Landgericht Verden
Urt. v. 22.07.2020, Az.: 8 O 237/18
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 22.07.2020
- Aktenzeichen
- 8 O 237/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 71575
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Der Klaganspruch zu 1. wird dem Grunde nach unter Berücksichtigung einer Mitverschuldenshaftungsquote der Klägerin von 50 % für gerechtfertigt erklärt.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Zahnarztpraxis Dr. S.F. jedweden weiteren aus dem Leitungswasserschadensereignis vom 27.07.2018 im Objekt S-straße in F. entstandenen Schaden unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 50 % in Höhe des Zeitwerts zu ersetzen.
Der Feststellungsantrag zu 2. wird abgewiesen.
Die Entscheidung zur Höhe, über die Kosten und über die vorläufige Vollstreckbarkeit bleibt mit der Endentscheidung vorbehalten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus übergegangenem Recht Schadenersatz wegen eines Leitungswasserschadens in der Zahnarztpraxis ihres Versicherungsnehmers in F..
Die Klägerin ist Inhalts- und Betriebsunterbrechungsversicherer der Zahnarztpraxis Dr. S.F., Objekt S-straße, F., wobei u. a. die Gefahr von Leitungswasserschäden versichert ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein (Anlage K 6 = Bl. 130 ff d. A.) Bezug genommen. Ursprünglich war die D. AG Versicherer, welche zum Schadenszeitpunkt mit der Klägerin verschmolzen war (Handelsregisterauszug Anlage K 7 = Bl. 134 d. A.). Die letzte Beitragsrechnung zur Betriebs-Vielschutz-Versicherung aus Mai 2018 wurde von der Klägerin erstellt (Rechnung Anlage K 8 = Bl. 135 f d. A.).
Der Versicherungsnehmer der Klägerin, S.F. (künftig: VN) beauftragte die Beklagte mit der Installation einer Desinfektionsanlage in seiner Zahnarztpraxis. Die Installation erfolgte am 27.10.2016 in dem Raum Zahnpflegeshop/Besprechungsraum angrenzend an den Empfangsbereich und zwar wandseitig unterhalb der Außenfenster. Wegen der Einzelheiten zur Beschreibung der Örtlichkeit wird auf die Schilderungen im Privat-Gutachten des I. vom 05.09.2018, Dr. N., unter 4.1, Absätze 1 und 2 (Anlage K 1 = Bl. 21 ff d. A.) Bezug genommen, auch hinsichtlich der Beschreibung der zentralen Desinfektionsanlage nebst den in Bezug genommenen Abbildungen. Der Installationsort der Anlage wurde von der Beklagten gewählt. Im Nachgang zu der Installation der Anlage war die Beklagte auch mit der Wartung der Desinfektionsanlage beauftragt. Die letzte Wartung der Anlage durch die Beklagten vor dem Schadensereignis fand am 15.11.2017 statt.
Am 27.07.2018 wurde am Objekt S-straße in F. ein Leitungswasserschaden festgestellt. Bei der Entdeckung trat das Leitungswasser bereits aus der Hausfassade aus. Der Wasseraustritt erfolgte in den Praxisräumen der Zahnarztpraxis des VN der Klägerin in dem Raum Zahnpflegeshop/Besprechungsraum an einer wandseitig unterhalb der Außenfenster montierten Kunststoffleitung der dort von der Beklagten installierten zentralen Desinfektionsanlage. Es kam zum Wasseraustritt an einer Verbindung in der Kunststoffrohrinstallation der Desinfektionsanlage an der Verbindung Winkelfitting und Rohrende. Die Ursache, insbesondere das Vorliegen eines Montagefehlers durch die Beklagte ist zwischen den Parteien streitig.
Der VN der Klägerin war zum Schadenszeitpunkt für insgesamt 3 Wochen Urlaubsabwesend und die Praxis vor dem Schadenseintritt bereits seit dem 06. Juli 2018 geschlossen.
Der VN der Klägerin hatte für die Dauer der Praxisschließung seit dem 06. Juli 2018 das Wasser nicht über das vorhandene Absperrventil abgesperrt, auch nicht die von der Beklagten installierten Anlage.
