Verzehr roher Sprossen insgesamt abgesehen oder seien auch bis zum heutigen Tage noch nicht zu ihrem ursprünglichen durchschnittlichen Verzehrverhalten bzgl. Sprossen zurückgekehrt.
In den ersten Monaten 2011 (vor dem EHEC-Ausbruch) habe die Klägerin Umsatz in stabilen Größenordnung zwischen 45.000 € bis 50.000 € pro Kalenderwoche erzielt. In der 19. KW seien Umsätze von 45.820,24 € und in der 20. KW von 45.826,53 € erzielt worden. Bereits in der 23. KW hätten die Umsätze nur noch bei 2.498,73 € gelegen. Ab der 26. KW hätte es gar keine Umsätze mehr bzw. im unteren dreistelligen Bereich gegeben. Erst nach der Konkretisierung der Verzehrempfehlung am 21.07.2011 in der 29 KW habe der Umsatz wieder im dreistelligen Bereich gelegen. Zwischen der 31. und der 34. KW sei der Umsatz der K auf 12.336.34 € (knapp 25 %) gestiegen. Aufgrund der pauschalen Verzehrwarnungen sei zum Stand Dezember 2011 ein negatives Betriebsergebnis in Höhe von 622.821,00 € entstanden. Dies entspreche einer negativen Abweichung zum Vorjahr um 756.804,00 €. In Fortschreibung des Zahlenmaterials für das Jahr 2012 bis Ende März 2012 ergebe sich sodann ein negatives Betriebsergebnis in Höhe von 981.519,00 € für die Klägerin. Dieses sei durch die warnungsbedingten Einbrüche im Frischwarengeschäft entstanden. Ergänzend wird hinsichtlich des geltend gemachten Schadens auf die Ausführungen der Klägerin Bl. 46 ff. und Bl. 173 ff. der Akte sowie insbesondere die Anlagen K44, K45, K46 und K72 Bezug genommen.
Im Februar 2012 habe der Umsatz der K gerade einmal 40 % des vor der Veröffentlichung der Verzehrwarnungen bestehenden Umsatzes erreicht. Das Frischwaregeschäft der Klägerin sei innerhalb kürzester Zeit gänzlich zum Erliegen gekommen. Insbesondere die Großabnehmer der Klägerin hätten bereits eingereichte Bestellungen storniert. Die Klägerin habe bereits für eine Vielzahl bestimmter Abnehmer vorproduzierte Verpackungen (Kartonagen, Etiketten) vernichten müssen. Für die Mitarbeiter der Klägerin habe Kurzarbeit angemeldet und teilweise betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden sowie erhebliche Kapitalbereitstellung durch Darlehen vorgenommen werden müssen. Daraus habe sich eine akute Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin ergeben. Das Image des Lebensmittels „Sprossen“ sei durch die pauschale Verzehrwarnung nachhaltig beschädigt und durch die am 21.07.2011 verlautbare konkretisierende Erklärung nicht annähernd wieder hergestellt.
Vor der Sprossenwarnung seien die Sprossen der Klägerin weit überwiegend unter Hausmarken der Einzelketten vertrieben worden. Dies entspreche für Händler praktisch einer Pflichtplatzierung. Nunmehr würde der Klägerin von den Abnehmern vertraglich strikt vorgegeben, ihre Produkte unter Verwendung des eigenen - den Kunden noch weitestgehend unbekannten - Namen der Klägerin anzubieten. Weiterhin werde die Klägerin von ihren Abnehmern gezwungen, umfangreiche Warn- und Zubereitungshinweise auf den Endverbraucherverpackungen anzubieten.
Hinsichtlich der Kausalität führt die Klägerin aus. Sie beliefere als Produzentin vornehmlich Großhandelsketten und weitervertreibende Händler mit ihren Produkten/Erzeugnissen. Endverbraucher beliefere sie hingegen so gut wie gar nicht. Die abnehmenden Handelsketten und Händler könnten - anders als bspw. der Endverbraucher an der Salatbar oder beim Bäcker - sehr wohl nach einzelnen Sprossen-Sorten unterscheiden und entscheiden, ob sie solche abnehmen. Gegenüber dem Endverbraucher hätte dann - wie in Fällen sog. Lebensmittel-Skandale üblich - die Produkte besonders z. B. als „EHEC-frei/-unbedenklich“ gekennzeichnet werden können.
Die Klägerin behauptet, ihre Großabnehmer hätten aufgrund der Verlautbarung der Verzehrwarnung durch die Beklagte den Bezug der rohen Sprossenprodukte der Klägerin eingestellt. Dies sei direkt nach der am 10.6.2011 erfolgten behördlichen Verzehrwarnung mit sofortiger Wirkung erfolgt. Diese Auslistungsentscheidung sei in allen Fällen mindestens bis zu einer Woche nach Aufhebung der Warnung bzw. bis über 20 Wochen nach der Aufhebung beibehalten worden (Bl. 286 und 326 f. d.A.). Hinsichtlich der angebotenen Zeugen nimmt die Klägerin zudem auf die Erklärungen ausweislich Anlage K74 ff. Bezug.
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 981.519,00 € zzgl. Zinsen auf diesen Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleitungsgesetz, hiervon auf einen Betrag in Höhe von 763.756,35 € seit dem 01.11.2011 sowie auf einen weiteren Betrag in Höhe von 217.762,65 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
der Klägerin über die bereits im Klageantrag zu Ziffer 1. bezifferten Schäden hinausgehend, abzüglich etwaiger von der Klägerin ersparter Eigenaufwendungen, auch den materiellen betriebswirtschaftlichen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin auch über den Monat März 2012 hinausgehend in Form eines Umsatz- und Gewinnrückgangs im Bereich der von ihr hergestellten und vertriebenen Frischwareproduktgruppe „Sprossen“ dadurch entstanden ist bzw. nachlaufend noch entsteht,
dass die Beklagte
- jeweils in gemeinsamen Erklärungen mit dem XXX (XXX) sowie dem XXX (XXX) -
vom 10.06.2011, 30.06.2011 sowie zuletzt vom 05.07.2011
trotz der ihr nachweislich spätestens zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ihrer Erklärungen/Verzehrwarnungen vom 30.06.2011 sowie vom 05.07.2011 (Nr. 21/2011, Titel: EHEC O 104:H4 - Ausbruchsgeschehen in Deutschland aufgeklärt: Auslöser waren Sprossen von aus Ägypten importierten Bockshornkleesamen“) vorliegenden tatsächlichen und nach eigenen Angaben bestehenden „konkreten“ und „zweifelsfreien“ Erkenntnisse, dass bestimmte Chargen von aus Ägypten stammenden Bockshornkleesamen die konkrete Ursache für die in Deutschland aufgetretenen EHEC-Erkrankungen (Infektionen mit dem Erreger EHEC O 104:H4 in Deutschland) waren
sowie trotz nachgewiesener Erregerfreiheit anderer Gemüsesorten, trotz nachgewiesener durchgängig negativer Infektionsbefunde von Betrieb und Produktionsprozess der Klägerin und entgegen mehrfacher fristgebundener Aufforderung durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, eine auf die nach den eigenen Angaben der Beklagten ermittelte Erregerquelle konkretisierte Verzehrempfehlung/-warnung herauszugeben, fortgesetzt und wiederholt gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie gegenüber den Abnehmern der Produkte der Klägerin allgemein vor dem Verzehr roher Sprossen und Keimlinge warnte und diese Verzehrwarnungen erstmalig in einer weiteren gemeinsamen Erklärung mit dem XXX und dem XXX vom 21.07.2011 (Nr. 23/2011, Titel: “EHEC: BfR, BVL und RIKI konkretisieren Verzehrempfehlung zu rohen Sprossen und Keimlingen“) auf „aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen sowie deren Sprossen und Keimlinge“ konkretisierte.
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere vorgerichtliche Kosten in Höhe von 3.301,20 € zuzüglich Zinsen auf diesen Betrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, das XXX habe - zusammen mit Mitarbeiten des XXX (XXX) - die Arbeit der Task Force koordiniert.
Die Beklagte behauptet, die handelnden Behörden - das XXX, das XXX und das XXX - hätten seinerzeit über die erforderliche Kapazität, das kumulierte fachliche Wissen im Bereich Lebensmittelhygiene, Infektionskrankheiten, Risikobewertung und Risikomanagement verfügt, um das EHEC-Ausbruchsgeschehen sach- und zeitgerecht aufzuarbeiten und die richtigen Maßnahmen zur Eindämmung der von einem übertragbaren Krankheitserreger ausgehenden Gefahren zu veranlassen.
Am 22.06.2011 sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass die meisten Ausbruchsorte mit einer von zwei verschiedenen Sprossenmischungen beliefert wurden. In beiden Mischungen seien „nur“ Linsensamen und Bockshornkleesamen Da die Klägerin in ihrem Sortiment zumindest unstreitig Linsen hatte, sei auch sie weiter verdächtigt gewesen.
