Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.06.2011, Az.: 3 W 55/11
Pflicht des Rechtsanwalts zur Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens zwecks Verjährungsunterbrechung bei drohender Verjährung in einem Bauprozess; Zurechnung vom Verschulden eines Rechtsanwalts zu Lasten des Mandanten bzgl. des Zurechnungszusammenhangs und des Mitverschuldens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 24.06.2011
- Aktenzeichen
- 3 W 55/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 20276
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:0624.3W55.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 12.04.2011 - AZ: 20 O 29/10
Rechtsgrundlagen
- § 477 Abs. 2 BGB a.F.
- § 639 BGB a.F.
Fundstellen
- IBR 2011, 551
- NJW 2011, 6
- NJW 2011, 3247-3249
- NZBau 2011, 697
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Rechtsanwalt hat die Pflicht, bei drohender Verjährung in einem Bauprozess zumindest ein selbstständiges Beweisverfahren zwecks Verjährungsunterbrechung einzuleiten.
- 2.
I. d. R. keine Zurechnung von Verschulden eines Rechtsanwalts zu Lasten des Mandanten, und zwar weder bezüglich des Zurechnungszusammenhangs noch des Mitverschuldens.
In der Beschwerdesache
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
der Richterin am Oberlandesgericht ... sowie
der Richterin am Oberlandesgericht ...
am 24. Juni 2011
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2. vom 20. Mai 2011 gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 12. April 2011 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung der Kammer vom 8. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten zu 2. auferlegt; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die - ehemals in einer Sozietät verbundenen - Beklagten auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages in Anspruch.
Der Beklagte zu 2. (im Folgenden nur Beklagter) wurde vom Kläger im Juni 2002 mit der Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen das Planungsbüro ..., Inhaber ... (im Folgenden nur Planungsbüro), das mit der G... e. V. (im Folgenden nur Förderverein) Architektenverträge hinsichtlich des Neubaus eines vom Kläger betriebenen Kindergartens geschlossen hatte, beauftragt. Die Arbeiten des Planungsbüros wurden seitens der Auftraggeberin am 30. Juli 1997 abgenommen und der Beklagte zu 2. stellte für den Kläger mit am 30. Juli 2002 beim Landgericht Hannover eingegangenem Schriftsatz einen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens (4 OH 9/02), in dem Mängel an den Arbeiten des Planungsbüros - insbesondere mit Blick auf das entworfene Grasdach - festgestellt wurden. Mit am 23. Mai 2006 eingegangener und am 21. Juli 2006 zugestellter Klage nahm der Beklagte als Bevollmächtigter des Klägers das Planungsbüro auf Mängelbeseitigung in Anspruch, deren Streitwert das Landgericht mit Beschluss vom 12. Juni 2006 auf bis zu 140.000,00 EUR festsetzte (4 O 178/06). In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, in der der derzeitige Bevollmächtigte des Klägers auftrat, der die Vertretung des Klägers nach Beendigung des Mandats zum Beklagten im Juni 2006 übernommen hatte, bestritt der Prozessbevollmächtigte des Planungsbüros erstmals die Aktivlegitimation des Klägers, da die Verträge mit dem Förderverein geschlossen worden waren. Dieses Vorbringen wies das Landgericht mit Urteil vom 16. März 2007 als verspätet zurück, mit dem es die dortige Beklagte zur Zahlung von 98.523,98 EUR verurteilte. Die hiergegen gerichtete Berufung des Planungsbüros, mit der diese die Einrede der Verjährung erhob, erachtete das Oberlandesgericht Celle (13 U 114/07) - bei vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage - für voraussichtlich begründet, woraufhin die Parteien einen Vergleich schlossen, wonach die dortige Beklagte zur Abgeltung der Klageforderung 20.000,00 EUR an den Kläger zu zahlen hatte. Mit Vereinbarung vom 7. März 2008 trat der Förderverein Ansprüche gegenüber dem Planungsbüro an den Kläger ab (Bl. 11 d.A.).
