Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.11.2009, Az.: 8 LB 118/08

Auskunftspflichtigkeit jedes Gewerbetreibenden nach der Handwerksordnung (HwO) im Hinblick auf Anhaltspunkte bzgl. des Betreibens eines eintragungspflichtigen Handwerksbetriebs; Handwerkskammer als Aufsichtsbehörde oder Verfolgungsbehörde

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.11.2009
Aktenzeichen
8 LB 118/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 29571
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2009:1112.8LB118.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 04.07.2008 - AZ: 11 A 4598/07
nachfolgend
BVerwG - 15.12.2010 - AZ: BVerwG 8 C 49.09

Fundstellen

  • DVBl 2010, 129
  • DÖV 2010, 237
  • GewArch 2010, 84-86

Amtlicher Leitsatz

Nach § 17 Abs. 1 HwO auskunftspflichtig ist - unabhängig von seinen persönlichen Voraussetzungen - weiterhin jeder Gewerbetreibende, bei dem Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er einen in die Handwerksrolle eintragungspflichtigen Handwerksbetrieb innehat.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Auskunftspflicht des Klägers nach § 17 Abs. 1 HwO.

2

Der 1961 geborene Kläger meldete zum Mai 1999 unter dem Firmennamen "Team Zweirad und Sport" den "Handel mit Zweirädern und Zubehör jeder Art, neu oder gebraucht, Renndienst, Betreuung für Motorradsportler" an. Die Beklagte überprüfte im April 2007 die Eigendarstellung des Klägers im Internet. Nach einem Ausdruck vom 27. April 2007 warb der Kläger u.a. damit, "Beratung, Service, Verkauf - alles aus einer Hand" anzubieten. Auf seiner homepage bezeichnet sich der Kläger als "Kaufmann, Fachrichtung Zweiradhandel".

3

Die Beklagte sah darin hinreichende Anhaltspunkte für die Ausübung einer Tätigkeit im zulassungspflichtigen Zweiradmechanikerhandwerk (vgl. Anlage A Nr. 17 zu § 1 Abs. 2 HwO). Sie forderte den Kläger deshalb am 2. Mai 2007 auf, zur Überprüfung den anliegenden Fragebogen auszufüllen. Der Kläger erwiderte, dass er innerhalb kürzester Zeit hochwertiges Zubehör sowie Ersatzteile für Fahrräder und Motorräder beschaffe und verkaufe. Soweit jedoch Tätigkeiten, die das Mechanikerhandwerk erforderten, nachgefragt würden, verweise er auf einen eingetragenen Meisterbetrieb. Er erfülle die persönlichen Vorraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle selbst nicht und habe auch keinen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung oder einer Ausnahmebewilligung gestellt. Er sei deshalb nicht (weitergehend) auskunftspflichtig.

4

Der Beklagten reichten diese Angaben nicht aus. Sie forderte den Kläger daher mit Schreiben vom 24. Mai 2007 nochmals auf, den übersandten Fragebogen auszufüllen, ergänzend die in seinem Betrieb ausgeführten Tätigkeiten an Zweirädern genau zu beschreiben und den kooperierenden Meisterbetrieb zu benennen. Andernfalls werde das zuständige Ordnungsamt eingeschaltet. Der inzwischen anwaltlich vertretene Kläger kam der Aufforderung aus den bereits genannten Gründen nicht nach.

5

Die Schreiben vom 2. und 24. Mai 2007 enthielten keine Rechtsbehelfsbelehrung.

6

Der Kläger hat am 20. September 2007 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und geltend gemacht, dass er zu weitergehenden Auskünften nicht verpflichtet sei. Das habe das Bundesverfassungsgericht in einer (Kammer-)Entscheidung vom 15. März 2007 (1 BvR 2138/05) klargestellt. Diese Entscheidung betreffe zwar vorrangig die Auslegung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 HwO, d.h. den Umfang des Betretens- und Besichtigungsrechts der Handwerkskammer. Darüber hinaus sei aber auch die Reichweite des hier umstrittenen Auskunftsrechts nach § 17 Abs. 1 HwO geklärt und dieses Recht enger als bislang anerkannt gefasst worden. Wenn ein Gewerbetreibender nicht eintragungsfähig sei, bestehe auch keine Auskunftspflicht. Zur Erfüllung der Auskunftspflicht reiche deshalb die Angabe aus, die persönlichen Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle seien nicht gegeben. Die theoretische Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, rechtfertige keine weiteren Nachfragen.

