Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 18.11.2008, Az.: 1 A 294/05

Erteilung der Erlaubnis zum Führen einer Waffe; Nachweis des Bedürfnisses zum Führen einer Waffe; Prüfung einer Gefährdung i.S.v. § 19 Waffengesetz (WaffG)

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
18.11.2008
Aktenzeichen
1 A 294/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 30113
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2008:1118.1A294.05.0A

Verfahrensgegenstand

Erteilung einer Waffenerlaubnis

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Allein aus einer früheren Tätigkeit für Polizeibehörden folgt noch keine besondere Gefährdung im Sinne des § 19 WaffG, die ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe begründen könnte. Vielmehr bedarf es für den Nachweis einer solchen Gefährdung konkreter Anhaltspunkte.

  2. 2.

    Auch der Zweck der "Legendenbildung" in kriminellen Kreisen als taktisches Einsatzmittel ist nicht geeignet, ein Bedürfnis im Sinne des § 19 WaffG zu begründen.

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 1. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2008
durch
den Richter am Verwaltungsgericht D. als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Mit der Klage begehrt der Kläger die Verlängerung eines Waffenscheins.

2

Der Kläger, der als Zahnarzt praktiziert, ist im Besitz eines am 25.04.2001 durch die Stadt E. ausgestellten, bis zum 24.04.2004 gültigen Waffenscheins, in dem insgesamt 20 Kurzwaffen aufgeführt sind. Am 23.04.2004 beantragte er bei der Beklagten die Verlängerung des Waffenscheins. Zur Begründung führte er aus, er benötige die Erlaubnis zum Führen der Waffen aufgrund gefahrgeneigter Tätigkeit im Rahmen der Zusammenarbeit mit Landes- und Bundesbehörden im Bereich der Verbrechensbekämpfung sowie im Rahmen einer entsprechenden Tätigkeit für die Industrie. Eine Gefährdung bestehe des Weiteren durch aus der Haft entlassene Straftäter, die sich an ihm rächen wollten. Kurzwaffen dienten auch als taktisches Einsatzmittel zum Zweck der "Legendenbildung" in kriminellen Kreisen.

3

Die Beklagte holte hierzu zwei Stellungnahmen des Landeskriminalamts Niedersachsen vom 12.05.2004 und vom 05.10.2004 ein, wegen deren Inhalts auf die Aktenblätter 30 f. und 51 f. des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen wird. Nach Anhörung des Klägers lehnte sie den Antrag auf Verlängerung des Waffenscheins durch Bescheid vom 08.11.2004 ab und forderte den Kläger auf, den abgelaufenen Waffenschein herauszugeben. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe ein Bedürfnis zum Führen von Schusswaffen im Sinne des Waffengesetzes (WaffG) nicht nachgewiesen. Er werde weder beim Bundeskriminalamt (BKA) noch bei den 16 Landeskriminalämtern (LKA) als Vertrauensperson (auch: Verbindungsperson; VP) geführt. Nach Erkenntnissen des LKA Niedersachsen sei er nicht mehr für eine Polizeidienststelle des Bundes oder eines Landes tätig. Soweit er sich weiterhin mit Polizeibeamten treffe, geschehe dies stets aufgrund eigener Initiative. Die Möglichkeit, dass sich ein gewalttätiger Straftäter nach Verbüßung der Haft rächen wolle, bestehe für jeden Zeugen im Strafprozess und rechtfertige die Verlängerung des Waffenscheins nicht. Es sei abwegig, dass eine Vertrauensperson zur "Legendenbildung" Kurzwaffen führe. Eine Reputation in kriminellen Kreisen werde durch das Führen von Waffen nicht erreicht; auch wäre das damit verbundene Risiko unkalkulierbar. Des Weiteren könne der Kläger die von ihm gesehene Gefährdung selbst vermeiden, indem er es unterlasse, sich immer wieder aufgrund eigenen Entschlusses und ohne polizeilichen Auftrag in das kriminelle Milieu zu begeben. Letztlich sei die Bewaffnung mit einer Kurzwaffe auch ungeeignet, um die vom Kläger befürchtete Gefährdung abzuwehren. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Landkreis F. durch Widerspruchsbescheid vom 04.11.2005 zurück.

4

Am 30.11.2005 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, er sei in den Jahren 1977 bis 2003 als Vertrauensperson im Bereich der organisierten Kriminalität für eine Vielzahl von Ermittlungsbehörden tätig gewesen. Diese Tätigkeit habe dazu geführt, dass ihm der streitbefangene Waffenschein ausgestellt worden sei. Aus ihr ergebe sich auch heute eine persönliche Gefährdung im Sinne von § 19 WaffG. Er müsse ständig mit Rachakten von Personen rechnen, an deren Verurteilung er mitgewirkt habe.

