Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 14.11.2001, Az.: 5 T 903/01

Notarkostenbeschwerde gegen die Rechnung eines Notars für eine Beurkundung einer Auslosung eines Wettbewerbs zur Vergabe einer Baumaßnahme; Schätzung eines Wertes für die Kosten einer Notartätigkeit bei der Auswahl einer Unternehmens zur Vergabe einer Baumaßnahme

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
14.11.2001
Aktenzeichen
5 T 903/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 26102
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2001:1114.5T903.01.0A

In dem Rechtsstreit
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird seine Kostenrechnung vom 5.7.2000 zur Urkundenrollen-Nr. 194/2000 aufgehoben.

Der Beschwerdeführer wird angewiesen, der Kostenschuldnerin eine neue Kostenrechnung unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 180.000,- DM zu erteilen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei;

Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

1

I.

In einem Verfahren über die Vergabe einer Baumaßnahme der ... mit einem Bauvolumen von insgesamt 3,5 Millionen DM war eine beschränkte Ausschreibung mit vorgeschaltetem öffentlichen Teilnahmewettbewerb festgelegt. An der beschränkten Ausschreibung sollten 6 Firmen teilnehmen. Nach dem Teilnahmewettbewerb lagen 7 gleichwertige Bewerbungen vor. Aus diesen 7 Bewerbern waren die 6 an der beschränkten Ausschreibung zu beteiligenden Firmen auszulosen. Diese Auslosung hat am 3.7.2000 zur UR-Nr. 194/00 der Beschwerdeführer beurkundet.

2

Diese Tätigkeit stellte er der ... mit Datum vom 5.7.2000 in Rechnung, wobei er einen Geschäftswert von 1. Mio. DM zugrunde legt.

3

Anläßlich der Notariatsprüfung 2000 hat der Beschwerdegegner den Wertansatz in der Kostenrechnung beanstandet und den Beschwerdeführer angewiesen, Notarkostenbeschwerde einzulegen.

4

Diese Anweisung ist der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18.10.2001 nachgekommen und beantragt die Bestätigung der streitigen Kostenrechnung. Zur Begründung wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen.

5

In seiner Stellungnahme vom 8.11.2001 vertritt der Beschwerdegegner nach wie vor die Auffassung, der Geschäftswert läge bei lediglich 5.000,- DM, höchstens bei einer Höhe zwischen 120.000,- DM und 240.000,- DM.

6

II.

Die gemäß § 156 Abs. 5 KostO zulässige Weisungsbeschwerde ist begründet.

7

Nach § 48 Abs. 3 KostO bestimmt sich der Geschäftswert, sofern nicht ein bestimmter Geldbetrag feststeht, nach § 30 Abs. 2 KostO; er beträgt in allen Fällen höchstens 1 Mio. DM. Nach § 30 Abs. 2 KostO ist in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung der Wert regelmäßig auf 5.000,- DM anzunehmen.

8

Der vom Beschwerdeführer angenommene Höchstwert nach § 30 Abs. 2 KostO ist nicht angemessen. Es liegt insofern eine Ermessensüberschreitung durch den Beschwerdeführer vor.

9

Der Regelwert von 5.000,- DM kann "nach Lage des Falles" bis zu 1 Mio. DM erhöht werden. Kriterien dabei sind das durch das Geschäft betroffene Wirtschaftsgut, die wirtschaftliche Bedeutung des Geschäftes für die Beteiligten, Auswirkungen, Zweck und Wichtigkeit des Geschäfts, die Vermögenslage der Beteiligten, ihr Interesse an dem Geschäft und die Mühewaltung des Notars (Rohs/Wedewer, KostO, § 30 RdZiffer 37).

10

Bei der Abwägung, ob und wieweit eine Abweichung vom Regelwert angemessen ist, war vorliegend die Mühewaltung des Beschwerdeführers und dessen zeitliche Aufwand zu berücksichtigen. Die Verlosung begann gegen 15.30 Uhr und war nach 20 Minuten beendet. Das Geschäft war für den Beschwerdeführer rechtlich nicht schwierig.

11

Entgegen der (zunächst vertretenen) Ansicht des Beschwerdegegners rechtfertigt dieses jedoch nicht die Beibehaltung des Regelwertes. Zu berücksichtigen waren darüber hinaus die Interessen der übrigen Beteiligten, nämlich derjenigen der ... und die der beteiligten Unternehmen.

12

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist das Interesse der ... nicht in einer Auslosung mit dem Ziel, einen Bauauftrag in Höhe von 3,5 Millionen DM zu vergeben, zu sehen, sondern es kann lediglich darauf abgestellt werden, dass für die Verlosung lediglich ein Teilnehmer aus dem Wettbewerb ausscheiden sollte. Die Zahl der Bewerber sollte von 7 auf 6 verringert werden. Mithin käme als Wert der ersparte Arbeitsaufwand für die Überprüfung der von einem Bewerber eingereichten Unterlagen sowie den insoweit ersparten Ausschreibungskosten in Betracht. Wie hoch dieser ist, konnte die Kammer offen lassen, denn jedenfalls ist dieser Wert geringer als das der Kostenrechnung letztlich zugrunde liegende Interesse der beteiligten Firmen.

13

Wirtschaftlicher Anhaltspunkt für jedes der beteiligten Unternehmen war der Bauauftrag mit einem Volumen von 3,5 Mio. DM. Dieser Betrag ist jedoch bei der vorliegenden Abwägung nicht gleichzusetzen mit dem Interessen der Beteiligten. Das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Bewerbers war geringer. Es kann nur in dem jeweiligen kalkulierten Gewinn gesehen werden. Hier schließt sich die Kammer der Stellungnahme des Beschwerdegegners an und schätzt den Gewinn auf etwa 20 % - 40 % des Auftragsvolumens. Umgerechnet würde das einen Betrag zwischen 700.000,- DM und 1.400.000,- DM betragen.

14

Weiterhin war zu berücksichtigen, dass die Verlosung nicht die gesicherte Auftragsvergabe und damit die gesicherte Gewinnerwartung zur Folge hatte, sondern lediglich dazu geführt hat, einen von 7 Bewerbern auszuschließen. Damit hat sich lediglich die Gewinnrealisierungswahrscheinlichkeit vergrößert. Sie lag gleichwohl - bezogen auf jeden einzelnen Bewerber - bei nur 1: 6. Dies rechtfertigt es, den Geschäftswert für eine solche Verlosung im Vorfeld der Auftragsvergabe mit einem entsprechenden Bruchteil der Gewinnerwartung anzusetzen.

15

Übertragen auf diesen Fall würde sich daher ein Wert zwischen 116.666,- DM und 233.333,- DM (1/6 von 700.000,- DM bzw. 1.400.000,- DM) ergeben.

16

Die Kammer hält es für gerechtfertigt, auf Grund fehlender weiterer Angaben zur Gewinnerwartung der Unternehmen, aber auch im Hinblick auf das hinzuzurechnende Interesse der ... für angezeigt, den Geschäftswert auf insgesamt 180.000,- DM festzusetzen.

Dr. Krämer
Kalscher
Everdiking