Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 30.09.2015, Az.: 10 A 10743/14
Burundi; subsidiäre Schutzberechtigte; Subsidiärer Schutz
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 30.09.2015
- Aktenzeichen
- 10 A 10743/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 45093
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs 1 Nr 3 AsylVfG
- § 71a AsylVfG
- Art 15 Buchst c EGRL 83/2004
- § 51 Abs 1 Nr 1 VwVfG
- § 51 Abs 2 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Prüfung von Schutzgesuchen ist bei Zweitanträgen iSd. § 71 a AsylVfG materiell auf die geltend gemachten Wiederaufgreifensgründe beschränkt.
2. Die gegenwärtige Situation in Burundi (Stand: 09/2015) gebietet die Zuerkennung von subsidiärem Schutz für Asylbewerber aus diesem Herkunftsstaat.
Sie ist als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt iSd. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG iVm. Art. 15 lit. c QRL zu betrachten, der Zivilpersonen einer ernsthaften individuellen
Bedrohung des Lebens oder ihrer Unversehrtheit aussetzt.
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG zuzuerkennen.
Der Bescheid der Beklagten wird hinsichtlich der unter Nrn. 3 bis 5 getroffenen Regelungen aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Androhung seiner Abschiebung und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter oder als Flüchtling und die Feststellung von Abschiebungshindernissen.
Der Kläger ist nach eigenen Angaben 1986 geboren und burundischer Staatsangehöriger. Er reiste ohne Ausweispapiere – ebenfalls nach eigenen Angaben – am 2. März 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 10. März 2011 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Zuvor hatte er am 23. August 2003 und am 19. Februar 2007 in den Niederlanden einen Asylantrag gestellt. Einer Rückführung dorthin nach der Dublin-III-Verordnung widersprachen die niederländischen Behörden, weil der Kläger bereits 2007 aus Schweden in die Niederlande überstellt worden war und dort nach Ablehnung seines zweiten Asylantrags untergetaucht sei. Es sei nicht erkennbar, dass er sich während der Zwischenzeit durchgehend im Gebiet der Mitgliedsstaaten aufgehalten habe. Die Beklagte setzte das Verfahren daraufhin in eigener Zuständigkeit fort.
In seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 29. Juli 2013 gab er an, er sei vor Gewalt des burundischen Militärs geflohen. Soldaten hätten ihm und seiner Mutter vorgeworfen, Rebellen zu unterstützen. Sie hätten ihn und seine Familie öfter zuhause aufgesucht und seine Mutter verprügelt. Dabei hätten sie ihr vorgeworfen, sie habe Kontakte zu einem weißen Mann und sie seien daher Unterstützer der Rebellen. Seine Mutter habe tatsächlich für einen weißen Mann gearbeitet. Was sie für ihn gemacht habe, wisse er nicht und habe er aus Respekt vor seiner Mutter nie gefragt.
Ein von dem Bundesamt in Auftrag gegebenes Sprachgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit Sicherheit aus Burundi stamme. Eine Herkunft aus seinem anderen Staat sei faktisch ausgeschlossen.
Der Kläger hat am 28. Juni 2013 die Vaterschaft eines am 27. Mai 2013 geborenen Kindes anerkannt, dessen Mutter ruandische Staatsangehörige mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG ist. Er lebt nach eigenen Angaben mit dem Kind und seiner Mutter nicht zusammen. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Ausländerbehörde mit, von dort könne noch nicht beurteilt werden, ob der Kläger eine Aufenthaltserlaubnis erhalte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 2014 lehnte die Beklagte die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter ab, verneinte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und das Vorliegen von Abschiebungsverboten und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Burundi an. Der Bescheid wurde ausweislich eines Aktenvermerks am 27. Juni 2014 als Einschreiben zur Post gegeben und ging am 30. Juni 2014 bei seinen Bevollmächtigten ein.
Hiergegen hat der Kläger am 14. Juli 2014 Klage erhoben. Er hält die Versagung der Flüchtlingseigenschaft für rechtswidrig. Zu Unrecht betrachte die Beklagte sein Vorbringen als unglaubhaft. Er habe geschildert, wie Soldaten zu seiner Mutter und ihm nach hause gekommen seien. Er sei dann von seiner Mutter getrennt worden. Seine Mutter sei im Nebenzimmer erst verprügelt und dann immer wieder befragt worden, woher sie den weißen Mann kenne. Er gehe davon aus, dass sie für ihn als Haushälterin gearbeitet habe. Er selbst sei mehrfach verprügelt und an den Händen gefesselt in einen Baum gehängt worden. Die Übergriffe seien mehrfach, teilweise täglich geschehen. Teilweise sei auch ein längerer Zeitraum vergangen. Er sei daher vorverfolgt im Sinne von Art. IV der Qualifikationsrichtlinie; entsprechend genüge es, dass eine erneute Verfolgung nicht hinreichend sicher auszuschließen sei.
