Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 27.05.2020, Az.: 6 A 989/19

betriebsindividuell; Cash-Flow III; Dürre 2018; Dürrebeihilfe; Erlöse; Referenzwerte; Schaden; Schaden Marktfrüchte; Schaden selbstverbrauchtes Grundfutter; Berechnung des Schadens beim Dürrehilfsprogramm 2018

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
27.05.2020
Aktenzeichen
6 A 989/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 23986
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2020:0527.6A989.19.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Dürrebeihilfe 2018 handelt es sich um eine freiwillige Leistung, auf die der Kläger keinen gebundenen Anspruch hat. Er hat lediglich einen Anspruch darauf, dass die Beklagte über seinen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, wobei das Ermessen hier auf Null reduziert ist.

  2. 2.

    Die Berechnung des Schadens muss nachvollziehbar sein. Dies gilt sowohl für die einzelnen Rechenschritte als auch für die einzelnen Werte, die die Beklagte der Berechnung zu Grunde gelegt hat.

  3. 3.

    Die Berechnung des Schadens durch die Beklagte ist ermessensfehlerhaft, wenn sie ihrer Berechnung standardisierte Referenzwerte zu Grunde legt, obwohl betriebsbezogene Daten vorliegen. Denn die Beklagte vergleicht die Höhe des Schadens mit der Höhe des Cash-Flow III, der ausschließlich aus betriebsindividuellen Daten gewonnen wird.

[Tatbestand]

Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Dürrebeihilfe für das Antragsjahr 2018.

Der Kläger ist Einzelunternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebs in H.. Am 30.11.2018 stellte er einen Antrag auf Gewährung der Dürrebeihilfe. Dabei gab er einen Schaden durch die Dürre 2018 in Höhe von 47.207,75 Euro an.

Mit Bescheid vom 25.06.2019 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Dürrebeihilfe lägen nicht vor. Der errechnete Schaden müsse größer sein als der durchschnittliche Cash-Flow III im vorangegangenen Dreijahreszeitraum. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Beim Kläger ergebe sich ein Schaden in Höhe von 46.459,71 Euro, der sich aus dem Schaden Marktfrüchte in Höhe von 1.802,74 Euro und dem Schaden Grundfutter Eigenverbrauch in Höhe von 44.656,97 Euro zusammensetze. Der Cash-Flow III betrage dagegen 47.020,72 Euro.

Hiergegen hat der Kläger am 23.07.2019 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass die Beklagte einen zu geringen Schaden zu Grunde gelegt habe. Er habe im Antrag einen Schaden von 47.207,75 Euro angegeben, die Beklagte habe ihrer Entscheidung jedoch einen Schaden von lediglich 46.459,71 Euro zu Grunde gelegt. Warum die Beklagte eine andere Schadenshöhe zu Grunde gelegt habe, sei nicht nachvollziehbar. Werde die tatsächliche Schadenshöhe berücksichtigt, sei der Schaden größer als der Cash-Flow III. Der Kläger habe dann auch einen Anspruch auf die Dürrebeihilfe.

Der Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25. Juni 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Billigkeitsleistung in Höhe von 41,57664 Prozent von 47.207,75 Euro zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Ablehnungsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass der Kläger keinen Rechtsanspruch auf die Dürrebeihilfe habe. Bei der Dürrebeihilfe handele es sich um eine freiwillige Leistung des Staates. Die Voraussetzungen richteten sich nach der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Beteiligung des Bundes an Hilfsprogrammen der Länder für landwirtschaftliche Unternehmen, die durch die Folgen der Dürre 2018 in ihrer Existenz bedroht sind (VV). Dabei regelten Nummer 4.2, 5.1 und 5.2 VV und Nummer 5.3 des Durchführungserlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Berechnung vom 01.11.2018 (Durchführungserlass) sowie das Merkblatt vom 12.11.2018 die Berechnung des Schadens und das Verhältnis zwischen Schaden und Cash-Flow III. Außerdem verweist die Beklagte auf Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 14.12.2018 und 29.05.2019. Der Schaden müsse danach größer sein als der durchschnittliche Cash-Flow III im vorausgegangenen Dreijahreszeitraum. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor, weil der durchschnittliche Cash-Flow III in Höhe von 47.020,72 Euro größer als der Schaden mit 46.459,71 Euro sei.