7

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, es künftig zu unterlassen, von ihm Auskunft nach § 17 Abs. 1 HwO oder die Gestattung der Begehung zu verlangen, obwohl der Kläger nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist und/oder mangels formaler Voraussetzungen nicht einzutragen ist,

  2. 2.

    die Beklagte zu verpflichten, für jeden einzelnen Verstoß gegen die Unterlassung an den Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 11.000 EUR zu bezahlen,

  3. 3.

    die Bescheide vom 2. und 24. Mai 2007 aufzuheben.

8

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie vertritt die Ansicht, dass auch mit Blick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch Raum für ein Auskunftsbegehren der Handwerkskammer bleiben müsse und bleibe. Anders könne eine Handwerkskammer die allein ihr obliegende Aufgabe nicht erfüllen, die Handwerksrolle ordnungsgemäß zu führen und die Betroffenen hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen zu beraten. Allein die fehlende Bereitschaft, sich eintragen zu lassen, führe deshalb nicht zum Wegfall der Auskunftspflicht. Das könne allenfalls dann der Fall sein, wenn die persönlichen Vorraussetzungen für eine Eintragung offensichtlich fehlten. Das sei vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil der Kläger angesichts seines Alters ggf. die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 HwO erfülle, dies jedenfalls nicht offensichtlich auszuschließen sei. Der Kläger habe sich durch seine früheren Werbeaussagen auch als Inhaber eines Vollhandwerksbetriebes dargestellt und deshalb Anlass zu den hier umstrittenen Nachfragen gegeben.

10

Der nach der mündlichen Verhandlung erklärten Rücknahme der Anträge zu 1) und 2) hat die Beklagte widersprochen.

11

Das Verwaltungsgericht - Einzelrichterin - hat die Klage mit Urteil vom 4. Juli 2008 hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) abgewiesen und ihr hinsichtlich des hier noch streitigen Anfechtungsbegehrens entsprochen. Das Schreiben vom 24. Mai 2007 sei als Verwaltungsakt anzusehen, der sich nicht erledigt habe, aber rechtswidrig und deshalb aufzuheben sei. Der Kläger müsse die von der Beklagten mit Bescheid vom 24. Mai 2007 erbetene weitergehende Auskunft nicht erteilen. Denn nach der zuvor zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei auch§ 17 Abs. 1 HwO in Abweichung von der bislang herrschenden Ansicht einschränkend so zu verstehen, dass zu den "einzutragenden" und deshalb auskunftspflichtigen Gewerbetreibenden nicht gehöre, wer die persönlichen Eintragungsvoraussetzungen nicht erfülle. Demnach sei der Kläger nicht (mehr) auskunftspflichtig. Er sei weder Meister des Zweiradmechanikerhandwerks noch habe er einen Antrag nach § 7b oder § 8 HwO gestellt. Beides sei der Beklagten bekannt gewesen, als sie den Kläger mit Schreiben vom 24. Mai 2007 um weitere Auskünfte gebeten habe.

12

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Beklagte trägt ergänzend vor, dass nach dem Sinn und Zweck der Auskunftspflicht nicht nur auf die persönlichen Voraussetzungen des Betriebsinhabers selbst abzustellen sei. Denn zu den (vom Amts wegen) "einzutragenden" und deshalb nach § 17 Abs. 1 HwO auskunftspflichtigen Gewerbetreibenden gehöre jedenfalls auch, wer als Inhaber eines Vollhandwerksbetriebes einen hinreichend qualifizierten Betriebsleiter beschäftige. Im Übrigen erfülle der Betriebsinhaber seine Auskunftspflicht nur durch einzelfallbezogene Auskünfte zu seinem Betrieb, zu seiner Qualifikation und der Qualifikation von eventuellen Mitarbeitern und nicht schon durch die pauschale Angabe, nicht die Eintragungsvoraussetzungen zu erfüllen und keinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung stellen zu wollen.

