Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.08.2006, Az.: 15 UF 46/06
Wirksamkeit der Geltendmachung eines Unterhaltsregresses durch den Scheinvater gegen den vermutlichen tatsächlichen Erzeuger aus übergegangenem Kindesunterhalt; Voraussetzungen für die Teilnahmepflicht des vermeindlichen Kindesvaters an einem außergerichtlichen DNA-Test; Anforderungen an die Überwindung der Rechtsausübungssperre in Vaterschaftsstreitigkeiten; Voraussetzung für die Sittenwidrigkeit einer unterlassenen Teilnahme an einem Vaterschaftstest i.S.d. § 826 BGB
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.08.2006
- Aktenzeichen
- 15 UF 46/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 35730
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:0809.15UF46.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Uelzen - 10.01.2006 - AZ: 3b F 1022/05
- nachfolgend
- BGH - 16.04.2008 - AZ: XII ZR 144/06
Rechtsgrundlagen
- § 826 BGB
- § 1600d Abs. 4 BGB
- § 1600e Abs. 1 BGB
- § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB
- § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB
- Art. 2 Abs. 1 GG
Fundstellen
- FamRZ 2007, 673 (amtl. Leitsatz)
- FuR 2006, 574-576 (Volltext mit red. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2007, 138-140
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Zahlt der geschiedene Ehemann (als Scheinvater) den minderjährigen Kindern seiner früheren Ehefrau Unterhalt, obwohl rechtskräftig festgestellt worden ist, dass er nicht der Erzeuger der Kinder ist, geht der Unterhaltanspruch der Kinder gegen ihren Erzeuger nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB auf ihn über.
- 2.
Der Stufenklage gegen den jetzigen Lebensabschnittsgefährten der Kindesmutter auf Auskunft und Zahlung von sich danach der Höhe nach ergebendem Unterhalt steht jedoch die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB entgegen.
- 3.
Schon zu § 1600a Satz 2 BGB a.F. hat der BGH unter Ablehnung verbreiteter gegenteiliger Literaturmeinungen entschieden, dass die Vorschrift das "Verbot, eine Vaterschaft außerhalb der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Verfahrenswege geltend zu machen," enthält und deshalb eine zur Realisierung des Rückgriffsanspruchs notwendige Klärung der Vaterschaft des angeblichen Erzeugers nicht als Vorfrage in einem Regressprozess durchgesetzt werden kann. Wenn der in Anspruch genommene angebliche Erzeuger sich nicht zu seiner Vaterschaft bekannt und seine Vaterschaft auch nicht in einem früheren Abstammungsgutachten als praktisch erwiesen angesehen wurde, kann auch nicht mit dem OLG Düsseldorf (FamRZ 200, 1032) von einem Verstoß gegen Treu und Glauben ausgegangen werden.
- 4.
Der Senat verkennt nicht, dass sich ein Scheinvater in einer misslichen Lage befindet, wenn ihm vom Gesetz in § 1600e Abs. 1 BGB, anders als dem biologischen Vater eines scheinehelichen Kindes, nicht die Möglichkeit eingeräumt wird, die Vaterschaft des Mannes, von dem die Kinder abstammen, gerichtlich feststellen zu lassen, wobei diesem Umstand erst seit dem 1. Juli 1998 nennenswerte Bedeutung zukommt. Durch das diesem Tag in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Nach der Gesetzesänderung hängt es, solange der potentielle Erzeuger der Kinder keine Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, vom Willen der Mutter ab, ob dessen Vaterschaft auf gerichtlichem Wege festgestellt wird. Da die Mutter somit die Möglichkeit hat, die Statussituation der Kinder, jedenfalls bis zu deren Volljährigkeit, durch Nichterhebung einer Vaterschaftsfeststellungsklage und Nichtinanspruchnahme einer entsprechenden Beistandschaft des Jugendamtes gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB, ungeklärt zu lassen, besteht für den Scheinvater faktisch keine Chance die Vaterschaft des wahren Vaters feststellen zu lassen.
- 5.
