Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 25.05.2020, Az.: 3 A 3275/17

Charakterliche Eignung; Entlassung aus der Bundeswehr; freiheitliche demokratische Grundordnung; Unrechtsstaat; Beendigung des Dienstverhältnisses durch Entlassung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
25.05.2020
Aktenzeichen
3 A 3275/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 63706
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2020:0525.3A3275.17.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Ruft eine Feldwebelanwärterin im Internet zum Sturz einer demokratisch gewählten Regierung auf, so rechtfertigt dies ihre Entlassung nach § 55 Abs. 4 S. 2 SG.

  2. 2.

    Tätigt eine Soldatin private Äußerungen gegenüber einem Dritten, die ernstliche Zweifel an ihrer Bereitschaft, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten begründen, liegt keine Verletzung der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes vor, wenn der Dritte die Bundeswehr über den Inhalt der Aussagen informiert, da das Interesse des Dienstherren an der Sicherstellung der Verfassungstreue seiner Soldatinnen und Soldaten höher zu bewerten ist, als das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Soldatin aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG.

[Tatbestand]

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Entlassung der Klägerin aus der Bundeswehr.

Die Klägerin war vom 1. Oktober 2003 bis zum 30. September 2011, zuletzt im Dienstgrad eines Stabsunteroffiziers, Soldatin der Bundeswehr. Mit Erklärung vom 14. Februar 2013 verpflichtete sich die Klägerin erneut als Soldatin auf Zeit. Am 22. März 2013 wurde sie unter Berufung auf das Dienstverhältnis einer Soldatin auf Zeit zum Stabsunteroffizier/Feldwebelanwärterin ernannt.

Am 11. Juni 2017 postete die Klägerin unter ihrem vollständigen Namen auf ihrem privaten Facebook-Profil mehrere Fotos sowie den Text:

"Überlegt mal ob das noch dass Land ist in dem unsere Großeltern lebten. Und ob es das Land ist in dem wir leben und vielleicht Kinder großziehen wollen! Für alle die den Knall noch nicht gehört haben: bewegt eure Ärsche und erhebt euch endlich gegen den Unrechtsstaat!"

Am selben Tag kontaktierte die Klägerin über den Facebook Messenger den ehemaligen Reservisten H., den die Klägerin einige Jahre zuvor auf einer Wehrübung kennen gelernt hatte. Die Klägerin schrieb diesem, sie habe sich einer Bürgerinitiative angeschlossen, deren Mitglieder Angst vor Terroranschlägen und Vergewaltigungen hätten. Für diese Gruppierung wolle sie von I. Schreckschusswaffen und eventuell auch eine "scharfe" Waffe gegen Bezahlung besorgen. J. schrieb der Klägerin, hierzu mit dieser am nächsten Tage telefonieren zu wollen.

Im darauf stattfindenden Telefonat vom 12. Juni 2017 erklärte J. der Klägerin, dass er ihr aufgrund seines Fachwissens als Ausbilder und Dozent an der K. die rechtlichen Möglichkeiten zum Erlangen und dem Besitz von sogenannten Schreckschusswaffen bzw. "scharfen" Waffen erläutern könne. Hierbei ging er auch darauf ein, dass ein Verstoß gegen die jeweiligen Vorschriften für die Klägerin sowohl dienst- als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne.

Im weiteren Telefonat erörterte J. mit der Klägerin die Gründe für ihr Verlangen nach (Schreckschuss-)Waffen. Die Klägerin wiederholte ihre Aussagen aus dem Chat vom Vortag und fragte in diesem Zusammenhang nach, ob Waffen registriert würden. Dies bejahte J.. Auf Nachfrage, wofür die Klägerin die "scharfe" Waffe benötige, gab die Klägerin an, diese für ihren Eigenschutz anschaffen zu wollen. Auf die Empfehlung L., sich in einem Schützenverein anzumelden und nach Erfüllung der entsprechenden Vorbedingungen legal eine Waffe zu erwerben, erklärte die Klägerin, dass ihr dies zu umständlich und bürokratisch sei.

Weiter sagte die Klägerin in dem Gespräch, dass die Regierung ausgetauscht werden müsse und "aus den eigenen Reihen" ersetzt werden sollte, um wieder mehr Demokratie für die Bürger zu schaffen. Auf das Vorhalten L., dass die Bürger bei den Wahlen ihre Vertreter selber mitbestimmen könnten, antwortete die Klägerin, dass sie die Wahlen als sowieso manipuliert ansehe und die Rechte der Bürger auch immer mehr eingeschränkt würden.

J. meldete den Kontakt zur Klägerin unter Vorlage von Screenshots (Bl. 21 bis 27 und Bl. 29 der Akte zur Entlassung der Klägerin - BA002) sowie Vorlage eines Telefonprotokolls (Bl. 32 BA002) bei der ihm nächstgelegenen Dienststelle der Bundeswehr.

Diese leitete die Dokumente an den Militärischen Abschirmdienst weiter. Das Feldjägerdienstkommando Munster leitete daraufhin Ermittlungen gegen die Klägerin wegen Verdachts eines Verstoßes gegen § 8 Soldatengesetz (SG) ein.

Am 27. Juni 2017 vernahm das Feldjägerdienstkommando die Klägerin. In ihrer Vernehmung räumte die Klägerin ein, sowohl den Post, als auch die Nachrichten auf Facebook verfasst zu haben, die Formulierung im Chatverlauf sei allerdings "unglücklich ausgedrückt" gewesen. Sie bestätigte auch die Aussagen aus dem Telefonprotokoll des I..

Die Klägerin erklärte weiter, dass ihrer Ansicht nach die Politik am Bürger vorbei ginge, die Medien gekauft und die Demokratie gefährdet seien. Bürger würden nicht an Änderungen der Gesetze beteiligt, diese würden "am Volk vorbei" entschieden und geändert. Die Klägerin bestätigte auf Nachfrage, dass ihrer Ansicht nach das politische System der Bundesrepublik Deutschland ein so gravierendes Demokratiedefizit aufweise, dass ihr und der Bewegung "Der Marsch 2017" ein Widerstandsrecht nach Art. 20 Absatz 4 GG zustünde. Auf die Vorhaltung der Programmatik der Bewegung "der Marsch 2017" durch den vernehmenden Offizier, nach der das Sozialsystem der Bundesrepublik "geplündert" werde, erklärte die Klägerin, sich nicht weiter äußern zu wollen und sich einen Anwalt zu nehmen.