Der Kläger hält eine Pflichtverletzung des Beklagten für gegeben, dadurch dass dieser nicht die Vorgabe seiner Mandantin, für die Durchsetzbarkeit der an sich dem Förderverein zustehenden Forderung durch den Kläger Sorge zu tragen, umgesetzt hat. Indem der Beklagte nicht für eine Abtretung des Anspruchs vor Einleitung des Beweissicherungsverfahrens Sorge getragen habe, sei mit Ablauf des 30. Juli 2002 Verjährung der Ansprüche des Fördervereins eingetreten und die Durchsetzung der Ansprüche durch den Kläger sei damit ebenfalls unmöglich geworden. Ein weiterer Fehler des Beklagten liege darin, dass er namens des Klägers noch am 23. Mai 2006 Klage erhoben habe, wenngleich der Anspruch schon verjährt gewesen sei. Da die Klage gegen das Planungsbüro im Falle einer Abtretung des Anspruchs in unverjährter Zeit auch vor dem Oberlandesgericht in dem vom Landgericht ausgesprochenen Umfang (98.523,98 EUR) Erfolg gehabt hätte, stünde ihm ein Schadensersatzanspruch in diesem Umfang unter Abzug der aus dem geschlossenen Vergleich geleisteten Zahlung (20.000,00 EUR) in Höhe von 78.523,89 EUR zu, den er mit der Klage geltend macht.
Dem ist der Beklagte entgegengetreten mit der Behauptung, den Vorstand des Klägers auf die Notwendigkeit der Abtretung des Anspruchs seitens des Fördervereins hingewiesen zu haben. Zudem beruhe der vom Kläger geltend gemachte Schaden nicht auf einer durch ihn versäumten Empfehlung, sich Ansprüche des Fördervereins abtreten zu lassen, der die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Planungsbüro ohnehin dem Kläger habe überlassen wollen, sondern sei gleichermaßen auf Fehler der derzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückzuführen, die sich ohne Weiteres eine Abtretungserklärung noch im Prozess hätten verschaffen können. Jedenfalls der in der Berufungsinstanz des Vorprozesses geschlossene Vergleich sei dem Beklagten nicht zuzurechnen. Der geltend gemachte Schaden sei nicht dem Kläger entstanden, sondern allenfalls dem Förderverein, da dieser Forderungsinhaber gewesen sei, woran auch die nachträglich vereinbarte Abtretung nichts ändere.
Das Landgericht hat den Antrag des Beklagten auf Bewilligung auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, den Beklagten treffe der Vorwurf einer Pflichtverletzung. Dadurch, dass er den Verein nicht auf die Notwendigkeit der Abtretung von Ansprüchen des Fördervereins hingewiesen und nicht auf die Vereinbarung einer solchen Abtretung hingewirkt habe, die im Falle eines Hinweises unstreitig erfolgt wäre, da ohnehin der Kläger die Ansprüche habe durchsetzen sollen, habe der Beklagte das Gebot der Einhaltung des sichersten Weges verletzt. Ein weiterer Fehler liege in der erst nach Eintritt der Verjährung erhobenen Klage. Die Pflichtverletzungen seien für den vom Kläger geltend gemachten Schaden kausal, weil die weitere Prozessführung durch die derzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers durch den Fehler des Beklagten herausgefordert worden sei. Letztlich sei auch kein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden seines Prozessbevollmächtigten zu erkennen. Dessen Tätigkeit habe den durch das Handeln des Beklagten entstandenen Schaden nicht erweitert, da der Streitwert nicht nachträglich erhöht und auch das Berufungsverfahren durch die Gegnerin, das Planungsbüro, initiiert worden sei.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde. Er hebt darauf ab, dass der vom Kläger vorliegend geltend gemachte Schaden, der auf die Verjährung der Ansprüche zurückzuführen sei, tatsächlich nicht bei dem Kläger sondern beim Förderverein eingetreten sei. Auf die erst im Jahr 2008 vereinbarte Abtretung von Ansprüchen könne sich der Kläger mit Erfolg nicht berufen. Demnach sei dem Kläger kein über die Kosten des Vorprozesses hinausgehender Schaden entstanden. Der Anspruch des Fördervereins gegen das Planungsbüro sei bereits bei Eingang des Antrags auf Beweissicherung am 30. Juli 2002 verjährt gewesen, weshalb sich - nachdem die Einrede der Verjährung erhoben wurde - die Abweisung der Klage ohnehin nicht habe verhindern lassen, woraufhin die Unsicherheit hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Erhebung der Einrede der Verjährung erst in der Berufungsinstanz, durch den Vergleich beseitigt worden sei.
Der sofortigen Beschwerde hat die Kammer nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 567 Abs. 1, 569, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages gem. § 280 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB zu. Der Beklagte hat im Rahmen der Bearbeitung des Mandats seine anwaltlichen Sorgfaltspflichten verletzt, wodurch dem Kläger ein Schaden entstanden ist, der auch nicht durch ein ihm zuzurechnendes Mitverschulden seiner derzeitigen Prozessbevollmächtigten gemindert ist.
1.
