Sozialgericht Hannover
Urt. v. 29.01.2016, Az.: S 86 KR 383/11

Vergütungsanspruch eines Apothekers bei Abgabe des Arzneimittels Revlimid an einen Patienten

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
29.01.2016
Aktenzeichen
S 86 KR 383/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 12314
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2016:0129.S86KR383.11.0A

Fundstelle

  • A&R 2016, 95

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 37.563,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2011 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um fünf Retaxierungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Abgabe des Arzneimittels Revlimid.

Der Kläger ist Inhaber der H. in I ... Aufgrund von Verordnungen vom 29.04.2009, 09.06.2009, 29.07.2009, 04.09.2009 und 29.01.2010 gab er an die bei der Beklagten versicherten J. jeweils das Medikament Revlimid aus. Das Medikament wurde auf so genannten T-Rezepten verordnet, die die folgenden vier, vom verordnenden Arzt ankreuzbaren Felder enthalten:

- Alle Sicherheitsbestimmungen gemäß der Fachinformation entsprechender Fertigarzneimittel werden eingehalten

- Dem/der Patient(in) wurde vor Beginn der Behandlung medizinisches Informationsmaterial entsprechend den Anforderungen der Fachinformation entsprechender Fertigarzneimittel sowie die aktuelle Gebrauchsinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels ausgehändigt

- Behandlung erfolgt innerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete (In-Label)

- Behandlung erfolgt außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete (Off-Label)

Auf allen Verordnungen hatte der behandelnde Arzt der Versicherten, K., das erste (Sicherheitsbestimmungen eingehalten) und dritte Feld (In-Label) angekreuzt. Das zweite Feld hatte er jeweils frei gelassen.

Die Beklagte vergütete dem Kläger die sich aus den Verordnungen ergebenden Beträge zunächst. Mit Schreiben vom 19.03.2010 führte sie eine Abrechnungskorrektur für die Rezepte vom 29.04.2009 und 09.06.2009 durch und forderte die gesamte Vergütung von insgesamt 15.025,22 EUR vom Kläger zurück. Zur Begründung führte sie an, auf der Verordnung fehlten Angaben laut § 3a Abs. 2 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV).

Hiergegen legte der Kläger am 24.03.2010 Einspruch ein. Bei der Patientin handele es sich um seine Tante. Ihm sei bekannt, dass sie im Klinikum sowie nochmals in der Apotheke umfassend über die Therapie informiert worden sei. Alle Sicherheitsbestimmungen seien eingehalten worden, was auf dem Rezept durch Ankreuzen dokumentiert sei. Natürlich gebe der Arzt nicht jedes Mal vor einer erneuten Revlimid-Therapie das gesamte Informationsmaterial mit. § 3a AMVV spreche im Übrigen davon, dass die Gebrauchsinformation vor Beginn der Behandlung ausgehändigt werden müsse und nicht bei jedem Folgerezept. Der Kläger legte außerdem eine Stellungnahme des behandelnden Arztes vor, der bestätigte, dass das Ankreuzen des zweiten Feldes versehentlich nicht erfolgt sei. Tatsächlich sei die Patientin aufgeklärt worden.

Mit Schreiben vom 01.04.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie dem Einspruch nicht abhelfe.

Am 07.05.2010 führte die Beklagte eine Abrechnungskorrektur für die Verordnung vom 29.07.2009 sowie für eine weitere, hier nicht streitgegenständliche Verordnung durch. Auch hier retaxierte sie den gesamten Vergütungsbetrag in Höhe von 7.512,61 EUR mit der Begründung, es fehlten Angaben lt. § 3a Abs. 2 AMVV. In einem Schreiben an den Vorstand der Beklagten vom 12.05.2010 widersprach der Kläger auch dieser Rückforderung. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 26.05.2010 mit, dass sie auch diesem Einspruch nicht abhelfe.

Am 02.07.2010 und 26.11.2010 retaxierte die Beklagte - ebenfalls mit dem Verweis auf die fehlenden Angaben nach § 3a Abs. 2 AMVV - die Vergütung für die Verordnungen vom 04.09.2009 und 29.01.2010 in Höhe von jeweils 7.512,61 EUR. Hiergegen legte der Kläger am 19.07.2010 und 06.12.2010 Einspruch ein. Die Beklagte teilte ihm ihre Nichtabhilfeentscheidung mit Schreiben vom 19.07.2010 und 10.01.2011 mit.