Die Bewegung "Der Marsch 2017" war eine Facebook-Gruppe, deren Hauptprogrammpunkt ein geplanter Marsch von mindestens 500.000 Menschen vor das Kanzleramt in Berlin war. Dieser Marsch sollte die Bundesregierung zum Rücktritt bewegen. Nach dem Programm der Gruppe sollte sodann eine grundlegende Veränderung des politischen Systems durch eine "Verfassungsgebende Versammlung" erfolgen. Im April 2016 formulierte der Gruppengründer die geplanten Maßnahmen auf Facebook unter anderem folgendermaßen:

"Beschlagnahme der Medien incl. der TV Sendestationen sowie sofortige Verhaftung der Chefredaktionen und verhängen von Hausarresten gegenüber diesen Personen bis zum Prozessbeginn. Verbot aller Parteien, Beschlagnahme des Parteienvermögens und Inhaftierung der Parteispitzen."

Unter den bekannten Mitgliedern von "Der Marsch 2017" befanden sich zahlreiche Rechtsextremisten, religiöse Fundamentalisten und sogenannte "Reichsbürger". Es bestanden verschiedene Kontakte zu diversen rechtsextremen bzw. christlich-fundamentalistischen Gruppen. Neben Homophobie und einem pseudowissenschaftlichen Rassenbild wurde die Programmatik von "Der Marsch 2017" von klassischer "Reichsbürger"-Ideologie geprägt, nach der es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um keinen souveränen Staat, sondern ein zivilrechtliches Konstrukt handele. Die Bewegung löste sich Ende 2017 bzw. Anfang 2018 weitestgehend selbst auf, die zentral handelnden Akteure traten jedoch im Folgenden in ähnlichen Gruppierungen erneut auf.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zu deren beabsichtigter Entlassung nach § 55 Absatz 4 Satz 2 SG an. Zur Begründung bezog sie sich auf den Facebook Status bzw. die Facebook Nachrichten der Klägerin, sowie deren Telefonat mit I.. Diese würden darauf schließen lassen, dass die Klägerin charakterlich für eine Laufbahn als Feldwebel ungeeignet sei. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Stellungnahme vom 20. Juli 2017 befürwortete der Hauptmann M. als nächster Disziplinarvorgesetzter der Klägerin deren Entlassung. Auch der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte und die Vertrauensperson der Klägerin sprachen sich in ihren Stellungnahmen für deren Entlassung aus. Mit Schreiben vom 25. Juli 2017 wurde der Klägerin zudem nach § 22 SG die weitere Ausübung des Dienstes verboten.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2017 nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu ihrer beabsichtigten Entlassung Stellung. Eine Entlassung aus dem Dienstverhältnis gemäß § 55 Absatz 4 Satz 1 SG käme nicht in Betracht, da die Klägerin bereits mehr als vier Jahre Dienst geleistet habe. Im Übrigen scheide eine Entlassung aus, da die Klägerin nach wie vor für den Dienst als Feldwebel charakterlich geeignet sei. Die allgemeine Frage nach dem Erwerb von Schusswaffen an einen Fachmann sei weder ein Straftatbestand noch eine Dienstpflichtverletzung, da es in Deutschland jedem offenstehe, bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen Waffen zu besitzen. Die Klägerin habe zudem die Frage im Privaten und ohne dienstlichen Bezug gestellt, sodass die Belange der Bundeswehr nicht betroffen seien. Auch das Feldjägerdienstkommando habe eine Strafbarkeit des Verhaltens der Klägerin verneint. Im Übrigen seien Waffen bei Aufnahme entsprechender Kontakte an geeigneten Orten innerhalb weniger Stunden zu erhalten. Weder die militärische Ordnung, noch das Ansehen der Bundeswehr seien durch die Aussagen oder Fragen der Klägerin beeinträchtigt gewesen. Die Klägerin habe sich zwar der Bürgerinitiative "Der Marsch 2017" angeschlossen, diese Bürgerbewegung sei aber ausweislich der Beurteilung des Feldjägerdienstkommandos weder auf dem Index des Militärischen Abschirmdienstes, noch des Bundesamts für Verfassungsschutz zu finden. Die Gruppe sei keiner eindeutigen politischen Richtung zuzuordnen. Auch würden die konkret von der Klägerin geäußerten Thesen nicht die Voraussetzungen erfüllen, die notwendig seien, eine vorzeitige Entlassung aus dem Dienstverhältnis zu verfügen. Aus den Thesen lasse sich lediglich eine gewisse Unzufriedenheit ableiten, jedoch keine verfassungsfeindliche Tendenz oder Radikalisierung. Diese Unzufriedenheit sei im Übrigen bei Soldaten aller Dienstgradgruppen bis hin zu Flaggoffizieren festzustellen. Soweit die Klägerin auf Missstände hinwiese und dazu aufrufe, sich gegen diese "zu erheben", mache sie nicht nur von einem staatsbürgerlichen Recht Gebrauch, sondern erfülle auch die Forderung der Bundesministerin für Verteidigung, die Soldaten zum Widerspruch ermuntert und aufgefordert habe, Missstände zu bezeichnen und Mitglied einer kritischen Demokratie zu sein. Aus der Presse sei ersichtlich, dass in der Bundesrepublik Deutschland täglich Unrecht festgestellt würde. Dass die Klägerin dazu aufrufe, dieses Unrecht zu beseitigen, entspräche ihrer staatsbürgerlichen Pflicht. Die Klägerin stünde nach wie vor zu ihrem Diensteid.

Mit Entlassungsverfügung vom 14. August 2017 entließ die Beklagte die Klägerin auf Grundlage des § 55 Abs. 4 S. 2 SG aus der Bundeswehr. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Klägerin fehle dauerhaft die charakterliche Eignung zum Feldwebel. Bei der Betrachtung der charakterlichen Eigenschaften sei die Persönlichkeit des Soldaten ausschlaggebend. Insbesondere die persönliche Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit und die auf verantwortliches Handeln bezogenen Persönlichkeitsmerkmale stellten die Grundpfeiler der charakterlichen Eignung eines Soldaten dar. Die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten könne durch sein Verhalten bereits dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Redlichkeit, Zuverlässigkeit oder moralischen Integrität wecke. Das Verhalten der Klägerin erwecke ernsthafte Zweifel an deren moralischer Integrität und lasse unzweifelhaft die Schlussfolgerung zu, dass es ihr gänzlich an der für die charakterliche Eignung eines Soldaten notwendigen Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit fehle.

Nach § 8 SG habe die Klägerin die Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen und durch ihr gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten. Das von der Klägerin gezeigte Verhalten stünde dieser Pflicht entgegen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten dargelegt, dass sie nicht in der Lage sei, sich kritisch mit der Art und Weise von Bürgerbeteiligung in einer wehrhaften Demokratie auseinander zu setzen. Von einem Feldwebel, der als Vorgesetzter andere Soldaten führen solle und der eine Vorbildfunktion gegenüber den ihm unterstellten Soldaten habe, sei eine uneingeschränkte charakterliche Zuverlässigkeit und solide moralische Grundeinstellung zu erwarten. Das mangelhafte Bewusstsein für wehrhafte Demokratie der Klägerin und deren mangelnde Bereitschaft, sich für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzusetzen, mache es zudem unmöglich, ihr die charakterliche Eignung zum Soldatenberuf generell zuzugestehen.