Zudem habe vor dem Hintergrund der nachstehenden Erwägungen die Gefahr einer Kreuzkontamination auch anderer Sprossensamen als Bockshornkleesamen über den Kontakt mit infizierten Bockshornkleesamen bestanden. Der Verdacht habe sich bezüglich drei bestimmter Chargen aus Ägypten verdichtet. Es habe dabei aber nicht mit der notwendigen Gewissheit ausgeschlossen werden können, dass - gegebenenfalls wegen unhygienischer Produktionsbedingungen - und beim Transport über Zwischenhändler - andere Samenarten kontaminiert waren. Zumal Lieferwege noch nicht vollständig aufgedeckt werden konnten und es Hinweise gegeben habe, dass Teilmengen gleicher Chargen auch an andere Betriebe geliefert worden seien. Die Beklagte behauptet zudem, dass Chargenbezeichnungen mehrfach geändert worden seien. Diese Problematik habe bis mindestens zum 05.07.2011 bestanden, so dass die Beklagte und andere Institutionen nach Abwägung aller betroffenen Interessen übereinkamen, die Verzehrempfehlung aufrecht zu erhalten, Sprossen nicht roh zu verzehren. Zudem habe wegen der Vorkommnis in Frankreich am 25.06.2011 die konkrete Gefahr bestanden, dass nicht nur der niedersächsische Betrieb Ausgangsquelle gewesen sei, sondern ein neues Ausbruchsgeschehen ausgehend von anderen Erzeugern konkret zu befürchten gewesen sei. Die Analyse der Warenströme hat unstreitig ergeben, dass drei Chargen Bockshornkleesamen in drei ägyptischen Firmen angebaut wurden entgegen der maßgeblichen Vorgaben und die drei Chargen in derselben Packstelle zwischengelagert, mit Sieben gereinigt und in Papiersäcke abgefüllt wurden. Auch deswegen habe nicht ausgeschlossen werden können, dass auch andere Samenarten als Bockshornkleesamen in dieser Packstelle gereinigt und verpackt wurden. Erst nachdem die Rückverfolgung (fast) vollständig abgeschlossen war, die fraglichen Chargen vom Markt genommen worden seien und Untersuchungen der Abfüllmethoden zu dem Ergebnis geführt hätten, dass Kreuzkontaminationen mit hinreichender Sicherheit nicht mehr zu befürchten waren, habe die Verzehrempfehlung am 21.7.2011 auf Bockshornklee eingeschränkt werden können.
Auch die EU-Kommission erließ am 06.07.2011 unstreitig einen Beschluss über Sofortmaßnahmen und schloss ebenfalls die Kontamination anderer Samen oder Kreuzkontaminationen nicht aus. Inhaltlich wird auf die Anlage B4 verwiesen. Diese Einschätzung wurde auch von der XXX (XXX) geteilt. Insoweit wird auf die Anlage B 5 verwiesen.
Die Beklagte bestreitet zudem mit Nichtwissen, dass die von der Klägerin vorgetragenen Untersuchungsmethoden geeignet waren, eine EHEC-Belastung mit Sicherheit festzustellen bzw. auszuschließen. Die Beklagte habe keine Kenntnis von etwaigen am 30.05.2011 und/oder 02.06.2011 dem Bezirksamt XXX übersandten Berichten der Klägerin betreffend eine angebliche EHEC-Freiheit der Klägerin und müsse sich solche auch nicht zurechnen lassen. Zudem hätten die Erfahrungen mit dem - gleichfalls zuvor negativ getesteten - niedersächsischen Betrieb gezeigt, dass ein negatives Testergebnis gerade keinen Rückschluss auf eine EHEC-Freiheit zulasse.
Die Beklagte habe die Verbraucher unter Beachtung des Verhältnismäßigkeits-Gebots und unter Abwägung der widerstreitenden Interessen (Gesundheit/Wohlergehen versus wirtschaftliche Interessen) richtig informiert und dabei den jeweils bestehenden Erkenntnisstand und das jeweilige Risiko neu bewertet. Eine nachhaltige Eindämmung des Ausbruchsgeschehens sei - zumindest aus ex ante Sicht - nur bei einem (vollständigen) Verzicht der Verbraucher auf rohe Sprossen zuverlässig erreichbar gewesen Die Verzehrempfehlungen seien auch sachgerecht gewesen, da wegen der Widersprüche in der Berichterstattung der Medien bereits eine erhebliche Verunsicherung der Bevölkerung vorgelegen habe. Die Einschätzungen der Situation waren - zumindest aus der ex-ante Sicht - jeweils für sich richtig, angemessen, vertretbar und verhältnismäßig. Zumal die Pressemitteilung am 05.07.2021 ausdrücklich nur auf Möglichkeit von Kreuzkontaminationen hinweise und ausdrücklich darauf, dass sich dies bisher noch nicht konkret bestätigt habe. Dies habe gerade eigene Entscheidung des Verbrauchers ermöglicht.
Zum Zeitpunkt der ersten Pressemitteilung am 10.06.2011 sei der Absatz der Klägerin bereits am 06.06.2011 zudem substantiell eingebrochen aufgrund Medien und anderer Stimmen, die sich kritisch zu dem Produkt Sprossen geäußert hatten. Die Beklagte ist der Auffassung, es bestünde keine Kausalität zwischen den in den Pressemitteilungen enthaltenen Verzehrwarnungen und den etwaigem Schäden der Klägerin. Angesichts der breiten Medienerstattung und öffentlichen Diskussion über Sprossen als solche und als Quelle des EHEC-Erregers bereits vor der ersten Pressemitteilung am 10.06.2011 wäre eine solche Kausalität zu verneinen. Insbesondere hat der Geschäftsführer der Klägerin unstreitig bereits am 06.06.2011 gegenüber der Zeitung berichtet, dass sein Absatz mit Frischware vollständig eingebrochen sei. Inhaltlich wird auf die Anlage B 6 verwiesen. Zudem wurde bereits am 05.06.2011 unstreitig in einer Pressemitteilung des XXX den Verbrauchern ausdrücklich empfohlen, „derzeit auf den Verzehr von rohen Sprossen zu verzichten“. Insoweit wird auf die Anlage B 7 verwiesen. Dies wurde am 06.06.2011 in der Öffentlichkeit wahrgenommen und in etlichen Presseartikeln wiedergegeben (Anlagen B 8-B 22). Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass - angesichts der erheblichen Gesundheitsgefahren - Verbraucher, Händler, Supermärkte oder andere Abnehmer Sprossen - egal welcher Art und in welchem Umfang - wieder bezogen hätten, wenn die Verzehrempfehlungen zu einem früheren Zeitpunkt auf Bockshornkleesamen eingeschränkt worden wäre.
Hinsichtlich des etwaigen Schadens sei dem Vortag der Klägerin ferner nicht zu entnehmen, wie sich der Umsatz der Klägerin differenziert nach Frischware und Konservenware entwickelt habe.
Nach Auffassung der Beklagten habe sich ein mit dem Produkt „Sprossen“ verbundenes unternehmerisches Risiko verwirklicht.
Die Akte des Verwaltungsgericht XX zum Aktenzeichen 6 A 134/11 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Ergänzend wird zudem inhaltlich auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
A. Insbesondere das im Rahmen der Zulässigkeit erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO hinsichtlich des Klageantrages zu 2) liegt vor. Denn der Klägerin ist eine endgültige Bezifferung des behaupteten Schadens noch nicht möglich.
B. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aber keinen Anspruch auf Zahlung des begehrten Schadensersatzes. Die Beklagte ist auch nicht, wie im Rahmen des Feststellungsantrages begehrt, verpflichtet, der Klägerin den über den bezifferten Schaden hinausgehenden Schaden zu ersetzen.
I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, §§ 249 ff. BGB zu.
Die Beklagte ist eine juristische Person des Öffentlichen Rechts und wird von dem XXX gemäß § 1 BVL-Gesetz vertreten. In Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes hat das XXX unter anderem die drei streitgegenständlichen Presseerklärungen mitveröffentlicht. In diesem Zusammenhang kommt eine Amtshaftung daher grundsätzlich in Betracht.
Vorliegend fehlt es allerdings schon an der konkreten Darlegung und dem Beweis eines kausal und zurechenbar auf einer Amtspflichtverletzung beruhenden Schadens der Klägerin.
1. Die Veröffentlichung der ersten gemeinsamen Presseerklärung des XXX in Zusammenarbeit mit dem XXX und dem XXX vom 10.6.2011 stellt schon keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, denn das XXX war berechtigt, diese Presseerklärung zu veröffentlichen. Die Presseerklärung beruhte auf einem zum 10.6.2011 im Rahmen des dem XXX zustehenden Beurteilungsspielraumes zutreffend und so weit wie bis dahin möglich ermittelten Sachverhaltes, den das XXX zudem zutreffend bewertete. Das XXX handelte dabei angemessen und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit; kurz ermessensfehlerfrei.
a) Das XXX war gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 BVL-G, § 2 Abs. 1 Nr 12 BVL-G § 2 Abs. 1 Nr. 12 BfR-G, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGA-Nachfolgegestz, § 4 Abs. 4 BGA-Nachfolgegesetz und §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 IfSG iVm § 9 S. 2 IfSG-Info VwV gemeinsam mit dem XXX und dem XXX zur Herausgabe der Pressemitteilung vom 10.6.2011 zuständig. Auch wenn es keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Bildung der „Task Force EHEC“, die die streitgegenständliche Pressemitteilung erarbeitet hat, gegeben hat, so ergibt sich aus dem Konglomerat der vorgenannten Vorschriften eine Zuständigkeit und auch Ermächtigung des XXX im Rahmen des Gesetzesvorbehaltes zur Veröffentlichung von Presseerklärungen.
