Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 10.09.2012, Az.: 5 A 1245/11

Abschiebungsschutz; EMRK, 1. Zusatzprotokoll; Gesundheitsvorsorge; Grundrechte-Charta; Hörschaden; Kostenzusage; Qualifikatationsrichtlinie; Subsidiärer Abschiebungsschutz; UN-Behindertenkonvention

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
10.09.2012
Aktenzeichen
5 A 1245/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44317
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand:

Der Kläger ist serbischer, ggf. auch kosovarischer Staatsangehöriger und nach eigenen (wechselnden) Angaben Angehöriger der Volksgruppe der Roma bzw. Ashkali. Er wurde am 13. August 1983 geboren und stammt aus dem Ort I. im Kosovo. Im Jahre 1993 reiste er gemeinsam mit seinen Eltern und elf Geschwistern auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein.

Nach rechtskräftigem Widerruf des ihm ursprünglich zuerkannten Flüchtlingsstatus (vgl. Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge [Bundesamt] vom 31. Mai 2005, bestätigt durch das VG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2005 - 12 A 628/05 -), diversen strafgerichtlichen Verurteilungen und Versagung anderweitiger Aufenthaltsrechte droht ihm auf Grundlage der Abschiebungsandrohung der Stadt D. vom 26. Juni 2009 mit Ergänzung der Zielstaatsbezeichnung "Serbien" vom 24. Mai 2011 die Aufenthaltsbeendigung und die Rückführung nach Serbien oder in den Kosovo. Mindestens sechs Geschwister von ihm sind im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen. Seine Eltern will die Ausländerbehörde mangels eines dauerhaften Aufenthaltsrechts ebenfalls abschieben. Der Kläger ist beiderseits hörgeschädigt und seit dem 28. Oktober 2010 als Schwerbehinderter anerkannt (Grad der Schwerbehinderung 50).

In einem vorausgegangenen Folgeverfahren hatte der Kläger erfolglos zielstaatsbezogene Gefahren im Hinblick auf den Kosovo geltend gemacht (Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2011 - 11 A 1449/10 - und Beschlüsse des Nds. OVG vom 24. März 2011 - 8 LA 39/11 - und 28. April 2011 - 8 LA 72/11 -). Mit dem streitgegenständlichen Folgeschutzgesuch vom 27. Mai 2011 begehrt er wegen zielstaatsbezogener Gefahren in Serbien die Abänderung des Bescheides des Bundesamtes vom 31. Mai 2005 und die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Er spreche kein Serbisch, sondern nur Albanisch und Deutsch. Wegen seiner Hörbehinderung sei er als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Er trage derzeit kein Hörgerät. Als Volkszugehöriger der Roma bzw. Ashkali sei er in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens, so auch in Serbien, in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht. Als Angehöriger einer Bevölkerungsgruppe, die ähnlich wie die europäischen Juden unter Vertreibung und Völkermord zu leiden gehabt hätten, müsse ihm schon aus Gründen der Gleichbehandlung ein Aufenthaltsrecht zuerkannt werden.

Mit den beiden Schreiben vom 27. Mai 2011 erklärte die zuständige Ausländerbehörde der Stadt D. gegenüber dem Bundesamt, die Kosten für die Reise des Klägers von B. in die Republik Kosovo zu übernehmen und ihm außerdem im Falle der Abschiebung nach Serbien für die Dauer eines Jahres als Unterstützung für die Lebensunterhaltssicherung monatlich 100,-- Euro zu bezahlen.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 30. Mai 2011 eine Abänderung seines Bescheides vom 31. Mai 2005 bezüglich der Feststellung der zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in Bezug auf die geltend gemachten zielstaatsbezogenen Gefahren in Serbien ab.