Die Stellungnahme des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin sei berücksichtigt worden. Die dortigen Erklärungen zum Terminus "Unrechtsstaat" seien jedoch abwegig. Gemäß Definition sei ein Unrechtsstaat eine abwertend gebrauchte Bezeichnung für einen Staat, welcher kein Rechtsstaat sei. Der Begriff würde insbesondere in Verbindung mit dem Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus und der Deutschen Demokratischen Republik verwendet. Mit ihrem Facebook-Post habe die Klägerin die Bundesrepublik Deutschland in die Nähe dieser Regime gerückt.

Auch ausnahmsweise von der Entlassung abzusehen, sei vorliegend nicht möglich. Die Feststellung, dass eine Feldwebelanwärterin charakterlich ungeeignet sei, müsse regelmäßig zu deren Entlassung führen. Ein Absehen von der Entlassung käme nur in Betracht, wenn die Eignungsmängel nur von vorübergehender Natur seien und in absehbarer Zeit behoben werden könnten. Da die Klägerin ihr Verhalten aber weder bereue noch verstünde, sei nicht davon auszugehen, dass sie in Zukunft für die Laufbahn als Feldwebel charakterlich geeignet sein würde. Eine Rückführung in die Laufbahn der Unteroffiziere käme aufgrund der Schwere der Dienstpflichtverletzung der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht.

Mit Schreiben vom 31. August 2017 legte die Klägerin Beschwerde ein und beantragte, die angefochtene Entlassungsverfügung der Beklagten aufzuheben. Neben dem bisherigen Vorbringen begründete sie die Beschwerde damit, dass sie keine Waffen aus Beständen der Bundeswehr entwendet habe, dass das von ihr in ihrer Vernehmung genannte Widerstandsrecht elementarer Teil der Verfassung sei, auf das sie sich nur in Unkenntnis der Rechtsgrundlagen bezogen habe, und dass sie mit ihren Äußerungen nur eine politische Wende im demokratischen Sinn gemeint habe. Die Rechtsauffassung der Beklagten würde zudem bedeuten, dass alle Soldaten, die Mitglieder anderer Parteien als der Regierungsparteien seien, wegen Unzuverlässigkeit aus dem Dienst zu entfernen wären. Im Übrigen wäre eine sechsmonatige Bewährungszeit sachgerecht, die Entlassung verstoße gegen das Übermaßverbot.

Mit Beschwerdebescheid vom 8. September wies die Beklagte die Beschwerde der Klägerin zurück.

Zur Begründung wiederholte die Beklagte im Wesentlichen die Gründe aus dem Bescheid vom 14. August 2017. Das Verhalten der Klägerin stünde ihren Pflichten aus § 8 SG entgegen, sie sei zum Feldwebel charakterlich auf Dauer nicht geeignet, da es ihr an der nötigen Verfassungstreue fehle. Insbesondere der Versuch, eine Schusswaffe für die Organisation "Der Marsch 2017" zu beschaffen, stünde in einem fundamentalen Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, aus rechtlicher Unwissenheit sich um die Beschaffung von Waffen gekümmert zu haben. Sie sei als Soldatin umfassend an der Waffe ausgebildet worden, hierbei seien ihr auch die rechtlichen Grundlagen im Umgang mit Waffen vermittelt worden. Es könne auch nicht ausnahmsweise von der Entlassung der Klägerin - etwa zu Gunsten einer Bewährungszeit - abgesehen werden. Ein Verstoß gegen die Kernpflichten des § 8 SG verbiete es, die Klägerin als Stabsunteroffizier in den Streitkräften zu belassen.

Mit Klageschrift vom 22. September 2017, eingegangen bei Gericht am 26. September 2017, hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie habe sich in ihrer 12-jährigen Dienstzeit nichts zu Schulden kommen lassen. Ihre Äußerungen würden keine Zweifel an ihrer Verfassungstreue begründen, die Bundesrepublik als "Unrechtsstaat" zu qualifizieren, sei angesichts des punktuellen Unrechts in Deutschland legitim. Im Übrigen stände das Widerstandsrecht aus Art. 20 Abs. 4 GG nicht nur Soldaten, sondern jedem Staatsbürger zu und beinhalte auch verbalen Widerstand im Sinne des Aufzeigens von Missständen.

Ihre Aussagen aus dem Telefonat bzw. dem Chat mit I. könnten zudem nicht gegen sie verwendet werden. Es handele sich um private und damit vertrauliche Äußerungen. Sie habe nicht damit rechnen müssen, dass J. diese an die Beklagte weitergebe. Es sei ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass bei einem solchen Vertrauensbruch die gewonnenen Informationen nicht zu Lasten des Arbeitnehmers verwendet werden dürften.

Am 31. März 2018 hätte die reguläre Dienstzeit der Klägerin geendet.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2017 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 08. September 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden. Die Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Eine kritische Demokratie sei nicht mit der gewaltbereiten Durchsetzung der eigenen Interessen gleichzusetzen.

Am 25. Mai 2020 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Insoweit wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung verwiesen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 VwGO zulässig. Insbesondere ist die Klägerin trotz des Ablaufs ihrer regulären Dienstzeit weiterhin durch die Bescheide der Beklagten beschwert. Die angefochtenen Bescheide sind durch den Ablauf der regulären Dienstzeit der Klägerin am 31. März 2018 nicht gegenstandslos geworden und behalten ihre beschwerende Wirkung. Das Wehrdienstverhältnis endete aufgrund dieser Bescheide mit Wirkung vom 14. August 2017, so dass der reguläre Ablauf der Dienstzeit für deren Beendigung keine Bedeutung mehr hat (so auch VG Regensburg, Urteil vom 05.03.2003 - RO 1 K 02.1393 - juris Rn. 14; VG München, Urteil vom 03.03.2014 - M 21 K 12.1532 - juris Rn. 24; Bay VGH, Urteil vom 16.10.1991 - 3 B 90.1795 - unter Bezugnahme auf das BVerwG, Urteil vom 02.07.1982, BVerwGE 66, 75).

Die Klage ist unbegründet. Die Entlassungsverfügung der Beklagten vom 14. August 2017 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 8. September 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte hat die Klägerin nach § 55 Abs. 4 Satz 2 Soldatengesetz (SG) in der vom 23. Mai 2015 bis zum 8. August 2019 gültigen Fassung zu Recht aus der Bundeswehr entlassen. Die Klägerin eignete sich als Feldwebelanwärterin dauerhaft nicht zum Feldwebel.