Der Beklagte hat seine gegenüber dem Kläger aus dem Mandatsvertrag bestehenden Pflichten verletzt.
a)
Der Rechtsanwalt hat im Rahmen seines Auftrages seinen Auftraggeber umfassend und erschöpfend zu belehren. Er muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Mandanten erstrebten Erfolg herbeizuführen. Ist dies der Fall, so hat der Anwalt seinem Auftraggeber diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dafür hat der Anwalt den sichersten Weg vorzuschlagen. Vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen muss der Anwalt den Mandanten bewahren. Damit dieser eine sachgerechte Entscheidung treffen kann, hat der Anwalt ihn über Risiken und deren abschätzbares Ausmaß aufzuklären; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sach- und Rechtslage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern (vgl. Zugehör in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 482).
b)
Diesen Anforderungen genügte die durch den Beklagten erfolgte Bearbeitung des Mandats nicht. Der Beklagte hat dem Kläger bereits nicht die zu dem erstrebten Ziel führenden erforderlichen Schritte empfohlen und darüber hinaus auch nicht für eine wirksame Unterbrechung der Verjährung der Mängelgewährleistungsansprüche gesorgt.
Nach seinem eigenen Vorbringen war beabsichtigt, nachdem im Rahmen der Bauausführung Mängel der Arbeiten des Planungsbüros offenbar geworden waren, gegen dieses vorzugehen, wobei dem Kläger die Aufgabe zufallen sollte, Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, weil der Förderverein seine Aufgabe nur darin sah, Gelder zu verteilen und mit der Klage nichts zu tun haben wollte. Deshalb sollte das Einfordern von Mängelgewährleistungsansprüchen in einem Beweissicherungsverfahren, das ggf. in ein Klageverfahren mündete, Aufgabe des Klägers sein, worüber sich dieser mit dem Förderverein einig war. Um dieses Ziel erreichen zu können, hätte der Beklagte dem Kläger empfehlen müssen, sich die Ansprüche des Fördervereins aus den Architektenverträgen gegen das Planungsbüro abtreten zu lassen, um die Sachbefugnis hinsichtlich der geltend zu machenden Gewährleistungsansprüche zu erlangen.
Dies war insbesondere deshalb angezeigt, weil bei Übernahme des Mandats im Juni 2002 die Verjährung der Ansprüche gegen das Planungsbüro unmittelbar bevorstand, mithin zumindest die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens zur Unterbrechung der Verjährung nach § 639 i.V.m. § 477 Abs. 2 BGB a.F. erforderlich war. Demnach ließ sich eine Hemmung der fünfjährigen Verjährungsfrist für Bauwerke nach § 638 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB a.F., die mit der am 30. Juli 1997 erfolgten Abnahme des Werkes begonnen hatte, nur dadurch bewirken, dass dem Kläger durch Abtretung die Sachbefugnis in Bezug auf die Architektenverträge mit dem Planungsbüro übertragen wurde und dieser rechtzeitig Maßnahmen zur Unterbrechung der Verjährung nach §§ 209, 211 Abs. 1 BGB a.F. ergriff, die in der Weise wirkten, dass die bis dahin laufende Verjährungsfrist mit Beendigung der Unterbrechung neu zu laufen begann (§ 217 BGB a.F.).
Dass der Beklagte dem Kläger zu einer vor Ablauf der Verjährungsfrist mit dem Förderverein zu vereinbarenden Abtretung geraten hat, trägt er bereits nicht mit hinreichender Substanz vor. Denn er erläutert nicht plausibel, weshalb ungeachtet seines Rates und der Einigkeit der Vereine, entsprechend vorzugehen, der Abschluss einer solchen Abtretungsvereinbarung unterblieben ist. Seine Erläuterung hierfür, die freundschaftliche Verbindung des Beklagten zum damaligen Vorstand des Klägers sei Grund dafür gewesen, dass eine Abtretungsvereinbarung nicht eingefordert worden sei, leuchtet nicht ein. Denn dass die Vorlage einer vom Beklagten vorbereiteten Abtretungsvereinbarung und deren Unterzeichnung einer Freundschaft abträglich gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Bei einem Hinweis auf die anderenfalls eintretende Folge, dass nämlich Ansprüche verjährten, leuchtete deren Notwendigkeit - auch unter Freunden - ohne weiteres ein. Der Sachvortrag des Beklagten spricht vielmehr dafür, dass er dem Vorstand des Klägers die Erforderlichkeit der Abtretung schon vor Beantragung des selbstständigen Beweisverfahrens, nicht hinreichend verdeutlicht hat. Dies findet zudem Ausdruck in den Angaben des damaligen Vorstands des Klägers G..., in dem vor dem Amtsgericht Wennigsen geführten Verfahren (10 C 92/08), der dort in Abrede genommen hat, einen ausdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit der Abtretungsvereinbarung seitens des Beklagten erhalten zu haben. Soweit sich der Beklagte für das Gegenteil auch im vorliegenden Prozess auf Herrn G... als Zeugen bezieht, geht der Senat im Rahmen der im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zulässigen Beweisantizipation (Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 114, Rn. 26) davon aus, dass dieser auch im vorliegenden Verfahren die Angaben des Beklagten nicht bestätigen würde, dieser mithin für seine Behauptung beweisfällig bliebe; jedenfalls hat der Beklagte keine Gründe für eine davon jetzt abweichende Aussage vorgetragen.