Da das XXX die streitgegenständlichen Presseerklärungen mitveröffentlicht hat, sind diese ihm als Verantwortlichen auch zuzurechnen. Aufgrund des Zusammenschlusses der verschiedenen Fachstellen durfte das XXX als Koordinator dieser Zusammenarbeit neben dem Krisenmanagement als seinem Fachgebiet auch im Hinblick auf die entsprechenden Fachbereiche der anderen „Task-Force EHEC“ Mitglieder stellvertretend auch für diese entsprechend den jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen im Bereich der Informationsarbeit tätig werden. Die Amtspflicht zu zuständigkeitsgemäßem Handeln im Rahmen der staatlichen Zuständigkeitsordnung schützt das Interesse des Betroffenen, in derselben Angelegenheit von nur einer und zwar der sachverständigsten staatlichen Stelle mit für ihn nachteiligen Äußerungen konfrontiert zu werden (vgl. Tremml/Luber in NJW 2005 1745 ff. S. 7 c)). Die „Task Force EHEC“ war in der streitgegenständlichen Ausnahmesituation des größten bakteriellen Ausbruchsgeschehens seit dem 2. Weltkrieg ein Zusammenschluss der für diese Thematik zur Verfügung stehenden Fachexperten zur Aufklärung der Ursachen des Ausbruchsgeschehens und dem Krisenmanagement desselben. Die „Task Force“ wurde bei ihrer Arbeit zudem von Vertretern der Bundesländer und auch von Vertretern der EU beraten und unterstützt. Vor dem Hintergrund, dass damit das gesammelte Fachwissen zu bakteriellen Epidemien und Krisenmanagement in der „Task Force“ vereint war, handelte es sich in dem Moment um die sachverständigste staatliche Stelle zu dem Thema EHEC. Die grundsätzlich bestehende Trennung zwischen wissenschaftlicher Bewertung und ausführendem Krisenmanagement wurde im Rahmen der Informationssuche und -verarbeitung insofern aufrecht erhalten, als dass die jeweiligen Mitarbeiter der Fachbehörden für die „Task Force“ in ihrem jeweiligen Fachbereich tätig waren und das XXX am Ende nur die so zusammengetragenen und ausgewerteten Informationen im Rahmen seiner Kernkompetenz, dem Krisenmanagement und der entsprechenden Risikokommunikation, zum Informieren der Öffentlichkeit in Form einer gemeinsamen Presseerklärung mit dem XXX und dem XXX zusammen veröffentlicht hat.
Auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit als Teil der vollziehenden Gewalt gemäß Art. 30, 83 ff. GG grundsätzlich Sache der Länder ist und die Landesbehörden auch zum Beispiel gemäß § 40 LMBG bei Lebensmittelskandalen - wobei im Zeitpunkt des Tätigwerdens des XXX gar nicht feststand, ob es sich um einen Lebensmittelskandal handelt - zuständig sind, so war die Zuständigkeit des XXX vorliegend auch der besonderen Ausnahmesituation des Geschehens geschuldet. Die Sondersituation des EHEC-Ausbruchsgeschehens mit Krankheitsfällen zum einen in ganz Deutschland und zum anderen auch mit Auslandsbezug zur EU, der Schweiz, Norwegen, Kanada und den USA mit Krankheitsopfern, die sich in Deutschland infiziert hatten, machte das Tätigwerden einer übergeordneten Bundesbehörde erforderlich, so dass sich hier ausnahmsweise eine Bundeskompetenz auch kraft Natur der Sache ergibt. Andernfalls wären die Betroffenen dem Handeln vieler verschiedener Landesbehörden mit möglicherweise widersprüchlichen Vorgaben und Veröffentlichungen ausgesetzt gewesen, ohne dass eine Koordinierung durch eine übergreifende Stelle vorhanden gewesen wäre. Zwar sind vorliegend auch die Landesbehörden selber warnend tätig geworden, aber nach Einschätzung des Gerichts waren sie aufgrund der Dimension des Ausbruchsgeschehens und wegen des überregionalen Bezuges desselben nicht vollumfänglich in der Lage, die Aufgabe des Krisenmanagements und der Verbraucherinformation alleine sachgerecht wahrzunehmen. In dieser Sondersituation war die gemeinsame Arbeit sowohl der Landes- als auch der Bundesbehörden unter Bündelung der Informationsarbeit bei dem XXX, wie sie vorliegend erfolgt ist, angezeigt. Denn die Bildung der „Task Force“ hat dazu geführt, dass die Landesbehörden auch über die beratende Tätigkeit gegenüber der „Task Force“ einen Zugang zu einem gemeinsamen Informationsstand hatten und damit eine gewisse Koordinierung - ohne Weisungsbefugnis - sichergestellt war
Zudem ist die Bundesregierung nach der Glykolwarnung-Entscheidung des BVerfG (Beschluss v. 26.06.2002, Az. 1 BvR 558/91, zit. nach Juris) aufgrund ihrer Aufgabe zur Staatsleitung überall dort zur Informationsarbeit berechtigt, wo ihr eine gesamtstaatliche Verantwortung zukommt, die mit Hilfe von Informationen wahrgenommen werden kann. Dies war aufgrund der bundesweiten und auch auslandsübergreifenden Auswirkungen des Ausbruchsgeschehens der Fall. Inwieweit daneben auch die Landesbehörden für entsprechende Warnungen zuständig blieben, kann offen gelassen werden.
Auch die erhebliche Gefahr, die von dem EHEC-Erreger und dem großen Ausbruchsgeschehen im Jahr 2011 mit zahlreichen Todesopfern ausging, rechtfertigte ein aufklärendes Tätigwerden des XXX. Vor dem Hintergrund, dass sich die Aufklärung der Ursache des EHEC-Ausbruchsgeschehens schwierig und zeitaufwendig gestaltete, war es nicht angemessen, die Prüfung abzuwarten, welchem Kernbereich - Lebensmittel, Humanmedizin etc. - die Ursache im Wesentlichen zuzuordnen war, um dann zu entscheiden, wer warnend tätig werden durfte. Aufgrund der großen Aggressivität des Erregers und der schlimmen, zum Teil tödlichen Folgen einer Erkrankung, bestand eine hohe Eilbedürftigkeit, die Verbraucher bestmöglich vor weiteren Erkrankungen zu schützen. Auch aus diesem Grund war das XXX am 10.6.2011 zur Veröffentlichungen einer Presseerklärung im Form einer Verzehrwarnung berechtigt.
Im Ergebnis war das XXX als Koordinator der „Task Force“ und als die zu diesem Zeitpunkt für das Thema EHEC-Ausbruchsgeschehen sachverständigste staatliche Stelle für die streitgegenständlichen Presseerklärungen zuständig.
b) Die erste streitgegenständliche Presseerklärung des XXX vom 10.6.2011 war auch nicht wegen einer unstreitig fehlenden vorherigen Anhörung der Klägerin gemäß § 28 VwVfG rechtswidrig.
Zum einen handelte sich bei der Presseerklärung vom 10.6.2011 bereits nicht um einen Verwaltungsakt, so dass § 28 VwVfG nicht unmittelbar anwendbar ist. Zudem handelte es sich nicht um eine konkrete Warnung vor konkreten Produkten der Klägerin oder vor der Klägerin als solcher, denn die Presserklärung enthielt keine produkt- oder erzeugerbezogenen Aussagen. Es handelte sich vielmehr um eine abstrakte, allgemeine Empfehlung, rohe Sprossen nicht zu verzehren. Infolgedessen ist bereits zweifelhaft, ob in einem solchen Fall die Anhörung aller Sprossen herstellenden oder verarbeitenden Firmen in Deutschland erforderlich ist. Zumindest wäre eine Umsetzung der Anhörung aller Betriebe - zumal in der konkreten Eil- und Ausnahmesituation - und Berücksichtigung des etwaigen jeweiligen Vorbringens - rein praktisch unmöglich gewesen. Gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG kann - selbst vor dem Erlass eines Verwaltungsakts - von einer Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Dies gilt auch im Rahmen von Warnungen vor Lebensmittelgefahren. Gemäß § 12 S. 2 LMBG entfällt sogar bei einer expliziten Nennung des Namens des Herstellers das Anhörungserfordernis, wenn eine Anhörung den Zweck der Warnung gefährden würde. Vorliegend war ein sofortiges Tätigwerden wegen Gefahr im Verzug und im öffentlichen Informations- und Schutzinteresse notwendig. Hätte das XXX erst die in Frage kommenden Sprossenhersteller bundesweit angehört, wäre wieder wertvolle Zeit verstrichen, in der sich viele weitere Menschen mit dem EHEC-Erreger hätten infizieren können, bevor sie vor dem Verzehr von Sprossen als zu diesem Zeitpunkt wahrscheinliche Ursache des Ausbruchsgeschehens gewarnt worden wären. Aus dem Grad der Gefahr des Ausbruchsgeschehens, der besonders hohen Eilbedürftigkeit, der Unmöglichkeit alle Sprossenhersteller bundesweit oder gar europaweit zeitnah anzuhören, war die Veröffentlichung der nicht konkret auf die Klägerin bezogenen Presseerklärung vom 10.6.2011 auch ohne vorherige Anhörung der Klägerin rechtmäßig. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Behauptung der Klägerin, dass sie die größte Herstellerin von Sprossen sei. Denn eine Anhörung allein der Klägerin, die mitunter zeitnah hätte durchgeführt werden können, hätte dem Gleichheitsgrundsatz von Art. 3 GG widersprochen. Es wäre für das XXX nicht ohne weiteres klar gewesen, wo die Grenze der noch anzuhörenden größeren Betriebe zu ziehen ist und ob die Klägerin am 10.6.2011 tatsächlich der größte sprossenproduzierende Betrieb in Deutschland war. Eine entsprechende Nachforschung in diese Richtung und Abwägung, ob Art. 3 GG dann verletzt worden wäre, hätte wieder wertvolle Zeit gekostet, so dass sie wegen der großen Eilbedürftigkeit vorliegend nicht vorzunehmen war
Zudem würde ein etwaiger Verstoß des XXX gegen die Verpflichtung der Anhörung allein im Ergebnis ohnehin nicht zur Rechtswidrigkeit der Presseerklärung vom 10.6.2011 und dem Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs führen. Denn die Klägerin hat auch nach einem Hinweis durch das Gericht nicht konkret vorgetragen, was sie auf eine damals durchgeführte Anhörung genau erwidert hätte und was das am Verlauf des Geschehens geändert hätte. Die Klägerin hat nur die auch in diesem Rechtsstreit vorgebrachten Argumente, wie beispielsweise die behauptete EHEC-Freiheit der Klägerin und die Einhaltung besonderer Hygienevorgaben durch die Klägerin, die Unmöglichkeit etwaiger Kreuzkontaminationen etc. vorgebracht. Diese Einwände begründeten keine Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der ersten Presseerklärung vom 10.6.2011 (insoweit wird auf die weiter unten folgenden Ausführungen verwiesen).
