Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 02.09.2021, Az.: 5 B 2640/21

besondere Härte; eheliche Lebensgemeinschaft

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
02.09.2021
Aktenzeichen
5 B 2640/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70777
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EURO festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis durch die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin ist nigerianische Staatsangehörige. Vom 24. März 2015 bis zum 6. Juli 2017 war sie Inhaberin eines italienischen Aufenthaltstitels („permesso di soggiorno motivi umanitari“). Sie reiste ihren eigenen Angaben zufolge im August 2015 in das Bundesgebiet ein. Am 26. November 2015 schloss sie in Dänemark die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen F. A. E.. Am Folgetag reiste sie erneut in das Bundesgebiet ein. Am 8. Juni 2016 beantragte die Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis. In der Folgezeit stellte die Antragsgegnerin zunächst Grenzübertrittsbescheinigungen aus. Ab dem 22. Dezember 2016 duldete sie die Antragstellerin wegen Passlosigkeit. Nachdem die Antragstellerin einen nigerianischen Pass vorgelegt hatte, erteilte die Antragsgegnerin ihr am 24. März 2017 eine bis zum 23. März 2020 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

Am 25. April 2018 beantragte Herr E. beim Amtsgericht A-Stadt, die am 26. November 2015 mit der Antragstellerin geschlossene Ehe zu scheiden.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2018 teilte das Amtsgericht A-Stadt der Antragsgegnerin mit, dass bezüglich der Ehe der Antragstellerin ein Scheidungsverfahren anhängig sei.

Zum 1. März 2019 zog die Antragstellerin in eine eigene Wohnung.

Am 4. März 2019 beantragte die Antragstellerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Dabei gab sie ihren Familienstand mit „getrennt lebend“ an.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2020 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin und Herrn E. zur beabsichtigten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin an. Herr E. teilte daraufhin unter Vorlage eines Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten im Scheidungsverfahren mit, seine Ehefrau sei mit der Scheidung nicht einverstanden gewesen. Die Antragstellerin äußerte sich wie folgt: Sie habe immer die Fortsetzung der Ehe gewollt und die Trennung nicht verursacht. Sie sei bereits seit dem Jahr 2012 in Europa. Eine Rückkehr in ihr Heimatland könne sie sich nicht vorstellen, da sie im Bundesgebiet voll integriert sei. Sie habe eine Arbeitsstelle, sei nicht auf Sozialhilfeleistungen angewiesen und habe eine eigene Wohnung. Zudem betätige sie sich auch ehrenamtlich im Bereich ihrer Kirche und setze sich dort für Bedürftige ein. In ihrer Heimat hätte sie in ihrem Alter keinerlei Möglichkeit wieder Fuß zu fassen. Mit ihrem Arbeitseinkommen unterstütze sie ihre schwer an Diabetes erkrankte Mutter sowie ihre im Jahr 2006 geborene Tochter, indem sie u. a. deren Schulgeld zahle.

Mit Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 22. Juli 2020, rechtskräftig seit dem 1. September 2020, wurde die Ehe der Antragstellerin mit Herrn E. geschieden. Den Gründen des Beschlusses zufolge lehnte Herr E. die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft definitiv ab und wollte geschieden werden. Die Antragstellerin habe zwar der Scheidung widersprochen. Mit Rücksicht auf die eindeutigen Erklärungen von Herrn E. und die gravierenden Streitigkeiten der Beteiligten in dem Wohnungszuweisungsverfahren sei das Gericht jedoch davon überzeugt, dass eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erfolgen werde.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2021 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis ab und drohte ihr für den Fall, dass sie das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen verlassen habe, die Abschiebung nach Nigeria an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG komme nicht in Betracht, da sie ihre eheliche Lebensgemeinschaft mit Herrn E. spätestens seit dem 1. März 2019 nicht mehr führe. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 AufenthG habe die Antragstellerin mangels Vorliegen der zeitlichen Voraussetzungen nicht erworben. Auch eine besondere Härte nach § 31 Abs. 2 AufenthG liege nicht vor. Der Vortrag der Antragstellerin, im Falle einer Rückkehr nach Nigeria sei ihre derzeitige gute wirtschaftliche Situation nicht mehr gegeben, reiche für die Annahme einer besonderen Härte nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG nicht aus. Auch die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 AufenthG seien nicht erfüllt. Die Antragstellerin habe diesbezüglich keine Gründe vorgetragen. Sie habe vielmehr mitgeteilt, an der Fortsetzung der Ehe festhalten zu wollen, da sie die Trennung nicht verursacht hätte. Der Bescheid wurde am 24. Februar 2021 zugestellt.