Die unterschiedliche Schadenshöhe ergebe sich daraus, dass der Kläger bei der Berechnung der Schadenshöhe unter "Ertrag Grundfutter Eigenverbr." seine gesamte Fläche angegeben habe. Die Beklagte verweist auf einen Vermerk vom 26.10.2018 zur Ermittlung der Schäden für selbst verbrauchte Grundfuttermittel. Sie habe einen Teil der Fläche aus der Tabelle "Ertrag Grundfutter Eigenverbr." in die Tabelle "Ertrag Marktfrüchte" umverteilt. Aufgrund der unterschiedlichen Preise ergebe sich eine geringere Schadenshöhe. Die Umverteilung beruhe darauf, dass der Kläger im Referenzzeitraum regelmäßig Grundfutter verkauft habe. Die Beklagte sei daher davon ausgegangen, dass der Kläger auch 2018 Grundfutter verkaufe. Zudem habe ihre Erfahrung mit den bisherigen Dürreanträgen gezeigt, dass Antragsteller in 2018 Futtermittel verkauft hätten. Zur Ermittlung des Schadens habe sie errechnet, von welchem Teil der Grundfutterfläche das Futter verkauft wurde (Marktfrucht) und von welchem Teil die Tiere versorgt wurden (Grundfutter Eigenverbrauch). Anhand des Verkaufserlöses über den Standardpreis laut Liste seien der durchschnittliche Ertrag und die dafür notwendige Fläche für den Referenzzeitraum ermittelt und diese Fläche in der Tabelle "Ertrag Grundfutter Eigenverb." abgezogen und der Tabelle "Ertrag Marktfrüchte" mit den durchschnittlichen Erträgen zugerechnet worden. Für 2018 sei ebenfalls die durchschnittliche Fläche des Referenzzeitraums berücksichtigt worden.

Die unterschiedliche Ermittlung der Erlöse sei notwendig, weil für das "Grundfutter Eigenverbr." die Ertragsdifferenz (fehlende Grundfuttermenge) zu höheren Preisen aus 2018 für die Versorgung der Tiere zugekauft werden müsste. Beim verkauften Grundfutter in der Tabelle "Erlöse Marktfrüchte" verringere sich die Erlösdifferenz aufgrund des geringeren Ertrages durch den deutlich höheren Grundfutterpreis im Dürrejahr. Die Schadensberechnung basiere auf der betrieblichen Situation vor der Dürre und gebe den Schaden im Dürrejahr wieder. Abstrakt betrachtet, kaufe der Betrieb das Grundfutter intern von der "Verkaufsfläche", um einen Teil der fehlenden Grundfuttermenge von der Fläche für das nichtvorhandene selbstverbrauchte Grundfutter auszugleichen.

Auf Nachfrage des Gerichts ergänzte die Beklagte, dass sie die Daten für die standardisierten Erträge aus einer Liste des Landesstatistikamtes entnommen habe. Diese Liste habe sie im Laufe des Verfahrens um Daten zu weiteren standardisierten Erträgen und standardisierte Preise erweitert. Grundsätzlich sei eine Schadensermittlung nur auf der Grundlage der Tabelle Marktfrüchte erfolgt. Da aber bei selbstverbrauchtem Grundfutter dieses Futter im Dürrejahr nicht habe geerntet werden können, habe es zu den Preisen 2018 erworben werden müssen, um den vorhandenen Viehbestand zu versorgen.

Im Referenzzeitraum sei nicht das gesamte Grundfutter für die Versorgung des Viehbestandes benötigt worden, weil der Kläger in den Jahren 2014 bis 2016 Grundfutter verkauft habe. Daher habe die Beklagte berechnet, wie groß die theoretische Grundfutterfläche für die Versorgung des Viehbestandes sein müsse und wie groß die theoretische Fläche für den Futterverkauf. Die durchschnittliche Fläche des Referenzzeitraumes könne dabei auch für die benötigte Grundfutterfläche in 2018 angenommen werden.