Der Inhaltsschaden wurde zwischenzeitlich durch die Klägerin mit einer Zahlung von insgesamt 107.018,00 € (Neuwert) reguliert. Den Zeitwertschaden in Höhe von 97.309,49 € gemäß dem Privat-Gutachten des Sachverständigenbüros J. vom 08.11.2019 (Anlage K 12 = Bl. 2 ff AH) macht die Klägerin gegenüber der Beklagten aus übergegangenem Recht geltend. Der Betriebsunterbrechungsschaden ist noch nicht abschließend reguliert. Die Klägerin hat auf den Betriebsunterbrechungsschaden bisher unter Zugrundelegung des Berichts des Sachverständigenbüros J. vom 25.07.2019 (Anlage K 9 = Bl. 173 ff d. A.) insgesamt 125.000,00 € gezahlt. Diesen Betrag macht die Klägerin ebenfalls aus übergegangenem Recht gegen die Beklagte geltend und begehrt im Übrigen die Feststellung, dass die Beklagte auch zum Ersatz des weiteren Schadens verpflichtet ist. Außerdem begehrt die Klägerin Ersatz der ihr gemäß Rechnung des I. in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten in Höhe von 4.133,71 € (Anlage K 4 = Bl. 47 d. A.). Die Höhe, teilweise auch der Regulierung durch die Klägerin, und die Schadensbedingtheit der einzelnen Schadenspositionen ist zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die von ihr installierten Rohre der Desinfektionsanlage entgegen den anerkannten Regeln der Technik installiert, so dass es in der Folge aufgrund dieses Montagefehlers zu der Trennung einer Verbindung in der Kunststoffrohrinstallation und damit dem hier streitgegenständlichen Leitungswasserschaden gekommen sei. Dabei sei das Rohrende entgegen den Montagevorgaben zu kurz in die Muffenaufnahme des Fittings eingesteckt worden, so dass die für die Fixierung und Kraftaufnahme notwendige Klebefläche relativ klein ausgefallen sei. Es seien zwar Kleber auf die Innenseite des Fittings sowie die Außenseite des Rohres aufgetragen worden. Hierbei sei jedoch keine ausreichende Menge verwendet worden, so dass dieser nicht ausreichend spaltfüllend gewesen sei. Der Kleber sei zumindest auf der Rohraußenseite nicht vollflächig aufgetragen worden, so dass Fehlstellen auf der Außenfläche verblieben seien. Der Auftrag des Klebers sei entgegen den Montagevorgaben zudem wahrscheinlich nicht in axialer Richtung, sondern quer zur Rohrlängsachse erfolgt. Diese Mängel in Kombination hätten zu einer nicht dauerhaft dichten und druckbeständigen Klebeverbindung geführt, wobei die Trennung der schadhaften Verbindung durch Druckschwankungen zu erklären sei. Ein schadensursächlicher Produktmangel sei auszuschließen.
Ihr VN habe keine Veränderungen an der Desinfektionsanlage und den an die Anlage anschließenden Rohre vorgenommen. Alternative Ursachen, welche die Undichtigkeit hätten verursachen können, lägen nicht vor.
Durch Reinigungsarbeiten im Bereich der Heizkörper hätte das Spurenbild, welches der Sachverständige Dr. N. festgestellt habe, nicht verursacht werden können, insbesondere hätte durch Reinigungsarbeiten eine Klebeverbindung, die fachgerecht hergestellt worden sei, nicht gelöst werden können. Die Gitter der Heizkörperverkleidung seien nicht regelmäßig geöffnet worden, im Übrigen sei die Installation hinter der Heizkörperverkleidung auf Vorschlag der Beklagten erfolgt.
Die Praxis hätte nach dem Urlaub des Zeugen Dr. F. am 30.07.2018 wieder geöffnet.