Die Tatsache, dass sich ein Beklagter weigert, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNA-Vaterschaftstest teilzunehmen, muss ihre Ursache nicht unbedingt in dem Bemühen haben, Scheinvaterregressansprüche zu verhindern. Denkbar sind beispielweise auch Fälle, in denen sich ein Mann zu einem Kind als Vater bekennt, obwohl er nicht der biologische Erzeuger ist, und verhindern will, dass dies dem Kind bekannt wird. Hinzu kommt ferner, dass die Bereitschaft des Beklagten, an einem DNA-Test mitzuwirken, für sich allein nicht ausreicht, sondern vielmehr auch die Teilnahme des Kindes und der Mutter erforderlich ist. Beide sind nicht am Prozess beteiligt, so dass ihre Weigerung nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die durch eine inzidente Vaterschaftsfeststellung eintretenden Folgen für die Kinder ebenso unerwünscht und belastend sein können wie die Tatsache der Abstammung selbst. Zwar ergeben sich aus einem Rechtsstreit zwischen Scheinvater und angeblichem Erzeuger keine unmittelbaren Rechtsfolgen für das Kind. Doch werden dessen Interessen durch die tatsächlichen Auswirkungen einer inzidenten Feststellung gleichwohl berührt. In der beschränkten Antragsbefugnis des § 1600 e Abs. 1 BGB und in dem Verbot, eine Vaterschaft außerhalb der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Verfahrenswege geltend zu machen, konkretisiert sich das gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Kindes. Die Befugnis des Kindes nach § 1600 e Abs. 1 BGB ist nicht nur ein Nebenrecht zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, sondern ein höchstpersönliches Recht, welches auch die Befugnis einschließt, es nicht geltend zu machen.
- 6.
Nicht an die rechtliche Vaterschaft, sondern gerade an ihre Nichtherbeiführung angeknüpft wäre ein etwaiger deliktischer Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 826 BGB. Der Umstand, dass der Beklagte es unterlässt, die Vaterschaft anzuerkennen oder ihre gerichtliche Feststellung zu betreiben, kann nur dann als sittenwidriges Verhalten angesehen werden, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Schon auf Grund der Tatsache, dass das Bestehen einer rechtlichen Vaterschaft zu den Kindern für den Beklagten umfangreiche wirtschaftliche, insbesondere unterhalts- und erbrechtliche Konsequenzen hätte, die weit über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch hinausgehen, vermag der Senat dessen Unterlassen nicht als sittenwidrig anzusehen, so dass ein Anspruch aus § 826 BGB im Ergebnis nicht in Betracht kommt.
In der Familiensache
...
hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brick,
den Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwonberg und
den Richter am Amtsgericht Kohlenberg
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung gegen das am 10. Januar 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Uelzen wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 3.500 EUR abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen den Beklagten auf ihn gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt im Wege der Stufenklage geltend, wobei er zunächst Auskunft über dessen Einkünfte begehrt. Dem liegt zugrunde, dass während seiner am ... 1989 geschlossenen und durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüneburg ( 30 F 259/03 ) vom ... 2004 geschiedenen Ehe mit Frau P. T. die Kinder R., geb. ... 1992, N., geb. ... 1994 und J., geb. ... 1995 geboren worden sind und durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüneburg (30 F 208/03) vom 23. Dezember 2003 festgestellt worden ist, dass der Kläger nicht der Vater dieser Kinder ist. Die Vaterschaft zu den Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.
Bei dem Beklagten handelt es sich um den Lebensgefährten der Kindesmutter den der Kläger mit der Begründung in Anspruch nimmt, allein dieser habe außer ihm während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt. Die Tatsache, dass die Vaterschaft des Beklagten zu den Kindern bisher nicht feststehe, hindere die Klage nicht. Vielmehr führe der Umstand, dass sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige gesetzliche Vertreterin der Kinder ist, sich weigerten, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen und der Beklagte auch nicht bereit sei, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNA-Test mitzuwirken, dazu, dass die Vorschrift des § 1600 d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anzuwenden und die Vaterschaft des Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit zu klären sei.
Das Amtsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Vorschrift des § 1600 d Abs. 4 BGB sei auch im vorliegenden Fall anzuwenden. Da nicht feststehe, dass der Beklagte der Vater der Kinder sei, könne er auch nicht aus übergegangenem Recht in Anspruch genommen werden.
Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen die rechtliche Beurteilung durch das Amtsgericht und verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
II.
Die Berufung ist nicht begründet.
Auch der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger vorliegend durch die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen.