Da die Erfassung der Flächen mit vier Nachkommastellen erst nach 2016 eingeführt worden sei, seien für die Berechnung der Gesamtfläche die Flächendaten für 2016 die 3. und 4. Nachkommastelle unberücksichtigt geblieben. Daher habe sie ihren Berechnungen für 2016 eine Grünlandfläche von 100,82 ha zu Grunde gelegt. Hierbei habe sie lediglich Mähweiden, Weisen und Almen sowie Hutungen berücksichtigt.

Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung am 27.05.2020 wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (BA 001) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Sie ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Bewilligung einer Dürrebeihilfe mit Bescheid der Beklagten vom 25.06.2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat einen Anspruch auf die Bewilligung einer Dürrebeihilfe in Höhe von 19.627,40 Euro (§ 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO).

I. Die Dürrebeihilfe 2018 ist gesetzlich nicht geregelt, sondern erfolgt auf der Grundlage der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erlassenen Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse vom 26.08.2015 - Rahmenrichtlinie - (BAnz AT 31.08.2015 B4). Diese Richtlinie ist der Europäischen Kommission als Beihilferegelung notifiziert worden. Auf dieser Rahmenrichtlinie beruhen die Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern über die Beteiligung des Bundes an Hilfsprogrammen der Länder für landwirtschaftliche Unternehmen, die durch die Folgen der Dürre 2018 in ihrer Existenz gefährdet sind, vom 08.10.2018 und vom 18.04.2019 (VV). Dort heißt es, dass die deutsche Rahmenrichtlinie auf die "vorliegende" Vereinbarung jeweils "vollumfänglich" Anwendung findet, es sei denn, dass die Vereinbarung strengere Bestimmungen enthält.

II. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Bewilligung der Dürrebeihilfe. Daran ändert es nichts, dass die Dürrebeihilfe eine freiwillige Leistung ist, über die die jeweilige Bewilligungsstelle nach Antragstellung aufgrund pflichtgemäßen Ermessens und nach Maßgabe der Rahmenrichtlinie und, soweit diese strenger sind, der VV entscheidet. Auch der Umstand, dass die Gewährung der Zuwendung unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel steht (Nummer 1.2 der Rahmenrichtlinie), ändert am Anspruch des Klägers nichts. Denn das Ermessen, das der Beklagten bei ihrer Entscheidung zusteht, ist auf Null reduziert.

Dass die Beklagte zur Berechnung des Schadens und des Cash-Flow III Nummer 4.2, 5.1 und 5.2 VV sowie Nummer 5.3 Durchführungserlass herangezogen hat, ist nicht zu beanstanden. Allerdings ist die konkrete Anwendung durch die Beklagte nicht fehlerfrei erfolgt. Denn die Unterscheidung zwischen Marktfrüchten und Grundfutter Eigenverbrauch für das Dürrejahr 2018 ist willkürlich.

Nach Nummer 4.1 VV können in der Existenz gefährdete Unternehmen gefördert werden, die im Sinne des Anhanges I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 "der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union" Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen oder mittlere Unternehmen sind und deren Geschäftstätigkeit die Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich Imkerei und Wanderschäferei umfasst. Eine Existenzgefährdung in diesem Sinn liegt nach Nummer 4.2 vor, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der gemäß Nummer 5.1 und 5.2 errechnete Schaden größer ist als der durchschnittliche Cash-Flow III im vorangegangenen Dreijahreszeitraum.

Dies zu Grunde gelegt, ist der Kläger in seiner Existenz gefährdet gewesen. Denn der nach Nummer 5.1 und 5.2 errechnete Schaden übersteigt den Cashflow III. Der Cashflow III beträgt 47.020,72 Euro und der Schaden jedenfalls 47.207,75 Euro.

