Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 05.04.2022, Az.: Not 6/21
Disziplinarische Ahndung von Verstößen eines Notars gegen das Anscheinsverbot gemäß § 14 Abs. 3 BNotO; Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch Überlassung von Schriftproben an einen Schriftsachverständigen; Höhe der Geldbuße bei mehreren Verstößen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.04.2022
- Aktenzeichen
- Not 6/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 69683
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs. 1 BNotO
- § 14 Abs. 3 BNotO
- § 18 Abs. 1 BNotO
- § 97 Abs. 1 Nr. 2 BNotO
Redaktioneller Leitsatz
1. Ein Notar verstößt gegen das Anscheinsverbot des § 14 Abs. 3 BNotO, wenn er bei Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages ohne sachlichen Grund das Angebot des Käufers und dessen Annahme getrennt beurkundet.
2. Es verstößt ebenfalls gegen das Anscheinsgebot, wenn der Notar ein Testament beurkundet, das einen Verein zum Erben einsetzt, dessen Vorsitz sein Sohn führt.
3. Ein Notar, der einem von ihm beauftragten Schriftsachverständigen Schriftproben von einem Urkundsbeteiligten überlässt, die ihm dienstlich anvertraut worden sind, verstößt gegen seine sich aus § 18 Abs. 1 BNotO ergebende Verschwiegenheitspflicht.
4. Hat der Notar mehrere der so beschriebenen Pflichtverletzungen begangen, ist er andererseits aber disziplinarisch noch nicht in Erscheinung getreten, so ist eine Geldbuße i.H.v. 5000 € angemessen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine ihm mit Disziplinarverfügung der Beklagten auferlegte Geldbuße in Höhe von 5.000 €.
1. Seit dem ... bzw. dem ... ist der Kläger als Rechtsanwalt zugelassen (Amtsgericht X. und Landgericht X.). Am ... wurde er zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts Celle mit dem Amtssitz in X. bestellt. Seine beruflichen Tätigkeiten übt der Kläger in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit seiner Ehefrau, der Rechtsanwältin und Notarin ... aus.
Die Zahl der Beurkundungen des Klägers belief sich im Jahr 2016 auf 784, im Jahr 2017 auf 601, im Jahr 2018 auf 762 und im Jahr 2019 auf 799 Vorgänge.
Disziplinarrechtlich ist der Kläger bislang nicht in Erscheinung getreten.
2. Der hier streitgegenständlichen Disziplinarverfügung vom 24. September 2020 liegen die folgenden Sachverhalte zugrunde:
a) In zwei Fällen beurkundete der Kläger Willenserklärungen von Immobiliengesellschaften, mit denen diese das zuvor gleichfalls von dem Kläger beurkundete Angebot jeweils zweier natürlicher Personen zum Erwerb u.a. von Sondereigentum an einem Pflegeapartment annahmen. Die Gesellschaften wurden jeweils nicht durch einen ihrer Mitarbeiter, sondern auf der Grundlage einer entsprechenden Vollmacht durch eine Mitarbeiterin des Klägers vertreten.
aa) Am 3. August 2016 beurkundete der Kläger zu seiner UR-Nr. ...8/2016 das Kaufangebot zweier in L. wohnhafter Eheleute. Die Annahmeerklärung der in X. ansässigen, im Termin durch eine Mitarbeiterin des Klägers vertretenen Verkäuferin - einer GmbH & Co. KG - beurkundete der Notar zu seiner UR-Nr. ...9/16 am 5. August 2016. Die Vollmacht hatte der Notar am 3. Mai 2016 beurkundet (UR-Nr. ...4/2016).
bb) Am 7. März 2017 beurkundete der Kläger zu seiner UR-Nr. ...6/2017 das Kaufangebot eines in N. wohnhaften Ehepaares. Die Annahmeerklärung der in O. ansässigen Bauträgergesellschaft mit beschränkter Haftung beurkundete der Kläger am 21. März 2017 zu seiner UR-Nr. ...9/2017. Die Verkäuferin wurde vertreten durch eine Notarmitarbeiterin des Klägers aufgrund einer von dem Kläger am 13. Januar 2017 beurkundeten Vollmacht (UR-Nr. ...5/2017).
b) Am 6. April 2017 beurkundete der Kläger zu seiner UR-Nr. ...0/2017 ein Testament des Herrn K.-D. E. (nachfolgend: Erblasser) in dessen Wohnung in X. Unter Widerruf aller bisher errichteten Testamente setzte der Erblasser den gemeinnützigen Verein ... e. V. (nachfolgend: Verein) mit Sitz in X. zu seinem Erben ein. Der Kläger, seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen Söhne waren mit dem Verein in mehrfacher Hinsicht persönlich und räumlich (Vereinssitz) verbunden.
aa) Der Verein wurde am 4. Dezember 2015 gegründet. An der Gründungssitzung nahmen zehn Personen teil, hierunter der Kläger, seine Ehefrau Rechtsanwältin und Notarin ... sowie die gemeinsamen Söhne A und B. Der Verein wurde unter der Nummer VR...8 in das Vereinsregister des Amtsgerichts X. - Registergericht - eingetragen. Bis Juli 2017 erhöhte sich die Zahl der Mitglieder auf insgesamt 19, hierunter der Kläger und dessen vorgenannte Familienangehörige.
bb) Gemäß § 9 der Vereinssatzung bilden die Mitgliederversammlung und der Vorstand die Organe des Vereins. Die Mitgliedschaft in einem Organ ist ehrenamtlich.
Nach § 10 der Vereinssatzung setzt sich der Vorstand zusammen aus dem 1. Vorsitzenden, dem 2. Vorsitzenden, dem Schatzmeister und dem Schriftführer, zu wählen jeweils auf ein Jahr. Der Verein wurde ursprünglich vertreten durch den 1. Vorsitzenden allein, bei dessen Verhinderung durch den 2. Vorsitzenden gemeinsam mit dem Schatzmeister oder dem Schriftführer. Ausweislich der Eintragung in Spalte 4 des Vereinsregisters wurde in der Mitgliederversammlung vom 13. August 2017 eine Änderung der Vertretungsregelung dahin beschlossen, dass der 1. Vorsitzende und der 2. Vorsitzende den Verein allein vertreten; der Schatzmeister und der Schriftführer vertreten den Verein gemeinsam.
Auf die Regelung des § 12 der Satzung "Pflichten, Rechte und Aufgaben des Vorstandes" wird ergänzend Bezug genommen.
Gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung haben sämtliche Mitglieder der Mitgliederversammlung eine Stimme. Beschlussfassungen erfolgen nach § 15 Abs. 3 der Satzung grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit.
cc) In den ersten Vorstand des Vereins nach Gründung gewählt wurden die Söhne des Klägers A (1. Vorsitzender) und B (Schatzmeister) sowie die Ehefrau des Klägers (Schriftführerin). Die von dem 1. Vorsitzenden unterzeichnete Anmeldung des Vereins in das Vereinsregister vom 4. Dezember 2015 bezeichnete die Anschrift B. 33, ... X., als Anschrift des Vereins. Hierbei handelte (und handelt) es sich um die Kanzleianschrift des Klägers und seiner Ehefrau.
