Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.05.2012, Az.: 1 K 110/10
Erforderlichkeit von Angaben über unentgeltliche Zuwendungen bei einem Ergänzungsbescheid
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 31.05.2012
- Aktenzeichen
- 1 K 110/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 29591
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2012:0531.1K110.10.0A
Rechtsgrundlage
- § 119 Abs. 1 AO
Fundstelle
- EFG 2012, 2181-2183
Amtlicher Leitsatz
Bei einem Ergänzungsbescheid erfordert § 119 Abs. 1 AO Angaben zur unentgeltichen Zuwendung selbst, zu deren Höhe und zum Jahr in dem sie erfolgte.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein vom Beklagten erlassener Ergänzungsbescheid nach § 278 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) rechtmäßig ist.
Die Klägerin ist seit ... 2003 mit E verheiratet und wurde seit dem Jahr 2003 zusammen mit ihm zur Einkommensteuer veranlagt. Zusammen haben sie drei zwischen 2003 und 2006 geborene Kinder.
Der Ehemann erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb .... Nach Aktenlage erzielte die Klägerin keine eigenen Einkünfte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 29. September 2006 erwarb die Klägerin das bebaute Grundstück ... in A für einen Kaufpreis in Höhe von 250.000 EUR.
Die Finanzierung erfolgte über zwei Darlehensverträge jeweils vom 10. Oktober 2006 mit der X-Bank über 180.000 EUR (. ...9591860) und über 70.000 EUR (. ...2441260). Den Vertrag über 180.000 EUR hatten die Klägerin und ihr Ehemann als Gesamtschuldner abgeschlossen, den Vertrag über 70.000 EUR nur der Ehemann. Die Tilgung der Darlehen sollte aus zu diesem Zweck gleichfalls am 10. Oktober 2006 abgeschlossenen Bausparverträgen erfolgen. In diesen ist jeweils (nur) der Ehemann als Bausparer angegeben.
Zudem erhielten die Klägerin und ihr Ehemann als Gesamtschuldner noch ein anfangs zinsloses Darlehen über 35.000 EUR von der N-Bank, das sie nach eigener Darstellung zur Finanzierung der Nebenkosten und der notwendigen Renovierungsarbeiten verwendeten. Das Darlehen sollte mit jährlich 2% getilgt werden.
Ausweislich einer Meldebescheinigung der Stadt A zogen die Klägerin und ihr Ehemann zusammen mit ihren drei Kindern am 3. November 2006 in das Haus in A.
Am 10. April 2008 erließ der Beklagte einen Vorauszahlungsbescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2008 gegen die Eheleute, in dem er vierteljährliche Vorauszahlungen in Höhe von 2.775 EUR Einkommensteuer und 102 EUR Solidaritätszuschlag festsetzte.
Am 9. Mai 2008 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2005 gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann, aus dem sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 13.519,94 EUR ergab.
Im November 2008 eröffnete das Amtsgericht A das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ehemannes.
Am 30. Dezember 2008 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2007 für die Klägerin und ihren Ehemann, aus der sich eine Nachzahlung in Höhe von 9.887,21 EUR ergab. Den Bescheid für den Ehemann sandte der Beklagte an den Insolvenzverwalter.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2008 beantragte die Klägerin eine Aufteilung der Steuerschulden rückwirkend seit dem Jahr 2003.
Daraufhin erließ der Beklagte am 19. Mai 2008 einen Aufteilungsbescheid gemäß § 279 AO für Einkommensteuer 2003, 2004, 2005, 2007 und 2008, in dem er ein Aufteilungsverhältnis von E 100%, Klägerin 0% ermittelte.