Nach Nummer 5.1 Satz 1 und 2 VV werden die Billigkeitsleistungen zum Ausgleich für durch die Dürre unmittelbar verursachte Schäden gewährt. Der Schaden wird aus der Summe der Einkommensminderung in der Boden- und in der Tierproduktion sowie aus den sonstigen Kosten, die infolge der Dürre entstanden sind (zum Beispiel Futterzukäufe) berechnet. Es gelten die Ziffern 3.1 und 3.3 der Rahmenrichtlinie. Nach Ziffer 3.1 der Rahmenrichtlinie wird ein Ausgleich für die durch das außergewöhnliche Naturereignis unmittelbar verursachten Schäden gewährt. Dies umfasst auch außergewöhnliche Aufwendungen wie Futterzukäufe in der Viehhaltung, Reparaturkosten einschließlich der Beräumung von Produktions- und Gebäudeflächen sowie der Instandsetzung von Versorgungswegen. Die Einkommensminderung des landwirtschaftlichen Unternehmens ist nach der Maßgabe der folgenden Regelungen ausgleichsfähig; sie wird für alle vom außergewöhnlichen Naturereignis betroffenen Produktionsverfahren einzeln berechnet. Die Einkommensminderung eines betroffenen Produktionsverfahrens errechnet sich bei landwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Kulturen aus dem im Basiszeitraum (vgl. Nummer 2.4) erzielten durchschnittlichen Hektarerlös HEB (durchschnittlicher Hektarertrag Basiszeitraum x durchschnittlicher Preis Basiszeitraum), dem Hektarerlös im Schadjahr HEs (Hektarertrag x Preis) und der Anbaufläche im Schadjahr AS nach folgender Formel: Einkommensminderung des jeweiligen Produktionsverfahrens = (HEB minus HES) x AS. Bei Tierverlusten berechnet sich der Schaden nach dem Marktwert im Basiszeitraum (vgl. Nummer 2.4). Alternativ kann der Schaden auch auf Basis von Durchschnitts- oder regionalen Referenzwerten ermittelt werden. Nach Ziffer 3.3 der Rahmenrichtlinie ergibst sich der Gesamtschaden des Zuwendungsempfängers aus der Summe der Einkommensminderungen gemäß Nummer 3.1 bzw. der Wiederherstellungskosten gemäß Nummer 3.2 sowie der Schäden an Gebäuden, Einrichtungen und Anlagen, land- und forstwirtschaftlicher Infrastruktur, Maschinen und Geräten sowie am Tierbestand und an Lagerbeständen in der Landwirtschaft. Die Berechnung von Sachschäden erfolgt auf der Grundlage der Reparaturkosten oder des wirtschaftlichen Wertes des betroffenen Vermögenswertes, wobei die Differenz zwischen dem Wert des Vermögensgegenstands vor und nach dem Naturereignis (= Minderung des Marktwerts) nicht überschritten werden darf. Die Ermittlung der Höhe des Gesamtschadens erfolgt durch die Schätzung einer Behörde, eines von der zuständigen Behörde anerkannten unabhängigen Sachverständigen oder eines Versicherungsunternehmens. Als beihilfefähige Kosten gelten die unmittelbar durch das außergewöhnliche Naturereignis verursachten Schäden.

Nach Nummer 5.1 Satz 3 bis 5 VV erfolgt die Berechnung des Schadens auf der Ebene des einzelnen Empfängers. Alternativ kann der Schaden auf Basis von regionalen Referenzwerten berechnet werden. Zur Ermittlung des Schadens gem. Ziff. 3.1 und 3.3 der Rahmenrichtlinie können die Länder das Berechnungsschema der Tabellen 1-3 der Anlage verwenden. Nach Nummer 3 Buchstabe f Satz 1 des Merkblatts wurden die für den Antrag anzuwendenden Preise einheitlich festgelegt.