Der Kläger hat am 1. Juni 2011 Klage erhoben (5 A 1245/11) und erfolglos um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Beschlüsse des Gerichts vom 5. September 2011 - 5 B 1569/11 - und vom 16. April 2012 - 5 B 2984/12 -) nachgesucht. Er trägt im Wesentlichen ergänzend vor, wegen der hier zu behandelnden schwierigen und komplexen Fragen habe die Sache grundsätzliche Bedeutung und müsse auf die Kammer übertragen werden. Es fehle an einer wirksamen Abschiebungsandrohung nach Serbien. Seine Abschiebung dorthin sei angesichts der deutschen Anerkennung des Kosovo als selbständiger Staat willkürlich, weil hierfür Reisepapiere Serbiens genutzt würden, die auf einer abweichenden Staatsangehörigkeitsauffassung beruhten. Seine Hörschädigung habe sich weiter verschlimmert (vgl. Bescheinigung Dr. H. vom 16. Juni 2011 und bekundete Wahrnehmung seines Bevollmächtigten). Auch die Kostenübernahmeerklärung der Ausländerbehörde sei rechtswidrig und nichtig. Seine wirtschaftliche Existenz in Serbien sei nicht ansatzweise sichergestellt. Eine wirtschaftliche Unterstützung durch seine Angehörigen, die lediglich im Niedriglohnsektor beschäftigt seien und am Rande des wirtschaftlichen Existenzminimums lebten, dürfe nicht unterstellt werden, jedenfalls nicht ohne weitere Ermittlungen. Eine gleichzeitige Rückführung seines Vaters dürfe nicht unterstellt werden, zumal dieser jüngst wegen gesundheitlicher Beschwerden ein Folgeschutzgesuch anhängig gemacht habe. Ebenso wenig eine gemeinsame Rückführung mit seiner Schwester Q., die vermittelt über ihren Sohn ein Aufenthaltsrecht verlangen könne. Auch aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Angehörigen des Volkes der Roma müsse ihm ein Abschiebungsverbot zuerkannt werden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, hinsichtlich des Kosovo und Serbiens Abschiebungsverbote im Sinne des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union bezüglich seiner Person festzustellen,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, hinsichtlich des Kosovo und Serbiens Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bezüglich seiner Person festzustellen,

und den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Mai 2011 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 11 A 1449/10 und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen. Weiter wird verwiesen auf Auskünfte, Gutachten und Stellungnahmen, die anlässlich der Ladung aufgelistet und so zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Der Rechtsstreit musste nicht - wie bereits in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Erwägungen in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschusses beschlossen - auf die Kammer zurückübertragen werden (§ 76 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG), sondern konnte vom Einzelrichter entschieden werden. Es fehlt schon an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache infolge einer wesentlichen Änderung der Prozesslage. Die Maßstäbe, nach denen subsidiärer Schutz in derartigen Fällen gewährt werden muss, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Trotz im Einzelfall unterschiedlich ausgeprägter Schwierigkeiten bleibt es hier - seit Klageerhebung bis zur mündlichen Verhandlung - beim Fall einer Einzelfallwürdigung, die auch hier vom Einzelrichter geleistet werden kann und muss. Im Übrigen deutet auch nichts Überzeugendes darauf hin, dass ein Rückübertragungsermessen dahingehend reduziert wäre, das weitgehend vom Einzelrichter geförderte Verfahren zwingend auf die Kammer zurückzuübertragen.

Von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof - EuGH - hat das Gericht aus den in der Sitzungsniederschrift bereits genannten Gründen abgesehen. Im Übrigen belegen verschiedene Ausführungen weiter unten, dass es nach nationaler und europäischer Rechtsprechung (auch) beim unionsrechtlichen subsidiären Schutz auf die Aufklärung und Bewertung der jeweiligen Gefährdung im Einzelfall ankommt.

Die Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger hat im Folgeschutzgesuchsverfahren keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung sog. subsidiären Schutzes bzw. die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG.

Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers fehlt es nicht an einer speziell vom Bundesamt zu erlassenden Abschiebungsandrohung mit Zielstaatsbezeichnung "Serbien" für den Kläger. Vielmehr erweist sich die von der Ausländerbehörde der Stadt Delmenhorst am 26. Juli 2009 erlassene Abschiebungsandrohung mit Ergänzung der Zielstaatsbezeichnung "Serbien" vom 24. Mai 2011 als wirksame Grundlage einer Aufenthaltsbeendigung (VG Oldenburg, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 11 B 1220/11 -; Nds. OVG, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 8 ME 106/11 -).