Mit Datum vom 9. September 2008 erließ der Beklagte gegen die Klägerin einen Ergänzungsbescheid zum Aufteilungsbescheid vom 19. Mai 2008 (künftig Ergänzungsbescheid), in dem er feststellte, dass außer dem im Aufteilungsbescheid bezeichneten Betrag von 0 EUR die Vollstreckung gegen die Klägerin wegen eines weiteren Betrages in Höhe von 82.488,07 EUR zulässig sei. Er führte aus, die Klägerin habe in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den noch Steuerrückstände bestünden, von ihrem Ehemann unentgeltliche Vermögensgegenstände zugewendet bekommen. Der gemeine Wert dieser Gegenstände betrage mindestens 82.488,07 EUR. In Höhe dieses Betrages könne die Klägerin für die anteilige rückständige Steuer, über den Betrag hinaus, der im Aufteilungsbescheid bezeichnet sei, in Anspruch genommen werden. Der Klägerin seien folgende Vermögensgegenstände unentgeltlich zugewandt worden:
Bezeichnung der Gegenstandes | zugewendet am | Gemeiner Wert |
---|---|---|
Darlehn X-Bank Konto-Nr. ... 24412 60 | ||
Kreditnehmer E | 01.11.2006 | 70.000,00 EUR |
Darlehn X-Bank Konto-Nr. ... 95918 60 | ||
Kreditnehmer E und Klägerin | 01.11.2006 | 12.488,07 EUR |
Summe | 82.488,07 EUR |
Der Betrag von 82.488,07 EUR entspricht dem aus einer Rückstandsanzeige auf den 9. September 2008 für Einkommensteuer und Nebenabgaben 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006 und 2008.
Gegen den Ergänzungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein.
Sie führte aus, sie habe keine unentgeltliche Zuwendung von ihrem Ehemann erhalten. Soweit sie das Haus in A gekauft habe, valutierten alle Darlehen noch in voller Höhe und seien durch Bausparverträge gegenfinanziert. Zwar habe der Ehemann aus seinem Einkommen ... die Zinsleistungen und die Beiträge an die Bausparkasse aufgewendet. Die Klägerin führe im Gegenzug aber den Haushalt und versorge die drei kleinen Kinder der Familie. Diese Tätigkeiten einer Hausfrau und Mutter seien einer Vergütung bzw. einer geldwerten Leistung gleichzusetzen.
Mit Einspruchsbescheid vom 31. März 2010, abgesandt am 9. April 2010, nahm der Beklagte den Ergänzungsbescheid insoweit zurück, als er den Betrag von 30.086,65 EUR überstieg.
Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Er führte aus, die Klägerin habe mit Vertrag vom 29. September 2006 das Grundstück in A für einen Kaufpreis in Höhe von 258.505 EUR erworben. Da sie keine eigenen Einkünfte erzielt habe, werde unterstellt, dass der Erwerb des Grundstücks aus dem Vermögen des Ehemannes geleistet worden sei. Der Ehemann habe sämtliche Zinsleistungen und Beiträge an die Bausparkasse geleistet. Insoweit liege eine unentgeltliche Vermögenszuwendung vor.
Einer Inanspruchnahme der Klägerin stehe nicht entgegen, dass diese den Haushalt führe und die Kinder erziehe, betreue und versorge. Die Gewichtigkeit und der Wert dieser Arbeitsleistung werde nicht verkannt. Das im Zivilrecht entwickelte Rechtsinstitut der "unbenannten Zuwendung", wonach Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel keine Schenkung im Sinne des § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellten, schließe eine Unentgeltlichkeit im Sinne des § 278 Abs. 2 AO jedoch nicht aus. Als unbenannte Zuwendungen würden Zuwendungen unter Ehegatten bezeichnet, obwohl ihnen in der Regel besondere Motive (Ausgleich für geleistete Mitarbeit im Betrieb oder Führen des Haushalts, angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens und der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft) zugrunde lägen. Hierzu zähle auch die Erziehung und Betreuung der Kinder (BGH-Urteil vom 27. November 1991 IV ZR 164/90, BGHZ 116, 167, NJW 1992, 564). Anderenfalls würde die Norm des § 278 Abs. 2 AO bei Zuwendungen unter Ehegatten weitgehend leerlaufen und dies zu einer Privilegierung von Ehegatten führen. Der besondere Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebiete insoweit eine Privilegierung der Eheleute nicht.
Die Höhe der Vermögenszuwendung bemesse sich grundsätzlich nach dem gemeinen Wert des Grundstücks abzüglich der dinglichen Belastungen zuzüglich der Übernahme der laufenden Aufwendungen. Die Klägerin habe damit nicht nur in Höhe der Vermögenszuwendung von 43.505 EUR (Wert des Grundstücks 285.505 EUR abzüglich der übernommenen Belastungen 215.000 EUR) sondern auch in Höhe der durch den Ehemann übernommenen laufenden Aufwendungen für Vermögenszuwendungen die Vollstreckung zu dulden, und zwar mindestens in Höhe der hälftigen Zinszahlungen (4,96%) für das Darlehen von 180.000 EUR sowie der Grundsteuer von jährlich 300 EUR.