Dies zu Grunde gelegt, liegt beim Kläger ein Schaden von jedenfalls 47.207,75 Euro vor. Dies ergibt sich wie folgt:

Erntemengen in dt/haPreiseErlöse
Anbau/ NutzungFläche 2018ø d. 3 Vorjahre201820182018ø aus 3 Vorj. (Fläche x ø Erntemengen d. 3 Vorj. x Preis 2018) 2018 (Fläche 2018 x Erntemenge 2018 x Preis 2018)
Grünland100,8288,2544,009,899,8987.994,94 €43.872,83 €
Ackergras8,2254,009,899,898.048,28 €4.389,97 €4.389,97 €
Summe101,9196.043,22 €48.262,80 €
Schaden47.780,42 €

Der Schaden ist im Vergleich zu dem vom Kläger im Antrag angegeben Schaden höher. Denn die durchschnittlichen Erlöse aus den drei Vorjahren sind beim Grünland um 3,60 Euro höher. Wie der Kläger - unter Zugrundelegung derselben Zahlen - nur Erlöse von 87.991,34 Euro ausgerechnet hat, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Außerdem ist der Schaden höher, weil die Beklagte beim Ackergras eine durchschnittliche Ertragsmenge der drei Vorjahre von 99 dt/ha zu Grunde gelegt hat, der Kläger in seinem Antrag nur von 92 dt/ha. Dass sich ein höherer Schaden ergibt, als der Kläger in seinem Antrag angegeben hat, ist aber unerheblich. Dem Gericht ist es verwehrt, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine höhere Dürrebeihilfe aufgrund des Schadens zuzusprechen, der über 47.207,75 Euro hinausgeht. Denn das Gericht darf nicht über das Klagebegehren hinausgehen (§ 88 VwGO). Der anwaltlich vertretene Kläger hat ausdrücklich eine Billigkeitsleistung in Höhe von 41,57664 Prozent von 47.207,75 Euro beantragt.

Zu Unrecht hat die Beklagte einen Schaden von nur 44.459,71 Euro angenommen. Die Unterscheidung zwischen dem Schaden Marktfrüchte und Grundfutter Eigenverbrauch ist für das Dürrejahr 2018 willkürlich und deshalb ermessensfehlerhaft. Für die Annahme, der Kläger würde auch im Dürrejahr 2018 einen Teil seines Grundfutters als Marktfrucht verkaufen, fehlt es an einem sachlichen Grund. Dass der Kläger im Referenzzeitraum Silage und Heu verkauft hat, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn hierbei handelt es sich um einen sehr geringen Anteil des aus dem Grünland gewonnenen Ertrages. Nach der Berechnung der Beklagten machte dieser Anteil 2014 etwa 6 % aus (7,53 ha von 120,18 ha), 2015 etwa 9 % (7,58 ha von 87,75 ha) und 2016 etwa 7 % (6,28 ha von 87,08 ha). Es ist kein plausibler Grund ersichtlich, auch für 2018 davon auszugehen, dass der Kläger einen Teil seines Ertrages, nämlich den von einer Fläche von 7,13 ha, verkauft hat. Nach den von der Beklagten zu Grunde gelegten Zahlen, beträgt die Erntemenge für 2018 lediglich 44 dt/ha. Der durchschnittliche Ertrag aus dem Referenzzeitraum beträgt dagegen 88,25 dt/ha. Es ist lebensfremd, bei einer um 4.461,29 dt geringeren Ertragsmenge (= (100,82 ha * 88,25 dt/ha) - (100,82 ha * 44 dt/ha)) davon auszugehen, dass der Kläger einen Ertrag von 313,72 dt (= 7,13 ha * 44 dt/ha) verkauft, wenn er den nicht verkauften Teil im Referenzzeitraum (der um mehr als 4.000 dt höher war) als selbstverbrauchtes Grundfutter verwendet hat. Dann ist für 2018 davon auszugehen, dass er den gesamten Ertrag selbst verbraucht. So hat es der Kläger auch im Antrag angegeben, indem er die gesamte Grünlandfläche in der Tabelle für selbstverbrauchtes Grundfutter angegeben hat. Für die Annahme eines Ertrages für Marktfrüchte in 2018 gibt es keine Anhaltspunkte. Dass die Beklagte davon ausgeht, dass der Kläger das fehlende Grundfutter intern von den Erträgen der Marktfrüchte "kaufen" würde, wäre allenfalls dann plausibel, wenn der Ertrag Marktfrüchte mindestens dem entsprechen würde, was dem Kläger als Grundfutter Eigenbedarf fehlt. Das ist aber nicht der Fall.

