Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 01.09.2021, Az.: 5 B 3937/21

Abschiebungsverbot; Freizügigkeit; geschlossene Unterbringung; Korsakow; Unterbringung; Verlustfeststellung FreizügG/EU

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
01.09.2021
Aktenzeichen
5 B 3937/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70766
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt. Er ist 1961 geboren, polnischer Staatsangehöriger und 1998 erstmals in das Bundesgebiet eingereist. Im Dezember 1999 wurde er wegen illegaler Einreise aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und nach Polen abgeschoben. In den folgenden Jahren wurde der Antragsteller mehrfach in A-Stadt festgenommen und nach Polen zurückgeschoben, zuletzt im Januar 2004. Im selben Monat wurde der Antragsteller erneut in A-Stadt festgenommen und, nachdem sein Aufenthalt unbekannt war, nach unbekannt abgemeldet. Im Februar 2007 reiste er erneut in das Bundesgebiet ein, im Mai 2008 wieder aus und im November 2008 wieder ein. Im März 2013 wurde der Antragsteller aufgrund eines europäischen Haftbefehls nach Polen ausgeliefert und reiste nach dem Vollzug der Haftstrafe im September 2013 erneut in das Bundesgebiet ein.

Im Bundesgebiet ist der Antragsteller regelmäßig strafrechtlich in Erscheinung getreten und verurteilt worden, zunächst wegen unerlaubter Einreise 2001 und 2004, dann wegen Körperverletzung 2004 (in Tatmehrheit mit unerlaubter Einreise in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte), 2008 und 2009 (in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) und 2011, 2012, 2014, 2017, 2018, 2019 wegen Diebstahls (teilweise geringwertiger Sachen).

Nach Angaben seiner Betreuerin war der Antragsteller seit seiner ersten Einreise zunächst obdachlos und hatte keine Krankenversicherung. Einer geregelten Erwerbstätigkeit sei er in der Vergangenheit nicht nachgegangen. Er beziehe seit Jahren Leistungen der Grundsicherung. Im Jahr 2015 habe er Rentenleistungen beantragt, die abgelehnt worden seien. Auch der polnische Rentenversicherungsträger lehnte im Dezember 2020 die Leistung einer (Erwerbsminderungs-)Rente ab.

Der Antragsteller ist pathologisch alkoholabhängig und leidet an einer alkoholtoxisch verursachten komplexen psychischen Störung. Infolge eines Unfalls bzw. eines Suizidversuchs ist er seit 2011 körperlich behindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit 2009 wird die Einrichtung einer Betreuung ärztlich angeregt, seit 2010 ist der Antragsteller unter Betreuung. Ausweislich eines ärztlichen Gutachtens vom 24. Februar 2020 zeigt der Antragsteller Verwahrlosungstendenzen im häuslichen Umfeld, fehlende Selbstfürsorge und einen unkritischen Konsum von Alkohol in einem destabilisierenden sozialen Umfeld. Seit März 2020 ist er geschlossen untergebracht, zwangsweise abstinent und bezieht Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Im Juli 2020 empfahl ein ärztliches Gutachten die Verlängerung der Unterbringung. In der Anamnese ist festgehalten, dass der Antragsteller ausdrücklich den Wunsch äußert, wieder Alkohol zu trinken und gelegentlich wünsche, das Pflegeheim zu verlassen. Nach Angaben des Pflegepersonals sei der Antragsteller teilweise aggressiv, teilweise depressiv und nur unter den Bedingungen der Unterbringung abstinent. Außerhalb der geschlossenen Einrichtung werde er sich sofort Alkohol beschaffen und konsumieren. Nach ärztlicher Einschätzung fehle dem Antragsteller die Krankheits- und Behandlungseinsicht und die Einsicht in die Notwendigkeit der pflegerischen Versorgung. Er lehne schon eine offene Unterbringung in einem Pflegeheim ab. Ein stützendes soziales Umfeld sei nicht vorhanden. Ein Behandlungserfolg sei nur bei andauernder Abstinenz zu erwarten. Die bereits eingetretenen hirnorganischen Schäden seien jedoch irreversibel. Der Antragsteller sei infolge von Störungen der Mnestik und Kognition und mangelnder Krankheitseinsicht nicht in der Lage, seinen Willen frei und unbeeinflusst von den Beeinträchtigungen zu bilden und nach den gewonnenen Erkenntnissen zu handeln.

Nach Anhörung des Antragstellers stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. Februar 2021 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet fest, forderte ihn zur Ausreise innerhalb eines Monats ab Zustellung der Verfügung auf und drohte ihm ansonsten die Abschiebung in die Republik Polen oder einen anderen aufnahmebereiten Staat an. Zur Begründung führt sie aus, dass der Antragsteller weder Arbeitnehmer noch als nicht erwerbstätiger Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt sei, weil er nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfüge. Nachdem er während seines bisherigen Aufenthalts keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und auch seinen Lebensunterhalt nicht habe decken können, habe er auch kein Daueraufenthaltsrecht erworben. Bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sei der Verlust der Freizügigkeitsrechte festzustellen. Der Antragsteller verfüge über keine schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Bindungen im Bundesgebiet. Er habe keine Erwerbstätigkeit ausgeübt und sei mehrfach straffällig geworden. Er sei auch erstmals mit 36 Jahren ins Bundesgebiet eingereist und habe einen großen Teil seines Lebens in Polen verbracht. Auch die Notwendigkeit der Betreuung und die geschlossene Unterbringung begründeten kein überwiegendes privates Interesse am Verbleib im Bundesgebiet, weil die Pflege und Betreuung auch in seinem Heimatland erfolgen könne.