Die Mitgliederversammlungen des Vereins wurden an wechselnden Lokalitäten abgehalten, so u.a. am 22. Dezember 2015, am 8. Juli 2016 und am 18. September 2016 in den Kanzleiräumen des Klägers und seiner Ehefrau. Die Anschrift "B. 33, ... X." war in den Einladungen zu den vorgenannten Versammlungen, welche u.a. an den Kläger gerichtet worden waren, als "Anschrift des Vereins" bezeichnet worden.
Nach Angabe des Klägers u.a. in dem hier zugrundeliegenden Disziplinarverfahren handele es sich insoweit ausschließlich um eine Postanschrift des Vereins. Dessen Sitz habe von an Anfang unter der Anschrift "..., ... X." bestanden. Bei dieser handelte (und handelt) es sich um die Wohnanschrift des Klägers und seiner Ehefrau. Das Amtsgericht X. - Registergericht - richtete in einer Registersache Ende 2016/Anfang 2017 Schriftverkehr mit dem Verein - z. H. von dessen 1. Vorsitzenden - an diese Anschrift.
dd) Unter dem 13. Januar 2017, dem 2. Februar 2017 und dem 22. Februar 2017 richtete die Ehefrau des Klägers in einer Eintragungsangelegenheit jeweils Schreiben an das Vereinsregister des Amtsgerichts X. Die Schreiben wurden jeweils unter dem Briefkopf der gemeinsamen Rechtsanwalts- und Notarsozietät verfasst. In dem Schreiben vom 13. Januar 2017 verwendete sie hierbei ihre Berufsbezeichnungen als Rechtsanwältin und Notarin. Das Schreiben vom 2. Februar 2017 setzte sie "als Schriftführerin des Vereins" und das Schreiben vom 22. Februar 2017 "als Vorstandsmitglied des Vereins" auf.
ee) Zum 14. März 2017 legte die Ehefrau des Klägers ihr Vorstandsamt als Schriftführerin nieder und schied aus dem Vorstand aus. Ein neuer Schriftführer wurde in der Mitgliederversammlung vom 9. April 2017 gewählt, welche gleichfalls in den Räumlichkeiten der Sozietät des Klägers abgehalten wurde. Die vorgenannten Änderungen wurden in das Vereinsregister eingetragen aufgrund Anmeldung durch den 1. Vorsitzenden vom 31. Juli 2017.
ff) Der Erblasser hatte am 14. September 2010 zu der UR-Nr. ...0/2010 ein Testament errichtet. Mit diesem hatte er seine Lebensgefährtin zur Erbin berufen und zugunsten seines Bruders eine Auflage zur Geldzahlung erteilt.
Dieses Testament änderte der Erblasser mit am 26. Januar 2017 von dem Kläger zu der UR-Nr. ...2/2017 aufgenommener Urkunde dahin, dass die Geldauflage ersatzlos wegfalle.
Die Lebensgefährtin des Erblassers verstarb am 31. März 2017 aufgrund eines von dem Erblasser verursachten Unfalls.
gg) Am 6. April 2017 beurkundete der Kläger an der Wohnanschrift des Erblassers zu seiner UR-Nr. ...0/2017 ein Testament des Erblassers. Mit diesem widerrief der Erblasser alle Verfügungen von Todes wegen, die er bisher errichtet hatte. Zu seinem Erben berief er "den gemeinnützigen Verein ... e. V. mit Sitz in X., B. 33, ... X.".
U. a. der so benannte Erbe war in dem von dem Kläger vorbereiteten Entwurf des Testaments noch nicht enthalten gewesen. Der Kläger ergänzte die Angaben handschriftlich im Verlauf der Beurkundung.
hh) Der Erblasser verstarb am 24. Mai 2017. Der Wert des Nachlasses belief sich auf ca. 4 Mio. €.
c) Der Kläger beauftragte ein graphologisches Gutachten zu der Frage der Echtheit der Unterschrift des Erblassers unter dem vorgenannten Testament. Dem aus seiner Urkundensammlung ausgewählten Vergleichsmaterial ließen sich teilweise Einzelheiten zu den Gegenständen und den Beteiligten des jeweils beurkundeten Geschäfts entnehmen.
aa) Mit Auftrag vom 19. Dezember 2017 holte der Kläger auf eigene Kosten das Gutachten des Schriftsachverständigen Dipl.-Graph. K. M. M. betreffend die Echtheit der Unterschrift des Erblassers unter dem Testament vom 6. April 2017 ein. Hintergrund war die in dem Nachlassverfahren, welches zwischen dem Verein und dem Bruder des Erblassers vor dem Amtsgericht Hildesheim - Nachlassgericht (Az. 9 VI 702/17) - geführt wurde, erhobene Behauptung, dass die Unterschrift unter dem Testament nicht von dem Erblasser stammen könne.
Neben der vollständigen Urkunde zu der UR-Nr. ...0/2017 stellte der Kläger dem Sachverständigen u.a. aus den Niederschriften zu den UR-Nrn. ...0/2010, ...2/2017, ...9(1)/2017 und ...7/2015 jeweils die letzte Seite mit der Unterschrift des Erblassers zur Verfügung.
Die letzte Seite der Urkunde Nr. ...0/2010 enthielt des Weiteren die Erbeinsetzung der Lebensgefährtin des Erblassers sowie die zugunsten seines Bruders ausgesprochene Auflage. Die Lebensgefährtin sowie der Bruder des Erblassers wurden namentlich benannt.
Aus der letzten Seite der Urkunde (wohl) Nr. ...2/2017 ergab sich ein inhaltlicher Bezug auf das vorgenannte Testament. Sie gab ferner Belehrungen des Klägers wieder. Der am Seitenende abgedruckte Dateipfad, unter dem der Vertragstext in der EDV des Klägers gespeichert war, enthielt u.a. die Schlagworte "Testament" und "Aufhebung einer Auflage".
Das Referenzmaterial aus der Urkunde Nr. ...7/2015 wies gleichfalls den Dateipfad der Speicherung aus. Diesem war zu entnehmen, dass es sich bei der Urkunde um einen Kaufvertrag handelte. Er benannte ferner den zweiten Urkundsbeteiligten namentlich.
bb) Der Sachverständige erstattete sein Gutachten unter dem 2. Januar 2018. In dem Gutachten werden u.a. die überlassenen Unterschriftenproben fotografisch abgebildet.
cc) Kurz zuvor, mit Schreiben vom 28. Dezember 2017, hatte der Kläger die Beklagte um Entbindung von der Schweigepflicht "gegenüber der Öffentlichkeit" ersucht. Auf Bedenken der Beklagten konkretisierte der Kläger sein Ersuchen zum einen dahin, dass er erwäge, gegen eine Presseveröffentlichung, der zufolge es sich "nie" werde aufklären lassen, ob bei der Beurkundung vom 6. April 2017 der Kläger dem Erblasser "den Stift geführt hat", Zivilrechtsschutz zu erlangen; zum anderen gehe es ihm um die Verwertung des in Auftrag gegebenen Gutachtens. Die Beklagte beantwortete das Ersuchen mit Verfügung vom 19. Januar 2018.