Am 20. März 2021 hat die Antragstellerin Klage erhoben (5 A 2639/21) und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin lägen die Voraussetzung einer besonderen Härte gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 und 3 AufenthG vor. Zum einen drohe ihr, der Antragstellerin, wegen ihres kulturellen Hintergrunds gesellschaftliche Diskriminierung in ihrem Heimatland. Gewalt gegen Frauen sei in Nigeria nach wie vor weit verbreitet. Eine Rückkehr in den Süden des Landes, insbesondere nach Abia State, sei ihr nicht möglich. Dort herrschten zurzeit bürgerkriegsähnliche Zustände. Hierzu habe es in A-Stadt am 21. August 2021 eine Demonstration gegeben. Ihre Familie lebe zurzeit in Angst und werde demnächst aus dem Land und der Region fliehen, weil es dort einfach nicht sicher sei. Zum anderen sei ihr, der Antragstellerin, das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zumutbar gewesen, da ihr Ehemann und dessen Sohn sie psychisch angegangen und immer wieder bedroht und erpresst hätten. So trägt sie unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vor, sie sei von ihrem Ehemann sehr schlecht behandelt und täglich erniedrigt worden. Sie sei erpresst und bedroht worden, dass sie nicht nur mit ihrem Ehemann Sex haben, sondern auch „nett“ zu dessen Sohn sein sollte. Würde sie dies nicht machen oder deren „Befehle“ nicht ausführen, würde ihr Ehemann sie wieder zurück nach Afrika schicken. Ihr Ehemann habe sie täglich beschimpft, bedroht und verspottet. Sein Sohn habe sie tagtäglich sexuell belästigt. Er habe ihr auf den Hintern geschlagen und obszöne Äußerungen gemacht. Sie sei dazu gezwungen worden, im Haushalt alle anfallenden Arbeiten sowohl für ihren Ehemann als auch für dessen Sohn zu verrichten. Immer wieder sei sie von beiden mit den Worten „du bist eine Negerin“, „du bist unsere Sklavin“, „wenn du nicht tust, was wir dir sagen, schicken wir dich zurück nach Afrika und holen uns eine neue Sklavin“ beschimpft worden. Auch habe sie es ertragen müssen, dass ihr Ehemann andere Frauen mit nach Hause gebracht und in ihrer Anwesenheit Sex mit ihnen gehabt habe. Aus Angst, wieder nach Afrika zurückzumüssen und somit ihre Tochter und ihre kranke Mutter nicht mehr ernähren zu können, habe sie diese seelischen Grausamkeiten und Erniedrigungen aus der Not heraus einige Monate über sich ergehen lassen. Sie habe ihren Ehemann nicht angezeigt und sei auch nicht in ein Frauenhaus geflüchtet, da sie neu in Deutschland gewesen sei und als Ausländerin ihre Rechte nicht gekannt habe. Weiter trägt sie vor, es spiele keine Rolle, wer letztendlich den Scheidungsantrag gestellt habe. Sie habe Angst gehabt, was aus ihr werde, wenn sie nicht mehr verheiratet wäre. Nach Italien habe sie nicht zurückgekonnt, da ihre dortige Aufenthaltserlaubnis erloschen sei. Auf Grund von Ratschlägen Dritter habe sie daher erklärt, weiter verheiratet sein zu wollen.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie zunächst auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Ergänzend trägt sie vor, auch der Vortrag der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren rechtfertige keine andere Einschätzung. Die zielstaatsbezogene Härte erfasse nicht sämtliche Rückkehrgefährdungen, sondern nur solche, die mit der Ehe oder deren Auflösung im Zusammenhang stünden. Die von der Antragstellerin vorgetragene Gefahr, dass sie ihre kranke Mutter und ihre Tochter in Nigeria nicht mehr wirtschaftlich unterstützen könne, stehe aber nicht im Zusammenhang mit der Ehe. Dass in Nigeria die Mutter, die Tochter sowie die Schwester, auf deren Konto Überweisungen getätigt worden seien, lebten, spreche im Übrigen für eine Zumutbarkeit der Rückkehr der Antragstellerin, da sie dort weiterhin über familiäre Bindungen verfüge. Eine besondere Härte sei auch nicht im Hinblick auf inlandsbezogene Beeinträchtigungen schutzwürdiger Belange ersichtlich, die dem ausländischen Ehegatten ein weiteres Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar machten. Indiziell gegen eine besondere Härte i. S. v. § 31 Abs. 2 AufenthG spreche bereits, dass der deutsche Ehegatte der Antragstellerin die eheliche Lebensgemeinschaft beendet und den Scheidungsantrag gestellt habe. Ein solcher Ablauf entspreche nicht der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Konstellation, dass der nachgezogene Ehegatte wegen physischer oder psychischer Misshandlungen durch den anderen Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben habe. Eine ex-post-Betrachtung mit dem Ergebnis, eigentlich sei objektiv die Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft für den Betroffenen unzumutbar gewesen, obwohl er sie weitergeführt habe, sei nicht ausreichend. Die Antragstellerin habe auch nach der Trennung durch den Ehegatten weiter in der ehelichen Wohnung gewohnt. Sogar noch nach ihrem Auszug habe sie im Termin zur Scheidungsverhandlung am 22. Juli 2020 dem Scheidungsantrag nicht zugestimmt. Vielmehr habe sie ausdrücklich erklärt, dass sie sich eine Fortsetzung der Ehe vorstellen könne. Der Vortrag der Antragstellerin im vorliegenden gerichtlichen Verfahren sei mit ihrem bisherigen Verhalten und den von ihr abgegebenen Erklärungen nicht plausibel in Einklang zu bringen. Gegen die Richtigkeit der nunmehr erhobenen Vorwürfe bestünden erhebliche Bedenken. Dazu legt sie eine Stellungnahme von Herrn E. zu der ihm von der Antragsgegnerin übersandten eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin vor. Darin wird unter anderem ausgeführt, der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin sei in jedem Punkt falsch und entspreche in keiner Weise der Wahrheit. Die Vorwürfe der Bezeichnungen „Negerin“, „Sklave“, „hole mir einen neuen Sklaven“ oder die Sexandeutungen seien unverschämt, widerlich und unwahr. Weiter trägt die Antragsgegnerin vor, Anhaltspunkte dafür, dass die von der Antragstellerin nachträglich erhobenen Vorwürfe zutreffen könnten, ergäben sich auch aus dem bisher bekannten Sachverhalt nicht. Weder im Scheidungsverfahren noch im bisherigen aufenthaltsrechtlichen Verfahren seien derartige Vorwürfe erhoben worden. Auch der Vortrag der Antragstellerin, sie sei sich ihrer Rechte nicht bewusst gewesen, überzeuge nicht. Schon die zeitliche Einordnung sei unstimmig. Insgesamt sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit daran gehindert gewesen sei, entsprechend Maßnahmen zu ergreifen, wenn denn dazu Anlass bestanden hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der beigezogenen Akte des Amtsgerichts A-Stadt – Familiengericht – bezüglich des Scheidungsverfahrens Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Er ist zulässig, aber unbegründet.