5

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 08.11.2004 und des Widerspruchsbescheides des Landkreises F. vom 04.11.2005 zu verpflichten, den ihm erteilten, bis zum 24.04.2004 gültigen Waffenschein zu verlängern, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hält die Klage für unzulässig und wiederholt im Übrigen ihre Auffassung, der Kläger benötige den Waffenschein nicht.

8

Das Gericht hat beim Bundeskriminalamt, beim Zollkriminalamt und bei den Landeskriminalämtern Auskünfte zu einer Tätigkeit des Klägers für diese Behörden eingeholt. Zu der Anfrage und den eingegangenen Antworten wird auf Bl. 34 bis 57 und Bl. 77 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht zur Frage einer Tätigkeit des Klägers als Vertrauensperson für Polizeibehörden und eine daraus resultierende besondere Gefährdung Beweis durch Vernehmung des Ltd. KD Rainer G. - LKA Niedersachsen - und des KHK H. PI F. /I. - erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten nimmt das Gericht auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat innerhalb der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 VwGO Klage erhoben und damit den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides der Beklagten vom 08.11.2004 verhindert. Zwar hat er bei Erhebung der Klage zunächst die Verpflichtung der Beklagten zur Neuerteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis begehrt und den (gebotenen) Antrag auf Verpflichtung zur Verlängerung der Erlaubnis erst nach Ablauf der Klagefrist formuliert. Dies führt jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Das Begehren des Klägers war von Anfang an erkennbar darauf gerichtet, den Fortbestand seines Waffenscheins zu gewährleisten. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Verlängerung eines Waffenscheins zum Führen einer Schusswaffe vorliegen, entspricht in vollem Umfang derjenigen bei Neuerteilung eines derartigen Waffenscheins (Steindorf, Waffenrecht, 8. Aufl. 2007, § 10 Waffengesetz Rn. 12c; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2008, Rn. 693). Das im Rahmen der Klagefrist geltend gemachte Klagebegehren unterscheidet sich daher tatsächlich und rechtlich nicht grundlegend von dem nunmehr gestellten Antrag (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35/96 -, BVerwGE 105, 288), so dass dessen Formulierung lediglich der Klarstellung des mit der Klage verfolgten Ziels dient.

11

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.11.2004 und der Widerspruchsbescheid des Landkreises F. vom 04.11.2005 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung der bis zum 24.04.2004 gültig gewesenen waffenrechtlichen Erlaubnis (§ 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 VwGO).

12

Gemäß §§ 2 Abs. 2, 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG i.V.m. der Anlage 2, Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 sowie mit der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 zu diesem Gesetz bedarf der Umgang mit den im Besitz des Klägers befindlichen, in dem streitbefangenen Waffenschein verzeichneten Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition der Erlaubnis. Nach § 10 Abs. 4 S. 1 WaffG wird die Erlaubnis zum Führen einer Waffe durch einen Waffenschein erteilt. Ein Waffenschein zum Führen von Schusswaffen wird für bestimmte Schusswaffen auf höchstens drei Jahre erteilt; die Geltungsdauer kann zweimal um höchstens je drei Jahre verlängert werden (§ 10 Abs. 4 S. 2 WaffG). Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG setzt die Erteilung einer Erlaubnis u.a. voraus, dass der Antragsteller ein Bedürfnis nachgewiesen hat. Der Nachweis eines Bedürfnisses ist gemäß § 8 Abs. 1 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen (u.a. als gefährdete Person) sowie die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sind. Ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe und der dafür bestimmten Munition wird gemäß § 19 Abs. 1 WaffG bei einer Person anerkannt, die glaubhaft macht, dass sie wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet (Nr. 1) und dass der Erwerb der Schusswaffe und der Munition geeignet und erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (Nr. 2). Ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe wird anerkannt, wenn glaubhaft gemacht ist, dass die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 1 WaffG auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums vorliegen (§ 19 Abs. 2 WaffG).

13

Der Kläger beruft sich im vorliegenden Verfahren darauf, er sei wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet. Diese Einschätzung teilt das Gericht nicht.

14

Bei der Prüfung einer Gefährdung i.S.v. § 19 WaffG ist eine Abwägung des persönlichen Interesses an der Verbesserung der Sicherheit durch den Besitz und das Führen einer Schusswaffe mit dem öffentlichen Interesse daran vorzunehmen, dass möglichst wenig Waffen unter die Bevölkerung kommen. Dabei ist nach der Gesetzesbegründung ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gilt im besonderen Maße für die Prüfung, ob gemäß § 19 Abs. 2 WaffG ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe in der Öffentlichkeit besteht (BT-Drs. 14/7758 vom 07.12.2001, S. 65 f.; Steindorf a.a.O., § 19 WaffG Rn. 3; Heller- Soschinka, a.a.O., Rn. 1861). Maßgebend für die Beurteilung einer überdurchschnittlichen Gefährdung ist nicht die persönliche Anschauung des Antragstellers, sondern ein objektiver Maßstab. Dabei genügt eine nur theoretische Möglichkeit der Rechtsgüterverletzung nicht.