c)
Einem Schadensersatzanspruch des Klägers stehen auch nicht seine fehlende Aktivlegitimation und der Umstand entgegen, dass der Förderverein Inhaber der Ansprüche aus den mit dem Planungsbüro geschlossenen Verträgen war, deren Verjährung am 31. Juli 2002 eingetreten ist.
Zwar trifft es zu, dass die am 7. März 2008 zwischen dem Förderverein und dem Beklagten geschlossene Abtretungsvereinbarung Schadensersatzansprüche gegenüber dem Beklagten nicht erfasst. Indessen verkennt der Beklagte mit seiner Auffassung, der Schaden sei vorliegend allein dem Förderverein entstanden, dass die hier in Rede stehende Pflichtverletzung darin zu sehen ist, dass er, der Beklagte, dem Kläger nicht zu dem erstrebten Ziel verholfen hat, die ursprünglich dem Förderverein zustehende Forderung vom Förderverein übertragen zu erhalten und gegenüber dem Planungsbüro erfolgreich durchzusetzen. Denn es war - nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten - von Anfang an geplant, dass der Förderverein Ansprüche nicht selbst geltend macht, wohingegen der Kläger Anspruchsinhaber werden und diesen durchsetzen sollte.
2.
Infolge der dem Beklagten zur Last zu legenden Pflichtverletzungen ist dem Kläger auch ein Schaden entstanden. Der Anspruch des Fördervereins gegen das Planungsbüro ist mit Ablauf des 30. Juli 2002 verjährt, mit der Folge, dass Mängelgewährleistungsansprüche gegen das Planungsbüro nicht mehr - wie vom Kläger im Zusammenwirken mit dem Förderverein geplant - von dem Kläger mit Erfolg durchgesetzt werden konnten. Ohne die seitens des Planungsbüros mit Erfolg erhobene Einrede der Verjährung hätte der Kläger in dem vom Landgericht ausgesprochenen Umfang obsiegt - was zwischen den Parteien nicht im Streit steht - wobei er sich auf seinen damit in gleicher Höhe gegebenen Schadensersatzanspruch die aufgrund des Vergleichs erhaltene Zahlung anrechnen lassen muss, weshalb sich sein Anspruch auf 78.523,98 EUR (98.523,98 EUR abzüglich 20.000,00 EUR) beläuft.
a)
Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden die Pflichtverletzung zur Folge hatte, kommt es darauf an, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten und wie die Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der Rechtsanwalt die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte (Fischer in: Zugehör u.a., a,. a. O., Rn. 1096). Für den Mandanten tritt in diesem Zusammenhang die Vermutung ein, dass er dem zutreffenden Rat seines Bevollmächtigten gefolgt wäre (Fischer, a.a.O., Rn. 1005).
b)
Hätte der Beklagte von dem Kläger und dem Förderverein vor Ablauf der Verjährungsfrist und Einreichung des Antrags auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens eine Abtretungsvereinbarung verlangt, wäre diese geschlossen worden, womit die Aktivlegitimation des Klägers im Prozess hätte belegt werden können. In diesem Fall wäre die seitens des Planungsbüros erhobene Einrede der Verjährung ohne Erfolg geblieben, weil der insoweit sachbefugte Kläger durch den noch am Tag des Verjährungsablaufs (30 Juli 2002) eingereichten Antrag auf Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens, dessen Zustellung nach § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung zurückwirkte, die Verjährung rechtzeitig unterbrochen hätte. Danach wäre - selbst wenn das Beweissicherungsverfahren nicht weiter betrieben worden wäre - die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB a.F. erneut in Gang gesetzt worden und rechtzeitig vor deren Ablauf im Juli 2006 durch die am 23. Mai 2006 eingegangene und am 21. Juli 2006 zugestellte Klage hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Mängelgewährleistungsansprüche erneut unterbrochen worden.
c)
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden auch nicht entfallen, weil die derzeitigen Bevollmächtigten des Klägers nach Beendigung des zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehenden Mandates ebenfalls Pflichtverletzungen begangen haben.