13

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 11. Kammer (Einzelrichterin) - vom 4. Juli 2008 zu ändern, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15

Er hält an seiner Ansicht fest, dass sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch auf die Auslegung des Absatzes 1 des§ 17 HwO beziehe und danach nicht vorrangig nach den ausgeübten Tätigkeiten, d.h. nach der Eintragungspflicht, sondern nach den persönlichen Voraussetzungen, d.h. nach der Eintragungsfähigkeit, zu fragen sei. Sei der Betriebsinhaber - wie hier der Kläger - oder der Betriebsleiter nicht eintragungsfähig, so bestehe keine (weitere) Auskunftspflicht.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte A verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist insgesamt abzuweisen. Die Anfechtungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

18

Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 17.8.1995 - 8 M 2926/95 - GewArch 1996, 75, sowie nachfolgend Urt. v. 17.3.1997 - 8 L 1143/96 -) zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den Schreiben vom 2. und 24. Mai 2007 um - mit der Anfechtungsklage nach§ 42 VwGO angreifbare -Verwaltungsakte (vgl. auch VGH München, Urt. v. 25.3.1999 - 22 B 98.1746 -, [...]), in denen der Umfang des gesetzlichen Auskunftsanspruchs nach § 17 Abs. 1 HwO einzelfallbezogen festgestellt wird. Maßgeblich ist dabei der Bescheid in der Fassung vom 24. Mai 2007, in dem das Auskunftsbegehren nochmals erweitert worden ist. Da beiden Bescheiden eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt war, ist die Klage am 20. September 2007 rechtzeitig erhoben worden (§ 58 Abs. 2 VwGO).

19

Der Bescheid vom 24. Mai 2007 hat sich nicht erledigt. Eine Erledigung (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, § 43 Abs. 2 VwVfG) tritt ein, wenn der Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen (BVerwG, Beschl. v. 25. September 2008 - 7 C 5/08 -, NVwZ 2009, 122, m.w.N.). Die rechtlichen Wirkungen des Bescheides vom 24. Mai 2007 wären nur dann entfallen, wenn der Kläger die erbetenen Auskünfte vollständig erteilt hätte oder die Auskunft aus anderen Gründen offensichtlich nicht mehr erforderlich wäre. Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Kläger hat die mit Bescheid vom 24. Mai 2007 erbetenen Auskünfte ganz überwiegend bis heute nicht erteilt.

20

Die demnach zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Kläger ist nach § 17 Abs. 1 HwO auskunftspflichtig.

21

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 HwO sind die in der Handwerksrolle eingetragenen oder einzutragenden Gewerbetreibenden verpflichtet, der Handwerkskammer die für die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen erforderliche Auskunft über Art und Umfang ihres Betriebs, über die Betriebsstätte, über die Zahl der im Betrieb beschäftigten gelernten und ungelernten Personen und über handwerkliche Prüfungen des Betriebsinhabers und des Betriebsleiters, .d.h. über sachliche und persönliche Voraussetzungen für die Eintragung des Betriebs in die Handwerksrolle zu erteilen. Dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 HwO lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob sich die Auskunftspflicht vorrangig auf die sachlichen Voraussetzungen bezieht, d.h. auf die Klärung der Eintragungspflicht des Betriebs, oder auf die persönlichen Voraussetzungen, d.h. die Klärung der Eintragungsfähigkeit des Betriebsinhabers oder ggf. seines Betriebsleiters.

22

Diese Frage ist nicht schon mit gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG den Senat bindender Wirkung durch den Beschluss der 3. Kammer des 1. Senates des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 15.3.2007 -1 BvR 2138/05 -, GewArch 2007, 206 ff.) geklärt. Danach gebietet der Schutz der Wohnung (Art. 13 GG) eine restriktive Auslegung der in § 17 Abs. 2 HwO genannten Voraussetzungen für das Betretens- und Besichtigungsrecht der Handwerkskammer. Der verfassungsgerichtliche Beschluss bezieht sich also auf die Auslegung des § 17 Abs. 2 HwO (ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 10.2.2009 - 6 S 109/08 -, GewArch 2009, 246). Soweit das Bundesverfassungsgerichts in diesem Zusammenhang wegen der in § 17 Abs. 2 HwO erfolgten Bezugnahme auf die in § 17 Abs. 1 HwO "bezeichneten Zwecke" auch Ausführungen zur Reichweite des hier umstrittenen Auskunftsrechts der Handwerkskammer gemäߧ 17 Abs. 1 HwO gemacht hat, gehören die Ausführungen nicht zum tragenden Teil der Begründung. Es kann deshalb offen bleiben, ob Kammerbeschlüssen überhaupt Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG zukommen kann (vgl. BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 27.1. 2006 - 1 BvQ 4/06 -, BVerfGK 7, 229 ff. = NVwZ 2006, 586 ff.; Rennert, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 31, Rn. 70; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1321).