Ein Mitverschulden ihres VN sei nicht ersichtlich. Insbesondere gebe es keine Verpflichtung, die Wasserversorgung zu gemieteten Räumlichkeiten während Schließzeiten vollständig abzusperren. Trinkwasserleitungen seien bei ordnungsgemäßer Montage derart stabil, dass diese auch unbeaufsichtigt gelassen werden könnten und dürften. Es werde bestritten, dass in Arzt- und Zahnarztpraxen schon an Wochenenden oder auch bei Urlaubsabwesenheit Absperrvorrichtungen für Wasserleitungen oder zumindest für besondere Betriebseinrichtungen, die an das Leitungswassernetz angeschlossen sind, betätigt werden müssten. Ihr VN habe keine Veranlassung gehabt, die Wasserzufuhr zu seiner Praxis oder einen Teil der Praxis abzusperren. Die Gefahr eines Leitungsbruchs sei insbesondere an einer erst ca. 1 Jahr zuvor installierten Leitung nicht ersichtlich gewesen. Eine Vergleichbarkeit des vorliegenden Sachverhalts mit den beklagtenseits zitierten Entscheidungen, z. B. zu Geschirrspülern und Waschmaschinen sei nicht gegeben, so dass auch die zitierte Rechtsprechung nicht einschlägig sei. Denn bei der streitgegenständlichen Rohrleitung handele es sich um eine Leitung, die dauerhaft dem Wasserdruck standhalten müsse. Es handele sich um die Hauptwasserleitung in der Praxis. Diese habe auch nicht abgesperrt werden können. Eine Sorgfaltspflicht bestehe nur bei lösbaren Verbindungen, um einen unkontrollierten Wasseraustritt dort zu verhindern, nicht aber, um Rohrbrüche an unlösbaren Verbindungen vorzubeugen, wie vorliegend. Der VN der Klägerin habe im Bereich der streitgegenständlichen Rohrverbindung überhaupt nicht mit einem Auseinandergehen der Rohre rechnen müssen.
Da es weder eine Verpflichtung gebe, eine Wasserleitung während der Betriebsferien abzusperren, noch diese während der nächtlichen Betriebsruhe abzusperren, wäre es so oder so zu dem Schaden gekommen, da sich die streitgegenständliche Rohrleitung wegen der fehlerhaften Arbeiten der Beklagten auf jeden Fall gelöst hätte und es damit zwangsläufig zum Wasseraustritt gekommen wäre. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass das Wasser über mehrere Tage unbemerkt ausgetreten sei. So habe die Frau M.S. aus dem im gleichen Gebäude gelegenen Friseursalon am Abend des 27.07.2018 gegen 19.00 Uhr noch keine Hinweise auf einen Wasseraustritt gehabt und diesen erst am Morgen des 28.07.2018 um 07.10 Uhr bemerkt, als nach dem Öffnen der Haustür im Erdgeschoss das Wasser schwallartig die Treppe hinuntergekommen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 64.133,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und weitere 147.226,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 29.07.2019 und weitere 15.082,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 12.03.2020 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jedweden weiteren nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Klägerin übergehenden Schaden aus dem Leitungswasserschadensereignis vom 27.07.2018 in dem Objekt S-straße in F. in Höhe des Zeitwertes zu ersetzen.
3. Hilfsweise wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Zahnarztpraxis Dr. S.F. jedweden weiteren aus dem Leitungswasserschadensereignis vom 27.07.2018 in dem Objekt S-straße in F. entstandenen Schaden in Höhe des Zeitwerts zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet den behaupteten Anspruchsübergang auf die Klägerin. Für den Feststellungsantrag zu 2 fehle der Klägerin überdies die Aktivlegitimation.