Er folgt damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 121, 299 [BGH 17.02.1993 - XII ZR 238/91] = FamRZ 1993, 696), der bereits zu § 1600 a Satz 2 BGB a.F. - unter Ablehnung verbreiteter gegenteiliger Literaturmeinungen - entschieden hat, dass die Vorschrift das "Verbot, eine Vaterschaft außerhalb der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Verfahrenswege geltend zu machen," enthält und deshalb eine zur Realisierung des Rückgriffsanspruchs des Scheinvaters notwendige Klärung der Vaterschaft des angeblichen Erzeugers nicht als Vorfrage in einem Regressprozess durchgesetzt werden kann. Der Scheinvater kann vielmehr grundsätzlich erst dann wegen des Unterhalts, den er seinem vermeintlichen Kind geleistet hat, Rückgriff nehmen, wenn die Vaterschaft dessen, den er für den Erzeuger hält, mit Wirkung für und gegen alle feststeht. Der Umstand, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern nur vorgetragen hat, die Vaterschaft sei bisher nicht geklärt, genügt zur Überwindung der Rechtsausübungssperre nicht. Denn der zur Herstellung der rechtlichen Vaterschaft erforderliche Konstitutivakt, der die Inanspruchnahme des Beklagten unmittelbar aus seiner Vaterschaft erst ermöglicht, kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Demgegenüber vertritt das OLG Düsseldorf (FamRZ 2000, 1032) die Auffassung, dass in Fällen, in denen die Mutter und das Kind von der Feststellung der Vaterschaft absehen, eine Ausnahme dann zuzulassen sei, wenn der Erzeuger sich zu der Vaterschaft bekenne, in einem früheren gerichtlichen Abstammungsgutachten seine Vaterschaft als praktisch erwiesen angesehen wurde und das Beharren auf der Regresssperre als Verstoß gegen Treu und Glauben zu untragbaren Ergebnissen führen würde. Ob diese Auffassung zutreffend ist, kann vorliegend auf sich beruhen, denn ein solcher Sachverhalt ist nicht gegeben. Der Beklagte hat sich weder ausdrücklich zur Vaterschaft für die drei Kinder bekannt, noch liegt ein Abstammungsgutachten vor, welches ihn als Vater der Kinder ausweist.
Im Schrifttum (Huber, Der Unterhaltsregress des Scheinvaters, FamRZ 2004, 145., 146) wird darüber hinaus vertreten, der Unterhaltsregress müsse dann zugelassen werden, wenn es für den Scheinvater eine unzumutbare Härte darstellen würde, wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB von Unterhaltsregressansprüchen ausgeschlossen zu sein. Eine solche Härte liege vor, wenn der Scheinvater schlüssig darlege, dass der Beklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit der Erzeuger sei, wobei es ausreiche, dass letzterer sich grundlos weigere, an einem - außergerichtlichen - DNA-Test teilzunehmen.
Der Senat verkennt nicht, dass sich der Kläger in einer misslichen Lage befindet, weil ihm vom Gesetz in § 1600e Abs. 1 BGB, anders als dem biologischen Vater eines scheinehelichen Kindes, als Scheinvater nicht die Möglichkeit eingeräumt wird, die Vaterschaft des Mannes, von dem die Kinder abstammen, gerichtlich feststellen zu lassen, wobei diesem Umstand erst seit dem 1. Juli 1998 nennenswerte Bedeutung zukommt. Bis dahin konnte in den alten Bundesländern die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten, soweit es die Feststellung der Vaterschaft, die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und die Regelung von Erbangelegenheiten gegenüber dem Vater und seinen Verwandten betraf. Nach §§ 1706, 1709 BGB a.F. stand die gesetzliche Vertretung insoweit dem Jugendamt als Pfleger zu; nur auf Antrag (§ 1707 Abs. 1 BGB a.F.) konnte der Mutter durch das Vormundschaftsgericht die volle Vertretung eingeräumt werden. Diese Maßnahme diente dem Schutz des Kindes und der beschleunigten Vaterschaftsfeststellung. Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Durch die gesetzliche Amtspflegschaft des Jugendamtes wäre in Fällen wie dem vorliegenden, d.h. nach Feststellung, dass der Ehemann der Kindesmutter entgegen der gesetzlichen Vermutung des § 1592 Nr. 1 BGB nicht Vater der während der Ehe geborenen Kinder ist, die Vaterschaft des Beklagten auf Betreiben des Jugendamtes festgestellt worden. Die Kindesmutter hätte dies auch durch einen Antrag gemäß § 1707 Abs. 1 BGB a.F. auf Aufhebung bzw. Einschränkung der Amtspflegschaft nicht verhindern können. Denn diesem Antrag wäre nach § 1707 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nur zu entsprechen gewesen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widersprach. Eine Mutter, die Auskünfte über die Person des Vaters der Kinder verweigert, gibt aber zu erkennen, dass sie die Vaterschaftsfeststellung jedenfalls nicht fördern will, so dass eine Aufhebung der Amtspflegschaft für diesen Aufgabenbereich dem Wohl des Kindes widerspricht (vgl. BGH FamRZ 1982, 159). Nach der Gesetzesänderung hängt es, solange der potentielle Erzeuger der Kinder keine Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, vom Willen der Mutter ab, ob dessen Vaterschaft auf gerichtlichem Wege festgestellt wird. Da die Mutter somit die Möglichkeit hat, die Statussituation der Kinder, jedenfalls bis zu deren Volljährigkeit, durch Nichterhebung einer Vaterschaftsfeststellungsklage bzw. Nichtinanspruchnahme einer entsprechenden Beistandschaft des Jugendamtes gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB, ungeklärt zu lassen, besteht für den Scheinvater faktisch keine Chance die Vaterschaft des wahren Vaters feststellen zu lassen bzw. auf das Ergebnis eines vom Jugendamt betriebenen gerichtlichen Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zu verweisen.
