Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 24.09.2021, Az.: 5 A 1357/21

eheliche Lebensgemeinschaft; Geduldeter Ausländer; Privatwirtschaftliches Einstellungsinteresse; qualifizierte Beschäftigung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
24.09.2021
Aktenzeichen
5 A 1357/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70776
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Der im April 1990 geborene Kläger ist bangladeschischer Staatsangehöriger. Er reiste Anfang Februar 2015 mit einem spanischen Aufenthaltstitel („régimen comunitario – familiar ciudadano de la union“) in das Bundesgebiet ein. Am 13. Februar 2015 schloss er in Dänemark die Ehe mit der im April 1953 geborenen deutschen Staatsangehörigen E. F. G. -H.. Anschließend reiste er erneut in das Bundesgebiet ein. Am 17. Februar 2015 zog er in die Wohnung seiner Ehefrau in der I. straße J. in K. ein. Zum 1. März 2015 nahm er eine Beschäftigung als Koch und Tandoori im Restaurant L. in K. auf. Am 16. März 2015 erteilte die Beklagte ihm eine bis zum 15. März 2018 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

Am 24. Oktober 2017 teilte die Ehefrau des Klägers der Beklagten mit, der Kläger sei am 20. Oktober 2017 aus der gemeinsamen Wohnung in der I. straße J. ausgezogen. Zum 2. Dezember 2017 bezog der Kläger ein möbliertes Zimmer in der M. straße N. in K..

Am 19. März 2018 beantragte der Kläger die Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis. Dazu legte er einen Arbeitsvertrag vom 1. März 2018 über eine Tätigkeit als Koch im O. P. Steakhouse in K. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden sowie einen Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2018 über eine Tätigkeit als Kochhelfer bei Pizza Q. Bistro & Bringdienst in R. mit einer monatlichen Arbeitszeit von 68 Stunden vor. Im Rahmen der persönlichen Vorsprache bei der Beklagten gab er zudem an, seit Oktober 2017 von seiner Ehefrau getrennt zu leben. Die Beklagte stellte dem Kläger sodann eine Fiktionsbescheinigung aus, die sie fortlaufend, zuletzt bis zum 16. April 2019, verlängerte.

Unter dem 21. März 2018 hörte die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau zu der von ihr, der Beklagten beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers an. Die Ehefrau des Klägers teilte daraufhin telefonisch mit, sie lebe seit dem 28. März 2018 wieder mit dem Kläger in ihrer Wohnung zusammen. Eine dauerhafte Wiedervereinigung sei von ihr aus jedoch noch nicht beabsichtigt. Es handele sich vielmehr um einen (letztmaligen) Versöhnungsversuch, da der Kläger Alkoholprobleme habe. Aus diesem Grund sei es im letzten Jahr auch zur Trennung gekommen und sie habe ihn aufgefordert, die Wohnung zu verlassen. Sie werde die weitere Entwicklung nunmehr abwarten. Beim nächsten Alkoholproblem werde sie sich endgültig trennen. Zudem legte der Kläger Wohnungsbestätigungen vor, denen zufolge er am 28. März 2018 wieder in der I. straße J. ein und am 9. April 2018 aus der M. straße N. ausgezogen sei.

In der Folgezeit ließ die Beklagte ihren Ermittlungsdienst die Melde- und Aufenthaltsverhältnisse des Klägers überprüfen. Danach sei bei mehreren Hausbesuchen die Wohnungstür nicht geöffnet worden, obwohl Geräusche aus der Wohnung zu hören gewesen seien. Ein Klingel- und Briefkastenschild sei vorhanden gewesen. Nach Auskunft eines Hausbewohners solle die Ehefrau des Klägers die Wohnung allein bewohnen; der Kläger habe nie dort gewohnt. Am 15. November 2018 teilte der Ermittlungsdienst der Beklagten mit, die Ehefrau des Klägers habe anlässlich des Hausbesuchs angegeben, den Kläger am Vortag vor die Tür gesetzt zu haben und darum gebeten, ihn von Amts wegen abzumelden. Der Kläger wurde sodann zum 14. November 2018 nach unbekannt abgemeldet.