Vorab hatte die Beklagte den Kläger auf seinen Antrag hin mit Schreiben vom 13. Juli 2017 "gegenüber dem [Verein] hinsichtlich der Vorgänge um die Beurkundung des Testaments vom 06.04.2017 zur UR Nr. ...0/17, insbesondere zu der Frage der Testierfähigkeit/Geschäftsfähigkeit des Erblassers" von der Pflicht zur Verschwiegenheit befreit.
dd) Am 1. März 2018 wurde der Kläger vor dem Nachlassgericht als Zeuge vernommen. Er reichte das Gutachten zu der Gerichtsakte. Ferner händigte er den Vertretern des dortigen Antragstellers (des Vereins) und des dortigen Antragsgegners (des Bruders des Erblassers) Abschriften des Gutachtens aus.
3. Der Beklagte leitete aufgrund der beiden Vorgänge zur Beurkundung gesonderter Annahmeerklärungen vom 5. August 2016 und vom 21. März 2017, die ihr im Zuge der turnusmäßigen Geschäftsprüfung des Notars bekannt geworden waren, mit Verfügung vom 12. März 2018 gemäß § 17 BDG i. V. m. § 96 Abs. 1 BNotO ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein. Dieses dehnte sie mit Verfügung vom 26. September 2018 gemäß § 19 BDG i. V. m. § 96 Abs. 1 BNotO auf die Vorgänge um die Testamentserrichtung vom 6. April 2017 und das später eingeholte Sachverständigengutachten aus. Von diesen hatte sie im Wesentlichen aus ihr zugetragenen Informationen des Neffen des Erblassers und der örtlichen und überörtlichen Presseberichterstattung über den Erbfall sowie im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers vom 7. Juli 2017 auf Befreiung von der Pflicht zur Verschwiegenheit Kenntnis erlangt.
Der Kläger hat die dem Disziplinarverfahren zu Grunde liegenden tatsächlichen Umstände zwar im Kern nicht in Zweifel gezogen, sein Verhalten selbst jedoch nicht als pflichtwidrig bewertet.
Mit der angefochtenen Disziplinarverfügung vom 24. September 2020 (... SH I und II) hat die Beklagte dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung seiner Amtspflichten eine Geldbuße in Höhe von 5.000 € auferlegt. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf Bl. 204 ff. der Beiakten ... SH I und II Bezug genommen. Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass der Kläger im Zuge eines einheitlichen Dienstvergehens in insgesamt vier Fällen gegen seine Amtspflichten aus § 14 Abs. 1, Abs. 3 BNotO, § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO sowie aus § 18 Abs. 1 BNotO verstoßen habe.
Die Beklagte hat einen fahrlässigen Verstoß gegen § 14 Abs. 3 BNotO i. V. m. den Richtlinien der Notarkammer Celle unter A II Satz 4 lit. d in zwei Fällen anlässlich der Beurkundungen des Klägers zu den UR-Nrn. ...8/2016 und ...9/2016 sowie ...6/2017 und ...9/2017 angenommen. In den genannten Fällen sei ein sachlicher Grund für die Aufspaltung des Vertrages in Angebot und Annahme nicht ersichtlich. Vielmehr hätten die Mitarbeiterinnen des Klägers jeweils bereits bei den wenige Tage vor der Annahmeerklärung beurkundeten Kaufangeboten für die Verkäufergesellschaften auftreten können. Soweit der Kläger darauf hinweise, dass es den Verkäufern auf eine Annahmefrist von vier Wochen angekommen sei, um u.a. die Erwerber zu beurteilen, zeige die kurze Zeitspanne von nur zwei Tagen zwischen den Beurkundungen zu den Nrn. ...8/2016 und ...9/2016, dass eine solche Überprüfungsmöglichkeit für die Vertragsannahme ersichtlich keine Rolle gespielt habe. Hiervon sei auch in dem zweiten Fall auszugehen. Ein anderweitiger sachlicher Grund für die Aufspaltung sei jeweils nicht gegeben, insbesondere rechtfertige die örtliche Entfernung der Vertragsparteien sie nicht.
Im Hinblick auf die Beurkundung des Testaments vom 6. April 2017 und die anschließende Einholung eines Sachverständigengutachtens ist die Beklagte der Ansicht, dass der Kläger in zwei Fällen [gemeint wohl: in jeweils einem Fall] gegen seine Amtspflichten aus § 14 Abs. 1, Abs. 3 BNotO, § 18 Abs. 1 BNotO verstoßen habe. Ein Verstoß gegen Mitwirkungsverbote nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3-6, 9 BeurkG oder Ausschließungsgründe gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG, § 7 Nr. 3, § 27 BeurkG habe bzw. hätten sich hingegen nicht feststellen lassen.
Entgegen der Ansicht des Klägers sei ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BNotO nicht ausschließlich in solchen Konstellationen gegeben, hinsichtlich derer spezifische Tätigkeitsbeschränkungen des Notars gesetzlich verankert seien. Aus dem Vorhandensein derart spezifischer Regelungen in Gestalt von Tätigkeitsbeschränkungen könne daher nicht rückgeschlossen werden, dass von ihnen nicht erfasste Verhaltensweisen bei der Ausübung der notariellen Amtstätigkeit mit der allgemeinen Pflicht zu unabhängiger und unparteilicher Amtsführung von vornherein vereinbar seien. Bei der Frage, ob aus der maßgeblichen Sicht des objektiven, mit den konkreten Gegebenheiten vertrauten Beobachters ein unzulässiger Anschein der Abhängigkeit oder der Parteilichkeit entstehen könne, seien jedoch die in die gesetzlichen Tätigkeitsverbote und -beschränkungen eingeschlossenen gesetzgeberischen Wertungen über die mit der fraglichen Tätigkeit generell verbundenen Gefahren für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars zu berücksichtigen.
Bei der Beurkundung zu der UR-Nr. ...0/2017 habe der Kläger die gebotene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gewahrt. Die Erbeinsetzung des Vereins habe diesem unmittelbar, ferner den Söhnen des Klägers als vertretungsberechtigten Organmitgliedern des Vereins wenigstens mittelbar einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil gebracht. Denn die Söhne des Klägers könnten durch die finanzielle Ausstattung des Vereins nunmehr in einem größeren Umfang Flüchtlingsförderung öffentlichkeitswirksam betreiben. Zu beachten sei dabei, dass die gesamte Familie des Klägers als Gründungsmitglieder eine besondere Beziehung zum Fortbestand und zur weiteren Arbeit des Vereins habe. Gerade wegen dieser engen persönlichen Verbindung zu dem Verein und des mit dem Erbe verbundenen Vorteils entstehe für einen objektiven Beobachter der Eindruck, dass die Vornahme der konkreten Amtshandlung durch die Eigeninteressen des Notars und seiner Angehörigen geprägt sei. Verstärkt werde dieser Umstand dadurch, dass der vorbereitete Testamentsentwurf im Hinblick auf den Testamentserben noch offengeblieben und erst bei der Beurkundung ausgefüllt worden sei, auch wenn für eine unzulässige Einflussnahme durch den Kläger keine durchgreifenden Anhaltspunkte bestünden. Die Richtlinien der Notarkammer Celle sähen unter A. II Satz 1 gleichfalls vor, dass der Notar das Beurkundungsverfahren so zu gestalten habe, dass der Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit vermieden werde.