In der Folge verrechnete die Beklagte die geltend gemachte Rückforderung für die Verordnung vom 04.09.2009 mit unstreitigen Forderungen des Klägers aus laufenden Arzneimittellieferungen. Die übrigen Vergütungen zahlte der Kläger unter Vorbehalt an die Beklagte zurück.

Am 08.04.2011 hat er Klage erhoben.

Er ist der Auffassung, die Bestimmungen des § 3a Abs. 2 AMVV seien bei sämtlichen streitgegenständlichen Rezepten eingehalten worden. Alle Rezepte enthielten die Bestätigung des Arztes, dass die Sicherheitsmaßnahmen gem. der aktuellen Fachinformationen des entsprechenden Fertigarzneimittels eingehalten worden seien. Das obere Kästchen sei jeweils angekreuzt. Nur diese Bestätigung fordere auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in seiner Bekanntmachung vom 08.12.2008. Allein die Bekanntmachung des BfArM, nicht das AMVV sei direkt an den Apotheker gerichtet und konkretisiere die sich aus § 3a Abs. 2 AMVV ergebenden Abgabepflichten. § 3a Abs. 2 S. 1 AMVV fordere weiterhin als Konkretisierung der Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen gemäß der aktuellen Fachinformationen, dass der Patientin oder dem Patienten vor Beginn der medikamentösen Behandlung geeignete medizinische Informationsmaterialien und die aktuelle Gebrauchsinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels ausgehändigt worden seien. Dies sei hier geschehen und vom behandelnden Arzt auf dem den streitgegenständlichen Verordnungen vorausgehendem Rezept vom 04.02.2009 nochmals vermerkt worden. Da seine Apotheke das Rezept beliefert habe, seien ihm der Vorgang und das entsprechende Rezept bekannt gewesen. Ein erneuter Vermerk auf den Folgerezepten sei nicht mehr erforderlich gewesen. Im Ergebnis habe es keine Sicherheitslücke gegeben. Sinn und Zweck der Regelung des § 3a Abs. 2 AMVV sei es insbesondere, die hochgradig fruchtschädigende Wirkung des Thalidomid bei Menschen zu vermeiden. Da die Patientin zu Beginn der Therapie bereits 70 Jahre alt gewesen sei, habe dieser sicherheitstechnische Aspekt bei ihr nicht im Vordergrund gestanden. Im Übrigen führe § 3a AMVV - im Gegensatz zu den Regelungen des Arzneilieferungsvertrag (ALV) - keine Rechtsfolgen auf, die eine Retaxation des Vergütungsanspruchs des Apothekers ermögliche. Ihm habe daher im Zusammenhang mit der BfArM-Bekanntmachung nicht ersichtlich sein können, dass bei Fehlen des mittleren Kreuzes eine Kürzung seines Vergütungsanspruchs drohe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien die Prüfpflichten des Apothekers aus dem Arzneilieferungsvertrag in § 4 Abs. 5 S. 2, 3 ALV zudem abschließend geregelt. Für eine Nullretaxation existiere schließlich keine Rechtsgrundlage, da zumindest nach Maßgabe des § 818 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein Anspruch auf Wertersatz bestehe. Dieser Anspruch sei in seinem Fall auch nicht ausgeschlossen, da er anders als im vom Bundessozialgericht bereits entschiedenen Fall (Urt. v. 28.09.2010, Az.: B 1 KR 3/10 R) gerade keine vertraglich vorgesehene Prüfpflicht verletzt habe. § 3a Abs. 2 AMVV richte sich an den verordnenden Arzt und nicht an den Apotheker und stelle auch keine vertraglich vereinbarte Pflicht, sondern eine Pflicht, die sich aus einer Rechtsverordnung ergibt, dar. Im Übrigen verstoße die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Nullretaxierung auch gegen Verfassungsrecht. Durch das Berufen auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Nullretaxierung verstoße die Beklagte zudem gegen § 242 BGB, da an einen geringfügigen, im Ergebnis folgenlos gebliebenen Verstoß weitereichende, eindeutig unangemessene Rechtsfolgen geknüpft würden.

Nachdem der Kläger im schriftlichen Verfahren zunächst die Zahlung von 37.563,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beantragt hatte, hat er in der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2016 an seinem Zinsantrag nicht mehr in Gänze festgehalten.