23

Die die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tragenden Überlegungen zu den in § 17 Abs. 2 HwO bezeichneten Voraussetzungen für das Betretens- und Besichtigungsrecht der Handwerkskammer lassen sich auch nicht ohne Weiteres auf das in § 17 Abs. 1 HwO geregelte, hier maßgebliche Auskunftsrecht der Handwerkskammer übertragen. Verfassungsrechtlich besteht insoweit eine unterschiedliche Ausgangslage, als § 17 Abs. 2 HwO zum Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) eng auszulegen ist, das Auskunftsrecht nach § 17 Abs. 1 HwO den Schutzbereich des Art. 13 GG aber nicht berührt. Auch einfach-rechtlich ist ein "Gleichlauf" der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 und des § 17 Abs. 1 HwO nicht geboten. Das Betretensrecht nach § 17 Abs. 2 HwO besteht "zu dem in Absatz 1 bezeichneten Zweck", also dem Wortlaut nach eben nicht unter den "in Absatz 1 bestimmten Voraussetzungen".

24

Bei der demnach gebotenen eigenständigen Auslegung des § 17 Abs. 1 HwO spricht Überwiegendes dafür, dass mit der bis zum angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ganz herrschenden Ansicht (vgl. die Nachweise im Beschluss des BVerfG, Rn. 31, sowie ergänzend VGH München, a.a.O.) zu den "einzutragenden" und deshalb auskunftspflichtigen Gewerbetreibenden weiterhin alle Gewerbetreibenden gehören, bei denen unabhängig von ihren persönlichen Voraussetzungen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie einen Betrieb mit einem zulassungspflichtigen Handwerk innehaben (im Ergebnis ebenso Maiwald, GewArch 2007, 208 ff.; Dürr, DVBl. 2008, 1356 ff.; Honig/ Knörr, HwO, Kommentar, 4. Aufl., 2008, § 17, Rn. 5; Schmitz, in: GewArch 2009, 237 ff., sowie in: Aberle/Schwannecke (Hrsg.), Die Deutsche Handwerksordnung, § 17 , Rn. 7 f.). Denn § 17 Abs. 1 Satz 1 HwO konkretisiert den Gegenstand der Auskunftspflicht näher und führt eben zunächst sachliche Voraussetzungen wie die Art und den Umfang des Betriebes, die Betriebsstätte sowie die Zahl der beschäftigten Personen, und erst danach die persönlichen Voraussetzungen des Betriebsinhabers und die eines etwaigen Betriebsleiters an. Wenn für die Auskunftspflicht vorrangig auf die persönlichen Voraussetzungen abzustellen wäre, so wäre eine entsprechend aufgebaute Regelung zu erwarten gewesen. Die Systematik des§ 17 HwO unterstreicht dieses Verständnis. Nach § 17 Abs. 4 HwO reichen als Grundlage für ein Auskunftsverlangen der Handwerkskammer gegenüber einem Telekommunikationsunternehmen ausdrücklich Anhaltspunkte dafür aus, dass der selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes ausgeübt wird. Hingegen wird nicht darauf abgestellt, ob der Gewerbetreibende die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle auch erfüllt, d.h. ob ein von Amts wegen in die Handwerksrolle einzutragendes Gewerbe ohne eine solche Eintragung ausgeübt wird. Das in § 17 Abs. 3 HwO ausdrücklich geregelte Auskunftsverweigerungsrecht deutet ebenfalls daraufhin, dass sich die Auskunftspflicht grundsätzlich auch auf Einzelheiten zu dem Gegenstand des Gewerbebetriebs bezieht. Schließlich sind nach § 17 Abs. 1 HwO auch die Inhaber eingetragener Gewerbebetriebe auskunftspflichtig. Die persönlichen Eintragungsvoraussetzungen sind hier schon geprüft und bejaht worden; es geht also - abgesehen von dem Sonderfall der Beschäftigung eines Betriebsleiters - insoweit nur um die Kontrolle, ob weiterhin sachlich noch ein zulassungspflichtiges Handwerk ausgeübt wird.