15

Ein objektives Kriterium, das eine besondere Gefährdung des Klägers belegen könnte, liegt nicht in seiner Tätigkeit als Mitarbeiter von Polizeibehörden. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Kläger von etwa 1977 bis etwa 2003 verschiedenen Polizeibehörden mehrerer Bundesländer sowie dem Bundeskriminalamt als Mitarbeiter zur Verfügung stand. Das BKA hat unter dem 27.08.2008 bestätigt, der Kläger sei dort in der Zeit von Januar 1988 bis Juni 1994 als Vertrauensperson registriert gewesen. Das Hessische LKA hat unter dem 28.08.2008 mitgeteilt, der Kläger sei als Vertrauensperson mit Unterbrechungen bis zum Jahr 2000 in Hessen registriert gewesen. Laut Bescheinigung des Bayerischen LKA vom 13.10.2008 war der Kläger dort in der Vergangenheit als Vertrauensperson eingesetzt. Aussagen zum Zeitraum des Einsatzes könnten allerdings nicht gemacht werden, da den vorliegenden Unterlagen zufolge seit über zehn Jahren kein aktiver Einsatz mehr stattgefunden habe. Der Kläger halte lediglich aus eigenem Antrieb nach wie vor losen, sporadischen Kontakt zur Dienststelle. Das LKA Hamburg hat unter dem 03.09.2008 mitgeteilt, es habe im Jahr 2001 zwei sporadische Kontakte zum Kläger gegeben, die jedoch nicht zu weiteren polizeilichen Maßnahmen geführt und auch keine Außenwirkung gehabt hätten. Für das LKA Niedersachsen hat der Zeuge G. in der mündlichen Verhandlung Ausführungen zu einer Zusammenarbeit mit dem Kläger gemacht; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Alle weiteren Landeskriminalämter und das Zollkriminalamt haben die Erteilung einer Auskunft abgelehnt bzw. mitgeteilt, der Kläger habe nicht als Vertrauensperson für sie gearbeitet. Aus den eine Zusammenarbeit bestätigenden Stellungnahmen ergibt sich, dass der Kläger zwar in unterschiedlichem Umfang als Vertrauensperson für das BKA und die Landeskriminalämter Niedersachsen, Hessen und Bayern tätig war. Aus ihnen geht jedoch auch hervor, dass diese Tätigkeit im Fall des BKA bereits 1994, im Fall des LKA Niedersachsen im Jahr 1995, im Fall des LKA Bayern vor etwa 10 Jahren und im Fall des LKA Hessen etwa im Jahr 2000 beendet war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass aus der früheren Tätigkeit des Klägers für die genannten sowie möglicherweise weitere Behörden, die gegenüber dem Gericht nicht Stellung genommen haben, heute eine besondere Gefährdung des Klägers i.S.v. § 19 WaffG resultiert, hat das Gericht nicht. Auch dem BKA und den Landeskriminalämtern Niedersachsen, Bayern, Hessen und Hamburg liegen nach dem Inhalt der schriftlichen Stellungnahmen keine Hinweise darauf vor, dass der Kläger aufgrund der damaligen Tätigkeit gegenwärtig besonders gefährdet ist. Die ausführliche und überzeugende Aussage des Zeugen G. lässt eine solche Gefährdung gleichfalls als fernliegend erscheinen. Der Zeuge, zu dessen Aufgabenbereich es gehört, im Rahmen der Erteilung von Waffenscheinen Gefährdungsabschätzungen durchzuführen, hat seine Einschätzung zum Ausdruck gebracht, der Kläger sei keinesfalls in höherem Maße gefährdet als beispielsweise Beamte in Sondereinsatzkommandos. Diese trügen privat keine Waffen, sondern würden ihre Dienstwaffen jeweils in der Dienststelle belassen.