Er beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, 37.563,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es liege ein Verstoß gegen § 3a Abs. 2 AMVV vor. Die Norm beinhalte exakt umrissene Prüfpflichten des Apothekers. Sie schreibe unter anderem vor, dass Verschreibungen von Arzneimitteln, welche die Wirkstoffe Thalidomid oder Lenalidomid enthielten, die Bestätigung der ärztlichen Person enthielten, dass der Patientin oder dem Patienten vor Beginn der medikamentösen Behandlung geeignete medizinische Informationsmaterialien und die aktuelle Gebrauchsinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels ausgehändigt worden seien. Die streitgegenständlichen Verordnungen hätten diese Bestätigung nicht enthalten. Selbstverständlich müsse dem Versicherten nicht vor jeder einzelnen Abgabe innerhalb eines Therapiezyklus das medizinische Informationsmaterial ausgehändigt werden. Die Aushändigung vor Beginn der Behandlung müsse aber auf jeder einzelnen Verordnung bestätigt werden. § 3a Abs. 2 AMVV sei keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern normiere eine Prüfpflicht des Apothekers in materieller Hinsicht. Die zitierte Bekanntmachung des BfArM vermöge hieran nicht zu ändern. Sie sei keine Rechtsnorm und besitze keinen Regelungsgehalt. Es komme auch nicht darauf an, ob eine Aufklärung der Patientin tatsächlich stattgefunden habe. Der Kläger habe gegen § 17 Abs. 5 S. 2 ApBetrO verstoßen. Hiernach dürfe ein Arzneimittel nicht abgegeben werden, wenn eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum enthalte, sie nicht lesbar sei oder sich sonstige Bedenken ergäben. Sonstige Bedenken im Sinne dieser Vorschrift seien fehlende Angaben auf dem T-Rezept. Aus der Verletzung der Abgabebestimmungen folge, dass ein Vergütungsanspruch des Klägers nicht entstanden sei. Denn dieser stehe unter der Bedingung der Einhaltung von vertraglichen oder gesetzlichen Abgabebestimmungen. Dabei seien Beanstandungen und Taxberichtigungen auch dann möglich, wenn sich nachträglich herausstelle, dass es an einer ordnungsgemäßen ärztlichen Verordnung mangele. Erfasst würden prinzipiell Fehler und Beanstandungen aller Art. Insofern sei es keineswegs erforderlich, dass die verletzte Vorschrift § 3a AMVV selbst die Rechtsfolge der Retaxierung nenne. Entgegen der Auffassung des Klägers würden die Prüfpflichten des Apothekers auch nicht abschließend im ALV geregelt. Vielmehr sei der Apotheker darüber hinaus verpflichtet, sein spezifisches Berufsrecht zu achten, zu dem auch die Vorschriften des AMG und die hierzu erlassenen Rechtsverordnungen gehörten. Schließlich sei auch die Heilung des Fehlers nicht möglich. Es würde zu erheblichen und mit den Erfordernissen einer Massenverwaltung nicht zu vereinbarenden Erschwerung des Abrechnungsverfahrens führen, wenn es trotz des eindeutigen Wortlauts der Regelungen nachträglich noch zulässig wäre, Gründe für ein anderes Abgabeverhalten nachzuschieben. Schließlich existiere mit § 129 Abs. 5 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 1 AVV auch eine Rechtsgrundlage für eine Nullretaxierung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Beiakte des Klägers sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

Statthafte Klageart ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Bei Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern handelt es sich um einen Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSGE 66, 159, 161 [BSG 24.01.1990 - 3 RK 11/88] = SozR 3-2200, § 376 d Nr. 1).

Der Kläger hat einen Anspruch auf vollständige Vergütung des mit Verordnungen vom 29.04.2009, 09.06.2009, 29.07.2009 und 29.01.2010 ausgegebenen Medikamentes Revlimid. Des Weiteren ist die weitere, unstreitig entstandene Forderung des Klägers nicht durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten betreffend die Verordnung vom 04.09.2009 erloschen (hierzu unter 1.). Ihm steht auch der geltend gemachte Zinsanspruch zu (hierzu unter 2.).

1. Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge (§ 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V, vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Diese Vorschrift begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen - hier der zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) und dem Deutschen Apothekerverband e.V., unter anderem handelnd für den Landesapothekerverband Niedersachsen e.V., abgeschlossene Arzneilieferungsvertrag (ALV) vom 21.08.2008 - eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 - Az.: B 1 KR 16/11 R m.w.N., nach ).