Ebenso wenig erweisen sich die Prüfung/Verneinung von zielstaatbezogenen Abschiebungsverboten bezüglich Serbiens und damit die Mitwirkung des Bundesamtes an einer entsprechenden Aufenthaltsbeendigung in Hinblick auf die deutsche Anerkennung des Kosovo als selbständigen Staat und die hiervon abweichende Haltung Serbiens, die auch in der Ausstellung eines Nationalpasses für den Kläger zum Ausdruck komme, als willkürlich oder gleichheitswidrig i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch darauf, nur in das Land seiner Staatsangehörigkeit abgeschoben zu werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 1998 - 9 B 604.98 - juris; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 42 zu § 59). Daher bedurfte es in diesem Zusammenhang weder der beantragten "Beiladung der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundeskanzlerin oder den Außenminister" noch der Einholung einer Stellungnahme des Kanzleramtes oder des Auswärtigen Amtes.

Zur Begründung wird im Weiteren zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamtes in dem Bescheid vom 30. Mai 2011 Bezug genommen. Ergänzend bzw. teilweise einschränkend ist Folgendes auszuführen:

Ohne Rechtsfehler verneint das Bundesamt bereits ein zwingendes Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 31. Mai 2005 abgeschlossenen Verfahrens über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG in Bezug auf die nunmehr für Serbien geltend gemachten zielstaatsbezogenen Gefahren. Denn es fehlt - wie dort im Einzelnen dargelegt - an den in § 51 VwVfG vorgeschriebenen Wiederaufgreifensvoraussetzungen, zumal der Kläger die gesehenen Gefährdungen insbesondere schon erheblich früher hätte vorbringen können.

So hat das Bundesamt zutreffend darauf abgestellt, dass er die für Serbien gesehenen zielstaatsbezogenen Gefährdungen erheblich früher hätte darlegen können, zumal seit dem 9. September 2008 ein neuer serbischer Reisepass vorliegt und der Kläger im Hinblick auf die bestehende Ausreisepflichtigkeit und mangels eines realistischen Aufenthaltsrechts mit einer Abschiebung auch nach Serbien hätte rechnen müssen.

Seine Hörbehinderung ist ihm seit (mindestens) dem Jahren 1999 bekannt und war im Übrigen auch Gegenstand des vorausgegangenen Folgeverfahrens im Bezug auf entsprechende Gefährdungen im Kosovo. Eine erhebliche Verschlechterung seines Hörvermögens seit Mitte Januar 2011 hat der Kläger nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Noch in der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2011 (Verfahren 11 A 1449/10) konnte sich die Einzelrichterin der 11. Kammer davon überzeugen, dass der Kläger auch ohne Hörgeräte hinreichend zu einer Verständigung in der Lage ist. Dies passt auch zu den Angaben, dass er sein Leben über längere Zeit ohne Hörgeräteversorgung meistern konnte, etwa wenn die Geräte defekt waren, verloren gingen und er sich nicht zügig um Ersatz bemühte oder er sie aus Furcht vor Hänselei nicht tragen mochte. Offenbar war der Kläger auch häufig in der Lage, seine Angelegenheiten mit Mitarbeitern der Ausländerbehörde ohne Hörgeräteeinsatz zu besprechen. Aus der Bescheinigung von Dr. H. aus der HNO Fachärztepraxis C. und W. vom 16. Juni 2011 folgt nichts anderes. Die dort zwar beiderseitig festgestellte Hörverschlechterung beruht ersichtlich auf der Angabe des Klägers, ohne Hörgeräte am kommunikativen Leben nicht mehr teilnehmen zu können. Sie steht im Widerspruch mit der ebenfalls aufgenommenen Angabe, dass der Kläger bei nahezu unveränderter Hörleistung mehrfach seine Hörgeräte verloren hat, was bei dem behaupteten dringlichen Bedarf verwundert und unstimmig ist. Auch die gegenteiligen Bekundungen seines Bevollmächtigten aus der Wahrnehmung in regelmäßigen Besprechungen und anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2011 stehen als persönliche Wahrnehmungen eines Interessenvertreters nicht entgegen; insbesondere ersetzen sie keine (widerspruchsfreie) ärztliche Bescheinigung einer gravierenden Hörverschlechterung, die sich nicht mittels Hörgeräteversorgung kompensieren lässt.