Er sei mit seiner Mutter und dem weißen Mann in die Niederlande geflohen. Seine Mutter habe ihn nach der Ankunft dort allein gelassen. Ihr Verhalten verstehe er bis heute nicht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2014 zu verpflichten,
a. ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise
b. ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen,
weiter hilfsweise
c. festzustellen, dass Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen
Die Beklagte beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Vorgänge des Bundesamts der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit gem. § 76 Abs. 1 AsylVfG mit Beschluss vom 10. August 2015 übertragen hat. Es kann trotz Ausbleibens der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten form- und fristgerecht geladen worden sind und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Fall des Ausbleibens eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2014 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit darin die Zuerkennung subsidiären Schutzes abgelehnt worden ist (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO); den darüber hinaus geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat der Kläger nicht.
I. Hinsicht der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht dem Erfolg der Klage entgegen, dass der Kläger bereits in den Niederlanden erfolglos ein Asylverfahren einschließlich eines Folgeantrags durchlaufen hat. Sein in Deutschland gestellter Antrag ist deshalb als Zweitantrag im Sinne des § 71 a AsylVfG zu behandeln.
1. Nach § 71 a Abs. 1 AsylVfG ist nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat, für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn der Ausländer einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, die Bundesrepublik für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vorliegen.
Der Anwendbarkeit von § 71 a AsylVfG steht nicht schon entgegen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im angegriffenen Bescheid stillschweigend die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens angenommen hat. Ob Wiederaufgreifensgründe vorliegen, ist eine Zulässigkeitsfrage für die Sachprüfung, die – ebenso wie im Rahmen einer unmittelbaren Anwendung des § 51 VwVfG – in jedem Stadium des Verfahrens durch die jeweils zur Entscheidung berufene Stelle von Amts wegen zu beachten ist. Insofern entfaltet die Entscheidung des Bundesamts im gerichtlichen Verfahren keine Bindungswirkung (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1987 – BVerwG 9 C 285.86 –, NVwZ 1988, 737 zum Folgeantrag).
2. Wiederaufgreifensgründe im Sinne des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft tragen, hat der Kläger nicht vorgetragen. Nach § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind (Nr. 3).
Das Vorbringen des Klägers bezieht sich auf Verfolgungshandlungen, die er vor seiner Einreise in die Niederlande im Jahr 2003 erlebt haben will. Diese Umstände hat er bereits in dem Asylverfahren in den Niederlanden vortragen können; sie sind aufgrund von § 51 Abs. 2 VwVfG als Wiederaufgreifensgründe unbeachtlich.
II. Eine nachträgliche Änderung der Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist allerdings insofern anzunehmen, als sich die Sicherheitslage in Burundi seit dem 26. April 2015 erheblich verschlechtert hat. Nach einer Reisewarnung des Auswärtigen Amts vom 28. September 2015 kam es
„seit dem 26. April 2015 ... im Stadtgebiet von Bujumbura fast täglich zu Demonstrationen. Besonders betroffen waren die nördlichen Bezirke Nyakabiga, Cibitoke, Buterere und Mutakura, sowie im Süden Bujumburas die Bezirke Musaga, Kinindo und Kinanira. Demonstranten errichteten dort Straßensperren und hinderten Passanten an der Durchfahrt. Diese Demonstrationen sind durch Polizeieinsätze, auch unter Einsatz von Schusswaffen und Handgranaten, beendet worden. Seither kommt es allerdings im gesamten Stadtgebiet Bujumburas und zuletzt auch in anderen Landesteilen an öffentlichen Plätzen zu Anschlägen mit Handgranaten. Ziele waren häufig Busbahnhöfe, Taxistände oder lokale Restaurants. Nachts patrouillieren Polizei und Armee in den o.g. Stadtvierteln und setzen Schusswaffen ein. In den betroffenen Stadtbezirken kommt das öffentliche Leben komplett zum Stillstand, im übrigen Bujumbura ist es erheblich beeinträchtigt.
Spannungen werden auch aus anderen Landesteilen, insbesondere aus Ngozi, Kirundo, Ijenda/Mwaro und Matana gemeldet. Internet und Mobiltelefonnetz sind teilweise unterbrochen. Weitere Demonstrationen sind zu erwarten. Die Präsenz der Sicherheitskräfte in der Innenstadt und an den Zufahrtsstraßen wurde deutlich erhöht. Im Zusammenhang mit den Wahlen ist mit politisch motivierter Gewalt zu rechnen. Es wird dringend geraten, sich von öffentlichen Demonstrationen wie von Parteiversammlungen und politischen Kundgebungen fernzuhalten und öffentliche politische Aussagen zu unterlassen.