Nach § 1 Nr. 1 ALV regelt der Vertrag unter anderem die Sicherstellung der Versorgung der Versicherten der Ersatzkassen mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aufgrund vertragsärztlicher oder vertragszahnärztlicher Verordnung. Die Rechnungen der Apotheken oder der von diesen beauftragten externen Abrechnungsstellen werden gemäß § 12 Abs. 1 ALV innerhalb von zehn Tagen nach Eingang der Rechnung nach § 11 bei den von den Ersatzkassen genannten Stellen beglichen. Die bei der Rechnungsprüfung festgestellten rechnerisch und sachlich unrichtig angesetzten Beträge werden gemäß § 17 Abs. 1 ALV von den Ersatzkassen innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Kalendermonats berichtigt, in dem die Lieferung erfolgt. Hierzu gehören neben den rechnerischen und sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten auch Taxdifferenzen und die Summe zurückgegebener Rezepte. Das vertraglich eingeräumte Recht der Krankenkassen zur Rechnungs- und Taxberichtigung in den Landesverträgen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dabei umfassend und erfasst alle Fehler und Beanstandungen (BSG SozR4-2500 § 129 Nr. 5 Rdnr. 33). Nach Maßgabe dieser Vorschriften steht dem Kläger ein Vergütungsanspruch für die aufgrund der streitgegenständlichen Verordnungen erfolgte Belieferung der Versicherten Gerda Siegmund mit dem Medikament Revlimid zu. Die Voraussetzung für eine Retaxierung nach § 17 AMV haben nicht vorgelegen. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen § 4 ALV i.V.m. § 3a AMVV nicht vor (hierzu unter a). Der Kläger hat seinen Einspruch gegen die Retaxierungen auch rechtzeitig geltend gemacht (hierzu unter b). a) Der Apotheker kann nach § 129 SGB V ein Arzneimittel nur dann auf Kassenkosten abgeben, wenn ein Vertragsarzt es auf dem hierfür vorgesehenen Formblatt verordnet hat (BSGE 77, 194, 199 [BSG 17.01.1996 - 3 RK 26/94] = SozR 3-2500, § 129 Nr. 1 S. 6). Nach § 4 Abs. 1 S. 1 ALV erfolgt die Abgabe aufgrund einer ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnung. § 4 Abs. 1 S. 2 ALV bestimmt sodann den näheren Inhalt einer ordnungsgemäßen Verordnung. Zwar enthält die Vorschrift keine Angaben zur Einhaltung der Abgabebestimmungen bei T-Rezepten; dass die Apotheken darüber hinaus ihr spezifisches Berufsrecht beachten müssen, wird im ALV jedoch als selbstverständlich vorausgesetzt (BSG, Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 3/10 R -, BSGE 106, 303-313, SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 26). Diesbezüglich bestimmt § 17 Abs. 5 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken (ApBetrO), dass die abgegebenen Arzneimittel den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des SGB V zur Arzneimittelversorgung entsprechen müssen. Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Solche Bedenken wären bei einem Verstoß gegen § 3a AMVV zu bejahen. Der Wirkstoff Thalidomid wurde in den 1950er und zu Beginn der 1960er Jahre unter dem Handelsnamen Contergan vertrieben und hat eine hochgradig fruchtschädigende Wirkung. Lenalidomid ist mit Thalidomid strukturverwandt und lässt eine ähnlich fruchtschädigende Wirkung erwarten. Um nach den Contergan-Fällen Missbildungen bei Neugeborenen in Zukunft unbedingt zu vermeiden, werden erhöhte Anforderungen an eine Verordnung von Arzneimitteln mit diesen Wirkstoffen gestellt (vgl. hierzu BR-Drucksache 789/08, S. 1 f.). Unter anderem darf gemäß § 3a Abs. 1 AMVV eine Verschreibung solcher Arzneimitteln nur auf einem nummerierten zweiteiligen Vordruck (Original und Durchschrift) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erfolgen. Gemäß § 3a Abs. 2 AMVV müssen Verschreibungen nach Abs. 1 die Bestätigung der ärztlichen Person enthalten, dass die Sicherheitsmaßnahmen gemäß der aktuellen Fachinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels eingehalten werden, insbesondere dass erforderlichenfalls ein Schwangerschafts-Präventionsprogramm durchgeführt wird und dass der Patientin oder dem Patienten vor Beginn der medikamentösen Behandlung geeignete medizinische Informationsmaterialien und die aktuelle Gebrauchsinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels ausgehändigt wurden. Ferner muss auf der