Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 27.05.2020, Az.: 6 A 1098/19

Dürre 2018; Dürrebeihilfe; Ermessen; Gesamteinkünfte; gewerbliche nichtlandwirtschaftliche Einkünfte; Hofübergabe; landwirtschaftliche Einkünfte; landwirtschaftlicher Betrieb; Prosperität; 35-Prozent-Grenze und Prosperität im Rahmen der Dürrebeihilfe 2018

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
27.05.2020
Aktenzeichen
6 A 1098/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 23987
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2020:0527.6A1098.19.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Dürrebeihilfe 2018 handelt es sich um eine freiwillige Leistung, auf die der Kläger keinen gebundenen Anspruch hat. Er hat lediglich einen Anspruch darauf, dass die Beklagte über seinen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet.

  2. 2.

    Die gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte des Klägers betragen nicht mehr als 35 % der Gesamteinkünfte. Da der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb im Referenzzeitraum noch nicht geführt hat, sondern erst danach übernommen hat, sind die landwirtschaftlichen Einkünfte des Hofübergebers im Referenzzeitraum heranzuziehen. In Bezug auf die gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte ist auf den Kläger abzustellen.

  3. 3.

    Bei der Prosperität wird die Beklagte zu entscheiden haben, ob sie auf die persönlichen Verhältnisse des Klägers oder auf die des Hofübergebers abstellt. Hiervon wird es abhängen, ob die Dürrebeihilfe zu kürzen ist oder nicht.

[Tatbestand]

Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Dürrebeihilfe für das Antragsjahr 2018.

Im Juni 2009 wurde die H. UG (haftungsbeschränkt) & Co.KG gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Errichtung und der Betrieb von Biogasanlagen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Kommanditisten sind der Kläger und Herr I. J.. Bis zum 01.07.2017 war ebenfalls der Vater des Klägers Kommanditist. Einzige persönlich haftende Gesellschafterin ist die H. UG (haftungsbeschränkt). Deren Gegenstand ist die Verwaltung u. a. der H. UG & Co.KG. Gesellschafter der H. UG (haftungsbeschränkt) ist der Kläger.

In 2017 übernahm der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters, L. H., in M.. Diesen führt der Kläger als Einzelunternehmer.

Am 29.11.2018 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung der Dürrebeihilfe. Dabei gab er für 2014 bis 2016 durchschnittliche Gesamteinkünfte von 37.942 Euro und durchschnittliche gewerbliche nichtlandwirtschaftliche Einkünfte von 30.782 Euro an.

Mit Bescheid vom 11.07.2019 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Dürrebeihilfe lägen nicht vor. Die gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte im Referenzzeitraum 2014 bis 2016 würden einen Anteil von 35 % der Gesamteinkünfte übersteigen. Von durchschnittlichen Gesamteinkünften von 37.942 Euro habe der Kläger gewerbliche nichtlandwirtschaftliche Einkünfte von durchschnittlich 30.782 Euro erzielt. Das mache 81,13 % der Gesamteinkünfte aus.

Hiergegen hat der Kläger am 12.08.2019 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass die Beklagte zunächst selbst davon ausgegangen sei, dass er die Fördervoraussetzungen erfülle. In den Verwaltungsvorgängen finde sich ein handschriftlicher Vermerk des Sachbearbeiters, wonach die 35-Prozent-Grenze bei Gesamteinkünften von unter 70.000 Euro keine Rolle spiele. Es sei nicht ersichtlich, warum die Beklagte die Dürrebeihilfe trotzdem abgelehnt habe.

Hinzu komme, dass der hohe Anteil der gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte ausschließlich auf dem Umstand beruhe, dass er den landwirtschaftlichen Betrieb erst 2017 von seinem Vater übernommen habe. Er habe zuvor keine landwirtschaftlichen Einkünfte gehabt. Dem habe die Beklagte nicht ausreichend Rechnung getragen.