25

Wenn die Handwerkskammer hingegen nicht in erster Linie auf die sachlichen Voraussetzungen, d.h. auf die ausgeübte Tätigkeit, sondern vorrangig auf den Eintragungswillen des Betriebsinhabers abstellen müsste, würde die Auskunftspflicht des "einzutragenden" Gewerbetreibenden weitestgehend leer laufen. Zwar erfolgen Eintragungen in die Handwerksrolle nach § 10 Abs. 1 Alt. 2 HwO auch von Amts wegen; dies aber nur, soweit die dazu notwendigen Voraussetzungen auch schon vorliegen, also die personenbezogenen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1a, 2, 2a oder 9, § 50a HwO oder bei Handwerkern aus der ehemaligen DDR nach Maßgabe der Anlage zum Einigungsvertrag (vgl. Karsten, in: Aberle/Schwannecke, a.a.O., § 7, Rn. 85 ff.) gegeben sind. Dazu muss der Betriebsinhaber oder - leiter die Meisterprüfung oder eine ihr nach den aufgeführten Bestimmungen gleichwertige Prüfung erfolgreich abgeschlossen haben. Eine handwerksrechtliche Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung als Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle (§ 7 Abs. 3 und 7 HwO) wird hingegen nicht von Amts wegen erteilt.

26

Bei dem hier abgelehnten Verständnis des "einzutragenden" Gewerbetreibenden wären also nur diejenigen auskunftspflichtig, die bereits die Eintragungsvoraussetzungen erfüllen und von Amts wegen einzutragen sind. Für sie besteht jedoch in aller Regel gar kein Anlass, die Auskunft zu verweigern. Sie haben vielmehr grundsätzlich ein Eigeninteresse an der Eintragung in die Handwerksrolle.

27

#Diesem Verständnis des Auskunftsrechts nach § 17 Abs. 1 HwO steht auch nicht der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 15. März 2007 hervorgehobene Gesichtspunkt entgegen, dass eine Handwerkskammer nicht als staatliche Aufsichtsbehörde oder Verfolgungsbehörde tätig sei. Vielmehr bildet das Auskunftsrecht unmittelbar nur die Grundlage für die der Handwerkskammer nach § 6 HwO übertragene Aufgabe, die Handwerksrolle ordnungsgemäß zu führen. Stellt sie auf der Grundlage der ihr erteilten Auskünfte fest, dass ein Betrieb nicht eintragungspflichtig ist, so teilt sie dies dem Gewerbetreibenden mit. Kommt sie hingegen zu dem Ergebnis, dass eine Eintragungspflicht besteht, so wird sie beim Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen eine solche gemäß § 10 HwO von Amts wegen vornehmen, andernfalls beratend auf eine Legalisierung hinwirken, d.h. auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder etwa auf die Änderung der Betriebsstruktur. Eine auf die Feststellung der Eintragungspflicht bezogene Auskunftsbefugnis der Handwerkskammer bedingt also nicht gleichsam automatisch die Wahrnehmung kammerfremder staatlicher Überwachungsaufgaben.

28

Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen die Auskunftspflicht nach § 17 Abs. 1 HwO vorrangig auf die persönlichen Voraussetzungen beziehen würde, so würde es zur Erfüllung der Auskunftspflicht jedenfalls nicht ausreichen, pauschal auf das Fehlen der Eintragungsvoraussetzungen und den mangelnden Willen zu verweisen, eine handwerksrechtliche Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung zu beantragen. Da - wie ausgeführt - beim Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1a, 2, 2a oder 9, § 50a HwO oder des Einigungsvertrages (und natürlich der sachlichen Voraussetzungen) eine Eintragung in die Handwerksrolle von Amts wegen erfolgen kann, muss für den Wegfall der Auskunftspflicht zumindest feststehen, dass weder der Betriebsinhaber noch ein etwaiger Betriebsleiter über einen erfolgreichen Abschluss als Meister oder eine gleichgestellte Qualifikation verfügt. Es ist gerade Sinn und Zweck der Auskunftspflicht, der Handwerkskammer Gewissheit über das Vorliegen oder Fehlen der Eintragungsvoraussetzungen zu verschaffen. Von Amts wegen verfügt sie über die dazu notwendigen Informationen, etwa über alle im heutigen Bundesgebiet oder gar im Ausland abgelegten Meisterprüfungen oder gleichgestellte Qualifikationen, nicht. Dass derjenige, der über eine solche Befähigung verfügt, hierauf in der Regel von sich aus hinweist, reicht für den Ausschluss der Auskunftspflicht nicht aus. Vielmehr entfällt die Auskunftspflicht des Gewerbetreibenden erst, wenn diesem und seinem Personal die persönlichen Eintragungsvoraussetzungen zweifelsfrei fehlen (VGH Kassel, Beschl. v. 17.9.2008 - 9 A 1434/08 -, GewArch 2009, 247 f.).