Verschreibung vermerkt sein, ob eine Behandlung innerhalb oder außerhalb der jeweils zugelassenen Anwendungsgebiete erfolgt. Diese Bestimmungen hat der behandelnde Arzt der Versicherten Gerda Siegmund zur Überzeugung der Kammer auf allen streitgegenständlichen Verordnungen eingehalten. Das verordnete Medikament Revlimid enthält den Wirkstoff Lenalidomid. Insofern erfolgten die Verschreibungen jeweils richtigerweise auf dem hierfür vorgesehenen T-Rezept. § 3a AMVV fordert darüber hinaus die Dokumentation zweier Aspekte, und zwar nach Satz 1 die Bestätigung der Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen gemäß der aktuellen Fachinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels und nach Satz 2 den Vermerk über die Behandlung im In-Label bzw. Out-Label. Beide Angaben sind auf jedem der Rezepte erfolgt. Bei dem ebenfalls auf dem T-Rezept ankreuzbaren Punkt "Dem/der Patient(in) wurde vor Beginn der Behandlung medizinisches Informationsmaterial entsprechend den Anforderungen der Fachinformation entsprechender Fertigarzneimittel sowie die aktuelle Gebrauchsinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels ausgehändigt" handelt es sich lediglich um einen Unterpunkt der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der nach der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen unter "insbesondere" als Regelbeispiele die - auf dem T-Rezept nicht extra zu vermerkende -Durchführung eines ggf. erforderlichen Schwangerschaftspräventionsprogrammes und die Aushändigung der Informationsmaterialien aufführt. Dem entspricht auch die Gesetzesbegründung. Dort heißt es: Auf der Verschreibung muss durch die verschreibende ärztliche Person die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften gemäß Fachinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels bestätigt sein; dazu zählt insbesondere, dass ein Schwangerschaftspräventionsprogramm durchgeführt wird und dass der Patientin bzw. dem Patienten geeignete medizinische Informationsmaterialien ausgehändigt wurden. (BR-Drucksache 789/08, S. 5) Auch in den konkreten Ausführungen zu § 3a Abs. 2 S. 1 AMVV wird klargestellt, dass die durch Markierung eines entsprechenden Feldes erfolgte Bestätigung der Sicherheitsmaßnahmen sich (unter anderem) auch darauf erstreckt, dass dem Patienten Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt wurden (S. 11 der BR-Drucksache). Als weitere Unterpunkte nennt die Gesetzesbegründung die Aufklärung des Patienten sowie die Sicherstellung, dass der Patient in der Lage ist, die Anforderungen an einen sicheren Gebrauch des Arzneimittels zu erfüllen (S. 11 und 12 der BR-Drucksache). Schließlich wird erklärt, dass die Sicherheitsmaßnahmen auf dem Rezept nicht im Einzelnen genannt würden (S. 11 der BR-Drucksache). Hieraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber das zweite auf dem T-Rezept zu markierende Kreuz überhaupt nicht vorgesehen hatte. Das für die Erstellung des T-Rezeptes verantwortliche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ging trotz Vorhandensein des Kreuzes selbst offenbar nicht davon aus, dass dieses auch zwingend anzukreuzen sei. In der Bekanntmachung zu lenadomid- und thalidomidhaltigen Arzneimitteln vom 08.12.2008 führte es unter den Voraussetzungen, ohne die eine Abgabe nicht erfolgen dürfe, neben der Einhaltung der Höchstabgabemenge und der Abgabefrist nur die Markierungen auf dem ersten und auf dem dritten bzw. vierten Feld an. Insofern mag es im Interesse an einem noch sichereren Umgang mit dem Arzneimittel Revlimid wünschenswert sein, die Aushändigung der Informationsmaterialien nochmals extra bestätigen zu lassen, § 3a AMVV sieht eine solche Bestätigung - ebenso wie die unstreitig nicht erforderliche gesonderte Bestätigung der Durchführung eines Schwangerschaftspräventionsprogramms - jedoch nicht vor. Es handelt sich hierbei vielmehr letztlich um eine doppelte Angabe, da die Ausgabe von Informationsmaterialien mit der Einhaltung aller Sicherheitsbestimmungen (erstes Kreuz) bereits bestätigt wurde. b) Der Kläger ist mit seinen Einwendungen gegen die Retaxierungen der Beklagten auch nicht ausgeschlossen. Einsprüche gegen Taxdifferenzen können vom Apotheker gemäß § 17 Abs. 2 AMV