Am 17. Januar 2019 beantragte der Kläger die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG. Dazu legte er einen Arbeitsvertrag vom 15. August 2018 über eine Tätigkeit als Koch in der S. Flammerie & Bar in K. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20,5 Stunden nebst Stellenbeschreibung vor. Die von der Beklagten beteiligte Beigeladene teilte daraufhin mit, dass auf Grund der vorgelegten Stellenbeschreibung bereits keine zustimmungsfähige Beschäftigung nach § 18 Abs. 4 AufenthG, insbesondere auch nicht nach § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, ersichtlich sei.

Am 18. Februar 2019 teilte der Kläger mit, dass er nunmehr wieder in der M. straße N. wohne.

Mit Bescheid vom 1. März 2019 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab und drohte ihm für den Fall, dass er das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen verlassen haben sollte, die Abschiebung nach Bangladesch an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 2 Satz 3 AufenthG komme nicht in Betracht, da die eheliche Lebensgemeinschaft mit Frau G. -H. nicht mehr bestehe. Spätestens seit dem 20. Oktober 2017 lebe er von seiner Ehefrau getrennt. Zudem habe seine Ehefrau sich am 14. November 2019 endgültig getrennt und ihn aus der ehelichen Wohnung in der I. straße J. verwiesen. Der Kläger habe auch kein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG erworben, da die eheliche Lebensgemeinschaft seit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 16. März 2015 längstens bis zur Trennung am 20. Oktober 2017 und somit maximal nur zwei Jahre und sieben Monate im Bundesgebiet bestanden habe. Gründe für das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG seien weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Auch die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung komme nicht in Betracht. Es liege bereits keine zustimmungsfähige Beschäftigung i. S. d. § 18 Abs. 2 i. V. m. § 18 Abs. 3 AufenthG vor. Auch § 18 Abs. 4 AufenthG sei nicht einschlägig, da die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen würden. Auch die Voraussetzungen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG seien nicht erfüllt. Der Kläger habe keine schützenswerten persönlichen Bindungen im Sinne von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Er halte sich seit seiner letzten Einreise im Februar oder März 2015 erst seit ca. vier Jahren im Bundesgebiet auf, sodass bereits der Schutzbereich des Art. 8 EMRK nicht eröffnet sei. Der Bescheid wurde am 6. März 2019 zugestellt.