Ebenso zutreffend hat das Bundesamt ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen (§§ 51 Abs. 5, 48 oder 49 VwVfG) im Hinblick auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote hinsichtlich Serbiens abgelehnt. Der vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 u. a. -) betonten Klarstellung folgend hat es vorrangig die sogenannten europa- bzw. unionsrechtlichen Abschiebungsverbote aus § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG geprüft und ebenso verneint wie anschließend die nationalen Abschiebungsverbote aus § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.

Unionsrechtliche Abschiebungsverbote im Sinne des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union - im nationalen Recht umgesetzt in § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG - liegen nicht vor. Weder im Kosovo noch in Serbien findet derzeit ein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG statt. Andere Schlüsse können auch nicht aus Meldungen über die Verstärkung der Kfor-Truppen im Kosovo durch (u.a.) deutsche Soldaten im Zusammenhang mit Unruhen im Nord-Kosovo gezogen werden. Auch dass dem Kläger in Serbien oder dem Kosovo die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe droht (§ 60 Abs. 3 AufenthG) ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung der Sache nach darauf berufen hat, er sei als Roma bzw. Ashkali im Kosovo und in Serbien weitgehend vom Zugang zum Gesundheitswesen ausgeschlossen, kann die Richtigkeit dieser Behauptung hier dahinstehen. Denn selbst, wenn man sie als wahr unterstellt, würde daraus kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 2 AufenthG folgen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist die Abschiebung eines Ausländers durch einen Konventionsstaat in ein Land, in dem eine ausreichende medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist, selbst dann, wenn der Betroffene bereits schwer erkrankt ist, nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (vgl. EGMR, N ./. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 27. Mai 2008 - 26565/05 -, Rn. 42, NVwZ 2008, 1334 [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05] <1336 > mit ausführlichen weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs). Mithin irrt der Kläger über die Reichweite des insoweit zu prüfenden unionsrechtlichen subsidiären Schutzes.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Urteil des französischen Cour National du droit d´asile vom 2. November 2011 - Az. 10011958 - beruft, gilt ungeachtet einer fehlenden Bindung an diese ausländische Rechtssprechung in formaler Hinsicht das Folgende:

Der Begründung des Urteils lassen sich bedeutsame neuartige tatsächliche oder rechtliche Grundlagen für die Beurteilung der Gefährdungslage von nach Serbien oder in den Kosovo zurückkehrenden Roma nicht entnehmen (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 2012 - 8 LA 119/12 - S. 4). Solche sind auch im Übrigen nicht von dem Kläger benannt. Die abweichende Beurteilung der Gefährdungslage in dem dort zu beurteilenden Fall durch ein ausländisches Gericht, das sich auch nicht explizit mit abweichender Rechtsprechung deutscher oder anderer europäischer Rechtsprechung auseinandergesetzt hat, schränkt die hier bestehende richterliche Würdigung nicht ein. Das würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn dies - wie der Bevollmächtigte des Klägers pauschal behauptet - die generelle Rechtsprechung in einer Vielzahl von Fällen wäre, wofür aber keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen.

Ebenso wenig ist substantiiert dargetan oder sonst ersichtlich, dass hier verbindliche Vorgaben der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Personen aus dem Kosovo (zur fehlenden Verbindlichkeit vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 14. Januar 2011 - 11 A 1449/10 - m.w.N.) nicht beachtet bzw. berücksichtigt werden.

Auch (nationale) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht allein deshalb vor, weil der Kläger zur Volksgruppe der Roma/Ashkali gehört, ohne dass es einer weiteren Aufklärung seitens des Gerichts bedurfte.