Im Übrigen besteht in Burundi auch weiterhin die Gefahr terroristischer Anschläge. Die Drohungen der somalischen Al-Shabab-Miliz mit Vergeltungsaktionen als Reaktion auf die Beteiligung des burundischen Militärs an der AMISOM-Mission in Somalia sind ernst zu nehmen. Besondere Vorsicht und Wachsamkeit ist deshalb beim Besuch von öffentlichen Einrichtungen mit potentiellem Symbolcharakter geboten. Es wird empfohlen, Menschenansammlungen (Märkte, Busbahnhöfe und Straßenbars) zu meiden und abendliche Ausgänge auf das Notwendige zu beschränken.“
Diese Änderung der Sachlage, auf die sich der Umfang, in dem die Bestandskraft durch das Wiederaufgreifen ausgeräumt und dadurch die Zweitentscheidung möglich ist, beschränkt, wirkt sich allerdings auf die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht aus, weil die geschilderte Entwicklung keine Diskriminierung des Klägers als Person oder als eines Angehörigen einer Gruppe von Personen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 b AsylVfG begründet.
III. Die sich verschlechternde Sicherheitslage in Burundi begründet jedoch beachtliche Wiederaufgreifensgründe im Sinne von § 71 a AsylVfG i. V. m. 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG hinsichtlich der begehrten Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne von § 4 AsylVfG, die der Asylantrag im Sinne der §§ 13 Abs. 2, 71 Abs. 1 und 71 a Abs. 1 AsylVfG mit erfasst.
Die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen oppositionellen Gruppen und staatlichen Einheiten in Burundi stellen eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne von Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Qualifizierungsrichtlinie – QRL –) und § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG dar.
1. Mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 30.1.2014 – Rs. C 285/12 –, juris) geht das Gericht dabei davon aus, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von Art. 15 lit. c der Qualifizierungsrichtlinie und § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG eine Situation beschreibt, in der die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder in der zwei oder mehrere bewaffnete Truppen aufeinandertreffen, ohne dass dieser Konflikt als bewaffneter Konflikt, der keinen internationalen Charakter aufweist, im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft zu werden braucht und ohne dass die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzung, der Organisationsgrad der vorhandenen bewaffneten Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts Gegenstand einer anderen Beurteilung als der des im betreffenden Gebiet herrschenden Grads an Gewalt ist.
Nach diesem Maßstab sind die jüngsten Gewaltausbrüche in Burundi ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von Art. 15 lit. c QRL und § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG, weil sich die Aktivitäten der oppositionellen Gruppen nicht auf die bloße Meinungskundgabe und politische Willensbildung beschränken, sondern durch Angriffe auf Regierungsvertreter und willkürliche Straßensperren ein erhebliches Maß an Gewaltausübung zeigen und regierungsnahe Einheiten darauf wiederum mit erheblicher Gewaltanwendung auch gegen die Zivilbevölkerung erwidern. Daneben treten die Aktivitäten der Jugendmiliz Imbonerakure, deren Mitglieder willkürlich Gewalt gegen die Zivilbevölkerung ausüben, teilweise bewaffnet sind und dabei keiner erkennbaren staatlichen Kontrolle unterliegen. Hierzu berichtet die Agentur France Presse:
Inside Burundi, "the Imbonerakure enter houses at night and if you don't side with the ruling party, they drag you out and kill you," says Omar, 26, who arrived in Congo in March. …
At just 21, Terence has fled conflict three times, to Tanzania in 1993 and 1998, then to the DRC last June. He says his parents were killed by the Imbonerakure.
"The framework for protection and peace in the country are insufficient," he adds. "Even if today they declare that everything is normal, it's best to stay here. I've lost all hope of peace one day. It's the fault of Nkurunziza and the Imbonerakure".
Celestin's parents and nine of his brothers and sisters were killed under the orders of his own paternal uncle, "a general close to the president."
"My uncle tried to force my father to join the ruling party. My father refused and he gave the order to kill him," he says.”
(„Terror-stricken Burundi refugees see no hope of return” vom 14.9.2015, abgerufen unter ecoi.net/doc/311565 am 30.9.2015).
2. Der innerstaatliche bewaffnete Konflikt begründet auch eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit von Zivilperson in Burundi, der diese allein durch ihre Anwesenheit im Konfliktgebiet ausgesetzt sind.