Die Beklagte behauptet, dass kein Installationsmangel vorliege. Insbesondere habe die Beklagte keine Montagevorgaben verletzt. Für die Vermuffung der Rohre seien gerade keine Montagevorgaben vorhanden. Die festgestellte Einschubtiefe von 13 mm sei völlig ausreichend und hinreichend tief vermufft. Der behauptete unsachgemäße Kleberauftrag quer zur Rohrachse sei eine bloße Vermutung aus Kleberspuren außerhalb der Rohrverbindung. Selbst, wenn der Kleberauftrag so erfolgt sein sollte, wie es das Gutachten I. vermute, so sei jedenfalls nichts ersichtlich oder vorgetragen dafür, dass ein solcher Kleberauftrag im vorliegenden Fall schadensursächlich gewesen sein könnte. Dass die gewaltsam erzeugte Trennung auf Druckschwankungen innerhalb der Leitung zurückzuführen sei, sei eine bloße Vermutung. Die Lage der Aufbereitungsanlage und die hygienischen Anforderungen hätten mit Sicherheit dazu geführt, dass das Gitter der Heizkörperverkleidung regelmäßig geöffnet werden müsse. Dabei hätte bereits eine geringfügige äußere mechanische Belastung zu einer schadensursächlichen Verkantung der Rohrverbindung und zu einer Lockerung der Klebeverbindung führen können.
Wegen der mindestens dreiwöchigen Schließung der Zahnarztpraxis während der Ferienzeit ohne Absperrung der Trinkwasserleitung oder zumindest der Wasserzufuhr für die von der Beklagten installierten Anlage sei jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden des VN der Klägerin zu berücksichtigen, das< auch der Klägerin entgegen zu halten sei. Regelmäßig seien in Arzt- und Zahnarztpraxen schon für die ungenutzten Wochenenden Absperrvorrichtungen für Druckwasser insgesamt oder zumindest für die besonderen Betriebseinrichtungen, die an das Leitungswassernetz angeschlossen sind, vorgesehen und zu betätigen. Dies gelte auch für die Zahnarztpraxis vom VN der Klägerin, zumal die Zuleitung der von der Beklagten installierten Anlage über separat absperrbare Kugelhaarventile verfügt habe, wie sich aus dem Gutachten des I. (Anlage K 1) ergebe. Zumindest während einer längeren urlaubsbedingten Abwesenheit sei die Wasserzufuhr eines über die Trinkwasserleitung mit dem haushaltsüblichen Wasserdruck angeschlossenen und während der Urlaubszeit nicht in Betrieb befindlichen Geräte abzusperren, um den besonderen Gefahren aus einem möglichen Leitungsbruch entgegenzuwirken. Ein Unterlassen einer derartigen Absperrung stelle ein grobfahrlässiges Fehlverhalten dar. Ein mit dem in Zahnarztpraxen gängigen Praxishauptschalter zu schaltendes Magnetventils zur Absperrung der Wasserversorgung sei ein geringer Aufwand, wie das von der Beklagtenseite eingeholte Angebot der Firma H. (Anlage B 1= Bl. 260 d. A.) zeige und gehöre seit langem zur Standardausrüstung von Zahnarztpraxen. Bei der Abwägung der Verursachungsanteile nach § 254 Abs. 1 BGB sei zu berücksichtigen, dass mit der einfach zu bewerkstelligenden und jedem einleuchtenden Absperrung der Wasserzufuhr der Schaden sicher hätte vermieden werden können. Unter Abwägung eines auch auf der Grundlage des Klagvortrags allenfalls leicht fahrlässigen Installationsfehlers durch die Beklagte mit dem besonders nachlässigen Fehlverhalten des VN der Klägerin bilde dieses Fehlverhalten der fehlenden Wasserabsperrung die weitaus überwiegende Schadensursache. Dementsprechend scheide unter dem Gesichtspunkt des groben Mitverschuldens eine Inanspruchnahme der Beklagten vollständig aus.
Das Gericht hat zum Anspruchsgrunde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Sachverständigen S. vom 03.02.2020, die ergänzende Stellungnahme vom 20.05.2020 (jeweils in der Aktenlasche Band II) sowie die Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2020 (Bl. 242 – 247 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in der Hauptsache dem Grunde nach im ausgeurteilten Umfang unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote der Klägerin von 50 % berechtigt.
I.
Der Klagantrag zu 2. ist mangels Vorliegens des Übergangs der Forderung unzulässig. Der Versicherer kann von vor seiner Leistung gegen den Dritten nicht auf Feststellung seines künftigen Anspruchs klagen, sondern nur auf Feststellung der Ersatzpflicht des Dritten gegenüber dem Versicherungsnehmer (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin 30. Auflage 2018, VVG § 86 Rn. 66 m. w. N.). Der insofern gestellte Hilfsantrag (Antrag zu 3.) ist insoweit zulässig.