Die Zuwendung belaufe sich damit zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf mindestens
Zuwendung Kaufpreis | 43.505 EUR |
---|---|
Zinsaufwand bis 31.03.2010 (40 Monate) | 14.880 EUR |
Grundsteuer bis 31.03.2010 (40 Monate) | 1.000 EUR |
= | 59.360 EUR |
In Höhe dieses Betrages habe die Klägerin die Vollstreckung wegen der nach der Aufteilung der Gesamtschuld auf den Ehemann entfallenden Schulden grundsätzlich zu dulden.
Die Einkommensteuerrückstände 2005, 2007 und 2008 einschließlich der Nebenleistungen betrügen zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nur noch 30.086,95 EUR. Der Ergänzungsbescheid sei daher entsprechend herabzusetzen.
Am 3. Mai 2010 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2008 für die Klägerin und ihren Ehemann, in dem er die Einkommensteuer auf 6.634 EUR und den Solidaritätszuschlag auf 0 EUR festsetzte. Abzüglich der bereits getilgten Beträge verblieb ausweislich der Abrechnung im Bescheid vom 3. Mai 2010 eine Forderung in Höhe von 1.084 EUR. Den Bescheid an den Ehemann übersandte er an den Insolvenzverwalter.
Am 12. Mai 2010 erhob die Klägerin die vorliegende Klage.
Im Klageverfahren nahm der Beklagte den Ergänzungsbescheid nach § 130 Abs. 1 AO insoweit zurück, als die Möglichkeit der Inanspruchnahme den Betrag von 29.712,80 EUR überstieg. Hierzu führte er aus, ihm sei bei Erlass des Einspruchsbescheides ein Rechenfehler unterlaufen. Die Einkommensteuerrückstände 2005, 2007 und 2008 einschließlich Nebenleistungen hätten zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht 30.086,65 EUR sondern 35.086,65 EUR betragen. Zudem hätten sich durch den Erlass des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 3. Mai 2010 die dem Ergänzungsbescheid zugrunde liegenden Rückstände für 2008 von 6.922,50 EUR auf 1.548,65 EUR verringert.
Mit den vorliegenden Klageverfahren begehrt die Klägerin die Aufhebung des Ergänzungsbescheides.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass sie von ihrem Ehemann keine finanziellen Zuwendungen erhalten habe, die bei ihr zu einer steuerrechtlich relevanten Anrechnung führen könnten. Den Hauskauf habe sie allein getätigt. Der Kaufpreis sei voll finanziert worden. Bei den vom Ehemann geleisteten Zinszahlungen handele es sich nicht um Schenkungen an die Klägerin, sondern um den Beitrag des Ehemannes zur Haushaltsführung und Aufrechterhaltung der Familie. Der Ehemann sei auch selbst Darlehensschuldner, so dass er nicht allein für eine fremde, sondern auch für eine eigene Verbindlichkeit Zahlungen geleistet habe. Tatsächlich habe die Klägerin auch keinen Vermögenszuwachs erhalten, denn ihre Schulden hätten sich tatsächlich nicht vermindert, da bisher keinerlei Tilgung erfolgt sei.
Der Ehemann habe aufgrund der gemeinsamen Absprache im Familienverbund die Kosten für die Wohnung mit seinem Arbeitseinkommen bestritten, während die Klägerin demgegenüber die drei Kinder betreut und erzogen und den Haushalt geführt habe. Da die Kinder noch klein gewesen seien, sei es der Klägerin auch nicht möglich gewesen, einer eigenen Berufstätigkeit nachzugehen, sodass sie auch keine finanziellen Leistungen für die Haushaltsführung habe erbringen können.
Der Beklagte habe auch eine unzutreffende Berechnung vorgenommen. Es sei von einem Kaufpreis in Höhe von 250.000 EUR zuzüglich Grunderwerbsteuer mithin von einem Betrag in Höhe von 258.505 EUR auszugehen. Dem seien die noch offenen Darlehen in Höhe von insgesamt 285.000 EUR gegenüberzustellen. Auch hieraus ergebe sich, dass die Klägerin keinen Vermögensvorteil erlangt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Ergänzungsbescheid vom 9. September 2008 in der Form des Einspruchsbescheides vom 9. April 2010 und des Änderungsbescheides vom 7. Mai 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
I.