innerhalb von drei Monaten nach Eingang beim Apotheker geltend gemacht werden. Die Prüfung von Einsprüchen gegen eine ausgesprochene Beanstandung hat gemäß § 17 Abs. 3 innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Einspruchs bei der Ersatzkasse zu erfolgen. Das Ergebnis der Prüfung ist der Apotheke mitzuteilen. Werden die Fristen nach Absatz 2 und 3 überschritten, gelten die Taxdifferenzen bzw. die Einsprüche gemäß § 17 Abs. 4 AMV als anerkannt. Der Kläger hat die Einspruchsfrist jeweils eingehalten. Insbesondere ist sein Schreiben vom 12.05.2010 ebenfalls als Einspruch zu werten. Hier wendet er sich zwar an den Vorstand der Beklagten, um seine Sicht der Dinge nach der Zurückweisung seines Einspruchs gegen die erste Retaxierung vom 19.03.2010 nochmals darzulegen, er nimmt dabei aber ausdrücklich auch auf die mittlerweile erfolgte zweite Retaxierung vom 07.05.2010 Bezug ("nun hat die DAK 4 Rezepte retaxiert und fordert von mir über 30.000 Euro zurück"). Damit wurde für die Beklagte hinreichend deutlich, dass der Kläger auch mit dieser Retaxierung nicht einverstanden war. Mit den jeweils fristgerechten Zurückweisungen der Einsprüche war das Beanstandungsverfahren abgeschlossen. Die danach erhobene Klage unterlag lediglich der allgemeinen Verjährungsfrist. 2. Der Zinsanspruch folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V sind die Regelungen des BGB über den Verzug auf die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern entsprechend anwendbar, (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2007 - B 3 KR 1/07 R; Urteil vom 08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R; Urteil vom 02.07.2013 - B 1 KR 18/12 R). Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB). Nach der nunmehr ständigen bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung, kommt der Vergütungsanspruch des Apothekers jedoch nicht mehr durch Abschluss eines Kaufvertrages durch den Versicherten als Erklärungsboten des Arztes in der Apotheke zustande, sondern beruht auf gesetzlicher Grundlage, der durch Normenverträge lediglich näher konkretisiert wird (BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R und Urteil vom 02.07.2013 - B 1 KR 49/12). Der gesetzliche Vergütungsanspruch einer als Vertragspartnerin des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V leistungsberechtigten Apotheke kommt also unmittelbar auf gesetzlicher Grundlage durch Abgabe des Arzneimittels und nicht durch "Rechtsgeschäft" zustande. Der gesetzliche Vergütungsanspruch des Apothekers ist damit insbesondere dem Vergütungsanspruch des zugelassenen bzw. über einen Versorgungsvertrag zur Leistung berechtigten Krankenhausträgers gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V vergleichbar. Dort entspricht es bereits der ständigen bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung, dass § 288 Abs. 2 BGB auf Krankenhausvergütung für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten nicht anwendbar ist, da kein Handelsgeschäft, sondern ein gesetzlich begründeter Vergütungsanspruch der Leistung zugrunde liegt (BSG, Urteil vom 08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R). Diese Rechtsprechung gilt aus gleichsinnigen Gründen auch für den auf gesetzlicher Grundlage beruhenden und durch Rahmenverträge konkretisierten Vergütungsanspruch der Apotheker, die Arzneimittel an gesetzlich krankenversicherte Patienten abgeben. Der Kläger kann deshalb nur eine Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz verlangen (SG Marburg, Urteil vom 10. September 2014 - S 6 KR 84/14 -, Rn. 162, ). Die Kostenentscheidung resultiert aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und § 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 VwGO hat der Unterliegende die Kosten zu tragen sowie nach § 155 Abs. 2 VwGO derjenige, der einen Rechtsbehelf zurücknimmt. Wenn die Klage nicht in vollem Umfang abgewiesen wird, werden die Kosten nach § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO verhältnismäßig verteilt. Davon abweichend können einem Beteiligten die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Kläger hat mit seinem Antrag im Wesentlichen obsiegt. Zurückgenommen hat er lediglich einen Teil der Zinsforderung.