Der Antragsteller hat am 24. März 2021 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist – 5 A F. /21 – und am 26. Mai 2021 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er macht im Wesentlichen geltend, dass er infolge multipler Erkrankungen nicht reise- und ohne geschlossene Unterbringung mangels eigener Organisationsfähigkeit kaum überlebensfähig sei. Eine gleichwertige, seinem Bedarf entsprechende Versorgung sei in Polen nicht gewährleistet.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 24. März 2021 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Februar 2021 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage gegen die Verlustfeststellung hat gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 64 Abs. 4 NPOG. Nach dem Antrag und Vorbringen des Antragstellers besteht kein Anlass für die Annahme, dass er darüber hinaus auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das verfügte und befristete Einreise- und Aufenthaltsverbote nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU i. V. m. § 11 Abs. 1 AufenthG im Eilverfahren beantragt.

2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 AufenthG ist unbegründet.

a. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Hierzu hat die Antragsgegnerin im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der von dem Antragsteller begangenen Straftaten ungeachtet der geschlossenen Unterbringung die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller vor einer rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren weitere Straftaten begehe. Der Antragsteller nehme außerdem seit März 2020 in erheblichem Umfang öffentliche Leistungen in Anspruch. Seine weitere Anwesenheit sei dazu geeignet, die Reintegration in Polen zu erschweren und damit die Durchsetzung des Bescheides erheblich zu beeinträchtigen. Dabei hat die Antragstellerin die erforderliche Folgenabwägung zwischen der aufschiebenden Wirkung der Klage und der vorläufigen Vollziehung getroffen. Ob diese inhaltlich tragfähig ist, ist für die Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich. Denn § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verlangt nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen. Dies ist stattdessen Gegenstand der gesonderten, folgenden (materiellen) Prüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO (Nds. OVG, Beschluss vom 18.3.2021 – 12 ME 40/21 –).

b. Auch in materieller Hinsicht erweist sich der angefochtene Bescheid nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab als rechtmäßig. Die bei einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das Gericht zu treffende Ermessensentscheidung setzt eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen voraus, in die auch die Erfolgaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit einzubeziehen sind. Bei einem nach summarischer Prüfung offensichtlich Erfolg versprechenden Rechtsbehelf überwiegt im Hinblick auf die Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmende Garantie effektiven Rechtsschutzes das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes öffentliche Vollzugsinteresse, so dass die aufschiebende Wirkung grundsätzlich wiederherzustellen ist. Ergibt eine summarische Einschätzung des Gerichts hingegen, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache erfolglos bleiben wird, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz unbegründet, denn ein begründetes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung entfällt nicht dadurch, dass der Verwaltungsakt offenbar zu Unrecht angegriffen wird.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder – wie hier – Entscheidung des Tatsachengerichts (BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 – BVerwG 1 C 21.18 –, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 22.2.2017 – BVerwG 1 C 3.16 –, juris Rn. 18; Urteil vom 10.7.2012 – BVerwG 1 C 19.11 –, juris Rn. 12).

aa. Rechtsgrundlage für die Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechtes ist § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen. Das ist hier der Fall.

Der Antragsteller erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, weil er nicht im Sinne von § 2 Abs. 2 FreizügG/EU unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt ist. Er hielt sich weder als Arbeitnehmer noch zu Berufsausbildung im Bundesgebiet auf (Nr. 1) und war auch nicht auf Arbeitssuche (Nr. 1a). Weiterhin war er nicht selbständig erwerbstätig (Nr. 2) oder selbständiger Erbringer oder Empfänger von Dienstleistungen (Nr. 3 und Nr. 4). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass ein ausreichender Krankenversicherungsschutz oder ausreichende Existenzmittel gegeben sind, sodass die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU nicht vorliegen (Nr. 5). Außerdem ist der Kläger kein Student (Nr. 5). Da die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU nicht gegeben sind und der Kläger auch kein Familienangehöriger eines im Bundesgebiet aufhältigen, freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers im Sinne des § 3 FreizügG/EU ist, erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen der Nr. 6. Schließlich verfügt der Kläger auch über kein Daueraufenthaltsrecht (Nr. 7). Es liegt außerdem kein Fall des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU vor, weil der Kläger kein Arbeitnehmer oder selbstständig erwerbstätig ist.