Am 4. April 2019 hat der Kläger Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 20. April 2020 – 19 B 1748/19 – hat das erkennende Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2019 angeordnet. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der Ausgang des anhängigen Hauptsacheverfahrens sei offen, da gegebenenfalls durch Beweiserhebung zu ermitteln sei, ob zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft bestehe.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, er sei am 1. April 2019 wieder in die gemeinsame eheliche Wohnung in der I. straße J. eingezogen. Seine Ehefrau und er sähen ihre Ehe nicht als gescheitert an und würden an dieser festhalten und arbeiten wollen. Seine Ehefrau habe sich entschieden, ihm zu verzeihen und ihm eine letzte Chance zu geben unter der Bedingung, dass die Ursachen für die wiederkehrenden Ehestreitigkeiten beseitigt würden. So solle er einen (ggf. weiteren) Sprachkurs absolvieren, um besser Deutsch schreiben und lesen zu lernen. Dazu legt er zwei eidesstattliche Versicherungen seiner Ehefrau vom 2. April 2019 und vom 9. Dezember 2019, eine Bescheinigung von Herrn. E. vom 9. Dezember 2019, in der bestätigt wird, dass er, der Kläger, gemeinsam mit seiner Ehefrau einen Mietvertrag für die Wohnung I. straße J. unterzeichnet habe und dort wohne, sowie verschiedene, seinen Angaben zufolge im Juli und im Dezember 2019 aufgenommene Fotos, u.a. der Briefkästen und des Klingelschildes des Hauses I. straße J., vor. Weiter trägt er vor, er habe enge persönliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Bindungen zur Bundesrepublik Deutschland. Seine Ehefrau sowie seine Schwester, seine Nichte und sein Neffe, zu denen er engen Kontakt pflege, würden in Deutschland leben. Er, der Kläger, spreche fließend Deutsch und arbeite seit Langem erfolgreich, sichere dadurch seinen Lebensunterhalt und unterstütze seine Frau und deren Tochter. Den bangladeschischen Lebensverhältnissen sei er nach seinem mehrjährigen Aufenthalt in Deutschland entwachsen. Des Weiteren legt der Kläger weitere Unterlagen, darunter den Zeitraum März 2018 bis Juni 2021 umfassende Gehaltsabrechnungen verschiedener Arbeitgeber, sowie einen unbefristeten Arbeitsvertrag vom 1. Juli 2021 über eine Tätigkeit als Koch bei der U. GmbH, K., vor, dem zufolge das Arbeitsverhältnis am 1. August 2019 begann und auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde. Seit dem 1. Juli 2021 betrage die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden bei einem Stundenlohn von derzeit 12,00 EURO. Dazu trägt er vor, soweit die Beklagte geltend mache, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG komme bereits aus systematischen Gründen nicht in Frage, überzeuge dies nicht. Die Systematik des Aufenthaltsgesetzes lasse in der Regel einen Zweckwechsel zu. Nur in Ausnahmefällen, für die der Gesetzgeber dies auch ausdrücklich normiert habe, sei ein Zweckwechsel ausgeschlossen, so etwa während eines Studiums, während der betrieblichen Aus- oder Weiterbildung und während oder nach negativem Abschluss eines Asylverfahrens. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass der Gesetzgeber einen Zweckwechsel nicht ausschließe, wenn er dies nicht ausdrücklich normiert habe. Der Gesetzgeber habe mit § 31 AufenthG ein zusätzliches eigenständiges Aufenthaltsrecht für die darin normierten Fälle und kein ausschließliches Aufenthaltsrecht schaffen wollen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres angegriffenen Bescheides vom 1. März 2019, Az.: 32.33.41 Sto – A 2997, zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des angegriffenen Bescheids. Ergänzend trägt sie vor, auch wenn der Kläger derzeit unter der Adresse seiner Ehefrau gemeldet sei, werde aus den vorgelegten Unterlagen nicht deutlich, dass tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft fortbestehe. Die Auskunft des Vermieters, dass der Kläger den Mietvertrag unterzeichnet habe und dort wohne, reiche nicht aus. Der Vermieter wohne selbst nicht in dem Mietshaus. Die undatierten Fotos besäßen keinerlei Beweiskraft. Die eidesstattliche Erklärung der Ehefrau sei in Anbetracht der Begleitumstände ebenfalls ungeeignet. Der Kläger sei unmittelbar mit Klageerhebung in die Wohnung seiner Ehefrau eingezogen. Während der seit 2015 bestehenden Ehe seien die Eheleute zweimal für einen erheblichen Zeitraum getrennt gewesen. Vor diesem Hintergrund sei es bemerkenswert, dass die Eheleute just im Moment des Erlasses des angegriffenen Bescheides den Entschluss getroffen haben wollten, die Ehe fortzuführen. Die eidesstattlichen Versicherungen seien nicht geeignet, den Verdacht, dass die Ehe zum Zweck des Aufenthalts im Bundesgebiet fortgeführt werden solle, zu zerstreuen. Sie würden kaum Auskunft über die Beweggründe der Eheleute geben und generisch wirken. Des Weiteren trägt sie unter Verweis auf Nr. 31.0.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 vor, die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18 AufenthG komme entgegen der Ausführungen im Bescheid bereits nicht in Betracht. Die Systematik des Aufenthaltsgesetzes sehe eine Verlängerung des Aufenthaltstitels nach der Trennung von Ehegatten ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 31 AufenthG vor. Ansonsten würde die Anwartschaftszeit des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG in einem wesentlichen Teil der geregelten Sachverhalte nicht zum Tragen kommen. Dies entspreche erkennbar nicht der Systematik des Ehegattennachzugs des Aufenthaltsgesetzes. Die verschiedenen Tatbestände der §§ 28 f. AufenthG verhielten sich ihrer Natur nach akzessorisch zum Stammberechtigten. Der Bestand des Aufenthaltsrechts hänge demnach davon ab, ob die familiäre Lebensgemeinschaft fortbestehe. Schon nach dem Gesetzeswortlaut könne sich der Ausländer nur dann von dieser Akzessorietät befreien, wenn die Voraussetzungen des § 31 AufenthG vorlägen. Nur in diesem Fall werde das Aufenthaltsrecht unabhängig vom Zweck des Familiennachzugs verlängert. Wäre dies nicht der Fall, könnte durch eine auch nur für wenige Tage geschlossene Ehe die Vorschrift des § 18 Abs. 5 AufenthG effektiv umgangen werden.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie äußert sich wie folgt: Die Beklagte habe bei ihr, der Beigeladenen, am 6. Februar 2019 angefragt, ob die Tatbestände des § 18 Abs. 4 AufenthG hinsichtlich der Beschäftigung des Klägers bei der Gaststätte S. Café & Bar als Koch / Chefkoch vorliege. Um dem Grunde nach eine Zustimmungsentscheidung zum Zwecke einer Arbeitsaufnahme treffen zu können, bedürfe es eines einschlägigen Verordnungstatbestandes nach der Beschäftigungsverordnung. Im vorliegenden Fall habe für die Tätigkeit als Koch / Chefkoch keiner der in der Beschäftigungsverordnung aufgeführten Tatbestände zugetroffen. Die Ablehnung sei daher am 13. Februar 2019 mit dem Hinweis, dass kein Verordnungstatbestand vorliege, erfolgt. Zu einem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers teilte sie im Oktober 2019 mit, auf Grund der aktuell eingeholten arbeitsmarktlichen Stellungnahme des Arbeitgeberservice K. könnte bei Erhöhung des Entgeltes eine Genehmigung zur Beschäftigung gemäß § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG erfolgen, da das ortsübliche Gehalt für einen Koch in K. zu diesem Zeitpunkt bei 11,82 EURO je Stunde gelegen habe.