Nach § 55 Abs. 4 SG, der mit seiner derzeitigen Fassung lediglich eine redaktionelle Änderung erfahren hat, soll ein Feldwebelanwärter, der sich nicht zum Feldwebel eignen wird, entlassen werden. Die Regelung beruht auf der Überlegung, dass ein Laufbahnanwärter in die Bundeswehr in der Erwartung eingestellt wird, dass er die entsprechende Befähigung für die angestrebte Laufbahn erwirbt. Erweist er sich dazu als ungeeignet, besteht keine Veranlassung, ihn weiterhin im Dienstverhältnis zu belassen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 11.09.2000, BT-Drs. 14/4062, S. 23). Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber die Vorschrift bewusst als Soll-Regelung gefasst, sodass von der im Grundsatz gebotenen Entlassung nur in atypischen Fällen nach Ermessen abgesehen werden kann (Nds. OVG, Beschluss vom 07.03.2013 - 5 LA 239/12 - juris Rn. 7; vgl. zur Wirkung von Soll-Vorschriften Nds. OVG, Beschluss vom 20.08.2012 - 5 LA 45/11 - juris Rn. 6f.).

Die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit ein Soldat sich für die vorgesehene Verwendung als Feldwebel nicht mehr eignet, hängt davon ab, ob er die dafür zu stellenden Anforderungen erfüllen wird. Die Entscheidung nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SG a. F. ist insofern in die Zukunft gerichtet. Eine Entlassung soll dann erfolgen, wenn sich feststellen lässt, dass der Soldat in der Zukunft nicht den an einen Feldwebel zu stellenden Anforderungen entsprechen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1969 - VIII C 63.66 -, BVerwGE 32, 237 ff). Dafür sind neben der fachlichen Qualifikation des Soldaten auch seine persönlichen, d.h. charakterlichen, geistigen und körperlichen Eigenschaften maßgebend (BVerwG, Beschluss vom 06.04.2005 - 1 WB 53/04 - juris Rn. 5). Zu diesen Anforderungen zählen insbesondere die in § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG bezeichneten Eignungskriterien (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.11.2019 - 1 M 119/19 - juris Rn. 5; vgl. auch Bay VGH, Beschluss vom 26.08.2013 - 6 CS 13.1459 - juris Rn. 7; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, SG, Kommentar, 3. Aufl. 2016, § 55 Rn. 28). Der zuständigen Stelle steht ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitsprüfung hat sich demgemäß darauf zu beschränken, ob die zuständige Stelle den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, Beschluss vom 14.06.2006 - 1 WB 8/06 - juris Rn. 21).

Nach diesen Erwägungen begegnet die Entscheidung der Beklagten keinerlei rechtlichen Bedenken. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entlassungsverfügung Feldwebelanwärterin und eignete sich aufgrund ihrer charakterlichen Defizite nicht zum Feldwebel. Es bestand kein Grund zur Annahme, dass sie diese Eignung zukünftig würde erlangen können. Wie die Beklagte in ihrer Entlassungsverfügung vom 14. August 2017 und in ihrem Beschwerdebescheid vom 8. September 2017 zutreffend ausgeführt hat, bot die Klägerin keine Gewähr dafür, dass sie jederzeit im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 SG i. V. m. § 8 SG für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten würde.

Diese Gewähr bietet nur derjenige, dem nach seiner Gesamtpersönlichkeit und seinem bisherigen Verhalten ohne jeden Zweifel zuzutrauen ist, dass er stets seinen Verpflichtungen nach § 8 SG nachkommen wird. Die politische Treuepflicht des § 8 SG verlangt von dem Soldaten die Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem er dient, zu identifizieren. Dies gehört zu den Kernpflichten des Soldaten. Identifizieren bedeutet dabei nicht nur, die Grundordnung dieses Staates anzuerkennen, sondern verlangt ein Mehr an staatsbürgerlicher Verpflichtung, das dem Soldaten, wie auch dem Richter und Beamten, auferlegt ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie, die von ihren Bürgern die Verteidigung der freiheitlichen Ordnung erwartet. Das Prinzip der streitbaren, wehrhaften Demokratie gilt auch für die innere Ordnung der Bundeswehr. Die politische Treuepflicht nach § 8 SG, die von jedem Soldaten die Bereitschaft verlangt, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten, gehört daher zu den elementarsten soldatischen Pflichten, ihre Verletzung zu den schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten. Ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht liegt dann vor, wenn sich ein Soldat für Ziele einsetzt, die geeignet sind, die freiheitlich-demokratische Grundordnung auszuhöhlen oder wenn er sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, ist allerdings noch keine Verletzung der Treuepflicht, die dem Soldaten auferlegt ist. Die Grenze ist jedoch überschritten, wenn der Soldat aus seiner Auffassung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art und Weise der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit anderen Soldaten oder für Aktivitäten im Sinne seiner Überzeugung zieht (VG Aachen, Urteil vom 26.02.2015 - 1 K 1395/14 - juris Rn. 31f).

Diese Pflicht hat die Klägerin sowohl durch ihren Aufruf auf Facebook, als auch durch ihre Mitgliedschaft bei "Der Marsch 2017, als auch durch ihren Versuch, von I. Waffen zu beschaffen, verletzt.

Die Beklagte konnte ihre Entscheidungen (unter anderem) auf die privaten Chat-Nachrichten und die Angaben von I. über das Telefonat stützen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Die Rechtsprechung des BAG ist nicht auf Beamtenverhältnisse übertragbar. Beamte, bzw. Richter oder Soldaten, sind gemäß § 5 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz keine Arbeitnehmer. Die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse sind öffentlich-rechtlicher Natur und unterliegen nicht der Rechtsprechung des BAG. Die Rechtsprechung des BAG betrifft zudem nur Fälle, in denen sich Mitarbeiter gegenüber Kollegen verächtlich gegenüber ihren Arbeitgebern geäußert haben und die Äußerungen über das konkrete Gespräch hinaus keine Störung des Betriebsklimas oder Vertrauensverhältnisses des Arbeitgebers verursachten (vgl. hierzu BAG Urteil vom 10.12.2009 - 2 AZR 534/08 - juris). In diesen Fällen überwiege laut BAG das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG das Interesse des Arbeitgebers an einer Kündigung aufgrund von Schmähkritik oder Beleidigungen.