Der vom Beklagten erlassene Ergänzungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Nach § 278 Abs. 2 AO kann ein Abgabenschuldner über den eigenen Anteil aus der Aufteilung einer Gesamtschuld hinaus belangt werden, wenn ihm von einer mit ihm zusammen veranlagten Person in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den noch Steuerrückstände bestehen, unentgeltlich Vermögensgegenstände zugewandt werden. Eines kollusiven Zusammenwirkens zum Nachteil des Abgabengläubigers bedarf es dabei nicht.
Die Regelung des § 278 Abs. 2 AO bezweckt, dem Vollstreckungsgläubiger eine Möglichkeit zur Vollstreckung in das Vermögen des Zuwendungsempfängers als Ausgleich dafür zu verschaffen, dass das Vermögen des Zuwendenden durch eine unentgeltliche Zuwendung gemindert worden ist. Dadurch soll eine Beeinträchtigung der Vollstreckungsmöglichkeiten durch eine Vermögensverschiebung zwischen Gesamtschuldnern i.S. von § 268 AO in den Fällen der Vollstreckungsbeschränkung nach § 278 Abs. 1 AO verhindert werden (BFH-Urteil vom 29. November 1983 VII R 22/83, BFHE 140, 138, BStBl II 1984, 287 [BFH 29.11.1983 - VII R 22/83]). Insbesondere regelt § 278 Abs. 2 AO einen Sonderfall der Anfechtung einer missbräuchlichen Vermögensverschiebung zwischen Ehegatten (BFH-Urteil vom 9. Mai 2006 VII R 15/05, BFHE 212, 428, BStBl II 2006, 738 [BFH 09.05.2006 - VII R 15/05]). Dabei wird im Gegensatz zur vergleichbaren Regelung in § 4 i.V.m. § 11 Anfechtungsgesetz der Zugriff nicht auf den zugewendeten Gegenstand selbst ermöglicht, sondern die persönliche Vollstreckungsbeschränkung des § 278 Abs. 1 AO wird hinsichtlich des gemeinen Wertes des empfangenen Vermögensvorteils aufgehoben. Damit soll einerseits dem Gläubiger der Zugriff auf den Wert des zugewendeten Vermögensgegenstandes erhalten bleiben, andererseits soll der Zuwendungsempfänger nur in dem Maß über die Vollstreckungsbeschränkung des § 278 Abs. 1 AO hinaus mit seinem Vermögen persönlich in Anspruch genommen werden können, in dem er tatsächlich einen Vermögenswert erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 2007 VII R 1/07, BFHE 220,11, BStBl II 2008, 543).
Zwar ist für die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers ein besonderer Bescheid grundsätzlich nicht erforderlich, ein auf § 278 Abs. 2 AO gestützter Bescheid, der Art und Umfang der Inanspruchnahme festlegt, ist aber zulässig. Für die Rechtmäßigkeit des Bescheids ist ohne Bedeutung, ob sein Erlass erforderlich war (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1983 VII R 22/83, BFHE 140, 138, BStBl II 1984, 287); er muss sämtliche Anforderungen für einen wirksamen und rechtmäßigen Verwaltungsakt erfüllen. Die Regelung eines Ergänzungsbescheides liegt darin, dass der Betrag bestimmt wird, bis zu dessen Höhe der Zuwendungsempfänger wegen des auf den Übergeber entfallenden Steueranspruchs die Vollstreckung zu dulden hat, und zugleich darin, dass die Behörde mit dem Bescheid zu erkennen gibt, dass sie die betreffenden Vermögensübertragungen nicht gelten lassen, das heißt für Zwecke der Vollstreckung "anfechten" will (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001, VII R 56/99, BStBl II 2002, 214).