bb. Die Entscheidung über den Verlust der Rechte nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU steht nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU im Ermessen der Behörde und ist hinsichtlich dieses Ermessens nach dem Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Danach prüft das Gericht, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Gemessen daran begegnet die Ermessensausübung keinen rechtlichen Bedenken. Zunächst hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen erkannt und in dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich dazu ausgeführt. Dabei hat die Antragsgegnerin eine Interessenabwägung vorgenommen und hat die schutzwürdigen Interessen des Klägers berücksichtigt. Insofern ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass sie der gesellschaftlichen Integration des Antragstellers ein geringes Gewicht beigemessen hat und dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung den Vorrang gegeben hat. Soweit sie in dem angefochtenen Bescheid noch ausgeführt hat, dass der Antragsteller eine die Erwerbstätigkeit hindernde Erkrankung, insbesondere seine alkoholbedingte psychische Erkrankung, nicht nachgewiesen habe, hat sie ihr Ermessen auf das Vorbringen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren in zulässiger Weise ergänzt und darauf abgestellt, dass die medizinische Versorgung in Polen grundsätzlich gewährleistet ist, deren Kosten durch die allgemeine Krankenversicherung getragen werden, und die Erkrankung des Antragstellers auch dessen Reisefähigkeit nicht grundsätzlich ausschließt. Dabei geht das Gericht davon aus, dass nicht die behandlungsbedürftige Erkrankung des Antragstellers für sich genommen einen Verbleib im Bundesgebiet gebietet, sondern allenfalls ein Abbruch der gegenwärtigen Behandlung, der mit der Aufenthaltsbeendigung einhergehen könnte, bzw. die Folgen eines solchen Abbruchs. Insofern darf die Antragsgegnerin allerdings berücksichtigen, dass das bei dem Antragsteller vorliegende Krankheitsbild die Folgeerkrankung einer Suchterkrankung ist, deren Linderung der Antragsteller grundsätzlich nur bei Krankheits- und Behandlungseinsicht erlangen kann. Wenn der Antragsteller als Teil des Krankheitsbildes zu dieser Behandlungseinsicht nicht mehr fähig ist, kann die Behandlung gegen seinen Willen – den er offenbar schon dem Pflegepersonal gegenüber ausgedrückt hat – nur auf Grundlage einer Betreuung erfolgen, deren Einrichtung in Polen vom Bundesgebiet aus angestrebt werden kann. Dabei mag die Organisation einer länderübergreifenden Anschlussbetreuung zu den weniger gewöhnlichen Aufgaben der Betreuerin gehören; sie gehört gleichwohl zu den Rechts- und Behördenangelegenheiten in ihrem Aufgabenkreis und gewährleistet auch im Falle einer Ausreise eine durchgehende Wahrnehmung der Interessen des Antragstellers. Etwaigen Schwierigkeiten wäre dabei zunächst bei der Bemessung der Ausreisefrist Rechnung zu tragen, wenn sie konkret geltend gemacht würden. Selbst wenn das polnische Recht eine Betreuung und die Behandlung gegen den Willen des Antragstellers überhaupt nicht vorsähe, würde daraus kein Hindernis für die Aufenthaltsbeendigung folgen, dem die Antragsgegnerin bei der Ausübung ihres Ermessens zwingend Rechnung zu tragen hätte, wenn der Antragsteller schon hierzulande (zumindest gelegentlich) den Wunsch äußert, die Behandlung abzubrechen und wieder Alkohol zu konsumieren, und solange er eine gewollte Behandlung erhalten würde.

cc. Auch soweit die Antragsgegnerin einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen verneint hat, ist der angefochtene Bescheid voraussichtlich rechtmäßig; insofern nimmt das Gericht Bezug auf dessen Begründung, der der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten ist.

3. Die Abschiebungsandrohung ist voraussichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie entspricht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 58, 59 AufenthG. Mit der Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt ist der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU).

Die Frist zur freiwilligen Ausreise hat die Antragsgegnerin zwar mit dem nach § 7 Abs. 1 Satz 3 FreizügG/EU gesetzlich geschuldeten Mindestmaß bemessen. Sie ist vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller geschlossen untergebracht ist, durch eine Betreuerin unterstützt wird und darüber hinaus keine Bindungen im Bundesgebiet geltend gemacht hat, nach dem gegenwärtigen Sachstand noch ausreichend, um eine geordnete Ausreise zu ermöglichen.

Soweit der Antragsteller aufgrund seiner Erkrankung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Hinblick auf Polen geltend macht, steht das der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht entgegen (§ 59 Abs. 3 AufenthG) und wäre in einem gesonderten Verfahren zu prüfen.

4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet. Prozesskostenhilfe erhält gemäß §§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hier fehlt es nach den vorstehenden Ausführungen an hinreichenden Erfolgsaussichten.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 1.5 i. V. m. Nr. 8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NordÖR 2014, 11). Die Kammer sieht von einer Reduzierung des Streitwerts im Eilverfahren ab, weil mit der Entscheidung über die begehrte Aufenthaltssicherung angesichts der Notwendigkeit der geschlossenen Unterbringung des Antragstellers und der deshalb (jedenfalls bei anschließender geschlossener Unterbringung im Heimatland) fehlenden Rückkehrperspektive die Hauptsache im Wesentlichen vorweggenommen wird.