Jedenfalls hätten diese Einwände nach Einschätzung des Gerichts im Zusammenhang mit dem unstreitigen Erkenntnisstand des XXX am 10.6.2011 nichts an der Veröffentlichung der Presseerklärung vom 10.6.2011 geändert. Denn das XXX durfte am 10.6.2011 auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens von der Erforderlichkeit einer Verzehrwarnung in der Form der Presseerklärung vom 10.6.2011 ausgehen. Mangels Darlegung anders lautender Informationen, die die Klägerin auf eine durchgeführte Anhörung vorgebracht hätte, und mangels Darlegung dazu, was genau diese Informationen an der Beurteilung der Risikolage am 10.6.2011 durch das XXX geändert hätten, wirkt sich die fehlende Anhörung vorliegend daher im Ergebnis nicht schadensersatzbegründend aus.
Die fehlende Anhörung stellt also keine anspruchsbegründende Amtspflichtverletzung dar.
c) Die gemeinsame Presseerklärung des XXX, des XXX und des XXX vom 10.6.2011 stellt auch aus anderen von der Klägerin behaupteten Gründen keine amtshaftungsbegründende Pflichtverletzung dar. Weder hat das XXX die der Presseerklärung zugrunde liegenden Informationen falsch ermittelt und den Sachverhalt falsch oder unzureichend aufgeklärt, noch hat es den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei dieser Presseerklärung missachtet oder den ihm zustehenden Ermessensspielraum überschritten.
Selbst wenn man sämtliche auch streitigen Vorwürfe der Klägerin im Hinblick auf die Sachverhaltsaufklärung, die Bewertung der Erkenntnisse und die Abwägung der erforderlichen Gefahrabwendungsmittel durch das XXX im Rahmen des EHEC-Ausbruchsgeschehens bezogen auf den 10.6.2011 als wahr unterstellt, stellt die Presseerklärung vom 10.6.2011 keine Amtspflichtverletzung dar. Das XXX hat bei Veröffentlichung dieser ersten gemeinsamen Presseerklärung am 10.6.2011 eine Abwägung der Interessen der Verbraucher an einer sachgerechten und gefahrorientierten Aufklärung gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin ermessensfehlerfrei vorgenommen. Wegen der Dimension der Epidemie, der bestehenden Lebensgefahr, der leichten Übertragbarkeit und Aggressivität des Erregers, der potentiellen Betroffenheit der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik bestand eine sehr hohe Eilbedürftigkeit für die Behörde schützend tätig zu werden. Aufgrund der erheblichen Gesundheitsgefährdung für eine Vielzahl von Verbrauchern bestand ein besonders hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit und eine damit korrespondierende Informationspflicht des Staates, die sich aus Art. 2 Abs. 2 GG ergibt. Infolgedessen war dem XXX bei der Sachverhaltseinschätzung und -ermittlung sowie bei der Abwägung möglicher Gefahrabwendungsmaßnahmen nach Überzeugung des Gerichts ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eingeräumt. Bei der Sachverhaltsermittlung zum 10.6.2011 und bei der Formulierung der Presseerklärung vom 10.6.2011 blieb das XXX im Rahmen dieses Beurteilungs- und Ermessensspielraumes.
aa) Der Einwand der Klägerin, dass die von dem XXX seinen Abwägungen zugrunde gelegte Theorie der möglichen Kreuzkontamination abstrus sei und die pauschalen Verzehrwarnung nicht rechtfertige, da die unterschiedlichen Saatarten bei Sprossen nicht vermischt würden, begründet keine Rechtswidrigkeit der ersten gemeinsamen Presseerklärung vom 10.6.2011. Denn das XXX durfte am 10.6.2011 im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes von der Möglichkeit einer Kreuzkontamination ausgehen. Vor dem Hintergrund, dass auch die EU-Kommission sogar noch am 6.7.2011 in ihrem Beschluss über Sofortmaßnahmen zum Ausbruchsgeschehen die Möglichkeit der Kontamination anderer Samenarten als Bockshornkleesamen über eine Kreuzkontamination als nicht auszuschließen deklarierte und daraufhin ein Einfuhrverbot für Raukensprossen, Sprossen von rohen Rüben, Rettichsprossen, Bohnensprossen, Bockshornklee und Samen von Luzernen (=Alfalfa) aus Ägypten verfügte (vergleiche Anlage B4), durfte das XXX am 10.6.2011 ermessensfehlerfrei von derselben Möglichkeit ausgehen. Die Theorie der Möglichkeit einer Kreuzkontamination wurde ebenso von der XXX und vom XXX (XXX) geteilt (vergleiche Anlage B5). Wenn aber auch andere fachlich hochrangig besetzte Behörden von der Möglichkeit einer Kreuzkontamination ausgingen, war diese Annahme des XXX nach Überzeugung des Gerichts nicht ermessensfehlerhaft. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das XXX aufgrund der aufgezeigten Dimension des Ausbruchsgeschehens, der leichten Übertragbarkeit des aggressiven Erregers und der großen vom EHEC-Erreger ausgehenden Gesundheitsgefahr zu einem schnellen Handeln angehalten war. Dem XXX blieb keine Zeit, wissenschaftlich überzeugend vertretene aber mitunter streitige Theorien bis auf die letzte Plausibilität hin zu überprüfen. Dafür, dass die Theorie der Möglichkeit einer Kreuzkontamination wissenschaftlich unvertretbar wäre, spricht nichts. Das XXX durfte sie daher ihrer Beurteilung des Sachverhaltes und der Gestaltung des Inhaltes der Presseerklärung am 10.6.2011 zugrunde legen.
Neben den diesbezüglich gleichlautenden Einschätzungen der EU-Kommission, der XXX und dem XXX ist dabei auch noch zu berücksichtigen, dass das XXX anders als die Klägerin auch nicht allein von einem Vermischen der verschiedenen Samensprossenarten als möglichen Kreuzkontaminationsweg ausgeht. Das XXX stützt ihre Annahme vielmehr auch auf die Erwägung, dass es nicht ausgeschlossen werden könne, dass verschiedene Sprossensamenarten entweder bereits im Ausland oder auch in Deutschland vor Erreichen ihres endgültigen Bestimmungsortes in denselben Geräten gereinigt oder mittels derselben Geräte in Säcke umgefüllt/verfüllt werden. Wenn infizierte Bockshornkleesamen vor bis zu diesem Zeitpunkt nicht infizierten Adzukibohnenkeimlingen oder Linsen- oder Rettichsamen mit Hilfe desselben Abfüllgerätes verpackt werden, erscheint eine mögliche Infizierung auch der später verfüllten Adzukibohnenkeimlingen oder Linsen- oder Rettichsamen nicht unplausibel. Unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass die zulässigerweise zu diesem Zeitpunkt als Ursache des Ausbruchsgeschehens angenommenen Bockshornkleesamen aus Ägypten am 10.6.2011 noch auf dem Markt waren und ein entsprechendes Importverbot sowie Rückhol-/Vernichtungsaktionen erst nach dem 30.6.2011 begonnen wurden (vergleiche Anlagen K11 und K17), ist die Annahme des XXX, dass eine Kreuzkontamination auch anderer Sprossensamenarten nicht ausgeschlossen werden kann, gut nachvollziehbar und ermessensfehlerfrei.
Die entsprechende Zugrundelegung und Berücksichtigung dieser Theorie durch das XXX am 10.6.2011 war daher im Rahmen seines weiten Beurteilungsspielraumes zutreffend.
Unter demselben Gesichtspunkt verfängt auch der Einwand der Klägerin, dass sie keinen Bockshornklee und keine Produkte aus Ägypten verarbeite oder vertreibe und dies dem XXX und anderen Behörden auch mitgeteilt habe, nicht. Denn das XXX durfte am 10.6.2011 aufgrund der Möglichkeit einer Kreuzkontamination davon ausgehen, dass die andersartigen Sprossensamen auch im Betrieb der Klägerin unabhängig vom Vorhandensein von Bockshornkleesamen auf dem Gelände der Klägerin mitunter mit EHEC-Keimen infiziert geliefert wurden. Die mögliche Kreuzkontamination konnte zudem auch auf einem Warenumschlagsplatz in Deutschland stattfinden, so dass der Einwand, die Klägerin führe keine Produkte aus Ägypten, ebenfalls nicht verfängt.
bb) Hinsichtlich des Vorwurfes, dass das XXX die Erkenntnisse des anerkannten Zeugen XXX zur Hygiene in sensiblen Produktionsbereichen nicht berücksichtigt habe und die Einschätzungen des XXX damit nicht entsprechend dem damaligen Stand der Wissenschaft und Technik gewesen seien, wurde schon nicht ausreichend dargelegt, was genau die Berücksichtigung dieser Erkenntnisse an der Einschätzung das XXX konkret geändert hätte. Dass diese Erkenntnisse des Zeugen XXX derart fundiert waren, dass die anderslautenden Annahmen der Fachleute der Task Force um des XXX, die die Presseerklärung vom 10.6.2011 in genau dieser Form aus deren Sicht erforderlich machten, ausgeschlossen wären, ist auch dem Kläger Vortrag nicht zu entnehmen. Im Rahmen ihres weiten Beurteilungsspielraumes handelte das XXX nach Einschätzung des Gerichts auch insoweit ermessensfehlerfrei.