Hinsichtlich der Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist hier der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Eine Klage gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung. Die vorläufige Sicherung des Aufenthaltsrechts während eines anhängigen Verwaltungs- und auch Gerichtsverfahrens um die Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels erfolgt in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, wenn der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Titels zum Entstehen einer Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG geführt hat und diese Wirkung durch die Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag wieder erloschen ist (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 16.2.2021 – 11 S 3852/20 –, juris Rn. 6 und vom 7.7.2020 – 11 S 2426/19 –, juris Rn. 13). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin rechtzeitig vor Ablauf ihrer Aufenthaltserlaubnis deren Verlängerung beantragt, sodass ihrem Antrag die Fiktionswirkung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zukommt. Diese Fiktionswirkung wurde mit der nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sofort vollziehbaren Ablehnung des Verlängerungsantrages beendet und damit die Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar. In einer solchen Fallkonstellation ist die Suspendierung des Bescheides mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu bewirken. Durch die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung lebt zwar die Erlaubnisfiktion nicht wieder auf, sie lässt jedoch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfallen. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 64 Abs. 4 NPOG. Auch insoweit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und zulässig.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen, wenn das Interesse des betroffenen Ausländers oder der betroffenen Ausländerin, von einem Vollzug der Verfügung vorläufig verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit überwiegt. Bei der Interessenabwägung kommt der Erfolgsaussicht der Klage im Hauptsacheverfahren maßgebliche Bedeutung zu. Gemessen hieran überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse, weil sich die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebungsandrohung nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweisen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder – wie hier – Entscheidung des Tatsachengerichts (BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 – BVerwG 1 C 21.18 –, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 22.2.2017 – BVerwG 1 C 3.16 –, juris Rn. 18; Urteil vom 10.7.2012 – BVerwG 1 C 19.11 –, juris Rn. 12).