Betreffend das graphologische Gutachten unterfielen die Einzelheiten zu den Beurkundungsinhalten, die der Kläger dem Gutachter preisgegeben habe und die auch aus dem Gutachten hervorgingen, jeweils der Verschwiegenheitspflicht. Der Kläger habe als Notar keinen Anlass zur Einholung des Gutachtens gehabt. Auf ein die Verschwiegenheitspflicht überwiegendes Interesse an einer effektiven Verteidigung in einem Zivil- oder Strafverfahren könne er sich nicht berufen, zumal die einzelnen Angaben in dem Referenzmaterial durch Schwärzung hätten unkenntlich gemacht werden können. Die dem Kläger mit Verfügung der Präsidentin des Landgerichts X. vom 13. Juli 2017 erteilte Befreiung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit beziehe sich auf die Auseinandersetzung zwischen dem Bruder des Erblassers und dem Verein in dem Nachlassverfahren, befreie aber ersichtlich nicht von der Verschwiegenheitspflicht gegenüber an dem Nachlassverfahren nicht beteiligten Dritten. Für den Kaufvertrag zwischen dem Erblasser und einer Drittbeteiligten sei eine Befreiung ohnehin nicht erteilt worden.
Gegen die ihm am 25. September 2020 zugestellte Disziplinarverfügung hat der Kläger am 9. Oktober 2020 Widerspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2021 (Bl. 174 ff. der Beiakte ... SH IX), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, begründet.
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle hat mit Bescheid vom 5. März 2021 (... SH IX) den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen und sich bei der Bewertung der im Raum stehenden disziplinarrechtlichen Verstöße der Auffassung des Beklagten angeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids (Bl. 20 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen diesen - ihm am 11. März 2021 zugestellten - Widerspruchsbescheid hat der Kläger die am 7. April 2021 eingegangene Anfechtungsklage erhoben. Zur Begründung führt er aus, er sei nach wie vor der Ansicht, seine Amtspflichten als Notar nicht schuldhaft verletzt zu haben.
Der Notar vertritt in erster Linie die Rechtsauffassung, dass die Gebote der Unparteilichkeit und Redlichkeit die institutionelle Ausgestaltung des Notaramts sicherten; ob hieraus zudem den Notar unmittelbar verpflichtende Inhalte abzuleiten seien, bedürfe einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall. In diesem Sinne setze auch das Anscheinsverbot den Anschein eines Verstoßes gegen (irgend-)eine gesetzliche Pflicht voraus. Dies sei nur dann und insoweit der Fall, als es durch Satzungsbestimmungen der Notarkammer konkretisiert und dadurch hinreichend bestimmbar werde. Die Richtlinien der Notarkammer Celle enthielten keine Amtspflichten, gegen die der Kläger anlässlich der Testamentsbeurkundung verstoßen haben könne.
Die von der Beklagten angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung sei (auch) aus diesem Grund nicht einschlägig. Ohnehin sei der dortige Sachverhalt ganz anders gelagert. Wirtschaftliche Eigeninteressen seien bei der Beurkundung vom 6. April 2017 "unstreitig" ausgeschlossen gewesen.
Zudem sei § 14 BNotO - als Generalklausel - im Lichte der gesetzlichen Wertungen im Übrigen zu verstehen. Für das Beurkundungsverfahren seien die Pflichten des Beurkundungsgesetzes vorrangig und in der Regel abschließend. Die von der Beklagten angesprochenen potentiellen mittelbaren Vorteile - die der Kläger als solche in Frage stellt - reichten nicht aus, um ungeachtet der hier gerade nicht einschlägigen beurkundungsrechtlichen Tätigkeitsverbote und -beschränkungen einen Verstoß gegen § 14 BNotO zu tragen. Hiergegen sprächen auch vergleichbare öffentlich-rechtliche Regelungen, wie z.B. kommunalrechtliche Verbote einer Beteiligung von Gemeinderatsmitgliedern oder § 20 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, die stets einen realistische Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils voraussetzten. Hiervon sei vorliegend nicht auszugehen, nicht zuletzt angesichts der Ungewissheit einer (fortlaufenden) Wiederwahl seiner Söhne in die innegehabten Vorstandsämter sowie des fehlenden Öffentlichkeitsbedarfs eines gemeinnützigen Vereins, der sich, sobald er mit finanziellen Mitteln hinreichend ausgestattet sei, ganz auf die Sacharbeit konzentrieren könne.
Der Kläger wendet sich des Weiteren gegen die Auffassung der Beklagten, dass für die Einholung des Schriftgutachtens kein anerkennenswertes Interesse bestanden habe. Es habe dem Selbstschutz gegen die ihn angreifenden Presseveröffentlichungen gedient, auf denen offensichtlich auch das vorliegende Verfahren beruhe. Zu den medialen Angriffen gegen ihn führt der Kläger weiter aus. Er geht davon aus, dass die von ihm - wegen einer Befreiung von seiner Pflicht zur Verschwiegenheit - angerufene Dienstaufsicht der Einholung und Verwertung des Gutachtens "zugestimmt" habe. Zudem sei der Notar nach § 1 BNotO Teil der vorsorgenden Rechtspflege; er solle damit insbesondere die Entstehung von Streitigkeiten verhindern. Gerade dazu diene ein solches Gutachten, mit dem außerhalb von gerichtlichen Verfahren die Echtheit der Unterschrift belegt werde. Er, der Kläger, sei in dieser Hinsicht überobligatorisch tätig geworden.
Des Weiteren legt der Kläger der Beklagten zur Last, zur Unterstützung ihrer Vermutungen und Unterstellungen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen den "objektiven Beobachter" eingeführt zu haben. Mit diesem habe sie sehr vereinfacht ein in der Öffentlichkeit dargestelltes Bild begründet, welches in dieser vereinfachten Form und Zusammenfassung nicht zutreffe. Dies habe der Kläger ihr auch mit einer juristisch erheblichen differenzierten Argumentation aufgezeigt gehabt. Die Beklagte argumentiere "mehr aus der Öffentlichkeit heraus", "aus der Lektüre der überregionalen und regionalen Presseorgane, die völlig unzutreffenden und einseitigen Darstellungen zum Besten gegeben [hätten]". Vor dem Hintergrund fehle es für den Kläger "nun wirklich an der nötigen Unbefangenheit bei den Feststellungen der Begründung der Vorwürfe".
Ein weiterer verfehlter Begründungsansatz der Beklagten liegt nach Ansicht des Klägers darin, dass der von ihm vorbereitete Testamentsentwurf hinsichtlich der Erbenbenennung noch offengeblieben und erst bei der Testamentserrichtung ausgefüllt worden sei. Dies sei nun "der haltloseste Vorwurf überhaupt"; hierzu habe der Kläger schon in seinen vorprozessualen Stellungnahmen hinreichend ausgeführt.
Der Kläger führt weiter aus, er könne die Argumentation der Beklagten überhaupt nicht verstehen. Hierzu brauche man auch keinen objektiven Beobachter zu zitieren. Der objektive Beobachter müsse den Sachverhalt und die Rechtslage genau kennen, damit er beurteilen könne; dies umfasse auch die von ihm (dem Kläger) mit dem Erblasser anlässlich der Beurkundung geführten Gespräche über einen möglichen Erben. Der objektive Beobachter sei "mit Sicherheit nicht irgendein wie auch immer ausgebildeter Journalist, der im Interesse der Erreichung der Öffentlichkeit eine Story liefern will"; er gehe "schon gar nicht aus den Presseveröffentlichungen" hervor, die der Sohn des Erbprätendenten unermüdlich provoziert habe. Insgesamt lasse hier ein "gewisser Einfluss" der Verwandten des Erbprätendenten und der Presse nicht ausschließen, dass die objektive Aufklärung und auch die rechtliche Aufarbeitung "ein wenig beeinflusst" worden seien. Anhaltspunkte für Zweifel an der gebotenen Unvoreingenommenheit ihm gegenüber sieht der Kläger zudem in dem Widerspruchsbescheid vom 5. März 2021.