Vorliegend hat die Klägerin gegenüber I. aber nicht eine ungerechtfertigte Schmähkritik, wie sie Gegenstand der Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht war, getätigt, sondern diesem von ihren verfassungsfeindlichen Ansichten und ihrer Absicht, illegal Waffen zu besorgen, berichtet. Die Klägerin hat zudem gegenüber I. ausdrücklich offengelassen, wie sie weiter verfahren würde. J. musste also zumindest davon ausgehen, dass die Klägerin möglicherweise eine schwere waffenrechtliche Straftat zu Lasten ihres Dienstherrn begehen würde. Das Treuverhältnis zwischen Dienstherrn und Soldat überwiegt in erheblichen Maße das Verhältnis zwischen zivilrechtlichen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Dienstherr hat - gerade bei Soldaten oder Polizisten - ein erhebliches Interesse daran, dass diese auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen und jederzeit bereit sind, für diese einzutreten. Im Falle verfassungsfeindlicher Äußerungen, die bis hin zu einem imaginierten Sturz der demokratisch gewählten Regierung gehen, überwiegt dieses Interesse das Interesse des individuellen Beamten oder Soldaten an der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG.

Bezüglich ihrer politischen Ansichten hat die Klägerin zudem im Rahmen ihres Posts auf Facebook selbst den privaten Rahmen verlassen und eine - wenn auch auf ihre Kontakte bei Facebook beschränkte - Öffentlichkeit gesucht. Damit hat die Klägerin letztlich selbst den Bereich der von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten unmittelbaren Privatsphäre verlassen und kann sich auf deren Schutz nicht (mehr) berufen.

Schon diese Aufforderung der Klägerin an ihre Kontakte bei Facebook, sich gegen den "Unrechtsstaat" zu erheben, ist geeignet, das Vertrauen in ihre Verfassungstreue nachhaltig zu zerstören. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin durch die Verwendung des Begriffs "Unrechtsstaat" in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland diese in die Nähe totalitärer und menschenverachtender Regime gestellt und ernsthafte Zweifel an ihrer Verfassungstreue begründet hat.

Der Begriff "Unrechtsstaat" wurde erstmals in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Gegenbegriff zu dem an Recht und Gesetz gebundenen Rechtsstaat geprägt. Zur Zeit der Bonner Republik bezeichnete er vor allem die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland von 1933 bis 1945 aus juristischer Sicht (Horst Sendler, ZRP 1993, 1 ff.). Der Begriff wurde in der frühen Nachkriegszeit maßgeblich von Gustav Radbruch geprägt (Radbruch, Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, Süddeutsche Juristenzeitung, S. 105-108, 1946) und erlangte mit dem Urteil des Braunschweiger Landgerichts im sogenannten Remer-Prozess 1952 Bedeutung in der Rechtsprechung. Das Landgericht stellte dabei erstmals fest, dass der deutsche Staat in der Zeit des Nationalsozialismus derartiges Unrecht verkörperte, dass seine Beseitigung mit allen Mitteln geboten war und insbesondere die Widerstandshandlungen der Attentäter vom 20. Juli 1944 nicht rechtswidrig waren, da sie subjektiv wie objektiv der Beseitigung des staatlichen Unrechts und der Wiederherstellung des Rechtsstaats dienten. Das Urteil stellte insofern einen Vorgriff auf das erst Ende der sechziger Jahre im Zuge der Notstandsgesetzgebung eingeführte Widerstandsrecht aus Artikel 20 Abs. 4 GG dar, indem es dem Staatsbürger auch ohne konkrete Rechtsgrundlage jedenfalls dann ein Recht zum Widerstand einräumte, wenn es sich bei dem bekämpften Staat um einen "Unrechtsstaat" handelte.

Im Zuge der juristischen und historischen Aufarbeitung der SED-Diktatur wurde von verschiedenen Seiten auch die ehemalige DDR - zumindest ab einem gewissen Zeitpunkt - als Unrechtsstaat bezeichnet (Sendler, a. a. O.). Diese Einordnung wird allerdings von verschiedenen Seiten kritisch gesehen, auch, da eine Gleichsetzung des SED-Regimes mit dem NS-Regime und dessen singulären Gräueltaten vermieden werden soll (vgl. hierzu: Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, Rechtsstaat und Unrechtsstaat: Begriffsdefinition, Begriffsgenese, aktuelle politische Debatten und Umfragen, Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18, Seite 10f).

Grundsätzlich gilt, dass es sich bei einem Staat jedenfalls dann um einen Unrechtsstaat handelt, wenn ein systemisches, den gesamten Staat erfassendes Unrecht, geprägt von Willkür und fehlender Gewaltenteilung herrscht. Symptomatisch für einen Unrechtsstaat sind unter anderem Eingriffe der Exekutive in juristische (Straf-)Verfahren, systemische Ungleichbehandlung und Diskriminierung, politische Verfolgung und fehlende freie demokratische Willensbildung. Vereinzelte rechtsstaatliche Aspekte - wie etwa die Möglichkeit, rechtssicher zivilrechtliche Ansprüche zu verfolgen - verhindern dabei ebenso wenig eine Einordnung als "Unrechtsstaat" wie vereinzelte rechtsstaatliche Defizite einer Einordnung als Rechtsstaat zwangsläufig entgegenstehen.

Die Termini Rechtsstaat und "Unrechtsstaat" bilden im Wesentlichen die relativen Extreme zwischen staatlicher Bindung an Recht und Gesetz und staatlicher Willkür ab. Sie haben keinerlei Schnittmenge. Zwischen den Rechts- und Unrechtsstaaten sind zahlreiche Konstellationen denkbar, die weder der einen, noch der anderen Definition klar zurechenbar sind. Insofern ist der teilweise vertretenen Definition, ein Unrechtsstaat sei ein Staat, der kein Rechtsstaat ist (so zum Beispiel Sendler, a. a. O.), nicht zuzustimmen, denn dies impliziert eine Nähe zwischen dem System des Rechtsstaats und dem System des Unrechtsstaats, die so nicht besteht. Die wissenschaftliche Literatur hat für die Grauzone zwischen Rechts- und Unrechtsstaat auch den Begriff des "Nichtrechtsstaats" entwickelt (Gerd Roellecke: Rechtsstaat - Nichtrechtsstaat - Unrechtsstaat, in: Rechtstheorie, hrsg. v. Werner Krawitz, Bd. 28, Berlin 1997, S. 297-314), der die klare Abgrenzung zwischen den Extremen vereinfacht und die erheblichen Unterschiede zwischen Rechts- und Unrechtsstaat verdeutlicht.