Soweit die Beklagte Einkünfte des Vaters bei der Berechnung des Cash-Flow berücksichtige, bei den gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünften aber nicht, sei dies nicht nachvollziehbar. Die Einkünfte seines Vaters aus dem Landwirtschaftsbetrieb seien vielmehr vollumfänglich zu berücksichtigen, also auch bei den gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünften. Es sei nicht plausibel, warum Einkünfte aus dem Landwirtschaftsbetrieb im maßgeblichen Zeitraum nicht relevant seien, wenn es doch um die Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Betriebes gehe. So gehe auch die Beklagte davon aus, dass der Kläger den Betrieb seines Vaters kontinuierlich fortführe. Die Beklagte habe von ihrem in Nummer 4.2 eingeräumten Ermessen Gebrauch machen müssen und die Berechnung der 35-Prozent-Grenze um die Ergebnisse des Landwirtschaftsbetriebes aus 2014 bis 2016 erweitern müssen. Sinn und Zweck der 35-Prozent-Grenze sei es, Fälle auszuschließen, in denen die Landwirtschaft bloße Liebhaberei sei oder aber die Verluste in der Landwirtschaft durch hohe, zusätzliche gewerbliche Einkünfte ausgeglichen werden könnten. Dies sei bei ihm nicht der Fall.

Bei Ausblendung der Einkünfte aus dem (damals väterlichen) Landwirtschaftsbetrieb dürften im Umkehrschluss konsequenterweise die von der Beklagten einbezogenen schädlichen Gewerbeeinkünften des Klägers aus diesen Jahren nicht berücksichtigt werden. Denn bei der Betrachtung der Beklagten bestünde keinerlei Beziehung zwischen beiden Einkunftsquellen.

Die Beklagte sei im behördlichen Verfahren in der Lage gewesen, die fehlenden Einkünfte des Vaters des Klägers einzubeziehen. Diese hätte sie aus den Jahresabschlüssen 2014/2015 bis 2016/2017 ermitteln können. Der Kläger verweist auf eine von ihm erstellte Berechnung. Würden diese Einkünfte ergänzend berücksichtigt, ergäbe sich lediglich ein Anteil der gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte von 28,79 %.

Der Kläger erfülle auch die übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung der Dürrebeihilfe, insbesondere die im Zusammenhang mit der Prosperität. Dass der Kläger ledig sei, sei unerheblich. Denn es sei auf seinen Vater abzustellen, der verheiratet sei. Deshalb gelte ein "Freibetrag" von 120.000 Euro. Wenn es beim Anteil der gewerblichen Einkünfte auf die Einkünfte seines Vaters ankomme, seien bei der Prosperität konsequenterweise auch seine Verhältnisse zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 11. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2018 eine Dürrebeihilfe von 65.351,15 Euro zu bewilligen und dem Kläger Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Ablehnungsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass bei der Berechnung der Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen der Zeitraum von 2014 bis 2016 maßgeblich sei. Die dementsprechende Auslegung der Nummer 4.2 Absatz 4 Spiegelstrich 3 der Verwaltungsvereinbarung sei im Rahmen eines Arbeitsgespräches mit dem Landwirtschaftsministerium am 25.10.2018 erfolgt. Um eine einheitliche Vorgehensweise sicherzustellen, sei die Berechnung des Cash-Flow-III, der Prosperitätsgrenze und der 35-Prozent-Grenze am selben Zeitraum zu messen. Dies sei der 2018 vorangegangene Dreijahreszeitraum. Die Buchführung 2017/2018 habe im Zeitpunkt der Antragstellung in vielen Fällen noch nicht vorgelegen. Um eine Vergleichbarkeit im Massenverfahren zu gewährleisten, seien daher einheitlich die Buchführungsabschlüsse 2014/2015 bis 2016/2017 maßgeblich. Bei den Einkommensteuerbescheiden betreffe dies die Bescheide für 2014, 2015 und 2016. Durch den Dreijahresdurchschnitt würden "Ausschläge" einzelner Jahre ausgeschlossen. Dies ermögliche eine belastbare Grundlage für die Beurteilung der Einkommenssituation der Unternehmen. Jene Vorgaben seien in die Antragsvordrucke und das Merkblatt integriert sowie als Anlage zum Erlass vom 01.11.2018 veröffentlicht worden. Dem Kläger sei die Regelung daher bekannt gewesen.

Grundsätzlich seien die Einkünfte der Antragsteller für die Ermittlung der Prosperität und der gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte maßgeblich. Dies ergebe sich aus Nummer 4.2 Spiegelstrich 3 der Verwaltungsvereinbarung, wonach auf die gewerblichen Einkünfte und die Gesamteinkünfte des antragstellenden Unternehmers abgestellt werde und nicht auf die Einkünfte des landwirtschaftlichen Unternehmens. Daher sei es gerechtfertigt, bei der Berechnung des Cash-Flow III andere Daten zu Grunde zu legen als der Berechnung der 35-Prozent-Grenze.