Der Vorwurf der Klägerin in diesem Zusammenhang, dass das XXX den Eintragungsweg Wasser, etwaige Hygieneproblem im Brunnenhaus sowie die fehlende Einhaltung von Hygienevorgaben in XXX und insbesondere erkranktes Personal als mögliche Gründe für das Ausbruchgeschehen nicht bei ihrer Einschätzung berücksichtigt habe, erscheint vor dem folgenden Hintergrund schon unplausibel. Das XXX hat ausweislich der klägerseits eingereichten Presseerklärung vom 10.6.2011 (Anlage K5) gerade auch Wasser und Personen, womit auch die Mitarbeiter des Betriebes XXX erfasst sind, auf Seite 2 der Presseerklärung sogar explizit als mögliche Eintragungswege genannt und im Rahmen zu diesem Zeitpunkt stattfindender Untersuchungen („derzeit untersucht werden“) berücksichtigt. Nach diesem Klägervortrag hätte es einer weitergehenden Begründung dahingehend bedurft, was genau das XXX hinsichtlich des Brunnens als den von ihr genannten „Wassereintragsweg“ und hinsichtlich der erkrankten Mitarbeiter als Ausscheider des Erregers in den Toiletten im Brunnenhaus als nach dem Klägervortrag durch das XXX ebenfalls genannten „Personen als Eintragungsweg“ darüber hinaus in Erwägung zu ziehen gehabt hätte. Ein derart konkretisierter Vortrag auf die eigene eingereichte Anlage hin fehlt aber. Es ist daher nach dem Klägervortrag nicht erkennbar, was die etwaig nicht vollständige Berücksichtigung des Eintragungswegs Wasser, etwaiger Hygieneprobleme im Brunnenhaus im Betrieb XXX sowie die fehlende Einhaltung von Hygienevorgaben dort und schließlich erkranktes Personal als mögliche Gründe für das Ausbruchgeschehen, an der Erkenntnislage des XXX zum 10.6.2011 geändert hätten. Insbesondere ist weder aufgezeigt noch erkennbar, dass das XXX unter intensiverer Berücksichtigung dieser Punkte zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Verzehrwarnung in Bezug auf alle rohen Sprossen hätte gelangen müssen. Dies gilt umso mehr, als dass auch nach dem Klägervortrag Ende Juni 2011 aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen als Ursache für das Ausbruchsgeschehen fest gestanden hätten. So führt die Klägerin in der Klagschrift auf Seite 29 im 5. Absatz aus, dass „eindeutig Bockshornkleesamen aus einer bestimmten Liefer-/Produktionscharge aus Ägypten … Auslöser der aufgetretenen EHEC-Infektionen“ waren. Auch wenn die Klägerin an anderer Stelle auch darauf hinweist, dass Bockshornkleesamen aus Ägypten nur mit hoher Wahrscheinlichkeit am Ende als Ursache für den EHEC-Ausbruch ausgemacht wurden, durfte das XXX am 10.6.2011 anhand der bis dahin ermittelten Erkenntnisse im Rahmen ihres weiten Beurteilungsspielraumes davon ausgehen, dass Bockshornkleesamen eine sehr wahrscheinliche Ursache für das Ausbruchsgeschehen waren. Zahlreiche hochrangige Fachbehörden hatten an der Sachverhaltsaufklärung und der Auswertung dieser Ergebnisse bis zum 10.6.2011 mit der Zuspitzung des Verdachts auf Bockshornkleesamen mitgewirkt. Aufgrund der großen Gefahr die vom EHEC-Erreger ausging und der daraus resultierenden großen Eilbedürftigkeit reichte der am 10.6.2011 bestehende Grad der Wahrscheinlichkeit nach Überzeugung des Gerichts aus, damit das XXX zulässigerweise ihre weiteren Ermittlungen auf Bockshornkleesamen als Ursache konzentrierte. Dass das XXX dabei mögliche andere Ursachen nicht gänzlich unberücksichtigt gelassen hat, zeigen die entsprechenden Hinweise in der Presseerklärung vom 10.6.2011. Unter Berücksichtigung dieser Aufklärungsergebnisse ist auszuschließen, dass das XXX am 10.6.2011 bei stärkerer Berücksichtigung der vorgenannten Eintragswege zu einer anderen Ursache für das Ausbruchsgeschehen gekommen wäre. Auch wenn diese zulässige Sachverhaltseinschätzung am 10.6.2011 schlussendlich nach Abschluss sämtlicher Ermittlung nur mit hoher Wahrscheinlichkeit und nicht mit absoluter Sicherheit bestätigt wurde (so der Klägervortrag in der Klagschrift S. 45, Bl. 45 d.A.)) war sie am 10.6.2011 berechtigt und wurde am Ende auch nicht widerlegt, sondern mit immer höherer Wahrscheinlichkeit bestätigt.
In Bezug auf andere Hygienemängel bei dem Betrieb in XXX und der besseren Hygieneverhältnisse bei der Klägerin, die das XXX nach dem Vortrag der Klägerin ebenfalls unberücksichtigt gelassen haben soll, ist die Gefahr einer möglichen Kreuzkontamination zu bedenken. Wenn bereits am Lager- und Umschlageplatz verschiedener Sprossenarten andere Sprossenarten mit etwaig infizierten Bockshornkleesamen beim Verpacken oder ähnlichem in Kontakt kamen und möglicherweise infiziert wurden, kann auch beim gründlichen Einhaltung der Hygiene an den jeweiligen Betrieben der Eintrag des EHEC-Erregers über Lieferungen von außen trotzdem nicht ausgeschlossen werden. Selbst bei der Annahme, dass das XXX die Klägerin hinsichtlich der Einhaltung von Hygienestandards mit dem Betrieb in XXX gleich gestellt habe, entfällt die Rechtmäßigkeit der Presseerklärung vom 10.6.2011 mit einer pauschalen Warnung vor dem Verzehr roher Sprossen wegen der zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgeschlossenen Möglichkeit der Kreuzkontamination vor Anlieferung bei der Klägerin nicht.
cc) Der weitere Einwand der Klägerin, das XXX hätte zusätzlich den Eintragungsweg „Rohware“ in XXX ausschließen müssen, was sie nicht getan habe, ist insofern unverständlich, als dass das XXX doch gerade den Eintragungsweg Sprossensamen als „Rohware“ voll umfänglich aufgeklärt hat und so am Ende auf Bockshornkleesamen als Ursprungsquelle gestoßen ist.
dd) Im Übrigen verfängt die von der Klägerin im Zusammenhang mit den vorstehenden unter B., I., 1., c) aa) - cc) aufgeführten Vorwürfen genannte Schlussfolgerung, dass die Klägerin als EHEC-freier und absolut hygienisch arbeitender Betrieb von der Warnung explizit hätte ausgenommen werden müssen insofern nicht, als dass die Feststellung einer EHEC-Freiheit nach Auffassung des XXX wissenschaftlich nicht möglich war Auch der Betrieb in XXX, bei dem der EHEC-Ausbruch unstreitig seinen Ausgang genommen hat, war mehrfach negativ auf EHEC getestet worden. Die Einschätzung des XXX, dass eine negative EHEC-Probe nicht mit einem EHEC-freien Betrieb gleichzusetzen sei, war demnach im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes richtig und nachvollziehbar. Zumal eine etwaige EHEC-Freiheit bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt auch nicht bedeutet, dass dieser Betrieb auch zukünftig EHEC-frei bleibt. Da am 10.6.2011 unstreitig noch nicht alle Lieferungen mit Bockshornkleesamen vom Markt genommen waren, bestand unter Zugrundelegung der Möglichkeit einer Kreuzkontamination, jederzeit die Gefahr, dass der nächste ausgelieferte Sack Sprossensamen, der im gleichen Gerät wie infizierte Bockshornkleesamen gereinigt, umgefüllt oder abgepackt worden war, den EHEC-Erreger in den bis dahin EHEC-freien Betrieb bringt. Vor dem Hintergrund der Todesgefahr die von diesem Erreger ausging, durfte das XXX diese Möglichkeit nach dem Erkenntnisstand am 10.6.2011 nicht unberücksichtigt lassen und bestimmte Betriebe von den Warnungen ausnehmen.
Der Vorwurf in diesem Zusammenhang, dass die am 2.6.2011 mitgeteilten Prüfberichte mit dem Ergebnis, die Klägerin sei EHEC-frei, von dem XXX nicht richtig bei ihrer Einschätzung berücksichtigt worden seien, greift aus diesen Gründen ebenfalls nicht durch.
Am 10.6.2011 konnte trotz Einhaltung hoher Hygienestandards und trotz Vorlage negativer EHEC-Testergebnisse in Bezug auf keinen sprossenproduzierenden Betrieb Entwarnung gegeben werden. Denn die Import-, Handels- und Vertriebswege bezüglich des in den Fokus des Ursachenverdachts geratenen Bockshornkleesamens waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend aufgeklärt. Zudem waren die verdächtigen Bockshornkleesamen noch nicht vollständig vom Markt genommen bzw. vernichtet. Es bestand daher weiter die Gefahr einer möglichen Kreuzkontamination auch anderer Sprossenarten schon vor Auslieferung an die sprossenproduzierenden Betriebe bei der Lagerung und dem Handling durch die Lieferanten. Infolgedessen konnte weder der Umstand, dass ein Betrieb selbst keine Bockshornkleesamen verarbeitet oder vertreibt, noch die Einhaltung strengster Hygienevorgaben durch einen Betrieb noch die wiederholte Erzielung von EHEC-frei Testergebnissen bei den Proben eine von dem Betrieb ausgehende Gefahr hinreichend sicher ausschließen. Dies rechtfertigte zumindest am 10.6.2011 die allgemein gehaltene Verzehrwarnung vor rohen Sprossen innerhalb der gemeinsamen Presseerklärung des XXX mit dem XXX und dem XXX (Anlage K5). Das XXX hielt sich dabei nach Überzeugung des Gerichts innerhalb des wegen der Dimension der Epidemie, der bestehenden Lebensgefahr, der leichten Übertragbarkeit und Aggressivität des Erregers, der potentiellen Betroffenheit der gesamten deutschen Bevölkerung entsprechend weiten Beurteilungsspielraumes.