Nach § 119 Abs. 1 AO muss ein Ergänzungsbescheid - wie jeder andere Verwaltungsakt - inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Danach muss der Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts diesem eindeutig entnommen werden können. Dabei kann der gesamte Inhalt des Verwaltungsakts einschließlich seiner Begründung zur Auslegung herangezogen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juli 1978 II B 50/77, BFHE 125, 312, [BFH 05.07.1978 - II B 50/77] BStBl II 1978, 542 [BFH 05.07.1978 - II B 50/77] und BFH-Urteil vom 22. November 1995 II R 26/92, BFHE 179, 177, BStBl II 1996, 162 [BFH 22.11.1995 - II R 26/92]). Ob ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2007 II B 15/07, [...]). Bei der Auslegung eines Verwaltungsakts kommt es grundsätzlich nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat. Maßgebend für die Auslegung ist vielmehr der objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Steuerpflichtige nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Beschluss 26. Juni 2007 V B 97/06, BFH/NV 2007, 1805 m.w.N.).
Um diesen Maßgaben gerecht zu werden, muss ein Ergänzungsbescheid die unentgeltliche Zuwendung, deren Höhe und das Jahr, in dem sie erfolgte, erkennen lassen. Er erfüllt seine Aufgabe, die Vermögensübertragung anzufechten und den Betrag zu bestimmen, bis zu deren Höhe der Verpflichtete die Vollstreckung zu dulden hat, nur, wenn er die unentgeltliche Zuwendung auch nach Jahr und Höhe konkretisiert. Geht es - wie im Streitfall - um Zuwendungen in verschiedenen Jahren, ist die Höhe der Zuwendungen für jedes Jahr gesondert anzugeben. Dies ist erforderlich, weil nach § 278 Abs. 2 AO der Jahresbetrag dafür maßgeblich ist, bis zu welchem Betrag die Vollstreckung für rückständige Steuern für diesen und frühere Veranlagungszeiträume zu dulden ist.
Darüber hinaus muss der Ergänzungsbescheid, wenn - wie vorliegend - Zuwendungen in verschiedenen Jahren Steuerrückständen aus Jahren vor, in und nach den Zuwendungen gegenüber stehen, eine Verknüpfung zwischen bestimmten Veranlagungszeiträumen und den Zuwendungen herstellen, die die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung wegen Rückständen gerade aus diesen Veranlagungszeiträumen begründen. Ein Ergänzungsbescheid trifft zwar keine Regelung darüber, in welcher Höhe tatsächlich Forderungen des Finanzamts bestehen und in welcher Höhe das Finanzamt tatsächlich vollstrecken darf, sondern nur, bis zu welcher Höhe eine solche Möglichkeit bestünde, wenn entsprechende Forderungen begründet wären (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23. Januar 2009 16 K 191/08, nicht veröffentlicht, [...]). Aus § 278 Abs. 2 AO ergibt sich aber, dass eine Vollstreckung nur hingenommen werden muss für Steuerrückstände aus Jahren vor oder aus dem Jahr in dem die Zuwendung erfolgte. Begründen nach Ansicht der Finanzbehörde Zuwendungen aus verschiedenen Jahren die Duldungspflicht, muss der Ergänzungsbescheid erkennen lassen, aufgrund welcher Zuwendung die Inanspruchnahme für welchen Veranlagungszeitraum erfolgen soll.
Diesen Anforderungen wird der Ergänzungsbescheid vom 9. September 2008 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 31. März 2010 und des Bescheides vom 7. Mai 2012 nicht gerecht. In diesem hat der Beklagte die Zuwendungen, ohne zeitliche Zuordnung bzw. nur mit jahresübergreifender Zuordnung angegeben sowie sämtliche Einkommensteuerrückstände 2005, 2007 und 2008 angesetzt, aber keine Verknüpfung zwischen Veranlagungszeiträumen und Jahresbeträgen der Zuwendungen vorgenommen.
1. Dem streitigen Ergänzungsbescheid sind die unentgeltlichen Zuwendungen und deren Jahresbeträge bereits nicht hinreichend klar zu entnehmen.
Der Tenor des angefochtenen Bescheides trifft insoweit keine Feststellungen. Er lautet in der Fassung des Bescheides vom 7. Mai 2012:
Zum Aufteilungsbescheid vom 19. Mai 2008 über Einkommensteuer wird festgestellt, dass außer dem dort bezeichneten Betrag von 0 EUR die Vollstreckung gegen die Klägerin wegen eines weiteren Betrags von 29.712,80 EUR zulässig ist.