Der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anwaltsfehler und dem entstandenen Schaden entfällt nur, wenn der Mandant aufgrund anderweitiger rechtlicher Beratung noch in der Lage ist, durch eine Pflichtverletzung seines (ersten) Rechtsanwaltes drohende Nachteile abzuwenden, er jedoch die ihm angeratenen Maßnahmen aus unvertretbaren Gründen unterlässt (Sieg in: Zugehör u.a., a. a. O, Rn. 299). Das Verhalten Dritter beseitigt die Zurechnung nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist. Der Zurechnungszusammenhang wird daher grundsätzlich nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte. Nur wenn der zweite Berater eine Entschließung trifft, die schlechterdings unverständlich ist, hat der erste Anwalt dafür nicht einzustehen (vgl. Fischer, a.a.O., Rn. 1021).
Vorliegend stellt es sich bereits nicht als fehlerhaft dar, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers, nach Übernahme des Mandats im Juni 2006, nicht für eine Abtretung der Ansprüche des Fördervereins gegen das Planungsbüro an den Kläger Sorge getragen und diesen Umstand in den Vorprozess eingeführt haben. Denn bei Mandatsübernahme war die Aktivlegitimation des Klägers durch das Planungsbüro noch nicht in Frage gestellt worden, ebenso wenig wie die Durchsetzbarkeit des von ihm geltend gemachten Mängelgewährleistungsanspruchs. Dies erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, was ohnehin die Möglichkeit ausschloss, neue Tatsachen vorzubringen. Danach war es bei Übernahme des Mandates taktisch geschickter, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen und darauf zu hoffen, dass das Planungsbüro auch weiterhin die Aktivlegitimation des Klägers nicht in Abrede nehmen würde. An der in der Sphäre des sachbefugten Fördervereins eingetretenen Verjährung der Ansprüche ließ sich im Juni 2006 ohnehin nichts mehr ändern.
Auch der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem 13. Zivilsenat des Oberlandesgericht Celle geschlossene Vergleich stellt eine solche sachfremde und nicht nachvollziehbar erscheinende Handlung, die den Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem bei dem Kläger eingetragenen Schaden unterbrechen würde, nicht dar. In Anbetracht der seitens des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweise, dass eine Verjährung der Ansprüche durchgreifen könne, der Kläger mithin ggf. mit seiner Klage insgesamt leer ausgehen würde, erschien die Empfehlung, sich zumindest auf einen Betrag von 20.000,00 EUR zu einigen, sachgerecht. Sie war jedenfalls nicht, wie dies für die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs gefordert wird, schlechterdings unverständlich.
3.
Die Anrechnung eines Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 1, § 278 BGB aus dem Aspekt "Fehler der nachträglich eingeschalteten Anwälte" scheitert bereits an grundsätzlichen Erwägungen. Ein geschädigter Mandant hat sich auf seinen Regressanspruch nur ganz ausnahmsweise einen schuldhaften Pflichtverstoß eines anderen Rechtsanwalts im Rahmen des haftungsbegründenden Vorgangs als Mitverschulden anrechnen zu lassen, wenn er sich dieses Rechtsanwalts zur Erfüllung eines Gebots des eigenen Interesses bedient hat und das Verhalten dieser Hilfsperson in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem ihr anvertrauten Pflichtenkreis steht (vgl. Sieg, a.a.O., Rn. 301). Danach kommt eine Zurechnung etwaigen Mitverschuldens nur dann in Betracht, wenn der Mandant einen Rechtsanwalt beauftragt hat, um einen erkannten oder für möglich gehaltenen Fehler eines früheren Rechtsanwalts zu beheben (vgl. Sieg, a. a. O, Rn. 305).
Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Bevollmächtigten des Klägers sind nicht beauftragt worden, um Fehler des Beklagten zu beheben. Der Anwaltswechsel beruhte vielmehr darauf, dass der Vorstand des Klägers, mit dem der Beklagte enge persönliche Verbindungen unterhielt, und der ihm deshalb das Mandat erteilt hatte, ausgetauscht worden war. Dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Auftrag hatten, die Arbeit des Beklagten auf deren Richtigkeit hin zu untersuchen, ist von dem Beklagten auch weder dargetan noch ersichtlich.
III.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. Nr. 1812 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) sowie § 127 Abs. 4 ZPO zurückzuweisen.