Das Gericht hat zu der Frage, ob zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft besteht, Beweis erhoben durch die Vernehmung von Frau G. -H. und Herrn T. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. September 2021 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, aber unbegründet.

Die Ablehnung der Erteilung der vom Kläger begehrten Aufenthaltserlaubnis ist rechtmäßig ist und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung der ihm zum Nachzug zu seiner deutschen Ehefrau erteilten, vom 16. März 2015 bis zum 15. März 2018 gültigen Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Diese Aufenthaltserlaubnis wird gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 AufenthG verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht. Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis setzt einen noch wirksamen Aufenthaltstitel voraus. Demnach muss der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vor deren Ablauf gestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.06.2011 - 1 C 5/10 -, juris, Rn. 14). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da der Kläger den Antrag auf Verlängerung seiner bis zum 15. März 2018 gültigen Aufenthaltserlaubnis erst am 19. März 2018 und damit nach deren Ablauf gestellt hat. Darüber hinaus bestand zum Zeitpunkt des Ablaufs der Aufenthaltserlaubnis unstreitig auch keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr. Denn der Ermittlungsdienst der Beklagten hatte am 15. November 2018 mitgeteilt, die Ehefrau des Klägers habe anlässlich des Hausbesuchs des Ermittlungsdienstes angegeben, den Kläger am Vortag „vor die Tür gesetzt“ zu haben und darum gebeten, ihn von Amts wegen abzumelden. Den Angaben des Klägers im Klageverfahren zufolge zog er erst am 1. April 2019 wieder in die gemeinsame eheliche Wohnung ein.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Der Begriff „rechtmäßig“ bezieht sich dabei nicht auf die Ehe, sondern auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes. Es bedarf grundsätzlich eines gerade mit Blick auf die Eheschließung erteilten Aufenthaltstitels (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.9.2012 – 11 S 1639/12 –, juris Rn. 5). Über einen solchen Titel verfügte der Kläger seit dem 16. März 2015. Allerdings bestand die eheliche Lebensgemeinschaft seit diesem Zeitpunkt nicht ununterbrochen für drei Jahre. Der Kläger und seine Ehefrau trennten sich erstmals am 20. Oktober 2017, mithin zwei Jahre und sieben Monate nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. In der Folgezeit zog der Kläger seinen eigenen Angaben zufolge am 28. März 2018 wieder in die eheliche Wohnung ein, bevor seine Ehefrau ihn nach knapp acht Monaten am 14. November 2018 wieder „vor die Tür setzte“. Die Zeiträume des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft nach einer Trennungsphase werden allerdings nicht addiert. In der späteren Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt vielmehr deren Neubegründung, so dass die nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderliche Mindestbestandszeit der ehelichen Lebensgemeinschaft erneut zu laufen beginnt (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 31, Rn. 21).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger und seine Ehefrau zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 – BVerwG 1 C 21.18 –, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 22.2.2017 – BVerwG 1 C 3.16 –, juris Rn. 18; Urteil vom 10.7.2012 – BVerwG 1 C 19.11 –, juris Rn. 12) eine eheliche Lebensgemeinschaft führen.