Die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Verlängerung der ihr erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

Gemäß § 8 Abs. 1 AufenthG finden auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Die Aufenthaltserlaubnis wird verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht, § 28 Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die familiäre Lebensgemeinschaft besteht ausweislich der übereinstimmenden Angaben der Antragstellerin und des Herrn E. im Scheidungsverfahren seit spätestens Ostern 2018 nicht mehr. Zudem ist die Ehe der Antragstellerin mit Herrn E. inzwischen auch rechtskräftig geschieden.

Die Antragstellerin hat auch kein eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erworben. Nach dieser Vorschrift wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Der Begriff „rechtmäßig“ bezieht sich dabei nicht auf die Ehe, sondern auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes. Es bedarf grundsätzlich eines gerade mit Blick auf die Eheschließung erteilten Aufenthaltstitels (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.9.2012 – 11 S 1639/12 –, juris Rn. 5). Über einen solchen rechtmäßigen Aufenthalt verfügte die Antragstellerin erst seit dem 24. März 2017. Eine auf den Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis am 8. Juni 2016 rückwirkende Legalisierung ihres Aufenthalts ist nicht erfolgt und wäre auch wegen der damaligen Passlosigkeit der Antragstellerin nicht möglich gewesen. Die eheliche Lebensgemeinschaft der Antragstellerin mit Herrn E. wurde spätestens Ostern 2018 wieder beendet und bestand demnach nur etwa ein Jahr rechtmäßig im Bundesgebiet.

Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft ist auch nicht gemäß § 31 Abs. 2 AufenthG abzusehen. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Eine besondere Härte liegt nach § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht (Alt. 2) oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist (Alt. 3). Eine besondere Härte kann sich dabei nur aus solchen Beeinträchtigungen ergeben, die mit der Ehe oder ihrer Auflösung in Zusammenhang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.2009 – BVerwG 1 C 11.08 –, juris, Rn. 24 f.). Dies zu Grunde gelegt, ergibt sich eine besondere Härte weder im Hinblick auf die von der Antragstellerin geltend gemachten Schwierigkeiten im Falle einer Rückkehr nach Nigeria (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG) noch auf das von der Antragstellerin behauptete Verhalten ihres mittlerweile geschiedenen Ehemanns während der Ehe (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 AufenthG).

Der Antragstellerin droht wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Verpflichtung, nach Nigeria zurückzukehren, keine erhebliche Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Belange gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG. Wie zuvor ausgeführt, umfasst der Härtebegriff des § 31 Abs. 2 AufenthG nur ehebedingte Nachteile. Nicht erfasst sind alle sonstigen, in keinerlei Zusammenhang mit der Ehe stehenden inlands- oder zielstaatenbezogenen Abschiebungsverbote, insbesondere auch die in die alleinige Zuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge fallenden asyl- und flüchtlingsrelevanten Abschiebungsverbote (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.2009 – BVerwG 1 C 11.08 –, juris Rn. 24 f.). Soweit die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren erstmals geltend macht, ihr drohe in Nigeria wegen ihres kulturellen Hintergrunds gesellschaftliche Diskriminierung, ist dieser Vortrag bereits unsubstantiiert. Zudem ist ein Zusammenhang mit der Ehe nicht erkennbar. Dass die Antragstellerin im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland ihre kranke Mutter und ihre Tochter nicht mehr wirtschaftlich unterstützen könnte, wie sie befürchtet, steht ebenfalls nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ehe. Soweit die Antragstellerin schließlich vorträgt, dass Gewalt gegen Frauen in Nigeria nach wie vor weit verbreitet sei und ihr eine Rückkehr in den Süden des Landes, insbesondere nach Abia State, nicht möglich sei, da dort zurzeit bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten, zielt dies auf ein – hier in keinerlei Zusammenhang mit der Ehe stehendes – zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot ab.