Selbst wenn die Unterscheidung zwischen dem Schaden Marktfrüchte und dem Schaden Grundfutter Eigenverbrauch für das Dürrejahr 2018 nicht willkürlich wäre, ist - selbständig tragend - gleichwohl ein Schaden gegeben, der den Cashflow III von 47.020,72 Euro übersteigt. Der Schaden beträgt dann nämlich 47.102,98 Euro.

Soweit die Beklagte einen Schaden von 44.656,97 Euro zu Grunde gelegt hat, kann das Gericht nicht nachvollziehen, wie die Beklagte diesen Betrag errechnet hat. Mit Verfügung vom 25.05.2020 hat die Berichterstatterin die Beklagte zu einzelnen Punkten befragt und insbesondere um Darlegung der einzelnen Rechenschritte gebeten. Dem kam die Beklagte mit Schreiben vom 26.05.2020 nur teilweise nach. Insbesondere legte sie nicht dar, woher sie einzelne Rechengrößen genommen und wie sie die Berechnung im Einzelnen vorgenommen hat. Auch in der mündlichen Verhandlung vermochte die Beklagte nicht alle Unklarheiten auszuräumen.

Soweit die Beklagte einen Schaden Marktfrüchte in Höhe von 1.802,74 Euro und einen Schaden Grundfutter Eigenverbrauch in Höhe von 44.656,97 Euro berechnet hat, vermag das Gericht beide Ergebnisse und deren Berechnungen nicht nachzuvollziehen. Die von der Beklagten zu Grunde gelegten Zahlen ergeben einen Schaden Grundfutter Eigenverbrauch in Höhe von 44.660,10 Euro und einen Schaden Marktfrüchte in Höhe von 1.802,46 Euro. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Schaden Grundfutter Eigenverbrauch

Erntemengen in dt/haPreiseErlöse
Anbau/ NutzungFläche 2018ø d. 3 Vorjahre201820182018ø aus 3 Vorj. (Fläche x ø Erntemengen d. 3 Vorj. x Preis 2018) 2018 (Fläche 2018 x Erntemenge 2018 x Preis 2018)
Grünland93,6988,2544,009,899,8981.771,93 €40.770,14 €
Ackergras8,2299,0054,009,899,898.048,28 €4.389,97 €
Summe89.820,21 €45.160,11 €
Schaden44.660,10 €

Schaden Marktfrüchte

Erntemengen in dt/haPreiseErlöse
Anbau/ NutzungFläche 2018ø d. 3 Vorjahre Ertrag in dt/ha2018ø d. 3 Vorjahre2018ø aus 3 Vorj. (Fläche 2018 x ø Erntemengen d. 3 Vorj. x ø Preis d. 3 Vorjahre )2018 (Fläche 2018 x Erntemenge 2018 x Preis 2018)
Grünland7,1387,7544,007,849,894.905,15 €3.102,69 €
Schaden1.802,46 €

Dass dies einen Gesamtschaden von nur 46.462,56 Euro ergibt und der Schaden unter dem Cashflow III mit 47.020,72 Euro liegt, ist ohne Bedeutung. Denn das Gericht vermag - unterstellt die Unterscheidung zwischen Schaden Marktfrüchte und Schaden selbstverbrauchtes Grundfutter wäre ermessensfehlerfrei - die von der Beklagten gewählte Berechnung der Fläche 2018 nicht nachzuvollziehen.

Wie die Fläche 2018 berechnet wird, ergibt sich weder aus der VV, dem Durchführungserlass oder dem Merkblatt noch aus Erlassen noch aus dem Vermerk vom 26.10.2018. Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Berechnung erforderlich gewesen sei, um die Fläche zu bestimmen, auf der das Futter angebaut wurde, das verkauft wurde. Hierfür habe sie für die Jahre 2014, 2015 und 2016 den entsprechenden Flächenanteil berechnet. Sie habe ausgehend von den jeweiligen Erlösen die jeweils anteiligen Flächen für den Futterverkauf berechnet und zwar wie folgt: Erlöse geteilt durch den Preis in Euro/dt geteilt durch den Ertrag in dt/ha. Aus den Buchabschlüssen des Klägers ergeben sich Erlöse in Höhe von 5.313,60 Euro für 2014/2015, in Höhe von 4.981,50 Euro für 2015/2016 und in Höhe von 4.422,36 Euro für 2016/2017. Dies ergibt jeweils:

5.313,60 Euro / 7,84 Euro/dt (Preis) / 90 dt/ha (Ertrag dt/ha Kreis) = 7,53 ha.