Die fehlenden Angaben sind auch nicht im Wege der Auslegung unter Einbeziehung der Gründe sowohl des Ursprungsbescheides vom 9. September 2008 als auch des Einspruchsbescheides vom 31. März 2010 und des Änderungsbescheides vom 7. Mai 2012 eindeutig zu ermitteln.
a. Es ist bereits zweifelhaft, welche Lebenssachverhalte der Beklagte als unentgeltliche Zuwendung wertet.
Zwar führt er als zugewendeten Gegenstand im Bescheid vom 9. September 2008 das Darlehen über 70.000 EUR an. Im Einspruchsbescheid vom 31. März 2010 modifiziert er dies allerdings dahingehend, dass er ausführt, die Höhe der Vermögenszuwendung bemesse sich nach dem gemeinen Wert des Grundstücks abzüglich der dinglichen Belastungen. Eine derartige Ermittlung des Wertes der Zuwendung könnte jedoch nur dann von Bedeutung sein, wenn ein Grundstück zugewendet wird (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 2007 VII R 1/07, BFHE 220, 11, [BFH 11.12.2007 - VII R 1/07] BStBl II 2008, 543 [BFH 11.12.2007 - VII R 1/07]), vorliegend hat die Klägerin dieses jedoch von Dritten erworben.
Soweit im Bescheid vom 9. September 2008 von einem am 1. November 2006 zugewendeten Betrag in Höhe von 12.488,07 EUR ausgegangen wird, ist zudem die Zuwendung nicht erkennbar. In einer gemeinsamen Darlehensaufnahme als solcher liegt (noch) keine Zuwendung.
Zwar könnte der Einspruchsbescheid ggf. dahingehend zu verstehen sein, dass der (hälftige) Zinsaufwand für dieses Darlehen gemeint sein soll. Der Beklagte hat aber hier Zinsaufwand für 40 Monate bis 31. März 2010 angegeben. Selbst wenn man in den laufenden Zinszahlungen durch den Ehemann eine Zuwendung annehmen wollte, was der Senat - unter Hinweis auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom 10. Mai 2011 (12 K 287/10, EFG 2012, 270 zu einem etwas anders gelagerten Fall) - ausdrücklich offen lässt, könnten nur die tatsächlich vom Ehemann erfolgte Zahlungen erfasst werden. Nach der klägerischen Darstellung in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin jedoch ab Beginn des Insolvenzverfahrens des Ehemannes die Zinszahlungen selbst geleistet.
b. Der angefochtene Bescheid ist zudem bezüglich der Jahresbeträge der Zuwendungen unklar.
Während der Beklagte im Ausgangsbescheid vom 9. September 2008 zumindest in der Begründung noch die vermeintlichen Zuwendungen nach Höhe und Jahr angegeben hat, fehlen diese Angaben im Einspruchsbescheid. Dessen Tenor beschränkt sich unter Zurückweisung des Einspruchs im Übrigen auf die Herabsetzung des Betrags, dessentwegen die Vollstreckung geduldet werden soll. In den Gründen benennt der Beklagte nur einzelne Zuwendungen, die nicht die einzigen eines Jahres sind oder aber bezeichnet Dauersachverhalte, die sich über mehrere Jahre erstrecken. Jahresbeträge benennt er nicht. Aus dem Zusammenhang ergibt sich zwar, dass er als Zuwendung den Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin "aus dem Vermögen des Ehemannes" im Jahr 2006 ansieht, sowie die Zins- und Grundsteuerzahlungen des Ehemannes in den Jahren 2006 bis 2010. Die laufenden Zahlungen ordnet er jedoch nicht den jeweiligen Jahren zu, sondern nennt nur die Gesamtsumme für einen mehrere Jahre umfassenden Zeitraum. Das ist nicht ausreichend. Da die zeitliche Zuordnung der Zuwendungen für die Inanspruchnahme nach § 278 Abs. 2 AO von entscheidender Bedeutung ist, muss ein Ergänzungsbescheid in einem solchen Fall eindeutig angeben, wie sich die Zuwendungen auf die einzelnen Jahre verteilen.