Für das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft, die aufenthaltsrechtlichen Schutz nach Art. 6 GG genießt, kommt es auf den nachweisbar betätigten Willen beider Eheleute an, ein gemeinsames Leben zu führen. Allein das formale Band der Ehe reicht daher für sich genommen nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zu entfalten. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob die durch das Institut der Ehe miteinander verbundenen Personen auch der Sache nach in einer ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne einer die persönliche Verbundenheit der Eheleute zum Ausdruck bringenden Beistandsgemeinschaft leben. Erst der bei beiden Eheleuten bestehende Wille, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet tatsächlich herzustellen oder aufrechtzuerhalten, löst den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG aus; die Beweislast für das Bestehen dieses Herstellungswillens als einer inneren Tatsache trägt der Ausländer (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.6.2011 – 1 C 11.10 –, juris; Urteil vom 30.3.2010 - BVerwG 1 C 7.09 -, juris). Diese eheliche Lebensgemeinschaft, die sich nach außen im Regelfall in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen dokumentiert, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, dreht sich im Idealfall um einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und wird daher regelmäßig in einer von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Wohnung gelebt. Bei der im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Bewertung, ob eine aufenthaltsrechtlich beachtliche tatsächliche Lebensgemeinschaft vorliegt oder lediglich eine Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, verbietet es sich angesichts der Vielfalt der von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ausgestaltungsmöglichkeiten der familiären Lebensgemeinschaft, schematische oder allzu enge Mindestvoraussetzungen für das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu formulieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.1.2002 – 2 BvR 231/00 -, juris, Rn. 22; BVerwG, Beschluss vom 22.5.2013 – 1 B 25/12 –, juris). Dies zu Grunde gelegt, hat der insoweit beweisbelastete Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwischen seiner Ehefrau und ihm eine eheliche Lebensgemeinschaft besteht. Die Einzelrichterin konnte nicht die notwendige Überzeugung gewinnen, dass zwischen dem Kläger und Frau G. -H. die hierfür erforderliche persönliche Verbundenheit, gekennzeichnet durch das erkennbare Bemühen, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, besteht.