4.981,50 Euro / 8,02 Euro/dt (Preis) / 82 dt/ha (Ertrag dt/ha Kreis) = 7,58 ha.

4.422,36 Euro / 7,65 Euro/dt (Preis) / 92 dt/ha (Ertrag dt/ha Kreis) = 6,28 ha.

Aus dem Mittel der "Entspr. Fl. Ha Futterverkauf" für die Jahre 2014 bis 2016 hat die Beklagte die Fläche Futterverkauf für 2018 errechnet: (7,53 ha + 7,57 ha + 6,28 ha) / 3 = 7,13 ha. Den Verkaufsteil der Fläche von 7,13 ha hat die Beklagte dann der Berechnung des Schadens Marktfrüchte (7,13 ha) und des Schadens selbstverbrauchtes Grundfutter (93,69 ha = 100,82 ha - 7,13 ha) zu Grunde gelegt.

Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte die durchschnittlichen Erlöse des Referenzzeitraums anhand der Fläche 2018 multipliziert mit den durchschnittlichen Erntemengen des Referenzzeitraums multipliziert mit dem durchschnittlichen Preis des Referenzzeitraums berechnet. Aus den Buchabschlüssen des Klägers ergibt sich bereits die konkrete Höhe der jeweiligen Erlöse für 2014 bis 2016. Dass die Beklagte von diesen betriebsbezogenen Zahlen nicht den Durchschnitt nimmt, weicht von ihrer ständigen Praxis ab, die konkreten Daten des Referenzzeitraums zu Grunde zulegen, und ist nicht nachvollziehbar, zumal die Ergebnisse kaum voneinander abweichen: Nach der Berechnung der Beklagten ergeben sich durchschnittliche Erlöse im Referenzzeitraum in Höhe von 4.905,15 Euro; der Durchschnitt der tatsächlichen Erlöse beträgt 4.905,82 Euro. Ob die Vorgehensweise plausibel ist, wenn keine betriebsindividuellen Daten vorhanden sind, kann dahinstehen. Denn dies ist beim Kläger jedenfalls nicht der Fall, weil bei ihm betriebsindividuelle Daten vorhanden sind.

Obgleich die Art der Berechnung auf die Höhe der durchschnittlichen Erlöse im Referenzzeitraum keinen nennenswerten Einfluss hat, ergeben sich in Bezug auf die "Entspr. Fl. Ha Futterverkauf" 2018 erhebliche Unterschiede, die sich auf die Höhe des Schadens auswirken. Ausgehend von den durchschnittlichen Erlösen 2014 bis 2016 geteilt durch den durchschnittlichen Ertrag für 2014 bis 2016 geteilt durch den Preis 2018 beträgt die Fläche 2018 nur 5,65 ha. Somit ergibt sich für 2018 nur ein Erlös von 2.459,90 Euro (= Fläche 2018 multipliziert mit der Erntemenge 2018 multipliziert mit dem Preis 2018) und ein Schaden von 2.445,92 Euro (= 4.905,82 Euro - 2.459,90 Euro).