II.
Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif. Das Gericht hat insoweit von einem Zwischenurteil über den Grund gemäß § 304 ZPO Gebrauch gemacht, da die Sache zum Grunde entscheidungsreif ist. Die Voraussetzung des § 304 ZPO sind erfüllt. Die Parteien streiten – wie im Tatbestand zu entnehmen ist – über den Anspruchsgrund sowie über die Anspruchshöhe. Die Beklagte hat neben den Einwendungen zur Haftung dem Grunde nach sowie zum überwiegenden Mitverschulden des VN der Klägerin auch den entstandenen Schaden ausreichend bestritten. Die Klägerin hat taugliche Beweismittel für den geltend gemachten Schaden benannt, so dass das Gericht Beweis durch Zeugenvernehmung und ggf. Sachverständigengutachten über die Richtigkeit der Schadensberechnung zu erheben hat. Aus prozessökonomischen Gründen und zur Vermeidung erheblicher Kosten bei einer abweichenden rechtlichen Beurteilung der zweiten Instanz ist der Erlass eines Grundurteils angezeigt.
Die Klägerin hat dem Grunde nach aus übergegangenem Recht einen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 631, 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 86 VVG wegen des durch die nicht sachgemäß vorgenommene Verbindung des Rohres mit dem Fitting verursachten Leitungswasserschadens und dem dadurch eingetretenen Schaden am Inhalt der Zahnarztpraxis ihrer VN und der Betriebsunterbrechung, jedoch nur unter Berücksichtigung einer Mitverschuldenshaftungsquote des VN der Klägerin von 50 %.
Im Einzelnen:
1.
Den VN der Klägerin und die Beklagte verband unstreitig ein Werkvertrag. Die Beklagte hat die streitgegenständliche Desinfektionsanlage, aus dessen Rohrverbindung der Wasseraustritt erfolgt ist, beim VN der Klägerin installiert und anschließend gewartet.
2.
Die Klägerin ist hinsichtlich des Klagantrags zu 1 aktiv legitimiert. Die Klägerin hat durch Vorlage des Versicherungsscheins und des Handelsregisterauszugs bewiesen, dass sie der alleinige Inhalts- und Betriebsunterbrechungsversicherer zum Schadenszeitpunkt war. Die durch die Klägerin an ihren VN geleisteten Zahlungen hat die Beklagte zuletzt nicht weiter bestritten. Die Zahlungen zum Inhaltsschaden werden auch bestätigt durch die Entschädigungsquittung des Versicherungsnehmers vom 26.11.2019 (Anlage K 11 = Bl. 1 AH). Mithin sind die Ansprüche in Höhe von 226.443,20 € (Antrag zu 1.) gemäß § 86 VVG auf die Klägerin als Versicherer übergegangen.
3.
Die Klägerin hat weiter bewiesen, dass Ursache für den streitgegenständlichen Wasserschaden in den Praxisräumen ihres VN ein durch die Beklagte im Rahmen der Installation der Desinfektionsanlage nicht ordnungsgemäß zusammengestecktes Rohr war. Der Sachverständige S. hat insoweit ausgeführt, dass der streitgegenständliche Leitungswasserschaden durch die fehlerhafte Montage der Rohrleitung in der Desinfektionsanlage verursacht worden sei. Das GF-Rohr sei nur ca. 12 mm in die Muffe geschoben worden und weise eine unvollständige Verklebung auf. Nach Inaugenscheinnahme der Lichtbilder des I. (Anlage K 1) und sodann auch einer Untersuchung von Rohr und Muffe könne er die Feststellungen des Privatsachverständigen Dr. N. vom I. bestätigen. Eine richtig gefertigte GF-Rohrverbindung sei eine unlösbare Verbindung. So könne das Abwischen von Staub selbst mit Kraftaufwand eine GF-Rohrverbindung nicht zum Bersten bzw. Auseinanderreißen bringen. Diese würde sogar dem Reinigen mit einem Hochdruckreiniger standhalten. Das GF-Rohr weise auch keine thermische Beaufschlagung auf. Es sei außerdem für einen Temperaturbereich bis 60 ° Celsius zugelassen. Weiter sei auch keine Druckerhöhung in der Kaltwasserleitung nachvollziehbar. Dies könne nur durch eine Temperaturerhöhung oder durch eine Erhöhung des Drucks durch eine Pumpe erfolgen. Beides sei hier nicht vorhanden gewesen. Bei der vorgefundenen Trinkwasserleitung handele es sich um eine Kaltwasserleitung, so dass diese nicht gegen mögliche Druckerhöhung abgesichert werden müsse. Ein Ausdehnungsgefäß sei insoweit nicht sinnvoll.