Hinsichtlich der Höhe der angesetzten Beträge bestehen vorliegend zudem inhaltliche Bedenken. Wie bereits oben ausgeführt, ist die vom Beklagten vorgenommene Wertermittlung bezüglich der Position "Zuwendung Kaufpreis" nur zulässig bei Grundstückszuwendungen. Eine solche liegt hier aber gerade nicht vor. Zudem hat der Beklagte Zins- und Grundsteuerzahlungen bis 31. März 2010 erfasst, die Klägerin leistet nach ihrer Darstellung in der mündlichen Verhandlung aber seit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Ehemannes die Zahlungen selbst.
2. Der angefochtenen Bescheid lässt auch die erforderliche Verknüpfung zwischen der einzelnen Zuwendung und den Veranlagungszeiträumen, für die sie die Duldungspflicht der Klägerin begründen soll, vermissen.
Nach dem Wortlaut des streitigen Bescheides soll die Klägerin verpflichtet sein, bis zur Höhe von 29.712,80 EUR die Vollstreckung für sämtliche aufgeteilten Einkommensteuerrückstände zu dulden, und zwar unabhängig von dem Veranlagungszeitraum, aus dem die Rückstände stammen, und ohne Differenzierung nach den Jahren der Zuwendungen, also z.B. auch, wenn die Rückstände nur aus dem Veranlagungszeitraum 2008 stammen sollten.
Die erforderliche konkrete Zuordnung ergibt sich auch nicht unter Zugrundelegung der weiteren Ausführungen des Ergänzungsbescheides vom 9. September 2008 in der Form des Einspruchsbescheides vom 9. April 2010 und des Änderungsbescheides vom 7. Mai 2012.
a. Der ursprüngliche Bescheid vom 9. September 2008 lässt bereits nicht sicher erkennen, für die Abgabenrückstände welcher Jahre die Klägerin überhaupt in Anspruch genommen werden soll.
Zwar wird auf den Aufteilungsbescheid vom 19. Mai 2008 Bezug genommen, der die Einkommensteuer 2003, 2004, 2005, 2007 und 2008 betrifft. Dem Ergänzungsbescheid ist aber nicht eindeutig zu entnehmen, dass nur diese Veranlagungszeiträume betroffen sein sollen. Aufgrund der Betragsidentität ist davon auszugehen, dass der Beklagte die Klägerin für die Abgabenrückstände aus der Rückstandsanzeige vom 9. September 2008 in Anspruch nehmen wollte. In dieser Rückstandsanzeige sind aber auch Einkommensteuerschulden aus den Jahren 2001 und 2002 und keine aus dem Veranlagungszeitraum 2007 enthalten. Eine Inanspruchnahme für Steuerschulden aus den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 nach § 278 Abs. 2 AO scheidet aber schon deshalb aus, weil die Klägerin und ihr Ehemann erst im Jahr 2003 geheiratet haben, für diese Beträge nie Gesamtschuldner und die Rückstände auch nicht Gegenstand des Aufteilungsbescheides waren. Da der Beklagte in dem Bescheid vom 9. September 2008 nur von Zuwendungen im Jahr 2006 ausgeht, bräuchte ihretwegen eine Vollstreckung für Rückstände der Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 nicht geduldet zu werden.
b. Durch Angabe (nur) der Einkommensteuerrückstände 2005, 2007 und 2008 stellt der Beklagte in den Gründen des Einspruchsbescheides und des Änderungsbescheides zwar klar, dass er die Duldungsverpflichtung nur noch für die Steuerrückstände 2005, 2007 und 2008 aussprechen will. Eine Verknüpfung zwischen den Zuwendungen eines bestimmten Jahres und Steuerrückständen, aus diesem oder den vorangegangen Jahren, hat er aber auch hier nicht vorgenommen. Vielmehr stellt er die gesamten Zuwendungen den gesamten Steuerrückständen gegenüber. Die im Jahr 2006 erfolgten Zuwendungen dürfen jedoch nach § 278 Abs. 2 AO nicht für eine Inanspruchnahme für Steuerschulden aus den Jahren 2007 und 2008 herangezogen werden.
Aufgrund des fehlenden Ausweises der Zuwendungen je Jahr und der nicht erfolgten Zuordnung der Veranlagungszeiträume zu den Zuwendungen, die die Verpflichtung der Klägerin zur Duldung der Vollstreckung wegen Rückständen gerade aus diesen Veranlagungszeiträumen begründen, fehlt es dem angefochtenen Ergänzungsbescheid an einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit im Sinne des § 119 Abs. 1 AO. Er war daher aufzuheben.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).