Nach Ansicht des Klägers bisher vielleicht viel zu kurz gekommen sei der Umstand, dass die Erbeinsetzung des Vereins eine "Abwehrverfügung" zur Vermeidung der gesetzlichen Erbfolge des Bruders des Erblassers gewesen sei. Nach Rückkehr aus den Osterferien des Klägers am 24. April 2017 sei "wiederholt von [dem Kläger] und mit ihm [gemeint wohl: dem Erblasser] eine Testamentsänderung nach dem Zeitraum zum Überlegen und zur Vorbereitung entsprechender Erbeinsetzungen angesprochen worden".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die Klageschrift (Bl. 18 f. d. A.) sowie auf die Schriftsätze vom 11. Juni und vom 15. September 2021 (Bl. 100 ff., 186 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt:
Die gegen den Kläger gerichtete Disziplinarverfügung der Beklagten vom 24. September 2020 (... SH I und II) wird ersatzlos aufgehoben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage gegen ihre Disziplinarverfügung vom 24. September 2020 abzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Disziplinarverfügung unter Verweisung auf den Inhalt dieser Verfügung sowie des Widerspruchsbescheids. Die Beklagte vertritt insbesondere weiterhin die Auffassung, der Kläger habe ungeachtet des Nichteingreifens eines beurkundungsrechtlichen Mitwirkungsverbotes oder Ausschließungsgrundes durch die Testamentsbeurkundung vom 6. April 2017 gegen § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BNotO verstoßen. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung statuiere § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO ein Anscheinsverbot, welches der Notar auch außerhalb von spezifischen Tätigkeitsverboten und -beschränkungen - unter Berücksichtigung der in diese eingeflossenen gesetzgeberischen Wertungen - zu beachten habe. Hier habe das Testament einen mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zugunsten der Söhne des Klägers begründet, weshalb nach höchstrichterlicher Rechtsprechung von einem Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BNotO auszugehen sei.
Den Vorwurf der fehlenden Gewährung rechtlichen Gehörs weist die Beklagte zurück.
In prozessualer Hinsicht ist die Beklagte der Ansicht, dass der Notar die Klage - wie im Übrigen auch schon den vorangegangenen Widerspruch - hinsichtlich der in zwei Fällen erfolgten getrennten Beurkundung von Angebots- und Annahmeerklärungen nicht begründet und das Rechtsmittel somit auf das Disziplinarmaß beschränkt habe. Die Klage sei auf einen abgrenzbaren Teil des - das einheitliche Dienstvergehen umfassenden - Streitgegenstands begrenzt worden; im Übrigen sei die Disziplinarmaßnahme (teil-)rechtskräftig geworden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Klageerwiderung (Bl. 159 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
Die auf Aufhebung der Disziplinarverfügung vom 24. September 2020 gerichtete - als Anfechtungsklage gemäß § 72 Abs. 1 VwGO zulässige und insbesondere fristgerecht gemäß § 74 VwGO eingereichte - Klage (vgl. § 99 i. V. m. § 96 BNotO) hat keinen Erfolg. Es besteht weder Anlass zur Abänderung der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe pflichtwidrigen Verhaltens zu seinen Gunsten noch zur Abmilderung der verhängten Disziplinarmaßnahme.
1. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist weder die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 24. September 2020 hinsichtlich eines Teils der - grundsätzlich als ein einheitliches Dienstvergehenden zu wertenden - Amtspflichtverletzungen des Klägers bereits in Rechtskraft erwachsen, noch ist die Klage auf das Disziplinarmaß beschränkt.
a) Den Streitgegenstand eines Disziplinarverfahrens bildet der Disziplinaranspruch des Dienstherrn gegen den Beamten bzw. hier den Notar als Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO). Der Disziplinaranspruch besteht, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird, d.h. der Notar die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und wenn dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Bei den Prüfungsgegenständen "Feststellung des Dienstvergehens" und "Bestimmung der Disziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiell-rechtliche Voraussetzungen des einheitlichen Disziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbständig geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2019 - NotSt (Brfg) 1/18, zitiert nach juris Rn. 41; BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16/10, zitiert nach juris Rn. 16 f.).
b) Anders kann es nur liegen, wenn das Rechtsmittel auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt ist (BGH a. a. O. a. E.). In diesem Fall wäre allerdings das Rechtsmittel nicht auf das Disziplinarmaß als solches beschränkt, sondern auf den Streitgegenstand im Übrigen bzw. die übrigen Teile desselben (und insoweit dann auch auf das Disziplinarmaß). Eine solche Beschränkung hat der Kläger hier nicht vorgenommen; er hat die von ihm eingelegten Rechtsbehelfe nicht lediglich teilweise eingelegt und begründet.
aa) Mit seinem Widerspruch vom 9. Oktober 2020 und dessen Begründung vom 21. Oktober 2020 hat der Kläger klar zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 24. September 2020 insgesamt wende und diese umfassend beseitigt wissen wolle. Hierin bezog er alle drei der in Rede stehenden Sachverhaltskomplexe ein, wie nicht zuletzt die auf Seite 2 der Widerspruchsbegründung vorangestellte Gliederung zeigte, mag auch der abschließende Vorbehalt einer (erst) nachträglichen Stellungnahme zu der gesonderten Beurkundung von Vertragsangebot und -annahme in zwei Fällen (Seite 11 der Widerspruchsbegründung) nachfolgend nicht realisiert worden sein. Das Gesetz macht dem Widerspruchsführer keinerlei Vorgaben zum Inhalt des Widerspruchsschreibens; für die Behörde muss lediglich erkennbar sein, dass und wogegen der Betreffende Widerspruch einlegen will (BeckOK-VwGO/Hüttenbring, Stand: 1.4.2020 § 70 Rn. 15). Diesen Mindestvoraussetzungen hat der Kläger hier genügt.
bb) Entsprechendes gilt für die Klagebegründung. Die auf Aufhebung einer Disziplinarverfügung gerichtete Anfechtungsklage muss nach §§ 96 Abs. 1 BNotO, 3 BDG i. V. m. § 82 Abs. 1 VwGO den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten; zudem sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben und die angefochtene Verfügung sowie der Widerspruchsbescheid in Abschrift beigefügt werden. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern, § 96 Abs. 1 BNotO, 3 BDG i. V. m. § 82 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens erfordert keine Bezeichnung des Streitgegenstandes im prozessualen Sinne; vielmehr genügt es, wenn sich aus dem Schriftsatz oder den eingereichten Unterlagen erkennen lässt, um was es dem Kläger geht. Ggf. ist der Gegenstand des Klagebegehrens durch Auslegung zu ermitteln (BeckOK-VwGO/Peters, Stand: 1.10.2021 § 82 Rn. 5; Eyermann/Hoppe, VwGO 15. Aufl. § 82 Rn. 7; Schoch/Schneider/Riese, VwGO 41. EL § 82 Rn. 21). Bei der Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Nichtbefolgung für den Kläger grundsätzlich sanktionslos bleibt (Schoch/Schneider/Riese a. a. O. Rn. 29).