Die Klägerin hat durch die Bezeichnung der Bundesrepublik Deutschland als "Unrechtsstaat" diese in die Nähe sowohl der NS- als auch der SED-Diktatur gerückt und zu erkennen gegeben, dass sie selber kein Vertrauen in die bestehenden demokratischen Strukturen der Bundesrepublik habe, beziehungsweise diese Strukturen als grundlegendes Unrecht und für ebenso bekämpfungswürdig, wie die zuvor genannten Regime betrachte. Dabei ist es unbeachtlich, ob man auch die ehemalige DDR als Unrechtsstaat sehen möchte, oder dieser Begriff der Zeit des Nationalsozialismus vorbehalten bleiben soll. Denn der Begriff ist zumindest im alltäglichen Diskurs mit beiden Regimen behaftet und drückt einen erheblichen, allgemeinen Mangel an Rechtsstaatlichkeit aus, der für jede Demokratie schändlich wäre.

Ein solch negatives Bild von der Bundesrepublik Deutschland hat die Klägerin auch auf Nachfrage in ihrer Vernehmung vom 27. Juni 2017 bestätigt und angegeben, sie habe kein Vertrauen in die repräsentative Demokratie in Deutschland im Allgemeinen und die Freiheit der demokratischen Wahlen im Besonderen. Konkret seien die Medien gekauft und das politische System weise ein derartiges Defizit auf, dass ein Widerstandsrecht nach § 20 Abs. 4 GG gegeben sei. Auch im Telefonat mit I. hat die Klägerin ausdrücklich erklärt, dass sie die Wahlen in der Bundesrepublik für manipuliert halte und dass die Regierung ausgetauscht und "aus den eigenen Reihen ersetzt werden sollte".

Der Aufruf war auch nicht, wie es die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 28. Juli 2017 behauptet, auf einzelnes Unrecht oder konkrete Missstände begrenzt und daher in irgendeiner Form "polemisch" oder "plakativ" zu verstehen. Aus dem Kontext des Posts ist keinerlei Bezug auf konkrete staatliche Maßnahmen oder konkretes Unrecht zu erkennen. Auch in ihrer Vernehmung konnte die Klägerin nur diffuse Angaben zu der Frage machen, was genau aus ihrer Sicht in der Bundesrepublik konkretes staatliches Unrecht sei. In ihren Stellungnahmen hat die Klägerin wiederholt keinen Abstand von ihrer Einordnung der Bundesrepublik als "Unrechtsstaat" genommen, sondern vielmehr ohne weitere Konkretisierung ausgeführt, es sei schon aus der Presse ersichtlich, dass in Deutschland tägliches Unrecht geschehe.

Diese Äußerungen lassen insgesamt den Schluss zu, dass es der Klägerin zu keinem Zeitpunkt um einzelne Rechtsverstöße ging, die sie plakativ anprangern wollte, sondern sie die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik per se als "Unrechtsstaat" empfindet und ablehnt. Aus den Aussagen im Telefonat mit I. wird zudem deutlich, dass die Klägerin einen Sturz der demokratisch gewählten Regierung herbeiwünscht und sich an diesem auch selbst beteiligen würde.

Auch der Verweis auf das Widerstandsrecht macht deutlich, dass die Aufforderung der Klägerin an ihre Kontakte sich zu "erheben" nicht im Sinne der Teilnahme an der demokratischen Willensbildung oder kritischen Öffentlichkeit gemeint, sondern auf konkret die staatliche Ordnung beseitigende Taten bezogen war. Das Widerstandsrecht aus Artikel 20 Abs. 4 GG räumt allen Deutschen das Recht ein, gegen jeden, der es unternimmt, die rechtsstaatliche Ordnung zu beseitigen, Widerstand zu leisten. Der Widerstand kann individuell oder kollektiv, aktiv oder passiv und auch durch Gewaltanwendung geleistet werden. Er ist an gesetzliche Schranken nicht gebunden, darf aber nicht exzessiv sein (Hömig/Wolff, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, GG Art. 20 Rn. 16). Voraussetzung des Widerstandsrechts ist der Umstand, dass andere Abhilfe nicht möglich ist, also von der staatlichen Gewalt kein wirksamer Widerstand gegen die Beseitigung der Verfassungsordnung mehr zu erwarten ist. Das Widerstandsrecht ist also ein subsidiäres Ausnahmerecht, das als ultima ratio von vornherein nur dann in Betracht kommt, wenn alle von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe so wenig Aussicht auf wirksame Abhilfe bieten, dass die Ausübung des Widerstandes das letzte Mittel zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Rechts ist (Hömig/Wolff, a. a. O.; BVerfGE 123, 333; 132, 336; vgl. auch schon BVerfGE 5, 377). Schon aus diesem Grund ist ein Widerstand nach Art. 20 Abs. 4 GG nicht Teil der demokratischen Willensbildung, sondern ein Instrument, um diese wiederherzustellen.

Die Klägerin hat insgesamt ein völlig entstelltes Bild der Bundesrepublik Deutschland und ihrer demokratischen Institutionen. Aus diesem Zerrbild leitet sie das Recht ab, die bestehende, demokratisch gewählte Regierung zu stürzen und durch ihr gleichgesinnte Personen zu ersetzen. Die Behauptungen der Klägerin entbehren jeglicher Grundlage, ihre Einschätzung der Rechtslage beruht auf einem allenfalls bruchstückhaften Verständnis der Struktur von Rechtsnormen. Auf Widersprüche angesprochen, oder nach konkreten Beispielen gefragt, bleibt sie Antworten schuldig. Die Medien hält die Klägerin einerseits für gekauft, andererseits beruft sie sich bezüglich des vorgeblichen Unrechts auf Berichterstattungen in der Presse. Die Klägerin ist offenkundig von ihrer politischen Ideologie so vereinnahmt, dass sie außerhalb ihrer persönlichen Vorstellungen keine anderen Ansichten duldet. Eine Regierung, die eine ihr nicht genehme Politik betreibt, wird so aus Sicht der Klägerin zur Personifizierung des Unrechts, das mit allen Mitteln zu bekämpfen ist, während selbst die gewaltsame Machtergreifung durch ihr ideologisch verbundene Personen die Demokratie wiederherstellen würde. Pluralismus, Parlamentarismus und eine freie demokratische Willensbildung scheinen der Klägerin in Gänze fremd zu sein. Hierbei handelt es sich jedoch um die Fundamente der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf denen das demokratische System der Bundesrepublik ruht (umfassend hierzu BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 - 2 BvB 1/13 - Rn 531 ff. m. w. N.). Da die Klägerin diese Prinzipien ablehnt und für bekämpfenswert erachtet, bietet sie keine Gewähr dafür, dass sie jederzeit für diese eintreten würde.