Soweit der Bevollmächtigte des Klägers einen Verstoß gegen § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 13 EMRK (Recht auf wirksame Beschwerde) i.V.m. Art. 2 und 3 EMRK (Recht auf Leben; Verbot der Folter) rügt, gilt: § 60 Abs. 5 AufenthG verbietet bereits seinem klaren Wortlaut nach die Abschiebung nicht schon immer dann, wenn dem betroffenen Ausländer im Zielstaat eine Verletzung seiner in der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Rechte droht, sondern nur dann, wenn die Abschiebung selbst gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen würde. Die EMRK verpflichtet gemäß Art. 1 die Vertragsstaaten zuförderst, den ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen selbst die durch die Konvention garantierten Rechte zuzusichern. Ein Vertragsstaat ist dagegen grundsätzlich nicht dafür verantwortlich, wenn ein anderer Staat in seinem Territorium bestimmten Personen bestimmte Rechte aus der Konvention vorenthält. Einen Grundsatz, dass ein Vertragsstaat eine Person nur dann in einen anderen Staat ausliefern oder abschieben darf, wenn er davon überzeugt ist, dass die Bedingungen, die den Betroffenen im Zielland erwarten, in voller Übereinstimmung mit jedem der Schutzrechte der Konvention stehen, enthält die EMRK nach ständiger Rechtsprechung des EGMR nicht (vgl. grundlegend EGMR, Soering ./. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 7. Juli 1989 - 1/1989/161/217 -, Rn. 86, NJW 1990, 2183 [BFH 13.03.1990 - IX R 104/85] <2184>). Eine Ausnahme hiervon hat der EGMR bislang nur anerkannt, wenn die im Zielstaat drohende Menschenrechtsverletzung die besonders grundlegenden Rechte aus Art. 2 oder 3 EMRK (Recht auf Leben bzw. Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) betrifft (vgl. Frowein/ Peukert, EMRK, 3. Aufl., Art. 2 Rn. 10 und Art. 3 Rn. 20 ff., jeweils m.w.N. auf die Rspr. des EGMR). Dagegen ist nicht ersichtlich, dass in der europäischen oder nationalen Rechtsprechung schon jemals ein Abschiebungsverbot aus der EMRK hergeleitet wurde, weil das Recht der betroffenen Person auf Bildung nach Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls im Zielstaat nicht gewährleistet war (vgl. schon Urteil des Gerichts vom 26. April 2010 - 11 A 585/10 -). Der Kläger ist insoweit auf die Möglichkeit zu verweisen, eine Individualbeschwerde nach Artikel 34 EMRK gegen den Vertragsstaat Serbien zu erheben und so seine Rechte durchzusetzen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 1 C 14.04 - NVwZ 2005, 704, 705). Gleiches gilt im Übrigen für die Rüge, Angehörigen der Volksgruppe der Roma/Ashkali sei im Kosovo oder in Serbien faktisch der Zugang zu Gerichten (vgl. Art. 6 und 13 EMRK) verwehrt.

Aus der (hier oder in ähnlichen Verfahren) vom Bevollmächtigten des Klägers benannten Rechtsprechung des EGMR ergibt sich nichts anderes, zumal diese nicht vergleichbare Fälle aus ausländischen Verfahrensordnungen betrifft und hier sichergestellt ist, dass sämtliche fallbezogen relevanten Verhältnisse hinreichend gewürdigt werden. Der Hinweis auf die Urteile des EGMR vom 21. Januar 2011 (Beschw.Nr. 30696/09) und vom 5. April 2011 (Beschw.Nr. 8687/08) verkennt, dass sich das Asylverfahren in Deutschland wesentlich zum Positiven vom dort beanstandeten Asylverfahren bzw. von den Abschiebehaft-Verhältnissen in Griechenland unterscheidet. Entsprechendes gilt für die im Urteil des EGMR vom 26. Juli 2011 (Beschw.Nr. 41416/08) beanstandete Verfahrenspraxis des bulgarischen Obersten Verwaltungsgerichts im Fall von afghanischen Asylbewerbern. Im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom Urteil vom 02. Februar 2012 (Beschw.Nr. 9152/09) gilt, dass ein dem dort streitigen französischen Schnellverfahren "procédure prioritaire" vergleichbares Verfahren mit derart kurzen Fristen in Deutschland nicht existiert, so dass es schon deshalb an einer Vergleichbarkeit mangelt. Im Gegenteil sieht auch der EGMR in seiner Rechtsprechung keine generelle Rückkehrgefährdung für Roma aus Kosovo und Serbien (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 15. Mai 2012 - 16567/10 - Nacic u.a. ./. Schweden, Rn. 86, www.echr.coe.int).

Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Nds. OVG und des erkennenden Gerichts begründet die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma/Ashkali als solche unter Berücksichtigung aller Erkenntnismittel noch kein Abschiebungsverbot in diesem Sinne. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Kosovo (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. Mai 2006 - 10 LA 163/05 -; Beschluss vom 24. Oktober 2005 - 8 LA 123/05 -, juris; Beschluss vom 23. Juni 2005 - 8 LA 75/05; VG Oldenburg, Beschluss vom 8. August 2008 - 11 B 2219/08 -; Urteil vom 12. März 2007 - 11 A 4478/06 -, Urteile vom 20. April 2006 - 12 A 4286/04 und 12 A 4300/04 -, Urteil vom 27. März 2006 - 12 A 3777/04 -; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Braunschweig vom 13. Februar 2004; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das BAFl vom 22. März 2005) als auch hinsichtlich Serbien (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 5 B 1319/11 -; Urteil vom 20. September 2010 - 11 A 794/10 -; Urteil vom 26. April 2010 - 11 A 585/10 -). Voraussetzung für ein gegenteiliges Ergebnis wäre angesichts der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, dass der Kläger gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rechtsprechung des BVerwG, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 14. November 2007 - 10 B 47/07 - juris Rn. 3 m.w.N.). Einer solchen erheblichen Gefährdung wäre der Kläger selbst bei alleiniger Ausreise ohne weitere Familienangehörigen, die über kein gesichertes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen, weder in Serbien noch im Kosovo ausgesetzt.

Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (vgl. BVerwG vom 17. Oktober 2006, - 1 C 18.05 - NVwZ 2007, S. 712 f. [BVerwG 17.10.2006 - BVerwG 1 C 18/05]). Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, dass der Begriff der Gefahr im Sinne dieser Vorschrift hinsichtlich des Entstehungsgrundes der Gefahr nicht einschränkend auszulegen ist und eine Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben auch dann vorliegen kann, wenn sie durch die bereits vorhandene Krankheit konstitutionell mitbedingt ist. Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Abs. 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Ein Anwendungsfall des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist auch dann gegeben, wenn im Herkunftsland zwar im Prinzip eine Behandlung der Krankheit möglich ist, die für den betreffenden Ausländer aber individuell (z.B.: aus finanziellen Gründen) nicht zu erlangen ist.

Das Gericht geht bei seiner Beurteilung davon aus, dass eine Ausreise des Klägers weder im Kosovo noch in Serbien zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt. Seine Schwerhörigkeit und selbst ein vollständiger Hörverlust sind jeweils auf Landesniveau sowohl in Serbien (vgl. Beschluss des Gerichts vom 5. September 2011 - 5 B 1569/11 - auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Juni 2011 - 7a K 4933/10.A - juris Rn. 20 kurz; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 7 UE 1365/05.A - juris R. 68) als auch im Kosovo (Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2011 - 11 A 1449/10 -; VG Augsburg, Urteil vom 16. Dezember 2010 - Au 6 K 10.30303 - juris Rn. 83; VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2010 - AN 16 K 09.30459 - juris Rn. 25) hinreichend behandelbar bzw. zu versorgen. Bei Erkrankungen wie Innenohrschwerhörigkeit ist das unmittelbare Entstehen einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben nämlich - selbst im Fall einer vollständigen ausbleibenden Behandlung und Versorgung mit Hilfsmitteln - nicht zu befürchten. Ebenso wenig drohen dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mittelbare derartige Gefahren im Sinne einer alsbaldigen Verelendung. Absehbare Verschlechterungen im Behandlungs- und Versorgungsniveau mit negativen Fernwirkungen auf die allgemeine persönliche und berufliche Entwicklung reichen für die hier geforderte Gefahrenschwelle nicht aus, auch wenn der Bevollmächtigte des Klägers dies unter Hinweis auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Menschenwürde anders sieht.