Auch diesen Voraussetzungen hat der Kläger genügt. So hat er deutlich gemacht, gegen welchen Bescheid er sich mit welchem Klageziel wendet. Dieses Klageziel ist hier nur dann zu erreichen, wenn die Disziplinarverfügung umfassend aufgehoben wird. Zudem hat er zu dem Komplex um die gesonderte Beurkundung von Verkaufsangeboten und -annahmen in zwei Fällen zumindest die Anbringung eines falschen Rechtsprechungszitats gerügt und auch auf diese Weise die Einbeziehung des hiermit einhergehenden Vorwurfs einer Amtspflichtverletzung in seine Rechtsverteidigung zum Ausdruck gebracht.
2. Der Kläger hat in zwei Fällen gegen seine Amtspflicht aus § 14 Abs. 3 BNotO i. V. m. Abschnitt A I Satz 1, Satz 4 lit. d der Richtlinien der Notarkammer Celle verstoßen. Denn anlässlich der Beurkundungen zu seinen UR-Nrn. ...8/2016 und ...9/2016 einerseits sowie ...6/2017 und ...9/2017 andererseits beurkundete der Kläger zunächst jeweils nur die Angebote der Käufer, die Annahmeerklärungen hingegen erst zu einem späteren Zeitpunkt, obwohl in beiden Fällen eine bevollmächtigte Mitarbeiterin des Klägers den mit den Käufern durchgeführten Beurkundungstermin für die Verkäuferin hätte wahrnehmen und für diese die Vertragsannahme hätte erklären können. Im ersten Fall war zudem die Verkäuferin selbst ortsnah ansässig und ohne entfernungsbedingten Aufwand zur Terminswahrnehmung in der Lage. Diese Aufspaltung der Kaufverträge in Angebot und Annahme stellt sich jeweils als planmäßig und missbräuchlich dar.
a) Nach § 14 Abs. 3 BNotO hat sich der Notar durch sein Verhalten innerhalb und außerhalb seines Amtes der Achtung und des Vertrauens, die dem Notaramt entgegengebracht werden, würdig zu zeigen. Er hat jedes Verhalten zu vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erzeugt, insbesondere den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit. Die hier maßgeblichen, zu § 14 Abs. 3 BNotO ergangenen Berufsrichtlinien der Notarkammer Celle bestimmen dazu in Abschnitt A I Satz 1, Satz 4 lit. d, dass der Notar das Beurkundungsverfahren so zu gestalten hat, dass die vom Gesetz mit dem Beurkundungserfordernis verfolgten Zwecke erreicht werden, insbesondere die Schutz- und Belehrungsfunktion der Beurkundung gewahrt und der Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit vermieden wird; auf die Einhaltung dieser Grundsätze ist besonders zu achten bei systematischer Aufspaltung von Verträgen in Angebot und Annahme (vgl. BGH, Urteile vom 28. August 2019 - NotSt (Brfg) 1/18, zitiert nach juris Rn. 44; vom 14. März 2016 - NotSt (Brfg) 6/15, zitiert nach juris Rn. 18).
b) Zweck der sich hiernach ergebenden Verbote ist es, Gestaltungen des Beurkundungsverfahrens zu verhindern, durch die der Schutzzweck der notariellen Beurkundung ausgehöhlt oder die Durchsetzung bestimmter Vertragsbedingungen unter Vermeidung der Verhandlung mit dem Vertragspartner verfolgt wird und die deshalb den Eindruck entstehen lassen, dass der Notar nicht mehr unparteiisch und unabhängig ist. Unerheblich ist, ob die Aufspaltung in Angebot und Annahme auf den Empfehlungen des Notars beruhte. Ob eine atypische Verfahrensgestaltung dem Schutzzweck der notariellen Beurkundung zuwiderläuft, hängt nämlich nicht davon ab, ob sie vom Notar empfohlen oder aber - wie hier - dem unabhängig von einer Empfehlung geäußerten Wunsch eines Urkundsbeteiligten (oder eines Dritten) entspringt. Insbesondere im Hinblick auf den gemäß § 14 Abs. 3 BNotO zu vermeidenden Eindruck der Parteilichkeit oder Abhängigkeit des Notars ist es unerheblich, ob der Notar die atypische, missbräuchliche Gestaltung des Urkundsverfahrens selbst anregt oder an ihr "nur" mitwirkt (BGH, Urteile vom 28. August 2019 a. a. O.; vom 14. März 2016 a. a. O. Rn. 20).
c) Vorliegend ist davon auszugehen, dass die getrennten Beurkundungen der Angebots- und Annahmeerklärungen der Urkundsbeteiligten, die entweder ortsnah zum Kanzleisitz des Klägers wohnhaft bzw. ansässig waren oder zumindest auf einen über diese Ortsnähe verfügenden Vertreter zurückgreifen konnten, systematisch, mithin planmäßig und missbräuchlich, erfolgten (vgl. BGH, Urteile vom 28. August 2019 a. a. O. Rn. 46; vom 14. März 2016 a. a. O. Rn. 21). Denn der Kläger folgte dem Ansinnen einer Vertragsaufspaltung durch die annehmenden Verkäufer ohne kritische Prüfung im Einzelfall quasi "auf Zuruf" und zum einseitigen Nachteil der einen Immobilienerwerb anbietenden Käufer.
aa) Zwar geht die höchstrichterliche Rechtsprechung dann, wenn ein Verbraucher eine Immobilie vom Bauträger ausschließlich zum Zwecke der Kapitalanlage und/oder Steueroptimierung erwirbt, davon aus, dass die Vertragsaufspaltung in die vom sogenannten Zentralnotar zu beurkundende Erklärung des Verkäufers und die vom sogenannten Ortsnotar zu beurkundende Erklärung des Käufers häufig den berechtigten Interessen beider Parteien entsprechen und damit oftmals auch von einem sachlichen Grund getragen sein werde. Gebe bei Vorliegen eines sachlichen Grundes der "belehrungsbedürftigere" Käufer das Angebot ab, so sei hiergegen unter dem Gesichtspunkt des § 14 Abs. 3 BNotO i. V. m. den entsprechenden Regelungen der Richtlinien der Notarkammer grundsätzlich nichts einzuwenden (BGH, Urteil vom 14. März 2016 a. a. O. Rn. 21).
bb) Hier aber bedurfte es zum einen gerade nicht aus geografischen Gründen der Aufteilung des Beurkundungsvorgangs zwischen einem "Zentralnotar" und einem "Ortsnotar", um die Beurkundung mit einem für beide Parteien vertretbaren Aufwand durchführen zu können. Vielmehr stand der Kläger den Vertragsparteien - jedenfalls über eine wirksam bevollmächtigte Vertreterin, in einem Fall sogar unmittelbar - einheitlich als "gemeinsamer Notar" zur Verfügung.
