Landgericht Osnabrück
Urt. v. 06.06.2001, Az.: 1 S 1099/00; 1 S 14/01 (11)

Zustandekommen eines Mietvertrages; Verpflichtung zur Herausgabe und Räumung eines gemieteten Hauses im ursprünglichen Zustand

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
06.06.2001
Aktenzeichen
1 S 1099/00; 1 S 14/01 (11)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 32560
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2001:0606.1S1099.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osnabrück - 25.09.2000 - AZ: 52 C 319/00 (XXXI)
AG Osnabrück - 22.11.2000 - AZ: 52 C 319/00 (XXXI)

Fundstellen

  • NZM 2002, 943-944
  • WuM 2001, 438-439 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Rechtsstreit
...
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2001
durch
die unterzeichnenden Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Klägerin gegen das Teilurteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 25.09.2000 und gegen das Schlussurteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 22.11.2000 werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

2

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 25.09.2000 ist zulässig, aber nicht begründet.

3

Der Klägerin stehen die von ihr gegen die Beklagte zu 1) geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht zu.

4

Es lässt sich nicht feststellen, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 1) ein Mietvertrag zustandegekommen ist. Dafür könnte zwar sprechen, dass die Beklagte zu 1) im Kopf des Mietvertrages neben dem Beklagten zu 2) als Mieterin angeführt ist (Straßberger in Bub/Treier, Handbuch zur Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, S. 162, Rdnr. 265; OLG Düsseldorf, WuM 1989, 326; OLG Oldenburg, MDR 1991, 969; OLG Schleswig ZMR 1993, 69, 70).

5

Dagegen spricht aber, dass der Mietvertrag lediglich vom Beklagten zu 2) unterzeichnet wurde.

6

Für die Annahme, dass dieser zugleich in Vertretung mit Vollmacht für seine Ehefrau, das heißt der Beklagten zu 1), unterschrieben hat, fehlen ausreichende Anhaltspunkte.

7

Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1) mit Geburtsdatum im Kopf des Mietvertrages aufgeführt wurde, kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Beklagte zu 2) zugleich für die Beklagte zu 1) gehandelt hat. Für die Frage, ob jemand eine Erklärung auch in fremdem Namen abgibt, kommt es auf deren objektiven Erklärungswert und damit darauf an, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte für den Empfänger darstellt. Dabei sind außer dem Wortlaut der Erklärung alle Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen, insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand angehört, und typische Verhaltensweisen (BGH NJW 1994, 1649, 1650 [BGH 22.02.1994 - LwZR 4/93]).

8

Das von der Klägerin behauptete Vertretungsverhältnis hat in der schriftlichen Vertragserklärung keinen Ausdruck gefunden. Weder Wortlaut noch Gestaltung der Urkunde beinhalten einen Hinweis auf das Vertretungsverhältnis. Die Erwähnung der Beklagten zu 1) im Kopf des Vertrages bringt lediglich zum Ausdruck, dass sie auch Vertragspartnerin werden sollte. Den Schluss, dass der Beklagte zu 2) sie bei der Vertragsunterzeichnung vertreten hat, lässt das aber ohne Darlegung weiterer Umstände - beispielsweise Verhinderung der Beklagten zu 1) bei Unterzeichnung des Vertrages - nicht zu. § 1357 BGB ist insoweit nicht anwendbar (Blank in Schmidt-Futterer, Mietraumgesetze, 7. Auflage, vor§§ 535, 536 BGB, Rdnr. 175; LG Mannheim NJW-RR 1994, 274 [LG Mannheim 24.02.1993 - 4 S 112/92]; offengelassen von BGH NJW 1994, 1651 f.).

9

Aber auch im übrigen ist die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Amtsgerichts vom 25.09.2000 nicht begründet.

10

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 475,60 DM aus§ 326 BGB.

11

Zwar war der Beklagte zu 2) gemäß § 15 des Mietvertrages verpflichtet, die Innenseiten der Außenfenster in den dort aufgeführten Zeiträumen zu streichen. Unstreitig sind jedoch Ende Oktober 1997 die Fenster im ersten Obergeschoss des Hauses mit einer Thermopenverglasung versehen worden, ohne dass die dabei auf der Innenseite der Fensterrahmen angebrachten braunen, 1 × vorgestrichenen Holzlatten, lackiert wurden.

12

Mithin hat es die Klägerin unterlassen, die Mietsache in einem vertragsgerechten Zustand zu übergeben bzw. zu erhalten. Die Mietsache insoweit in einen vertragsgerechten Zustand zu versetzen, oblag jedoch nicht dem Beklagten zu 2). Er war lediglich verpflichtet, worauf bereits das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat, den durch Zeitablauf und vertragsgemäße Nutzung verursachten Instandsetzungsaufwand zu tragen.

13

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 364,24 DM. Die Klägerin hat die Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages nicht dargetan. Sie behauptet lediglich, es seien Ausbesserungsarbeiten angesichts des desolaten Zustandes des Mietobjektes erforderlich geworden, ohne die Einzelheiten zu schildern. Es lässt sich demnach nicht beurteilen, ob und inwieweit der Beklagte zu 2) die ihm obliegenden mietvertraglichen Verpflichtungen verletzt hat, auch wenn die Klägerin darauf hinweist, dass es sich zum Teil um Aufräumarbeiten gehandelt hat.

14

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch in Höhe von 817,80 DM aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages wegen der Entfernung der Küchentür.