Aus diesen Gründen greift auch der Einwand der Klägerin, sie habe schon vor dem Ausbruchsgeschehen und auch später höchste Hygienekontrollen und interne Beprobungen auch schon damals entsprechend heutiger EG und EU-Verordnungsvorgaben aus 2012 und 2013 eingehalten und das XXX habe dies bei ihrer Sachverhaltseinschätzung und Risikoanalyse nicht berücksichtigt, nicht. Auch wenn es aus Sicht der Klägerin verständlicherweise frustrierend erscheinen mag, konnte zumindest nach dem von dem XXX richtig ermittelten Erkenntnisstand am 10.6.2011 keine noch so große Anstrengung der Klägerin hinsichtlich Hygiene und Beprobungen eine potentielle Gefahr für die Verbraucher auch durch die Sprossenartikel der Klägerin wegen der Möglichkeit einer durch Kreuzkontamination infizierten, angelieferten neuen Samenlieferung ausschließen.
ee) In diesen Kontext gehört auch der weitere Vorwurf der Klägerin, das XXX habe bei seiner pauschalen Warnung nicht berücksichtigt, dass EHEC nur über einen menschlichen Überträger/Ausscheider des Escherichia Coli Stamm an die Sprossen gelange und dort nicht von Natur aus sei. Wenn hygienische Vorgaben eingehalten würden, käme der Erreger nicht an die Sprossen. Dieser Feststellung ist im Ergebnis zuzustimmen. Davon ist aber auch das XXX ausgegangen, denn an keiner Stelle des Beklagtenvorbringens klingt an, dass sie davon ausging, dass der EHEC-Erreger von Natur aus an den Sprossen sei. Dies hat das XXX insbesondere in keiner Presseerklärung auch nur angedeutet. Aber wegen der Gefahr des Eintrages des Erregers auch auf einen besonders hygienisch arbeitenden Betrieb durch die gelieferte und schon an anderer Stelle vorher durch Kreuzkontamination verunreinigter Ware schließt die Einschätzung den klägerischen Betrieb nicht von einer potentiellen Gefahr für die Bevölkerung aus. Nach dem Erkenntnisstand am 10.6.2011 reichte das Bestehen dieser potentiellen Gefahr beim klägerischen Betrieb wegen der besonderen Aggressivität und Gefährlichkeit des EHEC-Erregers und wegen des breiten Spektrums, den das Ausbruchsgeschehen schon genommen hatte, aus, um die Klägerin nicht von der Warnung am 10.6.2011 ausnehmen zu können. Auch wenn nach Überzeugung des Gerichts schon unwahrscheinlich ist, dass sich ein Anspruch der Klägerin auf eine explizite Herausnahme aus den Warnungen überhaupt anhand des Klägervortrages begründen lässt, so bewegte sich das XXX bei der gemeinsamen Presseerklärung vom 10.6.2011 nach den vorstehenden Erwägungen innerhalb ihres weiten Beurteilungsspielraumes.
ff) Infolgedessen wäre auch eine als wahr unterstellte fehlende Verwertung der von der Klägerin gegebenen Fach-Informationen (Anlagen K63 - K64b) mit den besonderen Herstellungs- und Produktionsbedingungen von Sprossen und den erhöhten Hygiene- und Herstellungsanforderungen durch das XXX bei ihrer Erkenntnisgewinnung unschädlich. Denn auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten und differenzierten Bezeichnungen und Deklaration von Inhaltsstoffen und Bestandteilen hätte zumindest am 10.6.2011 auch bei der Klägerin noch ein für die allgemeine Verzehrwarnung innerhalb der gemeinsamen Presseerklärung (Anlage K5) ausreichendes Gefahrenpotential wegen der möglichen Kreuzkontamination bestanden. Zumal es in diesem Zusammenhang auch schon an konkretem Vortrag der Klägerin dazu fehlt, was genau welche Information aus den Anlagen K63 - K64b an welchen Einschätzungen des XXX mit welchen anderen Ergebnissen bezogen auf den 10.6.2011 geändert hätte. Die in diesen Anlagen unter anderem enthaltenen Informationen, dass zwischen verschiedenen Sprossenarten und deren Anbauweise grundsätzlich zu unterscheiden ist und die Informationen zur Art und Weise des Anbaus verschiedener Sprossenarten, ändern angesichts der Möglichkeit eine Kreuzkontamination schon bei der Lagerung und dem Handling auf dem Lieferweg zum anbauenden Betrieb nichts an dessen Gefahrenpotential im Zusammenhang mit der EHEC-Krise. Soweit die Klägerin ihre Vorwürfe hinsichtlich unberücksichtigt gelassener Aspekte an anderer Stelle noch weiter konkretisiert hat, wurden/werden diese in diesem Urteil einzeln erörtert.
gg) Das Vorbringen der Klägerin, dass schon Ende Juni 2011 Bockshornklee als Ursache identifiziert war und daraufhin die Verzehrempfehlung hätte konkretisiert werden müssen und dass dem XXX dies auch zumutbar gewesen wäre, ist in Bezug auf die vorangegangene Presseerklärung vom 10.6.2011 irrelevant.
hh) Die weiteren Einwände der Klägerin, wonach Bockshornkleesamen nicht zweifelsfrei als Ursache gefunden worden seien und es statistisch ohnehin unwahrscheinlich sei, dass Bockshornklee aus Ägypten der Auslöser der Epidemie sei; wonach zwar ein Bezug zu XXX hergestellt worden sei, aber nur 75kg der Gesamtcharge von 25.000 kg aus Ägypten stamme und alle Nachuntersuchungen negativ verlaufen seien, die restlichen 24,9 t sogar Erreger frei gewesen seien, dass der Ausbruch in Frankreich dem Betrieb in XXX gar nicht hätte zugeordnet werden können und in der Folge in keiner Weise eine Zuordnung zu rohen Sprossen belegt sei und dass das XXX dies bei der Sachverhaltsaufklärung unberücksichtigt gelassen habe, beruhen auf einem widersprüchlichen Vortrag der Klägerin. Denn die Klägerin geht - wie bereits ausgeführt - an anderer Stelle mehrfach selbst davon aus, dass Bockshornkleesamen als Ursache des Ausbruchsgeschehens identifiziert worden seien und XXX als Ausgang des Ausbruchsgeschehens festgestanden habe. Das Vorbringen der Klägerin zu diesen Punkten ist widersprüchlich und als solches unbeachtlich.
Im Übrigen wurde bereits oben ausgeführt, dass das XXX am 10.6.2011 aufgrund seines weiten Beurteilungsspielraumes davon ausgehen durfte, dass Bockshornkleesamen die Ursache des Ausbruchsgeschehens waren. Auch wenn diese zulässige Sachverhaltseinschätzung am 10.6.2011 nach Abschluss sämtlicher Ermittlungen nur mit hoher Wahrscheinlichkeit und nicht mit absoluter Sicherheit bestätigt worden sein sollte (so der Klägervortrag in der Klagschrift S. 45, Bl. 45 d.A.)), so war das XXX nach dem Erkenntnisstand am 10.6.2011 berechtigt, davon auszugehen, dass Bockshornkleesamen die Ursache des Ausbruchsgeschehens waren und Ausgangsort der Infektionen der Betrieb in XXX war. Diese Erkenntnisse wurden am Ende auch nach dem Klägervortrag nicht widerlegt, sondern mit immer höherer Wahrscheinlichkeit bestätigt.
ii) Der weitere Einwand der Klägerin, das XXX habe nicht berücksichtigt, dass infizierte Proben allesamt im Hausmüll infizierter Personen gefunden wurden und deswegen auch eine Kontamination durch andere Lebensmittel als Sprossen oder durch infizierte Verbraucher selber in Frage gekommen sei, greift schon deswegen nicht, weil auch nach dem Klägervortrag am Ende Bockshornkleesamen als Ursache des Ausbruchsgeschehens ausgemacht wurden bzw. das XXX am 10.6.2011 zulässigerweise davon ausgehen durfte. Selbst wenn das XXX andere Lebensmittel und infizierte Verbraucher nicht als mögliche Kontaminationsquellen berücksichtigt haben sollte - was angesichts der anfänglichen Warnung vor Gurken, Tomaten und Salat und angesichts des Hinweises des XXX in der Presseerklärung vom 10.6.2011 dort S. 2, 7. Absatz, dass auch Personen als Eintragsquellen in Frage kommen, unwahrscheinlich erscheint - hätte nach Überzeugung des Gerichts eine entsprechende Berücksichtigung ohnehin nur eine noch weitergehende Warnung auch vor anderen Lebensmitteln als Sprossen in der Presseerklärung vom 10.6.2011 zur Folge gehabt, was an der Umsatzsituation der Klägerin nichts geändert hätte. Zumal die bis zum 10.6.2011 unstreitig über verschiedene Ermittlungsansätze wie zum Beispiel der „Rezeptbasierten-Restaurant-Kohorten-Studie“ gewonnenen Erkenntnisse immer mehr auf Bockshornkleesamen als Ursache des Ausbruchsgeschehens hinwiesen, so dass diese als eine Art Sprossensamen und in der Folge der möglichen Kreuzkontamination auch andere Sprossenarten zumindest nicht aus der Warnung hätte herausgenommen werden können.