Dies gelte auch für Antragsteller, die in den maßgeblichen Jahren noch nicht über landwirtschaftliche Einkünfte verfügten, weil sie die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit erst später aufgenommen haben. Daher seien die Einkünfte des Klägers berücksichtigt worden. Dieser habe Einkünfte aus einer gewerblichen Biogasanlage, deren Geschäftsführer er sei, bezogen. Über diese Einkünfte verfüge der Kläger voraussichtlich noch heute. Dies rechtfertige es, jene Einkünfte bei der Ermittlung des Cash-Flow III ebenfalls zu berücksichtigen. Bei der Frage der Existenzgefährdung habe die Beklagte zudem die Unternehmensdaten aus den Buchabschlüssen des Vaters berücksichtigt. Damit habe sie die Schäden der durch die Dürre gefährdeten Unternehmen möglichst betriebsindividuell ermitteln wollen. Dabei sei sie davon ausgegangen, dass der Kläger das landwirtschaftliche Unternehmen kontinuierlich weiterführe.

Da der Vater des Klägers nicht Antragsteller sei, könnten seine Einkünfte nicht berücksichtigt werden. Zudem sei eine Einbeziehung jener Einkünfte bei der 35-Prozent-Grenze anhand der Buchabschlüsse 2014/2015 bis 2016/2017 nicht sachgerecht, weil es bei der landwirtschaftlichen Gewinnermittlung steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten geben könne. Angaben zu weiteren Einkünfte des Vaters des Klägers fehlten aber.

Bei der Berechnung des Cash-Flow III sei nach dem Antragsvordruck vorgesehen, auch die weiteren nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte des Antragstellers miteinzubeziehen. Der Antragsvordruck sei Bestandteil des Durchführungserlasses vom 01.11.2018. Um etwaige nichtlandwirtschaftliche Einkünfte nicht doppelt zu berücksichtigen, würden nur die maximalen Werte berücksichtigt. Dies sei der sehr heterogenen Erfassung der Einlagen und Entnahmen der jeweiligen Buchabschlüsse geschuldet.

Zu Beginn des Antragsverfahrens sei auf Bund-Länder-Ebene noch ungeklärt gewesen, ob es für die 35-Prozent-Grenze einen Sockelbetrag geben solle. Daher seien potentielle Antragsteller nicht von vornherein ausgeschlossen worden. Mit Erlass vom 14.12.2018 sei die Ausweitung ausgesetzt und mit Erlass vom 29.05.2019 endgültig aufgehoben worden. Nach letzterem solle die Verwaltungsvereinbarung streng angewendet werden.

Schließlich sei fraglich, ob bei einer Betriebsgröße von 350 ha und durchschnittlichen Einkünften von 106.910,55 Euro noch eine Bedürftigkeit bestehe.

Mit Schriftsatz vom 22.05.2020 hat der Kläger die Einkommensteuerbescheide seines Vaters und dessen Ehefrau für die Jahre 2014 bis 2016 vorgelegt. Diese weisen für 2014 landwirtschaftliche Einkünfte von 52.345 Euro, für 2015 von 36.986 Euro und für 2016 von 110.718 Euro aus.

Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung am 27.05.2020 wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (BA 001) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Ablehnung der Gewährung einer Dürrebeihilfe mit Bescheid der Beklagten vom 11.07.2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn der Kläger hat einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Dürrebeihilfe (§ 113 Absatz 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

I. Die Dürrebeihilfe 2018 ist gesetzlich nicht geregelt, sondern erfolgt auf der Grundlage der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erlassenen Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse vom 26.08.2015 - Rahmenrichtlinie - (BAnz AT 31.08.2015 B4). Diese Richtlinie ist der Europäischen Kommission als Beihilferegelung notifiziert worden. Auf dieser Rahmenrichtlinie beruhen die Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern über die Beteiligung des Bundes an Hilfsprogrammen der Länder für landwirtschaftliche Unternehmen, die durch die Folgen der Dürre 2018 in ihrer Existenz gefährdet sind, vom 08.10.2018 und vom 18.04.2019 (VV). In diesen Verwaltungsvereinbarungen heißt es, dass die deutsche Rahmenrichtlinie auf die "vorliegende" Vereinbarung jeweils "vollumfänglich" Anwendung findet, es sei denn, dass die Vereinbarung strengere Bestimmungen enthält.