So nehmen der Kläger und seine Ehefrau offenbar nur sehr eingeschränkt am Leben des jeweils anderen teil und wissen wenig über die jeweiligen Interessen und Vorlieben zu berichten. Auch weichen die Angaben über gemeinsame Freizeitaktivitäten und die Alltagsaktivitäten gravierend voneinander ab. Während der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Befragung angegeben hat, keine Zeit zum Fernsehen zu haben, da er nicht so oft zuhause sei, hat seine Ehefrau angegeben, dass sie, wenn sie denn einmal etwas zusammen machen würden, Fernsehen oder Serien gucken würden. Soweit der Kläger angegeben hat, auf der Playstation 4 gerne ein Spiel mit Motorrädern zu spielen, hat seine Ehefrau demgegenüber angegeben, ihre Kinder würden sie zum gemeinsamen Spiel an der Spielkonsole auffordern, sie sei jedoch mit den Controllern nicht so geschickt. Zudem stimmen die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau bezüglich alltäglicher Verrichtungen nicht überein, etwa hinsichtlich der Frage, wo eingekauft wird, wer was und wann frühstückt und wo die Wäsche aufgehängt wird. Des Weiteren konnte der Kläger auch auf mehrfache Nachfrage das Alter seiner pflegebedürftigen Stieftochter, die im selben Haus wohnt und um die seine Ehefrau sich intensiv kümmert, nicht nennen. Auch dass sie weitere Kinder hat, erwähnte er nicht. Ebenso wusste der Kläger nicht, dass die Geldkassette, in der seine Ehefrau ihren Angaben zufolge die gemeinsame Kasse der Eheleute in bar verwahrt, eine Woche vor der mündlichen Verhandlung aus der Wohnung entwendet worden sein soll. Auch die Angaben der Eheleute zum gemeinsamen Kennenlernen, das auf dem Oktoberfest 2014 in K. stattgefunden haben soll, sind in wesentlichen Punkten nicht stimmig. So hat der Kläger angegeben, dass er sich mit seiner Ehefrau zunächst auf Englisch verständigt habe, da er noch kein Deutsch gekonnt habe; seine Ehefrau könne Englisch. Die Ehefrau des Klägers hat demgegenüber auf Nachfrage des Terminsvertreters der Beklagten mitgeteilt, dass sie kein Englisch spreche. Generell sind die Angaben der Eheleute in weiten Teilen detailarm und stereotyp und wirken in der Gesamtschau unglaubhaft.

Die Angaben des Zeugen T. sind hinsichtlich des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau G. -H. unergiebig. Er hat lediglich berichten können, dass er „vor Corona“ mehrere Male in der – damals noch in seinem Eigentum stehenden – Wohnung in der I. straße J. zum Essen eingeladen war und der Kläger Hähnchen zubereitet habe.

Nach alledem ist davon auszugehen, dass zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau ein wie auch immer geartetes Verhältnis besteht, es sich hierbei jedoch nicht um eine eheliche Lebensgemeinschaft handelt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG i. V. m. § 18 Abs. 2 AufenthG kommt nicht in Betracht. Zwar arbeitet der Kläger ausweislich des im Klageverfahren vorgelegten Arbeitsvertrags vom 1. Juli 2021 als Koch. Da er jedoch keine Berufsausbildung absolviert hat, ist er keine Fachkraft mit Berufsausbildung i. S. d. § 18 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG.

Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG besteht nicht. Weder die Beschäftigungsverordnung noch eine zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmen, dass der Kläger zur Ausübung der Beschäftigung als Koch zugelassen werden kann. Der Kläger ist unstreitig kein Spezialitätenkoch i. S. v. § 11 Abs. 2 Satz 1 BeschV.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer im begründeten Einzelfall eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn an seiner Beschäftigung ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Die Voraussetzung des begründeten Einzelfalls zeigt, dass die Norm auf besondere Einzelfälle zugeschnitten ist. Der begründete Einzelfall muss sich hinsichtlich der Arbeitsmarktsituation von anderen Fällen unterscheiden. Dabei darf der Bedarf nicht allgemeiner Natur sein, sondern nur in einer singulären Konstellation auftreten und anderweitig nicht gedeckt werden können. Nicht ausreichend ist zum Beispiel die Feststellung eines jahrelangen Engpasses in einem bestimmten Beruf. Der Bedarf muss vereinzelt, nicht flächendeckend in einer Branche, einem Beruf oder einer ganzen Wirtschaftsregion auftreten. Ebenso müssen die öffentlichen Interessen eine atypische Arbeitsmarktsituation widerspiegeln. Es muss ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Beschäftigung des konkreten Ausländers bestehen, das mit den sonst zur Verfügung stehenden Mitteln nicht befriedigt werden kann. Sowohl das öffentliche Interesse wie auch der begründete Einzelfall stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die gerichtlich voll überprüfbar sind (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 19c AufenthG, Rn. 13 f.). Dies zu Grunde gelegt, ist nicht von einem öffentlichen Interesse an der Beschäftigung des Klägers auszugehen.