Dennoch hält der Senat den von Huber aufgezeigten Weg nicht für gangbar. Die Tatsache, dass sich ein Beklagter weigert, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNA-Vaterschaftstest teilzunehmen, muss ihre Ursache nicht unbedingt in dem Bemühen haben, Scheinvaterregressansprüche zu verhindern. Denkbar sind beispielweise auch Fälle, in denen sich ein Mann zu einem Kind als Vater bekennt, obwohl er nicht der biologische Erzeuger ist, und verhindern will, dass dies dem Kind bekannt wird. Hinzu kommt ferner, dass die Bereitschaft des Beklagten, an einem DNA-Test mitzuwirken, für sich allein nicht ausreicht, sondern vielmehr auch die Teilnahme des Kindes und der Mutter erforderlich ist. Beide sind nicht am Prozess beteiligt, sodass ihre Weigerung nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die durch eine inzidente Vaterschaftsfeststellung eintretenden Folgen für die Kinder ebenso unerwünscht und belastend sein können wie die Tatsache der Abstammung selbst (vgl. BGH FamRZ 1993, 696, 697) [BGH 17.02.1993 - XII ZR 238/91]. Zwar ergeben sich aus einem Rechtsstreit zwischen Scheinvater und angeblichem Erzeuger keine unmittelbaren Rechtsfolgen für das Kind. Doch werden dessen Interessen durch die tatsächlichen Auswirkungen einer inzidenten Feststellung gleichwohl berührt. In der beschränkten Antragsbefugnis des § 1600 e Abs. 1 BGB und in dem Verbot, eine Vaterschaft außerhalb der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Verfahrenswege geltend zu machen, konkretisiert sich das gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Kindes. Die Befugnis des Kindes nach § 1600 e Abs. 1 BGB ist nicht nur ein Nebenrecht zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, sondern ein höchstpersönliches Recht, welches auch die Befugnis einschließt es nicht geltend zu machen (vgl. BGH a.a.O.). Da sich aus dem Akteninhalt nicht ergibt, dass die drei Kinder positive Kenntnis davon haben, wer ihr leiblicher Vater ist, läge in der Vornahme eines DNA-Vaterschaftstests außerhalb des vom Gesetz vorgesehenen Statusverfahrens ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Kinder vor, den diese nicht hinzunehmen bräuchten. Dem gemäß könnte ein außergerichtlicher DNA-Vaterschaftstest, die Zustimmung des Beklagten unterstellt, ohne entsprechende Einwilligung der Kindesmutter zur Teilnahme der Kinder hieran, nicht durchgeführt werden. Dass aber die Kindesmutter mit einem derartigen Vorgehen einverstanden ist und die Durchführung des Vaterschaftstests lediglich an der Weigerungshaltung des Beklagten scheitert, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
Nicht an die rechtliche Vaterschaft, sondern gerade an ihre Nichtherbeiführung angeknüpft wäre ein etwaiger deliktischer Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 826 BGB. Der Umstand, dass der Beklagte es unterlässt, die Vaterschaft anzuerkennen oder ihre gerichtliche Feststellung zu betreiben, kann nur dann als sittenwidriges Verhalten angesehen werden, wenn dass geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht (BGH NJW 2001, 3702). Schon auf Grund der Tatsache, dass das Bestehen einer rechtlichen Vaterschaft zu den Kindern für den Beklagten umfangreiche wirtschaftliche, insbesondere unterhalts- und erbrechtliche Konsequenzen hätte, die weit über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch hinausgehen, vermag der Senat dessen Unterlassen nicht als sittenwidrig anzusehen, so dass ein Anspruch aus § 826 BGB im Ergebnis nicht in Betracht kommt.
III.
Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu, weil die Fortbildung des Rechts dies erfordert. Es erscheint dem Senat nicht ausgeschlossen, dass der Bundesgerichtshof an seiner bisherigen Rechtsprechung (BGHZ 121, 299 [BGH 17.02.1993 - XII ZR 238/91] = FamRZ 1993, 696) vor dem Hintergrund, dass seit dem Wegfall der Amtspflegschaft Fallkonstellationen wie die vorliegende eine zunehmende Rolle spielen und die Technik und Methoden der Abstammungsbegutachtung zwischenzeitlich so verfeinert sind, dass ein körperlicher Eingriff nicht mehr erforderlich ist (Mundschleimhautabstrich) und die Gefahr widersprechender Entscheidungen kaum noch gegeben ist, nicht mehr festhält.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708, 711 ZPO.
Kohlenberg
RiOLG Dr. Schwonberg ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Brick