II. Ein - gebundener - Anspruch auf die Bewilligung der Dürrebeihilfe steht dem Kläger danach nicht zu. Die Dürrebeihilfe ist eine freiwillige Leistung. Die jeweilige Bewilligungsstelle entscheidet nach Antragstellung aufgrund pflichtgemäßen Ermessens und nach Maßgabe der Rahmenrichtlinie und, soweit diese strenger sind, der VV. Die Gewährung der Zuwendung steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel (Nummer 1.2 der Rahmenrichtlinie). Das Ermessen, das der Beklagten dabei zusteht, ist nicht auf Null reduziert. Dazu hat der Kläger nichts dargelegt.

Die Beklagte hat ihr Ermessen in Bezug auf die 35-Prozent-Grenze nicht fehlerfrei ausgeübt. Dabei ist es zwar nicht zu beanstanden, dass sie die Regelung in Nummer 4.2 letzter Absatz dritter Spiegelstrich VV herangezogen hat. Allerdings ist die konkrete Anwendung durch die Beklagte nicht fehlerfrei erfolgt. Denn sie hat von ihrem Ermessen nicht willkürfrei Gebrauch gemacht, indem sie bei der Berechnung der 35-Prozent-Grenze ausschließlich auf die Einkünfte des Klägers abgestellt hat und die landwirtschaftlichen Einkünfte von dessen Vater im Referenzzeitraum nicht miteinbezogen hat. Denn in Bezug auf die landwirtschaftlichen Einkünfte kommt es auf diejenigen Einkünfte an, die aus dem landwirtschaftlichen Betrieb hervorgegangen sind.

1. Da der landwirtschaftliche Betrieb im Referenzzeitraum vom Vater des Klägers geführt worden ist, sind die landwirtschaftlichen Einkünfte des Vaters des Klägers aus den Jahren 2014, 2015 und 2016 maßgeblich.

Soweit die Beklagte vorträgt, es seien auch dann die Einkünfte der Antragsteller zu Grunde zu legen und nicht die des Hofübergebers, wenn der Antragsteller den landwirtschaftlichen Betrieb erst später übernommen hat, vermag dies jedenfalls im Falle des Klägers bezogen auf die landwirtschaftlichen Einkünfte nicht zu überzeugen. Denn der Kläger hat im gesamten Referenzzeitraum keine landwirtschaftlichen Einkünfte erzielt, weil er den landwirtschaftlichen Betrieb im maßgeblichen Zeitraum zu keiner Zeit, auch nicht zeitweilig, geführt hat. Vielmehr hat er den Hof erst 2017 übernommen.

Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass auf die Einkünfte des Antragstellers abgestellt worden sei, um das Verwaltungsverfahren möglichst einfach zu gestalten und den Sachbearbeitern klare Vorgaben machen zu können, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Beklagte einen gewissen Spielraum in Bezug auf die Gestaltung des Verwaltungsverfahren bei Ermessensentscheidungen hat, um insbesondere mit Massenverfahren praktikabel umzugehen. Allerdings ist es nicht ersichtlich, dass durch die Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Einkünfte des Hofübergebers das Verwaltungsverfahren komplizierter wird. Ob die Beklagte die landwirtschaftlichen Einkünfte aus dem Einkommensteuerbescheid des Antragstellers oder dem des Hofübergebers übernimmt, ist bezogen auf den Verwaltungsaufwand ohne Bedeutung. Obgleich dies eine zusätzliche Vorgabe für die zuständigen Sachbearbeiter bedeutet, führt allein dies aber nicht zu einem "schwammigen" Verfahren. Denn das Verfahren wird dadurch nicht komplizierter und die zu verwendenden Daten nicht weniger eindeutig. Die Argumentation der Beklagten überzeugt auch deshalb nicht, weil sie bei der Berechnung des Cash-Flow III Daten des Hofübergebers berücksichtigt. Warum das Verwaltungsverfahren trotz der dortigen Berücksichtigung der Daten des Hofübergebers einfach sein soll und klare Vorgaben an die Sachbearbeiter habe gemacht werden können, dies aber bei der Einbeziehung der landwirtschaftlichen Einkünfte des Hofübergebers bei der Berechnung der 35-Prozent-Grenze nicht der Fall sein soll, ist nicht plausibel.