Die Klägerin kann sich hinsichtlich des Begriffs des "Unrechtsstaates" und des Widerstandsrechts aus Artikel 20 Abs. 4 GG auch nicht auf ihre Unkenntnis oder Fehlinterpretation bezüglich der Definition oder der Tatbestandsmerkmale berufen. Das Einstehen für die freiheitliche demokratische Grundordnung setzt die Kenntnis über deren wesentliche Merkmale zwingend voraus. Wem diese Kenntnis fehlt, kann die Verteidigung selbiger schlechthin nicht anvertraut werden. Auch aus diesem Grund werden Soldaten regelmäßig von ihren Vorgesetzten einschlägig politisch fortgebildet. Insbesondere bezüglich des Widerstandsrechts aus Artikel 20 Abs. 4 GG ist es nicht hinnehmbar, wenn gerade Soldaten als bewaffnete Truppe die konkreten Tatbestandsmerkmale verkennen und irrig ein Recht zum (gewaltsamen) Widerstand annehmen. Ein Soldat - und insbesondere ein Vorgesetzter wie etwa ein Feldwebel - ist daher auch dann nicht für seinen Dienst geeignet, wenn er über keine hinreichende Kenntnis der elementaren Bestandteile der Verfassung, der er dienen soll, verfügt. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt hat, der politische Unterricht der Bundeswehr sei mangelhaft gewesen und die Klägerin habe aus diesem Grund die politische Tragweite ihrer Äußerungen nicht verstehen können, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Klägerin war insgesamt über 10 Jahre als Soldatin der Bundeswehr in zahlreichen Einheiten eingesetzt. Dass der Unterricht in all diesen Einheiten derart mangelhaft gewesen sein soll, kann nicht überzeugen. Eine Berufung auf mangelhaften Unterricht käme allenfalls dann in Betracht, wenn in diesem konkret Falsches unterrichtet würde und der Irrtum des Soldaten auf diesen Fehlern beruhen würde. Die verqueren Ansichten der Klägerin stammen indes auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht aus dem Unterricht bei der Bundeswehr, sondern bilden ihre eigene, privat gewonnene Überzeugung ab.

Auch die Mitgliedschaft der Klägerin bei "Der Marsch 2017" ist geeignet, das Vertrauen in die Verfassungstreue der Klägerin nachhaltig zu zerstören.

Entgegen der Behauptungen der Klägerin handelte es sich bei "Der Marsch 2017" nicht um eine harmlose Facebook-Gruppe besorgter Mütter und anderer Bürger, sondern um eine verfassungsfeindliche Organisation, die bestrebt war, die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik zu beseitigen. Zwar handelt es sich bei dem namensgebenden "Marsch" an und für sich noch um eine zulässige Form der politischen Willensbildung. Auch den Rücktritt einer Regierung zu fordern, stellt keine verfassungsfeindliche Programmatik dar. Die weiteren Ziele der Bewegung für den Fall, dass ein Rücktritt der Regierung erfolgen und eine Machtübernahme gelingen sollte - Verhaftung von Medienschaffenden und Parteimitgliedern, Verbot aller Parteien, etc. - sind jedoch eindeutig demokratie- und staatsfeindlich und mit dem Grundgesetz im Allgemeinen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Besonderen unvereinbar. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Gruppe weder auf einem Extremismus-Index des Verfassungsschutzes, noch des Militärischen Abschirmdienstes stand. Die jeweiligen Listen sind weder vollständig noch rechtsverbindlich (Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2018, Seite 19). Der Gründer der Gruppe war zudem einer der Organisatoren rechtsextremer Kundgebungen im rheinland-pfälzischen Kandel, die auch Eingang in den Verfassungsschutz-Bericht des Landes Rheinland-Pfalz gefunden haben (Landesamt für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz, Verfassungsschutzbericht 2018, Seite 3), sodass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass auch wenn "Der Marsch 2017" aufgrund seiner kurzen Lebensdauer und überschaubaren Mitgliederzahl nie in Verfassungsschutzberichten direkt erwähnt wurde, die zentralen Mitglieder dennoch im Visier der entsprechenden Behörden waren.

Auch dass die Klägerin bekundet, die Bewegung habe ihre Ziele ausschließlich mit friedlichen Mitteln erreichen wollen, kann nicht zu einer anderen Einschätzung führen. Für die Verfassungsfeindlichkeit einer Bewegung ist es unerheblich, mit welchen Mitteln gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorgegangen werden soll (sog. präventiver Verfassungsschutz, für politische Parteien siehe hierzu auch BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 - 2 BvB 1/13 - Rn 522). Die Ausnutzung demokratischer Mittel zum Erreichen antidemokratischer Ziele ist Kernkonzept zahlreicher verfassungsfeindlicher Organisationen und war auch Grundlage der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933. Die Aussagen der Klägerin zeugen von deren Unfähigkeit - oder deren Unwillen -, sich sachlich mit den Prinzipien der wehrhaften Demokratie, die eben auch eine "friedliche" Zersetzung nicht duldet, auseinanderzusetzen. Es bestehen zudem erhebliche Zweifel an der Friedfertigkeit der Gruppe. Insbesondere die radikalen Ziele, die Verknüpfungen zum extremistischen und gewaltbereiten Milieu und nicht zuletzt die geplante gemeinschaftliche Beschaffung von Waffen sprechen gegen eine Beschränkung der Gruppe auf "friedliche" Mittel.

Die Klägerin kann auch nicht behaupten, von der konkreten verfassungsfeindlichen Ideologie der Gruppe keine Kenntnis gehabt zu haben. Die Diskussionen und Aufrufe wurden offen in der Gruppe geteilt. Jedes Mitglied hatte vollen Zugriff und konnte die Namen und Inhalte der jeweils handelnden Personen klar erkennen. Die Klägerin hat sich der Bewegung zudem nach eigener Angabe "angeschlossen" und wurde von dieser "beauftragt", (Schreckschuss-)Waffen zu besorgen. Die Klägerin hat also nicht nur durch "liken" oder "folgen" ihre Solidarität zu einzelnen Inhalten bekundet, sondern sich aktiv der Förderung der gesamten verfassungsfeindlichen Programmatik verschrieben. Auch auf Nachfrage hat die Klägerin sich nicht von einzelnen Forderungen distanziert, sondern ihre Mitgliedschaft in der Gruppe bekräftigt.

Auch der Versuch der Klägerin, über I. (Schreckschuss-)Waffen zu erwerben, ist geeignet, an der charakterlichen Eignung der Klägerin zum Feldwebel unausräumbare Zweifel zu begründen.