Ob ein Konflikt eine hinreichend verdichtete Gefahrenlage begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht allein an einer quantitativen Gegenüberstellung der Todesopfer im Verhältnis zur Zivilbevölkerung zu betrachten, sondern im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (BVerwG, Urteil vom 27.4.2010 – BVerwG 10 C 4.09 –, BVerwGE 136, 360; juris) und die Qualität und Erreichbarkeit der lokalen medizinischen Versorgung (BVerwG, Urteil vom 17.11.2011 – BVerwG 10 C 13.10 –, juris). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind außerdem die quantitative und geographische Verbreitung von gegen die Zivilbevölkerung gerichteter oder sie besonders gefährdender Gewalt sowie die Zahl der verletzten und vertriebenen Zivilpersonen einzubeziehen (EGMR, Urteil vom 28.6.2011 – 8319/07 u. 11449/07, Sufi und Elmi –, juris, zum identischen Schutzniveau des Art. 3 EMRK).
Nach diesen qualitativen und quantitativen Maßstäben greift eine rein statistische Wahrscheinlichkeitsbetrachtung im Sinne starrer Prozentrechnungen, also eines Vergleichs der Fallzahlen mit der Bevölkerungszahl, zu kurz. Sie erfasst keine Fälle im nicht dokumentierten Dunkelfeld, die mit zunehmender Intensität eines Konflikts häufiger auftreten, und ist nicht prognoseorientiert (in diesem Sinne auch Markard, NVwZ 2014, 565 (568)).
Während sich 90 Tote bei der Niederschlagung der Proteste im Frühjahr 2015 (vgl. „Hotel Burundi“ vom 28.8.2015, abgerufen unter ecoi.net/doc/311751 am 30.9.2015), 148 dokumentierte Fälle von Übergriffen auf mutmaßliche Regierungsgegner und 60 dokumentierte Fälle von Folter (vgl. BAMF Briefing notes vom 10.8.2015 und vom 17.8.2015, abgerufen unter ecoi.net/doc/310168 bzw. ecoi.net/doc/310449 am 30.9.2015) bezogen auf die Gesamtbevölkerung Burundis zahlenmäßig noch überschaubar ausnehmen, zeigen die Intensität der dokumentierten Gewalt, die Menge der flüchtenden Zivilbevölkerung und die Einschätzung der internationalen Organisationen ein anderes Bild.
Amnesty International berichtet von willkürlichen Angriffen, die nicht an eine tatsächliche oppositionelle Betätigung anknüpfen, sondern schon den Wohnort als Anlass genügen lassen. Die Gruppierungen der Imbonerakure agierten teilweise bewaffnet und ohne erkennbare staatliche Kontrolle, Übergriffe würden nicht aufgeklärt (vgl. Amnesty International: Just tell me what to confess to; abgerufen unter ecoi.net/doc/310730 am 30.9.2015). Auch die in der Reisewarnung des Auswärtigen Amts beschriebenen Straßensperren durch Oppositionelle, deren gewaltsame Auflösung mit Schusswaffen und Handgranaten durch die Regierungsarmee und Anschläge an öffentlichen Orten wie Busbahnhöfen, Taxiständen oder lokalen Restaurants steigern erheblich das Risiko der Zivilbevölkerung, auch ohne eigene oppositionelle Betätigung durch Gewaltanwendung verletzt zu werden.
Dass auch die Zivilbevölkerung die Lage entsprechend einschätzt, zeigt die erhebliche Anzahl von fast 200.000 Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflohen sind (vgl. BAMF briefing notes vom 17.8.2015, a. a. O.) und keine Hoffnung auf eine baldige Rückkehr hegen (vgl. „Terror-stricken Burundi refugees see no hope of return” vom 14.9.2015, a. a. O.). Die Afrikanische Union sieht das Risiko einer Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Zwischenseenregion mit „katastrophalen Konsequenzen“ (vgl. Agentur France Presse, „Burundi crisis poses 'catastrophic' risk for region“, abgerufen unter ecoi.net/doc/310277 am 30.9.2015). Eine kurzfristige Entspannung der Lage ist nach alledem derzeit nicht zu erwarten.
IV. Die in dem angefochtenen Bescheid unter Nr. 4 getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, ist angesichts der Zuerkennung des subsidiären Schutzes gegenstandslos (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.2002 – BVerwG 1 C 17.01 –, juris). Die Aufhebung des Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des angefochtenen Bescheides) folgt aus § 34 Abs. 1 AsylVfG.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, wobei das Gericht dem auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten, erfolglosen Hauptantrag das gleiche Gewicht beimisst wie dem erfolgreichen Hilfsantrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes. Da hier wegen des Erfolges des ersten Hilfsantrages über die weiter hilfsweise beantragte Feststellung von Abschiebungsverboten nicht mehr zu entscheiden ist, hat der weitere Hilfsantrag bei der Kostenverteilung keine Auswirkungen (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO). Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.