Im maßgeblichen Zeitraum von 2014 bis 2016 wurde der landwirtschaftliche Betrieb vom Vater des Klägers geführt. Die Einkommensteuerbescheide von L. H. und seiner Ehefrau weisen für 2014 landwirtschaftliche Einkünfte von 52.345 Euro, für 2015 von 36.986 Euro und für 2016 von 110.718 Euro aus. Dies ergibt durchschnittliche landwirtschaftliche Einkünfte von 66.683 Euro.

Dass der Kläger die Einkommensteuerbescheide seines Vaters erst am 20.05.2020 vorgelegt hat, führt nicht dazu, dass die Ablehnung seines Antrages auf Gewährung einer Dürrebeihilfe rechtmäßig ist. Daran ändert es nichts, dass Anträge auf Bewilligung der Dürrebeihilfe bis zum 30.11.2018 eingereicht worden sein müssen und Änderungsanträge unzulässig sind (Nummer 8.1 Satz 1 und Satz 3 des Durchführungserlasses zur Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Bewältigung von Dürreschäden 2018 in landwirtschaftlichen Unternehmen aus Niedersachsen und Bremen vom 01.11.2018). Denn der Kläger konnte nicht wissen, dass es maßgeblich auf die landwirtschaftlichen Einkünfte seines Vaters ankommt. In dem Durchführungserlass, dem Merkblatt der Beklagten vom 12.11.2018 und den Vordrucken werden zum Fall der Hofübergabe keine Ausführungen gemacht. Dass die Beklagte bei der Berechnung der 35- Prozent-Grenze auf falsche Daten abgestellt hat, kann dem Kläger bei der Frage nach vollständigen Antragsunterlagen nicht zum Nachteil gereichen. Denn: Hätte die Beklagte von Anfang an auf die landwirtschaftlichen Einkünfte des Vaters des Klägers abgestellt, hätte sie - wie teilweise in anderen Verfahren - die Einkommensteuerbescheide des Vaters nachgefordert oder hierauf in den Antragsunterlagen hinweisen müssen. Dass die Beklagte das in der Vergangenheit getan hat, ist gerichtsbekannt. Denn in einem anderen - bereits abgeschlossenen - Gerichtsverfahren (6 A N.) lagen die Einkommenssteuerbescheide nicht vollständig vor. Die Beklagte hat dort den fehlenden Einkommensteuerbescheid nachgefordert. Zudem hat die Beklagte selbst erklärt, in einigen Verfahren Unterlagen nachgefordert zu haben. Dann kann für den Fall des Klägers nichts Anderes gelten, wenn die Beklagte von Anfang an auf die richtigen landwirtschaftlichen Einkünfte abgestellt hätte.

2. In Bezug auf die gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte hat die Beklagte mit Recht auf die des Klägers aus 2014 bis 2016 abgestellt. Denn es ist davon auszugehen, dass diese dem Kläger auch im Dürrejahr 2018 zur Verfügung standen und zum Ausgleich der Verluste in der Landwirtschaft hätten verwendet werden können. Außerdem kann mit den gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünften des Klägers festgestellt werden, ob die Landwirtschaft für ihn ab der Hofübergabe eine bloße Liebhaberei ist.

Die gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte des Vaters des Klägers sind grundsätzlich nicht miteinzubeziehen. Denn bei den gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünften des Vaters kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese dem Kläger im Dürrejahr 2018 zur Verfügung standen und er diese zum Ausgleich der Verluste in der Landwirtschaft habe einsetzen können. Der Kläger hat zwar den landwirtschaftlichen Betrieb übernommen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass er auch die den gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünften zu Grunde liegenden Anlagen und Tätigkeiten seines Vaters übernommen hat. Hierzu hat insbesondere der Kläger nichts vorgetragen.