Eine besondere Härte ergibt sich auch nicht aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 AufenthG. Durch diesen Härtegrund soll vermieden werden, dass der ausländische Ehegatte nicht allein wegen der Gefahr der Beendigung seines akzessorischen Aufenthaltsrechts zur Fortsetzung einer nicht tragbaren Lebensgemeinschaft gezwungen wird. Grundvoraussetzung für die Annahme des Härtegrundes nach § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 3 AufenthG ist daher regelmäßig, dass der zugezogene ausländische Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft aus eigener Initiative beendet hat. Geht diese Beendigung hingegen vom stammberechtigten Ehegatten aus, ist dem zugezogenen Ehegatten die Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht unzumutbar, sondern unmöglich. Er hat mit seinem im Verhältnis zum stammberechtigten Ehegatten gegenteiligen Verhalten zudem gezeigt, dass er die Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft selbst nicht als unzumutbar empfunden hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 29.11.2011 – 8 ME 120/11 –, juris Rn. 10). Überdies stellt nicht jede Form der subjektiv empfundenen Unzumutbarkeit eine besondere Härte i. S. d. § 31 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 AufenthG dar. Der Rückgriff auf den Begriff der besonderen Härte erfordert eine Gesamtabwägung aller Umstände. Die Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange muss also objektiv betrachtet eine gewisse Intensität aufweisen und sich aus Sicht des betroffenen Ehegatten mit Blick auf das Erreichen der Drei-Jahres-Frist als unzumutbar darstellen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17.1.2014 – 10 ZB 13.1783 –, juris Rn. 4). Schutzwürdige Belange des ausländischen Ehegatten sind dabei vor allem die persönliche Selbstbestimmung, die körperliche Integrität und die persönliche Freiheit. Die Störungen der ehelichen Lebensgemeinschaft müssen das Ausmaß einer konkreten, über allgemeine Differenzen und Kränkungen in einer gestörten ehelichen Beziehung hinausgehenden Misshandlung erreicht haben. Gelegentliche Ehestreitigkeiten, Auseinandersetzungen, Meinungsverschiedenheiten, grundlose Kritik und Kränkungen, die in einer Vielzahl von Fällen trennungsbegründend wirken, machen für sich noch nicht das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.3.2008 – 19 ZB 08.259 –, juris Rn. 24). Eine besondere Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 3 AufenthG ist unter anderem anzunehmen, wenn die Ehe wegen physischer oder psychischer Misshandlungen aufgehoben wurde. Ein besonderer Härtefall ist dabei nicht erst bei schwersten Eingriffen in die persönliche Freiheit des Ehepartners gegeben, eine Beschränkung nur auf „gravierende“ Misshandlungen lässt sich nicht rechtfertigen. Ausreichend ist, wenn die Lage eines Ehegatten durch eine Situation der Angst vor physischer oder psychischer Gewalt geprägt ist und daher die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft als unzumutbar erscheint. Der nachgezogene Ehegatte ist insoweit darlegungspflichtig (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.2.2007 – 18 B 690/06 –, juris Rn. 8 f.). Dies zu Grunde gelegt, hat die Antragstellerin eine besondere Härte i. S. v. § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 3 AufenthG nicht hinreichend dargetan.

Gegen die Annahme einer derartigen besonderen Härte spricht bereits, dass nicht die Antragstellerin als zugezogene ausländische Ehegattin, sondern Herr E. als stammberechtigter Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft beendet und am 25. April 2018 beim Amtsgericht A-Stadt die Scheidung beantragt hat. Zudem ist auf Grund einer Gesamtabwägung der Umstände und des Verhaltens der Antragstellerin davon auszugehen, dass ihr eine Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht unzumutbar war. So bemühte sich die Antragstellerin auch dann noch um die Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft, als ihr dies in Folge des Scheidungsantrags von Herrn E. unmöglich geworden war. Ausweislich der beigezogenen Scheidungsakte wohnte sie nach dem Scheidungsantrag ihres Ehemanns zunächst weiter mit diesem in der gemeinsamen Wohnung und bezog erst am 1. März 2019 eine eigene Wohnung. Zudem erklärte sie noch in der mündlichen Verhandlung des Scheidungsverfahrens vor dem Amtsgericht A-Stadt am 22. Juli 2020, dass sie der Scheidung nicht zustimme und überlege, ob sie mit ihrem Mann zusammenkommen möchte, während Herr E. die Wiederherstellung der Ehe mit der Antragstellerin ablehnte. Auch im Rahmen ihrer Anhörung bei der Antragsgegnerin äußerte die Antragstellerin sich dahingehend, dass sie immer die Fortsetzung der Ehe gewollt und die Trennung nicht verursacht habe. Soweit die Antragstellerin nunmehr im gerichtlichen Verfahren unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung erstmals vorträgt, das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft sei ihr nicht mehr zumutbar gewesen, da ihr Ehemann und dessen Sohn sie psychisch angegangen und immer wieder bedroht und erpresst hätten, vermag dies in Anbetracht der zuvor ausgeführten Umstände die Annahme einer besonderen Härte i. S. v. § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 3 AufenthG nicht zu begründen.