Zum anderen hat der Kläger nicht im Einzelfall mit der gebotenen Kritikbereitschaft und Unvoreingenommenheit überprüft, ob ein (anderweitiger) sachlicher Grund für die Aufspaltung vorlag. Ein solcher war erkennbar zu verneinen. Im Ergebnis hat sich der Kläger damit über das Erfordernis eines sachlichen Grundes zum einseitigen Nachteil der Käufer hinweggesetzt (vgl. BGH a. a. O.).
(1) Seine Erläuterung, wonach die Immobiliengesellschaften die ihm angetragene Bitte um Aufspaltung des Beurkundungsvorgangs damit erklärt hätten, dass sie die vierwöchige Angebotsfrist der Kaufinteressenten für eine "Überprüfung" der Erwerber benötigten, war nicht tragfähig. Denn es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass bzw. aus welchem Grund die Verkäufer für eine "Überprüfung" der Erwerber darauf angewiesen gewesen sein sollten, dass letztere sich mittels eines notariell beurkundeten Angebots bereits - kostenträchtig - zum Kauf banden. Stattdessen konnten die Verkäuferinnen die persönlichen Daten, die für eine - wohl - Einschätzung der finanziellen Lage der Erwerber sowie eine etwaige weitergehende "Überprüfung" notwendig waren, entweder unmittelbar von den potentiellen Käufern selbst noch im Vorfeld der beabsichtigten Vertragsbeurkundung erfragen oder alternativ den (auch) ihnen (den Verkäuferinnen) zu übersendenden Vertragsentwürfen entnehmen.
Die fehlende Tragkraft der Begründung war für den Kläger klar zu erkennen. Dennoch hinterfragte er sie nicht. Anlässlich der Beanstandung durch die Beklagte im Zuge der notariellen Geschäftsprüfung erklärte er vielmehr, er sei davon ausgegangen, "dass die Gründe für die Aufspaltung auch in diesen beiden Fällen einer wohnortnahen Beurkundung vorliegen". Für diese Annahme ist kein Grund ersichtlich. Vielmehr geht diese Ansicht schon deshalb im Ansatz fehl, weil selbst beim Bestehen einer (deutlichen) räumlichen Entfernung zwischen den beiden Vertragsparteien nach dem Vorgesagten eine Vertragsaufspaltung nicht stets ohne Weiteres mit den notariellen Amtspflichten in Einklang steht, sondern dies lediglich "grundsätzlich" der Fall sei, weil die getrennte Beurkundung in diesen Fällen "häufig" den berechtigten Interessen beider Parteien entspreche und damit "oftmals" auch von einem sachlichen Grund getragen werde. Ein gleichsam "automatisch" zur Vertragsaufspaltung berechtigender sachlicher Grund ist damit selbst bei nennenswerter Ortsverschiedenheit der Parteien eines der Kapitalanlage dienenden Immobilienvertrages gerade nicht anzunehmen. Liegt - wie hier jedenfalls über die im Vorfeld eingeräumten Vollmachten - noch nicht einmal eine nennenswerte Ortsverschiedenheit der Vertragsparteien vor, erfordert die Frage einer Vertragsaufspaltung erst recht eine kritische Beurteilung des Notars. Diese hat der Kläger offensichtlich unterlassen.
(2) In der Folge wirkte der Kläger daran mit, dass die Erwerber sich notariellen Beurkundungskosten unterwarfen, die sich für den Fall, dass eine erst im Nachhinein angestellte - von den Kaufinteressenten nicht beeinflussbare - "Überprüfung" durch die Verkäufer aus deren Sicht negativ verlaufen sollte, als vergeblich erweisen würden. Gleichfalls ohne sachlichen Grund verhinderte er in diesem Zuge nicht, dass sich die Kaufinteressenten der - dem von ihm mitgestalteten Beurkundungsverfahren immanenten - Gefahr aussetzten, dass innerhalb der Angebotsbindungsfrist eintretenden Änderungen der Sachlage, insbesondere zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragenen Belastungen, nicht Rechnung getragen werden würde (vgl. BGH, Urteile vom 21. Januar 2016 - III ZR 159/15, zitiert nach juris Rn. 16; vom 4. März 2004 - III ZR 72/03, zitiert nach juris Rn. 27).
Indem er den Beurkundungsvorgang auf diese Weise einseitig zu Gunsten der Verkäufer und zu Lasten der Kaufinteressenten ausgestaltete, beeinträchtigte der Kläger die gebotenen Schutzinteressen der Käufer als Verbraucher. Er erweckte ferner den Anschein der Abhängigkeit und Parteilichkeit.
(3) Ob die verkaufenden Immobiliengesellschaften, was zwischen den Parteien im Streit steht, die vierwöchige Angebotsfrist tatsächlich für eine "Überprüfung" der Erwerber nutzten oder dies nur vorgeschoben war, kann nach dem Vorgesagten dahinstehen.
d) Der Kläger handelte schuldhaft. Selbst wenn ihm zugutegehalten werden sollte, dass er die hier beanstandeten Vorgänge irrtümlich in tatsächlicher Hinsicht mit der Vielzahl weiterer Beurkundungen zu dem Verkauf von Pflegeapartments derselben Verkäufer "gleichgesetzt" hat, ist ihm mit der angefochtenen Disziplinarverfügung jedenfalls fahrlässiges Fehlverhalten vorzuwerfen.
3. Indem der Kläger am 6. April 2017 das zur Erbeinsetzung des Vereins führende Testament des Erblassers beurkundete, handelte er dem Anscheinsverbot i. S. des § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO zuwider. Denn durch die Annahme des Beurkundungsauftrags und die konkrete Ausgestaltung des Beurkundungsverfahrens erweckte er den Anschein eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO i. V. m. Abschnitt A II Satz 1 der Richtlinien der Notarkammer Celle.
a) Eine Amtspflichtverletzung unmittelbar wegen der Verletzung von Mitwirkungsverboten oder Tätigkeitsbeschränkungen i. S. der §§ 3, 6, 7 BeurkG ist dem Kläger nicht zur Last zu legen. Hiervon ist die Beklagte zutreffend ausgegangen.
aa) Der Kläger war nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeurkG gehalten, von der Beurkundung Abstand zu nehmen. Die Beurkundung betraf keine eigene Angelegenheit des Klägers.
(1) Um die "Angelegenheit" einer Person i. S. des § 3 Abs. 1 BeurkG handelt es sich stets dann, wenn deren Rechte oder Pflichten durch den Urkundsvorgang unmittelbar betroffen werden; es genügt, dass die Rechte, Pflichten oder Verbindlichkeiten faktisch unmittelbar günstig oder ungünstig beeinflusst werden. Willenserklärungen sind eine Angelegenheit der sie abgebenden Person ebenso wie - bei empfangsbedürftigen Erklärungen - des jeweiligen Empfängers. Bei der Beurkundung einer Verfügung von Todes wegen ist nicht nur der Erblasser selbst sachbeteiligt, sondern auch der durch die Verfügung Bedachte (Winkler, BeurkG 19. Aufl. § 3 Rn. 24, 26; Staudinger/Hertel, BeurkG 2017 § 3 Rn. 285, 292).
(2) Bedacht hat der Erblasser hier ausschließlich den Verein, nicht - auch nicht mittelbar - den Kläger als dessen Mitglied. Bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften einer juristischen Person erwirbt nämlich diese selbst Rechte und Pflichten. Der Verein hatte mit seiner am 29. Dezember 2015 erfolgten Eintragung in das Vereinsregister des Amtsgerichts X. gemäß § 21 BGB umfassende Rechtsfähigkeit erlangt (vgl. BeckOGK-BGB/Segna, Stand: 1.10.2021 § 21 Rn. 25 f.).