Zwar hat die Beigeladene in ihrer Stellungnahme vom Oktober 2019 zu einem der vorherigen Arbeitsverhältnisse des Klägers ausgeführt, dass auf Grund der eingeholten arbeitsmarktlichen Stellungnahme des Arbeitgeberservice K. bei Erhöhung des Entgeltes eine Genehmigung zur Beschäftigung gemäß dem damaligen § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, der dem heutigen § 19c Abs. 3 AufenthG entspricht erfolgen könnte, da das ortsübliche Gehalt für einen Koch in K. zu diesem Zeitpunkt bei 11,82 EURO je Stunde gelegen habe. Diese Ausführungen sprechen jedoch eher für einen allgemeinen Bedarf an Köchen in der Gastronomiebranche und der Region des Klägers. Dies wird auch durch die Angaben des derzeitigen Arbeitgebers des Klägers in der mündlichen Verhandlung gestützt. Zwar hat dieser auf mehrmalige Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers angegeben, dass er die anderen Arbeitskräfte in seinem Restaurant „eher nicht“ beschäftigen könnte, wenn der Kläger dort nicht mehr arbeiten würde. Er hat jedoch auch angegeben, seit ungefähr eineinhalb Jahren einen Spezialitätenkoch zu suchen und mit welchen Schwierigkeiten dies verbunden sei. Die Schwierigkeit, indische (Spezialitäten-)Köche zu finden, dürften auch andere Restaurantbetreiber, die indische Küche anbieten, haben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Ausbildung als Koch hat und seit März 2015 in verschiedenen Gastronomiebetrieben, darunter einer Pizzeria, einem Steakhouse und einem Café, als Koch und Kochhelfer tätig war. Den Angaben seines derzeitigen Arbeitgebers zufolge hat der Kläger (erst) in den vergangenen eineinhalb Jahren, in denen er bei ihm beschäftigt gewesen sei, gut gelernt, indisch zu kochen. So habe er, der Arbeitgeber, dem Kläger dies selber gezeigt, der Kläger habe sich aber auch YouTube-Videos dazu angeguckt. In Anbetracht dessen ist weder ein begründeter Einzelfall noch eine atypische Arbeitsmarktsituation anzunehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bezüglich des Klägers ein rein privatwirtschaftliches Einstellungsinteresse besteht, das allein jedenfalls kein öffentliches Interesse begründet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.11.2006 – 18 B 613/06 -, juris, Rn. 9).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Abs. 1 Nr. 1 c) AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann einem geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung erteilt werden, wenn der Ausländer – neben der Erfüllung der in Nr. 2 bis 7 der Vorschrift genannten Voraussetzungen – seit drei Jahren ununterbrochen eine qualifizierte Beschäftigung ausgeübt hat und innerhalb des letzten Jahres vor Beantragung der Aufenthaltserlaubnis für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen nicht auf öffentliche Mittel mit Ausnahmen von Leistungen zur Deckung der notwendigen Kosten für Unterkunft und Heizung angewiesen war. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Bei dem Kläger handelt es sich schon nicht um einen geduldeten Ausländer.

Geduldet ist ein Ausländer, wenn ihm eine rechtswirksame Duldung erteilt worden ist oder wenn er einen Rechtsanspruch auf Duldung hat. Ein Rechtsanspruch auf Duldung ist jedenfalls dann ohne weiteres ausreichend, wenn die Abschiebung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen dieser Voraussetzung ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.2019 - 1 C 34/18 -, juris, Rn. 23 f.). Hieran fehlt es. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 24. September 2021 hatte die Beklagte dem Kläger weder eine Duldung erteilt noch ist ein Rechtsanspruch des Klägers auf Erteilung einer Duldung ersichtlich.