jj) In Bezug auf den Einwand der Klägerin, das XXX habe falsche Informationen in seiner Stellungnahme von Juni 2010 veröffentlicht und Informationen aus Richtwerttabelle nicht vollständig abgedruckt, so dass eine Verwirrungsgefahr bestehe, was auch in der Stellungnahme vom 9.5.2011 vom XXX (Anlage K61) nicht ausreichend klargestellt worden sei, ist die Relevanz für den Umsatzeinbruch bei der Klägerin ab Mitte 2011 nicht klar. Zum einen handelt es sich um Erklärungen des in diesem Rechtsstreit nicht beteiligten XXX, die dem XXX und damit der Beklagten nicht zuzurechnen sind. Zum anderen handelt es sich um Erklärungen aus dem Jahr 2010, die in keinem Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen EHEC-Ausbruchsgeschehen standen.
kk) Auch der weitere Einwand der Klägerin, dass schon Anfang Juni 2011 das Infektionsgeschehen weitestgehend abgeklungen sei und deswegen schon da eine Eindämmung des Ausbruchsgeschehens nicht mehr nur über Verzicht der Verbraucher auf Verzehr roher Sprossen erreichbar gewesen sei, verfängt nicht. Zum einen kann der Rückgang weiterer Infektionen schon Anfang Juni 2011 mit dem gerade aufgrund der Verzehrwarnungen geänderten Essverhalten der Bevölkerung zusammenhängen. Zum anderen bestand wegen der weiterhin bestehenden Möglichkeit einer Kreuzkontamination auch anderer Sprossenarten mit den am 10.6.2011 noch auf dem Markt befindlichen Bockshornkleesamen weiterhin die Gefahr, dass sich wieder mehr Verbraucher infizieren würden, wenn sie denn über Kreuzkontamination infizierte andere Sprossenarten verzehren. Da die Ursache für den Rückgang des Ausbruchsgeschehens am 10.6.2011 nicht feststand, durfte das XXX anhand des schon vorstehend erläuterten fehlerfrei ermittelten Kenntnisstandes im Rahmen ihres weiten Beurteilungsspielraumes davon ausgehen, dass eine allgemeine Warnung vor dem Verzehr roher Sprossen wie sie in der Presseerklärung Anlage K5 enthalten ist, erforderlich war, um die Verbraucherinteressen ausreichend zu schützen. Andere mildere Mittel am 10.6.2011 nicht zur Verfügung.
ll) Auch die Einlassung der Klägerin, eine Eigenwarnung des Herstellers, hier der Klägerin, hätte als milderes Mittel ausgereicht, überzeugt nicht. Vor dem Hintergrund der Dimension des Ausbruchsgeschehens, der großen Gefahren, die von diesem aggressiven Erreger ausgingen und der Unsicherheiten seiner Ursache über einen längeren Zeitraum, ging das XXX am 10.6.2011, wie unter B., I., 1., c) kk) ausgeführt, berechtigt davon aus, dass die Warnung vor dem Verzehr aller rohen Sprossen das mildeste, wirksame Mittel zum Schutz der Bevölkerung vor einer Infektion mit dem EHEC-Erreger war. Da insbesondere wegen der Möglichkeit einer Kreuzkontamination am 10.6.2011 nicht feststand, dass beim Verzehr anderer Sprossenarten als Bockshornkleesamen keine Gefahr mehr drohte, hätten auch die Hersteller am 10.6.2011 vor dem Verzehr aller Sprossenarten warnen müssen. Inwieweit eine derart weit gefasste aber erforderliche Eigenwarnung der Hersteller ein milderes Mittel gewesen wäre als die Warnung des XXX ist nicht erkennbar. Zumal bei einer Eigenwarnung der Hersteller auch das Erreichen aller Verbraucher sichergestellt werden musste, was für einzelne Hersteller nicht mit hinreichender Sicherheit zu gewährleisten gewesen wäre.
Infolgedessen hat das XXX bei Veröffentlichung der Presseerklärung vom 10.6.2011 auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Abwägung ihrer Handlungsmöglichkeiten ausreichend berücksichtigt.
mm) Inwieweit die Klägerin es für verwunderlich hält, dass das XXX die Prüf- und Kontrollpflichten bei der Klägerin, die diese bis dahin bereitwillig befolgte, Ende Juni 2011 aufhob und trotzdem weiter allgemein gehaltene Verzehrwarnung aufrecht erhielt, ist im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Presseerklärung vom 10.6.2011 - also zeitlich davor liegend - irrelevant. Das XXX konnte am 10.6.2011 erst später hinzugewonnene Erkenntnisse nicht berücksichtigen.
Vor dem Hintergrund, dass die erste gemeinsame Presseerklärung des XXX, dem XXX und dem XXX vom 10.6.2011 (Anlage K5) damit im Rahmen ihrer Zuständigkeit kraft Ermächtigungsgrundlage aufgrund eines im Rahmen des weiten Beurteilungsspielraumes des Klägerin richtig und vollständig ermittelten Sachverhaltes, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, insgesamt ermessensfehlerfrei und rechtmäßig veröffentlicht wurde, ergibt sich hieraus keine Amtspflichtverletzung der Beklagten und damit auch kein Amtshaftungsanspruch der Klägerin.
2.) Hinsichtlich der weiteren gemeinsamen Presseerklärung des XXX vom 30.6.2011 und 5.7.2011 wirft die Klägerin dem XXX zusätzlich vor, dass in einem internen Behördenvermerk vom 30.6.2011 (vgl. Bl. 171/ 172 der beigezogenen Akte des Verwaltungsgerichts Lüneburg zum Aktenzeichen 6 A 134/11 und Bl. 445 d.A.) Konsens darüber bestanden habe, dass alle Maßnahmen gegen andere Sprossen als Bockshornkleesamen aufgehoben werden konnten. Unter Zugrundelegung dieser internen Ergebnisse habe das XXX noch vor dem 5.7.2011 die Verzehrwarnung für andere Sprossenarten als Bockshornkleesamen aufheben müssen. Die Frage, ob auch die weiteren gemeinsamen Presserklärung des XXX, dem XXX und dem XXX vom 30.6.2011 bzw. vom 5.7.2011 (Anlagen K10, K11) angesichts dieses internen Behördenvermerks ohne Verletzung einer Amtspflicht ergingen, kann vorliegend offen gelassen werden, da die Klägerin jedenfalls keinen darauf kausal und zurechenbar beruhenden Schaden konkret darlegen und beweisen konnte. Ein auf einer Amtspflichtverletzung zurechenbar und kausal beruhender Schaden ist aber Anspruchsvoraussetzung eines entsprechenden Schadensersatzanspruches, so dass die Klage schon daran scheitert.
3.) Die von der Klägerin zur Kausalität der Presseerklärungen des XXX für den geltend gemachten Schaden benannten Zeugen waren nicht zu vernehmen. Zwar behauptet die Klägerin unter Zeugenbeweis, dass ihre Großabnehmer die Sprossenprodukte der Klägerin wegen der drei streitgegenständlichen Presseerklärungen des XXX und nicht wegen des allgemeinen Medienrummels im Zusammenhang mit EHEC ausgelistet hätten. Vor dem Hintergrund, dass die erste Presseerklärung des XXX vom 10.6.2011 rechtmäßig veröffentlicht wurde, ist dieser Beweisantritt allerdings nicht ausreichend. Denn die Klägerin hat keinen Beweis dafür angeboten, dass ihre Großabnehmer auch bei Erlass der ersten Presseerklärung des XXX vom 10.6.2011 in der veröffentlichten Form und einer dann aber wie von der Klägerin gefordert früheren Konkretisierung weiterer Presseerklärungen des XXX mit einer Verzehrwarnung nur vor Bockshornkleesamen und nicht vor rohen Sprossen im allgemeinen dann die Produkte der Klägerin entweder schon nicht ausgelistet oder sofort wieder eingelistet hätten.
Dabei waren die Verbraucher als Endabnehmer der Großabnehmer der Klägerin schon vor der ersten Presseerklärung des XXX durch den allgemeinen Medienrummel um das EHEC-Ausbruchgeschehen in Bezug auf den Verzehr von Rohkost derart verunsichert, dass das Vertrauen in den Verbrauch von Sprossen allenfalls nach und nach zurückzugewinnen war. Die Großabnehmer der Klägerin haben schon nach Erlass der ersten Presseerklärung des XXX von dem Vertrieb der Sprossen der Klägerin Abstand genommen. Dies dann auch wie die schriftlichen Erklärungen der Zeugen ergeben (Anlage K74 ff.) über einen längeren Zeitraum. Hätte das XXX die zweite Presserklärung dann zu einem früheren Zeitraum konkretisiert, hätten die Großabnehmer nach Überzeugung des Gerichts die Sprossen der Klägerin gleichwohl nicht sofort wieder in ihren Vertrieb aufgenommen. Die Klägerin hat dies auch schon nicht differenziert behauptet, geschweige denn für eine solche Behauptung einen entsprechend konkreten Beweis angeboten. Der gesamte Vortrag der Klägerin basiert auf einer von ihr behaupteten Kausalität des Verhaltens des XXX für den behaupteten Schaden unter Wegdenken schon der ersten streitgegenständlichen Presseerklärung. Dieses ist aber, wie vorstehend dargestellt, nicht geboten, denn diese Presserklärung war rechtmäßig und kann daher schon keine Schadensersatzansprüche der Klägerin begründen.
Die Klägerin ist deshalb - trotz Hinweises - dafür beweisfällig, dass allein das etwaig rechtswidrige Unterlassen einer Konkretisierung der Verzehrwarnung nach der ersten Erklärung vom 10.6.2011 aber deutlich vor der dritten Presserklärung vom 21.7.2011 den geltend gemachten Schaden auch nur teilweise kausal und zurechenbar verursacht hat. Sie hat weder behauptet noch konkret dargelegt und dafür Beweis angeboten, dass ihre Großabnehmer nach Veröffentlichung der Presseerklärung vom 10.6.2011 dann wieder eine bestimmte Menge an Sprossenprodukten bei der Klägerin abgenommen hätten und dies nur wegen der fehlenden Konkretisierung der Warnung in der Zeit zwischen dem 11.6.2011 und dem 21.7.2011 nicht getan hätten. Die Darlegungen und Berechnungen der Klägerin zum Schaden und der Kausalität basieren alle auf der zusätzlichen Erwägung, dass auch die Presseerklärung vom 10.6.2011 nicht veröffentlicht worden wäre.