Das Gericht schließt sich nach eigener kritischer Würdigung den nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen S. in seinem schriftlichen Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme und den plausiblen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vollumfänglich an. Der Sachverständige hat sich mit dem Privatgutachten des Dr. N. vom I. auseinandergesetzt, dass streitgegenständliche Rohr nebst Muffe selbst untersucht und den Mechanismus im Termin zur mündlichen Verhandlung demonstriert. Er hat sich außerdem mit den örtlichen Gegebenheiten und den Einwendungen der Beklagten auseinandergesetzt. Insofern hat er das Ergebnis seines Gutachtens nachvollziehbar und überzeugend im Termin gegenüber den Angriffen der Beklagten verteidigt. An der Fachkunde des Sachverständigen bestehen aus Sicht des Gerichts keine Zweifel. So hat der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung anschaulich erläutert und anhand der im Termin vorhandenen Asservate gezeigt, dass die beiden Flächen nicht ausreichend waren, um das Rohr zu halten, da dieses nicht tief genug reingeschoben worden war. Das Rohr müsse bis zum Ende der Muffe reingeschoben werden. Zuvor müsse auf beiden Seiten der Kleber aufgebracht werden. Vorliegend hätte das Rohr ungefähr doppelt soweit reingeschoben werden können und müssen. Außerdem erläuterte und zeigte er, dass die Verklebung nicht gleichmäßig erfolgt sei. Der Wasseraustritt sei kumulativ gesehen auf die unzureichende Verbindung der Rohrleitung sowie auf die mangelhafte Verklebung der Verbindungsstücke zurückzuführen. Dadurch hätten sich die Verbindungsstücke nach und nach gelöst, wobei bereits beim Lösungsvorgang Wasser ausgetreten sei, bis es schließlich nach vollständigem Ablösen zu einem vollständigen, schwallartigen Wasseraustritt gekommen sei. Bei ordnungsgemäßer Verbindung und Verklebung seien Rohr und Muffe nicht ohne Zerstörung, z.B. durch eine Säge, auseinanderzubekommen.
Andere Ursachen für die Ablösung schließt der Sachverständige als sicher aus.
So hätten thermische Belastungen etwa durch die Heizung Verfärbungen am Rohr hervorgerufen. Solche seien hier nicht feststellbar gewesen. Auch sonst seien keine äußeren Einwirkungen auf das Rohr feststellbar gewesen, auch keine Belastungen mit Chemikalien oder Ähnlichem.
Die sonstige Installation der Wasserleitungen sei in Ordnung gewesen, insbesondere hätten keine Sicherungsventile oder Ähnliches gefehlt. Insofern handele es sich um eine Kaltwasserleitung, die dehnten sich minimal aus oder gar nicht.
Hinweise auf Druckschläge lägen nicht vor. Solche könnten nach seiner Beurteilung auch maximal 10 Bar auslösen. Das streitgegenständliche Rohr sei bis 16 Bar zugelassen. Vorliegend gäbe es auch nur eine dezentrale Warmwasserleitung. Dies schließe er daraus, dass keine Warmwasserleitung in die Wohnung führe, so dass nur dezentral Warmwasser vorhanden sein könne.