Das Bundesamt hat die geltend gemachte Hörbehinderung, die allgemein schwierige Lage für Angehörige der Roma bzw. Ashkali, das Fehlen verwandtschaftlicher Bezüge in Serbien und das Unvermögen, die Landessprache Serbiens zu sprechen, berücksichtigt. Es hat sich von der Doppelüberlegung leiten lassen, dass es ihm als Inhaber eines neuen serbischen Reisepasses sowohl möglich ist, schon mit eigenen Fähigkeiten und Potentialen - jedenfalls aber mit zusätzlicher einjähriger Unterstützung durch Kostenübernahmezusage der Ausländerbehörde und - im Sinne einer nicht entscheidungstragenden Hilfserwägung - gegebenenfalls zu erwartender weiterer Unterstützung seiner zahlreichen Verwandten (10 Geschwister und Eltern) im Bundesgebiet oder dem Heimatland - in Serbien wirtschaftlich und sozial Fuß zu fassen, ihm aber auch freisteht, nach Einreise in Serbien auf dem Landweg in seine Heimatregion Kosovo weiterzureisen und seine Integration dort zu versuchen.

Insoweit finden sich im Bescheid auch (wiederholende) Ausführungen zu fehlenden Gefährdung im Kosovo. Diese, die zweite Handlungsalternative betreffende Bewertung der Gefahrenlage, erweist sich nach nochmaliger Würdigung des Einzelrichters ohne weiteres als belastbar und ist keineswegs - wie der Bevollmächtigte des Klägers meint - Ausdruck eines "antiziganistischen Weltbildes". Wegen der Erkenntnismittel und der Argumente verweist der Einzelrichter zudem auf das Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2011 (11 A 1449/10), bestätigt durch Beschlüsse des Nds. OVG vom 24. März 2011 (8 LA 39/11) und 28. April 2011 (8 LA 72/11). Insgesamt ergibt sich die zugrunde gelegte Lageeinschätzung aus einer Gesamtschau auf die vorliegenden Erkenntnismittel einschließlich der vom Kläger angeführten Unterlagen, wobei das Gericht nicht an Wertungen und Einschätzungen der Urheber gebunden ist.

Der Kläger hatte im Übrigen auf Grundlage seiner medizinischen Indikationen hinreichend Gelegenheit, entsprechend der früheren Versorgung neue Hörgeräte zu erlangen oder ggf. noch vorhandene Altgeräte anpassen zu lassen. Nach Auskunft der Deutschen Botschaft P. vom 12. Mai 2011 sind Wartung und Reparatur als auch Batterieversorgung von Hörgeräten im Kosovo problemlos möglich; auch Hörgeräte ab einem Stückpreis von ca. 150 € sind übrigens erhältlich, wenn auch nur für Selbstzahler, weshalb Hilfsorganisationen kostenlose Vergabe von Gebrauchtgeräten organisieren. So vermag der volljährige und (mit Ausnahme der teilweise eingeschränkten Hörfähigkeit) gesunde Kläger nach seiner Registrierung versuchen, im Rahmen seiner Möglichkeiten den Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst sicherzustellen. Hierbei mögen ihm seine Kenntnisse der albanischen und deutschen Sprache gegebenenfalls hilfreich sein. Anderenfalls ist er - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - auf die landesüblichen Sozialleistungen (hierzu auch: VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2010 - AN 16 K 09.30459 - juris Rn. 27 für den Kosovo) und Hilfen weiterer Organisationen (etwa im Rahmen des Rückkehrerprojekts URA II - vgl. dazu ausführlich Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2011 - 11 A 1449/10 -) zu verweisen.