Dies zu Grunde gelegt, betragen die gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte des Klägers nicht mehr als 35 Prozent der hier maßgeblichen Gesamteinkünfte. Denn der Anteil der durchschnittlichen gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte beträgt 31,58 % (= 30.782 Euro / 97.465 Euro x 100). Dies ergibt sich aus Folgendem:

201420152016Durchschnitt
landwirtschaftliche Einkünfte des Vaters52.345 Euro36.986 Euro110.718 Euro66.683 Euro
gewerbliche nichtlandwirtschaftliche Einkünfte d. Klägers38.685 Euro15.490 Euro38.172 Euro30.782 Euro
Summe91.030 Euro52.476 Euro148.890 Euro97.465 Euro

Ob dabei die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von jährlich 7.160 Euro einzubeziehen sind, kann dahinstehen. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würden sich die Gesamteinkünfte um 7.160 Euro erhöhen und der Anteil der gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte würde sinken. Da der Kläger danach die 35-Prozent-Grenze nicht überschreitet, kommt es nicht darauf an, dass sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass die Einkünfte des Klägers laut Einkommensteuerbescheid für 2018 insgesamt 81.000 Euro betragen haben.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass es fraglich sei, ob beim Kläger mit einer Betriebsgröße von 350 ha und sich aus den Buchabschlüssen ergebenen durchschnittlichen Einkünften von 106.910,55 Euro überhaupt eine Bedürftigkeit bestehe, vermag das Gericht dem in dieser Pauschalität nicht zu folgen. Denn damit handelt die Beklagte willkürlich. Das Gericht verkennt nicht, dass der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessensausübung ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Gleichwohl kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf allgemeine Zweifel in Bezug auf dessen Existenzgefährdung berufen, wenn sie die Existenzgefährdung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung an bestimmten Kriterien misst und der Kläger diese Kriterien erfüllt.

Im Weiteren wird die Beklagte zu prüfen und zu beurteilen haben, ob der Kläger die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung einer Dürrebeihilfe erfüllt, insbesondere die Prosperität. In Bezug auf die Prosperität kommt es nach Auffassung des Gerichts maßgeblich darauf an, auf wessen persönliche Verhältnisse die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung abstellt: auf die des Klägers oder auf die vom Vater des Klägers. Denn bei Einzelunternehmen darf die Summe der positiven Einkünfte bei Ledigen nicht mehr als 90.000 Euro und bei Verheirateten nicht mehr als 120.000 Euro betragen (Nummer 6.2 VV sowie Nummer 2 Buchstabe h und Nummer 5 Buchstabe c des Merkblatts). Unter Einbeziehung der landwirtschaftlichen Einkünfte des Vaters des Klägers beträgt die Summe der durchschnittlichen positiven Einkünfte 97.465 Euro. Dem Gericht ist es verwehrt, diesbezüglich eigene Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen. Denn dies ist Aufgabe der Beklagten, weil es sich bei der Bewilligung der Dürrebeihilfe um eine Ermessensentscheidung handelt und das Gericht im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO lediglich prüfen darf, ob die Beklagte ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Da die Beklagte den Antrag des Klägers wegen der vermeintlichen Überschreitung der 35-Prozent-Grenze abgelehnt hat, hat sie ersichtlich keine Überlegungen dazu angestellt, auf welche persönlichen Verhältnisse es bei der Frage nach der Prosperität ankommt.

Aus diesem Grund hat die Klage auch keinen Erfolg, soweit der Kläger die Bewilligung einer Dürrebeihilfe in einer konkreten Höhe beantragt hat. Deshalb hat der Kläger auch keinen Zinsanspruch gemäß § 291 in Verbindung mit § 288 Absatz 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Die Kostentragungspflicht des Klägers ergibt sich daraus, dass er die Bewilligung der Dürrebeihilfe in konkreter Höhe beantragt hat, seine Klage aber nur in Bezug auf eine Neubescheidung Erfolg hat. Das Gericht hält es auch deshalb für sachgerecht, dass der Kläger einen Teil der Kosten zu tragen hat, weil allein eine erneute Entscheidung über seinen Antrag noch nicht zwingend die Bewilligung einer Dürrebeihilfe zur Folge hat. Dies hängt vielmehr von der Prüfung der Beklagten in Bezug auf die Prosperität ab. Soweit der Kläger obsiegt, also in Bezug auf eine erneute Entscheidung über seinen Antrag, hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nummer 11, 711 der Zivilprozessordnung. Die Zulassung der Berufung ergibt sich aus § 124 Absatz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine der ersten gerichtlichen Entscheidung zur Dürrebeihilfe 2018 in Bezug auf die 35-Prozent-Regelung.