Nach alledem steht für das Gericht ohne Zweifel fest, dass Ursache des streitgegenständlichen Wasserschadens in der Zahnarztpraxis des VN der Klägerin ein durch die Beklagte nicht ordnungsgemäß zusammengestecktes und unzureichend verklebtes Rohr innerhalb der Desinfektionsanlage gewesen ist. Der Sachverständige hat dies plausibel und nachvollziehbar bestätigt und in der mündlichen Verhandlung den Einsteckmechanismus demonstriert. Andere Ursachen konnten ausgeschlossen werden bzw. es gibt keine Hinweise darauf. Damit haftet die Beklagte dem Grunde nach für den hier streitgegenständlichen Leitungswasserschaden.
4.
Die Klägerin muss sich aber das Mitverschulden ihres VN gemäß § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten lassen, da dieser es grob fahrlässig unterlassen hat, in seinen Praxisräumen während der geplanten dreiwöchigen Betriebsschließung das Wasser abzusperren und auch deshalb der schädigende Wasseraustritt geschehen konnte. Das schuldhafte Unterlassen des Abstellens des Wassers für die Dauer der Betriebsschließung hat hier bei der Entstehung des Wasserschadens mitgewirkt, so dass die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon abhängt, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde, § 254 Abs. 1 BGB.
Unter Berücksichtigung und Abwägung der hier vorliegenden Umstände hält das Gericht eine Mithaftungsquote in Höhe von 50 % für angemessen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum Absperren der Wasserzufuhr zur Waschmaschine und zum Geschirrspüler bei längerer urlaubsbedingter Abwesenheit war das Nichtabsperren der Wasserzufuhr in der Zahnarztpraxis, in der bekanntermaßen erhebliche Wasserleitungen unterschiedlicher Art vorhanden sind, jedenfalls bei einer dreiwöchigen Praxisschließung durch den VN grob fahrlässig, jedenfalls das Nichtabsperren der Wasserzufuhr zu der hier streitgegenständlichen Desinfektionsanlage (vgl. Hess in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Auflage § 16 Rn. 109 m. w. N.; Hoenicke in Veith/Gräfe/Gerbert, Der Versicherungsprozess, § 4 Wohngebäudeversicherung Rn. 369 m. w. N. jeweils zu nicht abgesperrten bzw. beaufsichtigten Waschmaschinen/Geschirrspülern). Das Risiko ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch jedenfalls vergleichbar, gibt es in Zahnarztpraxen regelmäßig überdurchschnittlich viele Wasserleitungen, hier eben auch in der streitgegenständlichen Desinfektionsanlage.
Der Sachverständige hat insofern zwar keine Untersuchungen über die allgemein übliche Handhabung in Zahnarztpraxen durchgeführt, aber ein Verschließen der Wasserzufuhr bei mehrwöchiger Abwesenheit für sinnvoll erachtet. Auch, wenn keine Schlauchverbindung vorliegt und das verwendete Anschlussrohr der Firma GF bei fachgerechter Montage bis zu einem Betriebswert von 16 Bar dauerhaft dicht ist, so kann, es wie vorliegend, zu einer fehlerhaften Montage der Rohrleitung und damit auch bei relativ neuen Rohren zu einem Wasseraustritt kommen. Dabei können 3 bis 6 Kubikmeter pro Stunde auslaufen, so dass für den Fall, dass es zu so einem Montagefehler und damit zu einem Auseinandergehen von Rohr und Muffe kommt, erhebliche Schäden verursacht werden können. Außerdem können Leitungen bzw. Rohre immer unerwartet porös werden oder aus anderen Gründen plötzlich nicht mehr halten, also undicht werden. So etwas ist gerade in einer Zahnarztpraxis mit vielen wasserführenden mobilen Geräten vorhersehbar und einfach vermeidbar. So können solche Schäden durch das Absperren der Wasserzufuhr in der Zahnarztpraxis am Abend, jedenfalls aber übers Wochenende oder bei längerer Urlaubsabwesenheit, durch einfache und kostengünstige Mittel vermieden werden. Ausweislich des unbestritten gebliebenen Vortrags der Beklagtenseite kann die Lieferung und Montage eines zentralen Absperrventils zur Montage in einer Zahnarztpraxis für nur 136,12 € umgesetzt werden. Dies muss auch jedem Zahnarzt als Praxisinhaber bekannt sein. Somit liegt im Falle des VN der Klägerin auch ein Verschulden gegen sich selbst (§§ 254, 277 BGB) vor, indem er es, trotz schon zum Schadenszeitpunkt bestehender einfacher Absperrmöglichkeit unterlassen hat, dass Wasser für die Dauer der Urlaubsschließung abzustellen. Die Zahnarztpraxis verfügte insoweit nach den Feststellungen des Sachverständigen auch bereits zum Schadenszeitpunkt über ein leicht zugängliches Absperrventil für das Wasser. Die Desinfektionsanlage war nach Öffnen der Heizkörperverkleidung separat absperrbar. Diese steht nach den Ausführungen des Sachverständigen auch unter ständigem Wasserdruck. Kommt es zu einem Rohrbruch, treten nicht unerhebliche Mengen Wasser von 3 bis 6 Kubikmeter pro Stunde aus.