Die Berechnung der Fläche 2018 (= 5,65 ha) entspricht, was die Rechenschritte angeht, der der Beklagten für die Jahre 2014, 2015 und 2016. Der Unterschied besteht - unabhängig vom Ergebnis - darin, dass der oben genannten Berechnung möglichst wenig standardisierte Referenzwerte zu Grunde liegen, um die Lage des zu beurteilenden Unternehmens möglichst betriebsbezogen darzustellen. Dies ist bei der Berechnung der Beklagten nicht der Fall. Zwar geht die Beklagte ebenfalls von den Erlösen in den Jahren 2014 bis 2016 aus. Sie berechnet aber für jedes einzelne Jahr die "Entspr. Fl. Ha Futterverkauf", um hiervon für die Fläche 2018 den Durchschnitt zu bilden. Der Kläger hat auf der "Entspr. Fl. Ha Futterverkauf" 2014, 2015 und 2016 aber nicht tatsächlich das Grundfutter angebaut, das er verkauft hat. Bei der errechneten Fläche handelt es sich vielmehr um einen fiktiven Wert. Einen sachlichen Grund vermag das Gericht hierfür - jedenfalls für die Jahre 2014 bis 2016 - nicht zu sehen. Dass die Größe der Grünlandfläche des Klägers im Referenzzeitraum variiert hat, ändert daran nichts. Denn die Beklagte hat den Referenzzeitraum 2014 bis 2016 gerade gewählt, um mit konkreten Daten arbeiten zu können, die für alle Betriebe gleichermaßen vorliegen. Es sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, von dieser Praxis abzuweichen, zumal das Gericht diese bereits mehrfach als sachgerecht angesehen hat. Der Praxis der Beklagten entspricht es, dass nach Nummer 5.1 Satz 4 VV, den sie zur Schadensberechnung heranzieht, die Berechnung des Schadens auf der Ebene des einzelnen Empfängers erfolgt. Zwar kann der Schaden nach Nummer 5.1 Satz 5 VV alternativ auf Basis von regionalen Referenzwerten berechnet werden. Dies gilt aber vorrangig für den Fall, dass eine Berechnung des Schadens auf Ebene des Betriebes nicht möglich ist, weil der Betroffene keine entsprechenden Daten (zum Beispiel in den Buchabschlüssen) bereithält. Dem entsprechen auch Nummer 5.3 Satz 3 und 4 des Durchführungserlasses und Nummer 3 Buchstabe d des Merkblatts. Danach wird der Schaden auf der Basis von durch das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium festgesetzten regionalen Referenzwerten berechnet; für den Fall, dass betriebsindividuelle Buchführungsdaten vorliegen, sind diese aber vorrangig heranzuziehen. Darüber hinaus kann ein größerer Verlust anerkannt werden, sofern ein Antragsteller diesen anhand belastbarer Unterlagen einen größeren Verlust nachweist (Nummer 5.3 Satz 5 des Durchführungserlasses). Dass für die Berechnung der Erlöse 2018 auf standardisierte Werte zurückgegriffen wird, ist nicht zu beanstanden. Denn für 2018 sind betriebsindividuelle Daten nicht vorhanden.

Dass möglichst betriebsindividuelle Daten und möglichst wenig standardisierte Werte heranzuziehen sind, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass eine Existenzgefährdung in der Regel nur vorliegt, wenn der Schaden größer ist als der Cash-Flow III. Der Cash-Flow III gibt die konkrete individuelle Liquidität des landwirtschaftlichen Betriebes an. Zu dessen Berechnung werden insbesondere betriebsbezogene Daten aus den Buchabschlüssen herangezogen. Dann überzeugt es nicht, wenn die Beklagte dem höchst betriebsindividuellen Cash-Flow III einen Schaden gegenüberstellt, der sich vor allem aus Standardwerten ergeben soll, die die individuelle Lage des landwirtschaftlichen Betriebes kaum abbilden. Dies ist umso weniger plausibel, wenn betriebsindividuelle Daten vorhanden sind und es Berechnungsmethoden gibt, die die betriebsindividuelle Lage zutreffender abbilden. Einen plausiblen Grund dafür, gleichwohl vermehrt auf standardisierte Werte zurückzugreifen, hat weder die Beklagte dargetan noch ist ein solcher sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Kostentragungspflicht der Beklagten ergibt sich zudem aus § 155 Absatz 4 VwGO. Zum einen hat sie den Kläger zur Klage veranlasst, weil aus dem Ablehnungsbescheid nicht ersichtlich ist, wie die Beklagte den abweichenden Schaden berechnet hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO. Die Zulassung der Berufung ergibt sich aus § 124 Absatz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.