Im Ergebnis ist damit weder vorgetragen noch erkennbar, welcher Schaden durch eine solch frühere Konkretisierung verursacht worden sein soll. Die Klägerin trägt allgemein anhand eines Vergleichs vorheriger Umsatzzahlen mit den Umsatzzahlen von Mitte 2011 bis März 2012 vor, in welcher Höhe aus ihren Umsatzeinbußen ein konkret bezifferter Gesamtschaden entstanden sei. Dieser Berechnung legt sie die Erwägung zugrunde, dass schon die erste Presseerklärung des XXX vom 10.6.2011 wegen Amtspflichtverletzung nicht in dieser Weise veröffentlicht worden wäre. Wie sich der Umsatz der Klägerin nach Veröffentlichung der Presseerklärung vom 10.06.2011 ohne weitere streitgegenständliche Presseerklärungen entwickelt hätte, lässt sich dem Klägervorbringen nicht entnehmen.
Auch das von der Klägerin zum Beweis der Kausalität der Presseerklärungen für den geltend gemachten Schaden an verschiedenen Stellen angebotene Sachverständigen- oder auch Meinungsforschungsgutachten war nicht einzuholen.
Vor dem Hintergrund, dass der Geschäftsführer der Klägerin schon selber vorgetragen und auch in einem Pressebericht bereits vom 6.6.2011 als wörtliches Zitat hat veröffentlichen lassen (vergleiche Anlage B6), dass der Umsatz mit Frischware, wozu auch Sprossen zählen, schon vor Veröffentlichung der ersten Presseerklärung des XXX vom 10.6.2011 vollständig eingebrochen sei, ist ein kausaler und zurechenbarer Zusammenhang der Umsatzeinbußen der Klägerin mit den streitgegenständlichen Presseerklärungen des XXX auch durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht differenziert festzustellen. Insoweit fehlen auch hinreichende Anknüpfungspunkte für die Einholung solcher Sachverständigengutachten.
Der vom Geschäftsführer der Klägerin bereits am 6.6.2011 beklagte vollständige Umsatzeinbruch stand allein mit dem allgemeinen Medienrummel zum EHEC-Ausbruchsgeschehens und einer Bezugnahme desselben auf den Sprossenbetrieb in XXX in Zusammenhang. So hatte auch das niedersächsische Verbraucherschutzministerium bereits am 6.6.2011 - also noch vor der ersten rechtmäßigen Presseerklärung des XXX - eine Verzehrwarnung hinsichtlich Sprossen im allgemeinen veröffentlicht (vergleiche Anlage B7). Nach Überzeugung des Gerichts war das Vertrauen der Verbraucher in das Produkt Sprossen bereits Anfang Juni 2011 aufgrund des allgemeinen nicht aufhörenden Presserummels um das EHEC-Ausbruchsgeschehen derart erschüttert, dass auch eine Konkretisierung der Presseerklärung auf Bockshornkleesamen zu einem früheren Zeitpunkt als dem 21.7.2011 am Ende nichts daran geändert hätte, dass der Umsatz von Sprossen in gleicher Weise eingebrochen geblieben wäre. Das bestätigen ja auch die 2013 noch immer sehr niedrigen Umsatzzahlen beim Vertrieb von Sprossen. Kein abgrenzbarer Teilschaden hätte durch eine frühere Konkretisierung der Presseerklärungen verhindert werden können.
Eine solche Abgrenzung ist aufgrund der folgenden Erwägung auch gar nicht möglich. Gerade im Zusammenhang mit Lebensmittelskandalen lässt sich im Nachhinein nicht hinreichend sicher bestimmen, wie der Verbrauchermarkt bei der einen oder bei der anderen Sachverhaltsvariante reagiert hätte. Eine schnelle Entspannung des Marktes und ein schneller Wiederanstieg des Umsatzes der Klägerin erscheinen nach Überzeugung des Gerichts selbst bei einer sofortigen Konkretisierung der Verzehrwarnung des XXX nach dem 10.6.2011 ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach dem Klägervortrag auch umfangreiche länger andauernde Werbemaßnahmen und Marketingmaßnahmen der Klägerin (vergleiche Bl. 291 d.A.) und ähnliches nicht dazu geführt haben, dass der Umsatz mit rohen Sprossen sich signifikant verbessert hätte. Infolgedessen scheint es nach Auffassung des Gerichts ausgeschlossen, dass eine frühere Konkretisierung der Verzehrwarnung des XXX nach dem 10.6.2011 den von Klägerseite behaupteten massiven Umsatzeinbruch auch nur teilweise verhindert hätte. Die Verbraucher waren aufgrund der erheblichen Gefahr für die Gesundheit, die sich aus einer EHEC-Erkrankung für jeden Einzelnen ergibt, derart verunsichert, dass sie lieber auf das als Verbreitungsquelle in Frage kommende Produkt längerfristig vorsorglich verzichten als sich der Gefahr auszusetzen, dass das Risiko doch noch nicht erloschen ist und sie sich einer potentiellen Lebensgefahr aussetzen. Dies wird durch den langen Zeitraum über den die Umsatzzahlen bezüglich Sprossen - wenn überhaupt vorhanden - auf einem Minimalniveau auch lange Zeit nach Konkretisierung der Warnung auf allein Bockshornkleesamen und auch noch nach Beendigung sämtlicher Presseaufmerksamkeit blieben (vergleiche Bl. 289 d.A.).
Vorstehendes gilt ebenso für den von der Klägerin im Rahmen des Feststellungsantrages geltend gemachten zukünftigen Schaden. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, welcher abgrenzbare zukünftig entstehende Schaden durch eine frühere Konkretisierung der Verzehrwarnung durch das XXX hätte vermieden werden können.
Nach alledem steht allein fest, dass die von der Klägerin geltend gemachten Umsatzeinbüßen mit dem Ereignis des EHEC-Ausbruches in Zusammenhang stehen.
Im Ergebnis konnte die Klägerin damit keinen auch nur teilweisen kausal und zurechenbar auf einer zu späten Konkretisierung er Warnung des XXX beruhenden Schaden darlegen.
II.
Infolgedessen scheitern alle in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche am Fehlen eines kausalen und zurechenbaren Schadens. Denn ein solcher ist sowohl für Ansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, als auch für Ansprüche aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 GG als auch für etwaige Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche aus Sonderopfer oder ähnlichem jeweils Anspruchsvoraussetzung.
Zumal etwaige Ansprüche aus Art. 14 GG schon deswegen zu verneinen sind, da die Presseerklärungen des XXX nicht in die Substanz des Betriebes der Klägerin eingegriffen haben und damit kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin vorliegt. Eine bloße Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz reicht für eine Anspruchsbegründung noch nicht aus. Zudem schützt die Eigentumsgarantie in Art. 14 GG nur bereits erworbenes Eigentum, nicht aber in Zukunft liegende Absatzchancen und Verdienstmöglichkeiten. Die Schmälerung etwaiger Gewinnchancen ist von dem Schutzbereich des Art. 14 GG nicht erfasst.
Ein Entschädigungsanspruch im Rahmen der Erbringung eines etwaigen Sonderopfers besteht ebenfalls auch aus anderen Gründen nicht. Zwar trägt die Klägerin ausführlich vor, dass sie alle nur denkbaren Hygienevorgaben und möglichen Testverfahren in Bezug auf den EHEC-Erreger angewandt habe und damit aus ihrer Perspektive nichts weiter hätte tun können, um aus dem Kreis der Betriebe, vor denen allgemein als Sprossenhersteller gewarnt wurde, auszuscheiden. Weitere Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs aus der Erbringung eines Sonderopfers als Mitbetroffener wäre aber, dass ein entsprechender Eingriff bei der Klägerin unzumutbar war. Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn wie bereits eingangs dargestellt, war das streitgegenständliche Ausbruchsgeschehen derart gefährlich, aggressiv und bedrohte eine sehr große Bevölkerungszahl potentiell mit dem Tod, dass die Klägerin etwaige wirtschaftliche Einschränkungen in Form des Sonderopfers ausnahmsweise zumutbar waren. Die wirtschaftlichen Interessen mussten in dieser besonders bedrohlichen Situation hinter den höher zu bewertenden Gütern Gesundheit und Leben zurück treten. Zumal im Hinblick auf einen Entschädigungsanspruch schon fraglich ist, ob die Klägerin diesen mit einer Schadensersatzklage in demselben Streitgegenstand verfolgen kann.
III.
Mangels Schadensersatz- und oder Entschädigungsanspruch hat die Klägerin gegen die Beklagte weder einen Zahlungsanspruch noch einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte ihr zum weitergehenden Schadensersatz verpflichtet ist.
IV.
Mangels Hauptanspruch hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erstattung von Zinsen und vorgerichtlicher Kosten.
V.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.
VI.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 7.5.2014 und der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 16.5.2014 geben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Denn die im Schriftsatz der Klägerin enthaltenen „neuen Erkenntnisse“ aus der Akte des Verwaltungsgerichts insbesondere hinsichtlich des internen Vermerks vom 30.6.2011/1.7.2011 bezogen sich auf eine Zeit nach dem 10.6.2011. Inwieweit die Presseerklärungen nach dem 10.6.2011 rechtmäßig ergingen, konnte angesichts der fehlenden konkreten Darlegung und des Beweises eines hierauf kausal beruhenden Schadens aber offen gelassen werden. Die weiteren Erwägungen aus Anordnungen des Landkreises XXX aus der Zeit vor dem 10.6.2011 gaben auch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.