Zudem hat der Kläger nicht seit drei Jahren ununterbrochen eine qualifizierte Beschäftigung ausgeübt. Gemäß § 2 Abs. 12b AufenthG liegt eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder in einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden. Daran fehlt es hier. Wie zuvor ausgeführt, hat der Kläger keine Ausbildung absolviert und war seit März 2015 in verschiedenen Gastronomiebetrieben, darunter einer Pizzeria, einem Steakhouse und einem Café, als Koch und Kochhelfer beschäftigt. Den Angaben seines derzeitigen Arbeitgebers zufolge hat der Kläger (erst) in den vergangenen eineinhalb Jahren, in denen er bei ihm beschäftigt gewesen sei, gut gelernt, indisch zu kochen, indem er von seinem Arbeitgeber angeleitet worden sei und YouTube-Videos dazu gesehen habe. Dementsprechend ist von einer angelernten Tätigkeit auszugehen. Hierfür spricht auch, dass der derzeitige Arbeitgeber des Klägers seit Längerem nach einem indischen Spezialitätenkoch sucht.

Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 – 1 C 14/05 –, juris). Die Ausreise des Klägers ist weder aus tatsächlichen noch rechtlichen Gründen unmöglich. Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg auf ein – einzig in Betracht kommendes –inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aus Art. 8 EMRK berufen. Art. 8 EMRK entfaltet aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, wenn durch den Ausländer ein durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiertes Privatleben nur noch im Bundesgebiet geführt werden kann. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung muss der Ausländer dazu im Bundesgebiet ein Leben führen, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen so geprägt ist, und durch das er faktisch so stark in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, dass ihm das Verlassen des Bundesgebiets nicht zugemutet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.7.2002 – 1 C 8/02 –, juris, Rn. 23; OVG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.3.2020 – 11 S 2293/18 –, juris Rn. 31). Der Ausländer muss auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse bei gleichzeitiger Entfremdung vom Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sein, dass er gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt werden könne, während er mit dem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 – BVerwG 1 C 8.96 –, juris Rn. 30; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2010 – 11 S 2359/10 –, juris Rn. 27; VGH München, Beschluss vom 3.7.2017 – 19 CS 17.551 –, juris Rn. 10). Dies hängt zum einen von seiner Integration in Deutschland (Dimension „Verwurzelung“) und zum anderen von der Möglichkeit zur (Re-) Integration in seinem Heimatland (Dimension „Entwurzelung“) ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine zumindest mehrjährige Dauer des Aufenthalts, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz, einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln, um den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, und fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Eine nach Art. 8 EMRK schutzwürdige Verwurzelung im Bundesgebiet kann dabei grundsätzlich nur während Zeiten entstehen, in denen der Ausländer sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.2.2018 – 8 ME 1/18 –, juris Rn. 17 m. w. N.; Beschluss vom 1.11.2017 – 13 ME 190/17 –, juris Rn. 27 m. w. N.). Nach diesen Grundsätzen besteht keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise des Klägers aus Art. 8 EMRK.

Der Kläger ist in Bangladesch geboren und aufgewachsen. Er reiste seinen eigenen Angaben zufolge Anfang Februar 2015 im Alter von fast 25 Jahren in das Bundesgebiet ein und hält sich seit inzwischen sechseinhalb Jahren hier auf. Die Einzelrichterin konnte sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass der Kläger sich gut auf Deutsch verständigen kann. Zudem hat er am 4. April 2017 mit 20 von 33 Punkten erfolgreich am Test „Leben in Deutschland“ teilgenommen und war er seit März 2015 durchgängig bei verschiedenen Arbeitgebern in der Gastronomie sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Von einer dem gegenüberstehenden Entwurzelung des Klägers in Bangladesch ist allerdings nicht auszugehen. Der Kläger hat seine Kindheit und Jugend in Bangladesch verbracht. In Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass er mit der Sprache und den Verhältnissen in seinem Heimatland vertraut ist und eine tiefgreifende Entfremdung vom Heimatland daher nicht anzunehmen ist. Des Weiteren bestehen noch familiäre Kontakte nach Bangladesch. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass dort noch seine Mutter sowie eine Schwester und zwei Brüder leben, denen er monatlich 200 bis 300 EURO schicke. Im Übrigen ist er mit 31 Jahren auch in einem Alter, in dem das Einfügen in neue und unbekannte soziale Strukturen und der damit verbundene Aufbau eines neuen Privatlebens regelmäßig zumutbar und möglich sind.

Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 58, 59 AufenthG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.