15

Die Frage, ob der Beklagte zu 2) berechtigt war, die ursprüngliche Tür zum Abstellraum ohne Zustimmung der Klägerin auszubauen und eine andere Tür anzubringen, kann dahinstehen. Grundsätzlich war er zur Herausgabe und Räumung des Hauses im ursprünglichen Zustand verpflichtet (§ 556 BGB).

16

Unstreitig ist mittlerweile die Wand zum Abstellraum entfernt worden, so dass nicht ersichtlich ist, inwieweit der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden ist. Jedenfalls stünde dem Anspruch § 242 BGB entgegen, da es unter diesen Umständen der Klägerin offensichtlich nur um die Durchsetzung einer formalen Rechtsposition geht.

17

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Entfernung der Garderobe (452,40 DM) und der Heizkörperverkleidung (2.477,76 DM) aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages bzw. § 823 BGB.

18

Denn es lässt sich nicht beurteilen, inwieweit der Klägerin ein Schaden entstanden ist. Es fehlen jegliche Angaben zum Anschaffungszeitraum und den Anschaffungskosten. Der Beklagte zu 2) behauptet, diese Gegenstände seien bereits beim Einzug unbrauchbar gewesen. Sie wären dort seit ca. 1953 eingebaut gewesen. Die Klägerin müsste den Wert der Gegenstände und die Beschaffenheit beim Einzug des Beklagten zu 2) darlegen und beweisen. Der Kostenvoranschlag der Firma ... vom 05.04.2000 (Bl. 20 ff. d.A.), ist dazu nicht geeignet. Im übrigen ist davon auszugehen, dass die Gaderobe und die Heizkörperverkleidungen, die mit einem Rohrgeflecht versehen waren, nach einem Zeitraum von nahezu 50 Jahren abgenutzt und wertlos waren.

19

Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 22.11.2000 ist zulässig, aber ebenfalls nicht begründet.

20

Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1) stehen der Klägerin schon aus den oben genannten Gründen nicht zu.

21

Aber auch gegen den Beklagten zu 2) stehen der Klägerin keinerlei Schadensersatzansprüche zu.

22

Ein Anspruch aus § 326 BGB ist nicht gegeben, da das Abschleifen und Versiegeln des Parketts nicht zu den Schönheitsreparaturen zählt (Kraemer i. Bub/Treier, Handbuch zur Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, S. 910, Rdnr. 1068).

23

Ein Anspruch auf Erstattung der dafür erforderlichen Kosten in Höhe von 7.130,40 DM ergibt sich auch nicht aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages.

24

Dann müssten die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen erforderlich geworden sein, um einen durch die nicht vertragsgemäße Nutzung des Bodens hervorgerufenen Zustand zu beseitigen.

25

Dass der Beklagte zu 2) den Parkettboden über die vertragsgemäße Nutzung hinaus beschädigt hat, lässt sich nicht feststellen. Den Fotos, die sich in Hülle Bl. 90 d.A. befinden, kann man das nicht ohne weiteres entnehmen. Ein Parkettboden wird auch durch normale Nutzung stumpf und weist Verkratzungen auf. In der Regel muss er nach 10 Jahren neu abgeschliffen und versiegelt werden. Soweit auf dem Foto Nr. 3, welches sich in der Hülle Bl. 90 d.A. befindet, eine Beschädigung zu erkennen ist, hat die Klägerin die Behauptung des Beklagten 2), diese sei auf eine Undichtigkeit der Heizung zurückzuführen, nicht bestritten. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch das Aufstellen von Schreibtischstühlen im Wohnzimmer eine über die vertragsgemäße Nutzung hinausgehende Beschädigung des Parkettbodens hervorgerufen wurde.

26

Ob durch das Verhalten des Beklagten zu 2) eine über die vertragsgemäße Nutzung hinausgehende Beschädigung des Parkettbodens hervorgerufen wurde, lässt sich nicht mehr aufklären. Die in der Hülle Bl. 90 d.A. befindlichen Fotos sind hierzu, worauf bereits das Amtsgericht hingewiesen hat, wenig aussagekräftig. Ein Sachverständiger vermag zum Zustand des Parkettbodens keine zuverlässigen Feststellungen mehr zu treffen.

27

Auch wenn der Zeuge ..., der Ehemann der Klägerin, ihre Behauptung, dass sich der Fußboden bei Übergabe in einem einwandfreien Zustand befand, bestätigen würde, ließe sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass sich der Parkettboden nach Auszug der Beklagten in einem Zustand befand, der über eine vertragsgemäße Abnutzung hinausging, zumal der Parkettboden nach einer Mietdauer von 10 Jahren sowieso einer Überarbeitung bedurfte und er bereits bei Einzug der Beklagten ausweislich § 1 des Mietvertrages im Wohn- und Esszimmer ausbesserungsbedürftig war.

28

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) auch kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 3.400,00 DM als Nutzungsentschädigung für die Monate April und Mai 2000 zu. Die Klägerin hat einen etwaigen Schaden nicht hinreichend dargetan. Mietausfall behauptet sie selbst nicht. Dass ihre Kinder durch einen früheren Bezug Miete erspart hätten, ist nicht ersichtlich. Hinzukommt, dass ihrerseits Umbaumaßnahmen durchgeführt wurden. Es lässt sich demnach nicht feststellen, dass allein durch die von dem Beklagten zu 2) verursachten Schäden eine Nichtbewohnbarkeit über zwei Monate gegeben war.

29

Der Schriftsatz der Klägerin vom 17.05.2000 gibt keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

30

Nach alledem waren die Berufungen der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Schürmann Vizepräsident des Landgerichts
Backhaus Richter
Wieseler-Sandbaumhüter Richterin am Landgericht