16

Ein Kriterium für eine besondere Gefährdung liegt auch nicht darin, dass der Kläger nach der Durchführung von Einsätzen für Polizeibehörden im Rahmen von Strafprozessen als Zeuge ausgesagt hat und damit den von seinen Ermittlungen betroffenen Straftätern persönlich bekannt geworden ist. Hierbei berücksichtigt das Gericht, dass die fraglichen Aussagen bereits in den 1990-er Jahren gemacht worden sind und dass der Kläger durch sein Auftreten in Strafprozessen nach der Aussage des Zeugen G. so bekannt geworden ist, dass er in Norddeutschland nicht mehr als Vertrauensperson einsetzbar ist. Angesichts dessen lässt der Umstand, dass der Kläger keinen einzigen Fall benennen konnte, in dem es daraufhin zu einer konkreten Bedrohung gekommen ist, die Befürchtungen des Klägers als unbegründet erscheinen. Dies gilt auch hinsichtlich seiner Behauptung, in der Justizvollzugsanstalt J. sei ein K. aufgefunden worden, in dem ein Häftling dazu aufgefordert worden sei, einen Anschlag auf ihn auszuführen. Nach dem Vortrag des Klägers fand dieses Ereignis Ende der 1990-er Jahre statt und blieb ohne Folgen, so dass sich hieraus gleichfalls keine Anhaltspunkte für eine konkrete gegenwärtige Gefährdung des Klägers ergeben.

17

Schließlich ist eine besondere, überdurchschnittliche Gefährdung des Klägers auch nicht deshalb zu befürchten, weil er nach Aussage des Zeugen Huchthausen in einem Einzelfall wieder für das LKA Baden-Württemberg tätig ist. Das Gericht hat keine Erkenntnisse zum Inhalt dieses Einsatzes und dazu, ob es in dessen Rahmen überhaupt zu einer Gefährdung des Klägers kommen wird. Der Umstand, dass der Kläger nach eigenem Vortrag unter seiner tatsächlichen Identität für das LKA Baden-Württemberg tätig wird, spricht nach Auffassung des Gerichts eher gegen eine dem Auftrag innewohnende besondere Gefahr. Völlig offen ist auch, ob das LKA Baden-Württemberg dem Kläger überhaupt gestatten würde, im Rahmen des Einsatzes Waffen mit sich zu führen. Nach der Aussage des Zeugen G., der als Mitglied der vom Präsidenten des BKA geleiteten "AG Kripo" in einem Bereich tätig ist, der sich mit der VP-Führung und den insoweit zu setzenden Qualitätsstandards befasst, ist es zumindest in Niedersachsen nicht üblich, Kontaktpersonen bewaffnet in den Einsatz zu schicken.

18

Soweit der Kläger vorgetragen hat, er benötige die Waffen zur "Legendenbildung", ist ihm entgegenzuhalten, dass ein solcher Zweck nicht geeignet ist, ein Bedürfnis i.S.v. § 19 WaffG zu begründen, so dass es nicht darauf ankommt, dass eine solche Verwendung der Waffen durch eine Vertrauensperson nach Auffassung des LKA Niedersachsen (Auskünfte vom 12.05.2004 und vom 05.10.2004) mit einem unkalkulierbaren Risiko verbunden wäre und daher unterbunden werden müsste.

19

Weil der Kläger nach alledem bereits nicht besonders gefährdet erscheint und damit ein Bedürfnis zur Verlängerung seines Waffenscheins nicht nachweisbar ist, kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob das Führen von Kurzwaffen geeignet ist, eine Gefährdung zu mindern (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Das Gericht merkt hierzu jedoch an, dass es die Auffassung des Zeugen G. teilt, wonach eine Schusswaffe in den wenigsten Fällen geeignet sein dürfte, im Fall eines überraschenden Anschlages in der Öffentlichkeit Schutz zu bieten (vgl. hierzu auch Heller/Soschinka, a.a.O., Rn. 1867). Schließlich kann auch die Frage offen bleiben, ob es im Rahmen der Prüfung einer besonderen Gefährdung angemessen ist, in einen Waffenschein 20 Schusswaffen aufzunehmen. Dies erscheint insbesondere deshalb zweifelhaft, weil gegenüber der zunächst vorgesehenen Fassung des Gesetzestextes ("Schusswaffen oder Munition") nach den Beratungen im Innenausschuss die Formulierung "einer Schusswaffe und der dafür bestimmten Munition" gewählt worden ist. Hierdurch sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass in der Regel das Bedürfnis lediglich für eine einzige Schusswaffe und für die gerade hierfür bestimmte Munition anerkannt wird (BT-Drs. 14/8886 vom 24.04.2002, S. 113).

20

Die Anordnung, den abgelaufenen Waffenschein zurückzugeben, beruht auf § 46 Abs. 1 WaffG und ist nicht zu beanstanden.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da ausschließlich der Kläger kostenpflichtig ist, ist eine Entscheidung über den Antrag entbehrlich, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 162 Rn. 14).

22

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

23

Rechtsmittelbelehrung

24

Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur zulässig, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen worden ist.