Schon das reine Interesse, illegal Waffen jeglicher Art zu besorgen ist - unabhängig von der konkreten Motivation hierzu - ohne Weiteres als schwerer charakterlicher Mangel zu werten. Die Beklagte hat in ihrer Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass einem Feldwebel gerade im Hinblick auf die ihm anvertraute Verfügungsgewalt über militärische Ausrüstung das größte Vertrauen entgegengebracht werden muss und schon geringe Zweifel an dessen Zuverlässigkeit ihn als ungeeignet für seine Aufgaben erscheinen lassen. Den bewaffneten Streitkräften wird von der Zivilgesellschaft ein erhebliches Vertrauen entgegengebracht, welches stets aufs Neue bestätigt und verfestigt werden muss. Die Streitkräfte haben schon aus diesem Grund bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nur Personal zu verwenden, welchem ohne jegliche Einschränkung diese besondere Verantwortung bewusst ist und bei dem keinerlei Zweifel an der Rechts- und Gesetzestreue bestehen.

Diesem Anspruch wird die Klägerin nicht gerecht. Der Klägerin ging es nicht darum, von I. nur Informationen über den legalen Erwerb von Schusswaffen zu erhalten. Schon der Wortlaut ihrer Anfrage an I., Waffen "gegen Bezahlung" zu "organisieren" spricht klar gegen eine reine Nachfrage bezüglich eines waffenrechtlichen Sachverhalts. Ihr Ersuchen war ersichtlich darauf ausgelegt, Waffen zu erwerben, die nicht auf sie persönlich zurückverfolgt werden können. Soweit die Klägerin angibt, in Unkenntnis der waffenrechtlichen Gegebenheiten gehandelt zu haben, ist diese Aussage völlig unglaubwürdig. Die Beklagte hat in ihrer Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin, wie jeder andere Soldat auch, ausführlich an der Waffe ausgebildet wurde und ihr auch das waffenrechtliche Fachwissen umfassend vermittelt wurde. Sollte der Klägerin dennoch das nötige Fachwissen fehlen, wäre sie schon aus diesem Grund fachlich kaum zum Feldwebel geeignet. Die rechtlichen Informationen zum Erwerb von Schusswaffen in Deutschland sind zudem ohne weiteres durch eine einfache Internetsuche zu ermitteln. Die jeweils zuständigen Behörden haben auf ihren Internetauftritten umfassende rechtliche Informationen und stehen bei Nachfragen auch telefonisch zur Verfügung. Die Behauptungen der Klägerin sind insoweit als reine Schutzbehauptungen zu werten. Die Klägerin hat im Gespräch mit I. zudem auf Nachfrage ihre Unzufriedenheit mit der politischen Situation in Deutschland als Grund für ihren Wunsch nach Waffen genannt und damit einen unmittelbaren Zusammenhang zu ihrer verfassungsfeindlichen Grundeinstellung hergestellt. Auch die Aussage, ein legaler Erwerb sei ihr zu umständlich und bürokratisch und sie würde auch auf die Gefahr hin, aus der Bundeswehr entfernt zu werden, an ihrem Wunsch festhalten, verdeutlicht, dass es ihr vordergründig nicht um einen legalen Erwerb, sondern um einen Erwerb um jeden Preis ging und sie grundsätzlich auch bereit war, beim Erwerb von Waffen gegen geltendes Recht zu verstoßen.

Die Beklagte hat in ihrer Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass ein solches Verhalten in erheblicher Weise gegen die charakterliche Eignung zum Feldwebel spricht und zu befürchten ist, dass die Klägerin, sollte sie in der verantwortungsvollen Position eines Feldwebels eingesetzt werden, diese Position zur illegalen Beschaffung von Waffen oder anderem militärischen Gerät ausnutzen würde.

Die fehlende Eignung der Klägerin bestand auch für die Zukunft fort. Die Klägerin hat sich in ihrer Vernehmung und ihren Stellungnahmen uneinsichtig und ohne jede kritische Reflexion gezeigt. Auch auf mehrmalige Nachfrage hat sie ihre Haltung und Ansichten bestätigt. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe mit ihren Äußerungen lediglich der Aufforderung der Bundesministerin für Verteidigung zu kritischem Denken nachkommen wollen, handelt es sich um eine polemische Verdrehung der Tatsachen, die jeder Grundlage entbehrt.

Eine Bewährungszeit anstelle einer Entlassung kam nicht in Betracht. Die Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SG a. F. um eine Soll-Vorschrift handelt, von der nur in atypischen Fällen abgewichen werden kann. Ein solch atypischer Fall liegt nicht vor, er liegt insbesondere nicht darin begründet, dass die Klägerin zuvor nicht einschlägig negativ aufgefallen ist. Eine tadellose Dienstführung wird von jedem Soldaten erwartet, sie stellt keine atypische Konstellation da.

Auch, dass die verbleibende reguläre Dienstzeit der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Entlassung nur noch unter einem Jahr betrug, kann nicht zu einer anderen Betrachtung führen. Im Gegenteil kann sogar davon ausgegangen werden, dass bei einer nur kurzen verbleibenden Dienstzeit bei einer vorzeitigen Entlassung der Eingriff in die Rechte des Soldaten gerade weniger schwerwiegend ist, als bei Verlust einer mehrjährigen Dienstzeit. Die Entlassung nach § 55 Abs. 4 SG a. F. soll zudem gerade verhindern, dass ungeeignete Kandidaten unnötig weiter beschäftigt werden. Schon aus diesem Grund kann die verbleibende Restdienstzeit nicht von Belang sein.

Die Klägerin war auch nicht nach § 55 Abs. 4 Satz 3 SG in einer anderen Laufbahn - hier als Unteroffizierin ohne Portepee - weiter zu beschäftigen. Nach § 55 Abs. 4 Satz 3 SG soll ein Soldat auf Zeit, der zuvor in einer anderen Laufbahn verwendet wurde, nicht entlassen, sondern in diese zurückgeführt werden, soweit er noch einen dieser Laufbahn entsprechenden Dienstgrad führt. Die Klägerin war ab ihrem erneuten Dienstantritt im Jahr 2013 als Feldwebelanwärterin vorgesehen und nur als solche in die Bundeswehr eingestellt worden. Sie wurde daher nicht vor ihrer Zeit als Feldwebelanwärterin im Sinne des § 55 Abs. 3 Satz 3 SG in einer anderen Laufbahn verwendet, sodass sie auch nicht in diese zurückgeführt werden konnte. Sinn und Zweck des § 55 Abs. 3 Satz 3 SG ist es, den Soldaten zu schützen, der aus seiner bisherigen Laufbahn heraus Anwärter auf eine höhere Laufbahn wird. Dieser soll nicht schlechter gestellt werden, als wenn er in seiner bisherigen Laufbahn verblieben wäre, ohne Anwärter zu werden. Diesen Schutz bedarf derjenige, der wie die Klägerin nur in der Erwartung eines Einsatzes in einer höheren Laufbahn eingestellt wurde, nicht.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.