29

Die Auskunftspflicht nach § 17 Abs. 1 HwO steht auch bei diesem Verständnis mit Verfassungsrecht in Übereinstimmung. Denn diese Pflicht belastet den Gewerbetreibenden in seiner nach Art. 12 GG geschützten Freiheit zur Ausübung des Berufes nur sehr geringfügig. Der Handwerkskammer steht kein milderes Mittel zur Verfügung, um die Handwerksrolle ordnungsgemäß zu führen. Mit einem Eingriff in die nach Art. 13 GG geschützte Wohnung ist die Auskunftspflicht nicht verbunden. Schließlich begrenzt schon § 17 Abs. 1 Satz 2 HwO ausdrücklich die anderweitige Nutzung der anlässlich der Auskunftserteilung angefallenen Informationen durch die Handwerkskammer und den damit verbundenen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Inwieweit solche Informationen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und/oder zur Einleitung eines Verfahrens zur Betriebsuntersagung weitergegeben werden dürfen, braucht vorliegend nicht geklärt zu werden (ablehnend BVerfG, Beschl. v. 15.3.2007, a.a.O., sowie Wolff, GewArch 2007, 231 f; unklar Detterbeck, HwO, Kommentar, 4. Aufl., § 17, Rn. 9; a. A. Dürr, DVBl. 2008, 1356, 1363 f., Schmitz, a.a.O., § 7, Rn. 15,). Anhaltspunkte für die Befürchtung, die Beklagte werde Daten gesetzeswidrig Wettbewerbern des Klägers zur Verfügung stellen, bestehen nicht und würden im Übrigen insoweit Unterlassungsansprüche begründen, aber kein Recht zur Auskunftsverweigerung.

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Gemessen an dem aufzeigten Maßstab sind die in dem Bescheid vom 24. Mai 2007 verlangten Auskünfte vom Kläger zu erteilen. Die Angabe des Klägers auf seiner Homepage, für Zweiräder "Beratung, Service und Verkauf aus einer Hand" anzubieten, gibt hinreichenden Anlass für die Vermutung, der Kläger könne sich eintragungspflichtig als Zweiradmechaniker betätigen. Die Beklagte durfte zu der danach erforderlichen Aufklärung nach den Einzelheiten der Betriebsführung fragen. Sie war nicht verpflichtet, sich (zunächst) auf Fragen zur persönlichen Qualifikation des Klägers oder eines etwaigen Betriebsleiters zu beschränken. Die gestellten Fragen hat der Kläger bislang nicht hinreichend beantwortet. Insbesondere ist bis heute offen geblieben, in welchem Umfang im Betrieb des Klägers tatsächlich Zweiräder repariert bzw. Inspektionen durchgeführt werden und wer dort arbeitet. Zum Umfang des fahrradbezogenen Betriebsteils hat sich der Kläger gar nicht geäußert. Damit ist unverändert nicht geklärt, ob der Kläger nun einen eintragungspflichtigen Handwerksbetrieb inne hat, sich auf den Handel und zulassungsfreie Dienstleistungen mit Zweirändern beschränkt oder zwar auch handswerksmäßig tätig ist, insoweit aber nur gemäß § 1 Abs. 2 HwO unwesentliche Tätigkeiten ausübt.

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Aus den Angaben des Klägers ergibt sich schließlich nicht einmal, dass er die persönlichen Eintragungsvoraussetzungen ersichtlich nicht erfüllt. Denn der Kläger hat nicht ausdrücklich erklärt, die Meisterprüfung nicht abgelegt zu haben und auch über keine i.S.d. § 7 HwO gleichwertige Qualifikation zu verfügen. Die pauschale Angabe, "nicht die persönlichen Eintragungsvoraussetzungen zu erfüllen", reicht dazu nicht aus. Außerdem fehlen auch Angaben über die etwaige Beschäftigung eines Betriebsleiters und dessen Qualifikation.