Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 17.04.1997, Az.: 1 U 90/96
Entscheidung über Fragen der Geschäftsführung durch die Hauptversammlung; Herbeiführung einer Beschlussfassung der Hauptversammlung durch den Vorstand ; Wirksamkeit eines Aktienkaufvertrages bei einer erforderlichen, aber fehlende Zustimmung der Hauptversammlung zum Aktienkaufvertrag ; Beschränkung der Vertretungsmacht durch eine etwaige Bindung des Vorstandes an die Zustimmung durch die Hauptversammlung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 17.04.1997
- Aktenzeichen
- 1 U 90/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 22277
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0417.1U90.96.0A
Rechtsgrundlage
- § 119 Abs. 2 AktG
Fundstellen
- DB 1997, 1325-1326 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 1997, 633 (Volltext mit red. LS u. Anm.) "KM Europa Metall"
Amtlicher Leitsatz
Veräußerung d. Aktien einer ausgegliederten Gesell. durch d. Obergesell. an die Tochtergesell. einer Konzerngesell. u. Einbringung der in eine Darlehensforderung umgewandelten Kaufpreisforderung als Sacheinlage ...
Gründe
Nach § 119 Abs. 2 AktG kann die Hauptversammlung über Fragen der Geschäftsführung entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt. Bei dem Abschluss des Aktienkaufvertrages durch die Tochtergesellschaft der beklagten Aktiengesellschaft handelt es sich aus der Sicht der Beklagten um eine Frage der Geschäftsführung, zu der der Vorstand eine Beschlussfassung der Hauptversammlung herbeiführen kann. Möglicherweise beabsichtigte der Vorstand der Beklagten auch eine solche Beschlussfassung. Darauf deutet der Einladungstext hin, der im Vorspann zum Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 7 den Satz enthält: "Mit der Beschlussfassung über die Sachkapitalerhöhung stimmt die Hauptversammlung gleichzeitig dem durch den Kapitalerhöhungsbeschluss bedingten Erwerb sämtlicher Aktien der M. durch die KM (Tochtergesellschaft) zu."
Tatsächlich ist aber ein solcher Beschluss nicht gefasst worden. Maßgeblich ist insoweit allein das notarielle Protokoll. Dieses stellt fest, dass der Antrag zu Tagesordnungspunkt 7 mit der erforderlichen Mehrheit angenommen wurde. Der Inhalt des Beschlusses erschließt sich allein aus dem Antrag. Dieser enthält nach der im Protokoll wiedergegebenen Tagesordnung nur den eingerückten Text, der mit den Worten beginnt: "Das Grundkapital der Gesellschaft von derzeit ... wird auf ... erhöht". Der oben wiedergegebene und auch im notariellen Protokoll enthaltene Satz zur Zustimmung zum Aktienkaufvertrag steht vor dem Beschlussvorschlag und ist damit nicht Teil der Beschlussfassung der Hauptversammlung selbst geworden.
Ob eine Zustimmung zum Aktienkaufvertrag der KM nicht nur möglich, sondern über den Wortlaut des § 119 Abs. 2 AktG hinaus notwendig gewesen wäre, wie es der BGH für besonders wichtige Entscheidungen in einer Tochtergesellschaft durch die Hauptversammlung der Muttergesellschaft gefordert hat, kann hier dahinstehen.
Eine erforderliche, aber fehlende Zustimmung zum Aktienkaufvertrag beeinflusst nicht die rechtliche Wirksamkeit dieses Vertrages. Denn die etwaige Bindung des Vorstandes der Beklagten an eine Zustimmung durch die Hauptversammlung beschränkt nach außen hin nicht seine Vertretungsmacht. Die durch den Vorstand der Beklagten für die Tochtergesellschaft abgeschlossenen Verträge sind deshalb wirksam.