Zwar ist aus den beigezogenen Akten des Amtsgerichts A-Stadt ersichtlich, dass die Antragstellerin und Herr E. während ihrer Ehe zumindest heftige verbale Auseinandersetzungen hatten. Hiervon zeugt etwa folgende Chatnachricht von Herrn E. vom 27. September 2017 an die Antragstellerin:

„C. nach deiner aggressiven brüllerei gestern ist für mich klar !!!!! Ich will nicht mehr !!!! So ein Verhalten geht überhaupt nicht !!!! Ich will mit so einer aggressiven Frau nichts mehr zu tun m haben ! Es wird Zeit dass wir uns trennen ! Du lebst noch in meiner Wohnung ! Also benehme dich wie ein Mensch ! Brüllen kannst du woanders ! Nicht mehr bei mir zuhause !!! Halte dich daran“.

Daran, dass die in der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin enthaltenen gravierenden Vorwürfe bezüglich des Verhaltens von Herrn E. und dessen Sohn zutreffen, bestehen jedoch erhebliche Zweifel.

So sind schon die zeitlichen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin nicht plausibel. Die Antragstellerin hat erklärt, dass sie aus Angst, wieder nach Afrika zurückzumüssen und somit ihre Tochter und ihre kranke Mutter nicht mehr ernähren zu können, die seelischen Grausamkeiten und Erniedrigungen aus der Not heraus einige Monate über sich ergehen lassen habe. Dem steht jedoch entgegen, dass die Ehe bereits im November 2015 geschlossen worden war, die Trennung jedoch erst knapp 2 ½ Jahre später an Ostern 2018 erfolgte. Zudem ist es in Anbetracht der Schwere der in der eidesstattlichen Versicherung erhobenen Vorwürfe gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann und dessen Sohn nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin auch nach der Trennung noch etwa ein Jahr in der gemeinsamen Wohnung verblieb und – anders als Herr E. – auch nach ihrem Auszug und selbst in der mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren noch den Wunsch äußerte, die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherzustellen. Dem Vortrag der Antragstellerin, sie habe ihren Ehemann nicht angezeigt und sei auch nicht in ein Frauenhaus geflüchtet, da sie neu in Deutschland gewesen sei und als Ausländerin ihre Rechte nicht gekannt habe, ist entgegenzuhalten, dass sie sowohl im Scheidungsverfahren als auch im Verwaltungsverfahren bei der Antragsgegnerin anwaltlich vertreten war, sich ihre Rechte hätte erläutern lassen und das angebliche Verhalten ihres Ehemanns hätte geltend machen können.

Auch Herr E. hat der Antragsgegnerin mitgeteilt, der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin sei in jedem Punkt falsch und entspreche in keiner Weise der Wahrheit. Die Vorwürfe der Bezeichnungen „Negerin“, „Sklave“, „hole mir einen neuen Sklaven“ oder die Sexandeutungen seien unverschämt, widerlich und unwahr. Die Antragstellerin habe sich nach der Hochzeit verändert und sei bei den kleinsten Dingen aggressiv und laut geworden. Seinem Sohn habe sie das Leben zur Hölle gemacht. Das Scheidungsverfahren habe sie in die Länge gezogen. Das Trennungsjahr sei in der gemeinsamen Wohnung vollzogen worden.

Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 58, 59 AufenthG. Soweit die Antragstellerin bezüglich Nigerias ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot geltend macht, steht dies der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht entgegen, § 59 Abs. 3 Satz 3 AufenthG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und entspricht Nr. 1.5, 8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NordÖR 2014, 11).