Nachträglich wurde dann auch eine zentrale Absperrung für die Praxis, die mit einem Magnetventil über einen Schlüsselmechanismus geöffnet und geschlossen werden kann, montiert. In Anbetracht der Gefahr eines großen Wasserschadens gerade bei längerer Abwesenheit, kann von einem Zahnarzt erwartet werden, dass jedenfalls bei längerer urlaubsbedingter Abwesenheit oder übers Wochenende entsprechende Sicherungsmaßnahmen getroffen werden, um größere Schäden, sei es durch nicht haltende Schläuche, nicht mehr dichte Rohre (Verschleiß) oder aufgrund etwaiger Montagefehler, nach Möglichkeit zu vermeiden. Insofern geht das Gericht davon aus, dass gerade auch Zahnärzte langfristige Praxisschließungen durch Wasserschäden grundsätzlich verhindern wollen, dies auch im Interesse ihrer Patienten.
Insofern hat der Sachverständige hier auch ausgeführt, dass jedenfalls einige Zeit vor dem endgültigen Abreißen des Rohrs von der Muffe Wasser ausgelaufen sei. Ohne die längere urlaubsbedingte Abwesenheit hätte so bei normalem Praxisbetrieb mit großer Wahrscheinlichkeit bereits das leicht auslaufende Wasser hinter der Heizungsverkleidung aus der Desinfektionsanlage bemerkt werden können. Letztlich kann der genaue zeitliche Ablauf aber dahingestellt bleiben. Vorliegend kommt es darauf an, dass die Wasserzufuhr auch bei einer dreiwöchigen Urlaubsabwesenheit mit Praxisschließung nicht abgestellt war, obwohl jedem vernünftigen Zahnarzt in Anbetracht der vorhandenen unter Wasserdruck stehenden Leitungen hätte klar sein müssen, dass das Wasser mindestens bei längerer Abwesenheit zur Vermeidung größerer Wasserschäden abgestellt werden muss, auch ohne besondere Sicherungsvorschriften oder sonstige Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. Darauf, ob die Klägerin mit ihrem VN entsprechende Sicherungsvorschriften wirksam vereinbart hat, kommt es deshalb hier nicht an.
Dabei wiegen nach Beurteilung des Gerichts die Pflichtverletzungen von beiden Seiten etwa gleichschwer. Die Beklagte hat, wie oben ausgeführt, das Rohr nicht richtig montiert, so dass es schließlich zu dem Wasserschaden kommen konnte. Der Versicherungsnehmer der Klägerin hat das Wasser nicht abgestellt. Hätte er dies getan, wäre der Schaden jedenfalls nicht bei seiner längeren Abwesenheit eingetreten. Insofern wiegen die Pflichtverstöße etwa gleichwertig.
5.
Aus den vorgenannten Gründen ist auch der Feststellungsantrag (Hilfsantrag) unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 50 % gerechtfertigt.
6.
Die konkrete Schadenshöhe wird durch eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären sein.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Weitere prozessuale Nebenentscheidungen sind mangels Vollstreckbarkeit nicht angezeigt.