Zusätzlich ist infolge der beiden Kostenübernahmeerklärungen der Ausländerbehörde der Stadt D. vom 27. Mai 2011 hinreichend sichergestellt, dass der Kläger von B. aus auch in sein Heimatgebiet Kosovo weiterreisen kann, als auch ausgeschlossen, dass sich dort in absehbarer Zeit eine wirtschaftliche Existenzgefährdung einstellt. Das Gericht bewertet die Kostenübernahmeerklärung für Leistungen der Lebensunterhaltssicherung von monatlich 100,- € für die Dauer eines Jahres insoweit dahingehend, dass diese Unterstützung sowohl für den Verbleib in Serbien als auch für die Weiterreise in den Kosovo gilt. Derartige Kostenübernahmeerklärungen begegnen in der überwiegenden Rechtsprechung weder in formeller noch in materieller Hinsicht rechtlichen Bedenken (vgl. nur Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2011 - 8 LA 38/11 -). Insofern teilt der Einzelrichter die vom Bevollmächtigten des Klägers in diesem Verfahren erneut wiederholten Bedenken nicht und musste auch keine ergänzende Aufklärung betreiben oder zulassen. Jedenfalls im Außenverhältnis - so auch bei anknüpfenden Entscheidungen des Bundesamtes und der Gerichte - sind derartige Kostenzusagen generell wirksam. Denn es handelt sich um eine Maßnahme zur Förderung der Rückkehr von Ausländern in ihre Heimatländer, für deren Gewährung kein Gesetzesvorbehalt besteht (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 8 LA 4/09 - , juris Rn. 4). Mangels Verletzung in eigenen Rechten kann der Kläger in diesem Verfahren auch keine Fehler, etwa bzgl. der behördeninternen Zuständigkeit oder Vorschriften des Haushaltsrechts rügen.

Anders als der Bevollmächtigte des Klägers meint, stellt weder das Bundesamt noch das Gericht entscheidungstragend darauf ab, dass der Kläger allein mit wirtschaftlicher Unterstützung seiner im Bundesgebiet verbleibenden Angehörigen seine wirtschaftliche Existenz im Kosovo oder in Serbien sichern kann. Ebenso wenig wurden daher mangels Ermittlungen zum tatsächlichen Unterstützungspotential der (allenfalls im Niedriglohnsektor beschäftigten und am Rande des - nach deutschen Maßstäben verstandenen - wirtschaftlichen Existenzminimums lebenden) Angehörigen Aufklärungspflichten verletzt. Vielmehr weist das Bundesamt und ihm folgend das Gericht insoweit auf eine zusätzliche und ergänzende Unterstützungsmöglichkeit hin (die im Übrigen nach der Rechtsprechung als Grundannahme keineswegs in Frage steht, vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28. April 2011 - 8 LA 72/11 - und Urteil vom 8. Juni 2011 - 8 LB 221/09 -). Daher konnte dahinstehen, ob hier angesichts der Vielzahl der Angehörigen und der relativ geringen Höhe des etwaigen (Zusatz-)Bedarfs noch nähere Ermittlungen geboten waren (verneinend mit beachtlichen Gründen: Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2011 - 11 A 1449/10 -).

Eine beachtliche zielstaatsbezogene Gesundheitsgefahr des Klägers oder die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz ist ferner unabhängig von einer gleichzeitigen oder zeitnahen Rückführung seiner Eltern oder seiner Schwester Q. ausgeschlossen. Am Rande sei bemerkt, dass mit Urteil gleichen Datums das Folgeschutzgesuch des Vaters des Klägers erfolglos blieb (5 A 2304/11).

Die hier individuell zu bewertenden Umstände rechtfertigen es auch, von der abweichenden Zuerkennung von Abschiebungsverboten durch das Bundesamt und/oder Verwaltungsgerichte in anderen benannten Fällen abzuweichen.

Da schon keine geänderte Einschätzung zur streitigen Gefahrenlage nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezüglich Serbiens oder des Kosovo besteht, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Argumentation, es gebe in der deutschen Rechtsordnung eine Verpflichtung, Nachfahren der Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes statusrechtlich zu privilegieren.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO, 83b AsylVfG.