Anders verhält es sich im Anwendungsbereich der Nummer 1 des § 3 Abs. 1 Satz 1 BeurkG nur dann, wenn der Notar wirtschaftlich Inhaber der juristischen Person ist, etwa bei einer Einmanngesellschaft oder in Fällen, in denen die Beteiligung des Notars so groß ist, dass wirtschaftlich er berechtigt und verpflichtet ist (Winkler a. a. O. Rn. 32 f.). Dies ist hier nicht anzunehmen. Mit der Klagebegründung hat der Kläger vorgetragen, dass dem Verein am 6. April 2017 insgesamt 13 Mitglieder angehörten, von denen vier seiner Familie entstammt hätten (Bl. 137 d. A.). Damit hielt der Kläger als eines der 13 Mitglieder im Beurkundungszeitpunkt lediglich 7,69 % der Stimmrechte (vgl. § 13 Abs. 2 der Satzung des Vereins).
bb) Ungeachtet der ehrenamtlichen Tätigkeit des Sohnes A als 1. Vorsitzender des Vereins sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BeurkG vorliegend nicht erfüllt. Bereits nach dem - an eine Verwandtschaft oder Schwägerschaft anknüpfenden - Wortlaut der Norm ist davon auszugehen, dass von ihr ausschließlich Angelegenheiten natürlicher Personen erfasst werden. Anderenfalls drohte zudem ein Widerspruch zu den Regelungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Nr. 6 BeurkG. Denn diese lassen die Stellung als Vertreter bzw. die Mitgliedschaft in einem Vertretungsorgan nur für den dort benannten engen Personenkreis genügen. Dem widerspräche es, fände der Grundsatz, wonach es sich bei dem Auftreten eines - gesetzlichen oder gewillkürten - Vertreters um die Angelegenheit des Vertretenen wie des Vertreters handelt, auf den in Nummer 3 genannten Personenkreis uneingeschränkt Anwendung.
cc) Der Kläger und der Verein unterhielten im Beurkundungszeitpunkt keine gemeinsamen Geschäftsräume i. S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG.
(1) Das Mitwirkungsverbot besteht bei einer Bürogemeinschaft oder sonst gemeinsamen Geschäftsräumen. An letztere werden v.a. in der Kommentarliteratur divergierende Anforderungen gestellt. Nach einer teilweise vertretenen Auffassung ist Voraussetzung, dass das Recht besteht, die Räume jederzeit betreten zu können. Nach anderer Ansicht ist eine wirklich gemeinsame Nutzung der Räume erforderlich und zugleich ausreichend, wohingegen die bloße gemeinsame Nutzung bestimmter Bürogegenstände - wie z.B. eine Computeranlage, ein Rechner oder sonstige technische Anlagen - nicht genüge. Eine dritte Ansicht lässt auch die gemeinsame Installation und Nutzung einer Telefon- oder Computeranlage ausreichen. Abzustellen ist auf das äußere Erscheinungsbild und damit darauf, ob nach außen für den Rechtsverkehr der Eindruck einer Bürogemeinschaft entsteht (Lerch/Lerch, Beurkundungsgesetz, Dienstordnung und Richtlinienempfehlungen der BNotK 5. Aufl. § 3 BeurkG Rn. 46 f.; Staudinger/Hertel, BeurkG 2019 § 3 Rn. 278; Winkler, BeurkG 19. Aufl. § 3 Rn. 76; enger: Armbrüster/Preuß/Renner/Armbrüster, BeurkG DONot 8. Aufl. § 3 BeurkG Rn. 68). Kooperationen fallen dann unter § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG, wenn sie sich verfestigt haben, wovon regelmäßig bei einer Verlautbarung nach außen hin, z.B. auf Briefbögen, auszugehen ist (Miermeister/de Buhr in Frenz/Miermeister, BNotO BeurkG 5. Aufl. § 3 BeurkG Rn. 33).
(2) Unabhängig davon, wie weit oder eng nach dem Vorgesagten das Begriffsverständnis zu fassen ist, spricht hier der von dem Rechtsverkehr wahrnehmbare äußere Anschein nicht für eine Bürogemeinschaft. Zwar wurde die Kanzleianschrift im Geschäftsverkehr des Vereins bei mehreren Gelegenheiten zur Bezeichnung des Vereinssitzes verwendet. So war die Kanzleianschrift in der Anmeldung zum Vereinsregister vom 4. Dezember 2015 als Sitz des Vereins bezeichnet worden. Auch erledigte die Ehefrau und Sozia des Klägers in einer Registerangelegenheit des Vereins für den Verein und als dessen Schriftführerin Schriftverkehr mit dem Amtsgericht Ha. - Registergericht - unter dem Briefkopf der gemeinsam mit dem Kläger geführten Kanzlei. Am 6. April 2017 ergänzte der Kläger den im Übrigen weitgehend vorbereiteten Testamentsentwurf um den von dem Erblasser benannten Erben und gab hierbei die Kanzleianschrift als - vermeintlichen - Sitz des Vereins an. Ferner hatte der 1. Vorsitzende des Vereins mehrfach zu Mitgliederversammlungen "in die Anschrift des Vereins B. 33, ... X." eingeladen.
Zu Letzterem hat der Kläger aber angegeben, dass die Versammlungen stets an unterschiedlichen Orten stattgefunden hätten, so auch in den Privaträumen seiner Familie und denen anderer Vereinsmitglieder. Zu etwaigen weiteren Treffen in den Kanzleiräumen ist nichts bekannt. Die Verwendung des Kanzleibriefpapiers durch die Ehefrau des Klägers erweckt aus der Sicht eines Außenstehenden nicht den Anschein der Identität von Kanzlei- und Vereinssitz, sondern allenfalls eines Zusammenhangs der bearbeiteten Angelegenheit mit der beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin. Die genaue Anschrift des Vereinssitzes ergab sich nur aus der Registeranmeldung, nicht hingegen auch aus der Registereintragung selbst. Die gemeinsame Nutzung allein des Hausbriefkastens sowie die - angesichts der Mitgliederzahl und des erkennbaren Tätigkeitsumfangs des Vereins - wohl allenfalls gelegentliche Mitnutzung eines etwa vorhandenen Telefaxgeräts reicht für eine Qualifizierung der Kanzleiräume als gemeinsame Geschäftsräume des Klägers und des Vereins nicht aus. Auch aus der Sicht des Rechtsverkehrs bilden die Kanzleiräume bei einer Gesamtschau (noch) keinen zentralen Angelpunkt im Leben des Vereins. Soweit erkennbar, hat die überwiegende Zahl der Mitglieder kein uneingeschränktes Zugangsrecht zu den Räumlichkeiten; mit Ausnahme des Klägers und seiner Familie geht dort in Vereinsangelegenheiten niemand gleichsam ein und aus.
dd) Auch das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BeurkG hat der Notar nicht verletzt. Danach soll er an einer Beurkundung nicht mitwirken, wenn es sich um eine Angelegenheit einer Person handelt, deren gesetzlicher Vertreter der Notar oder eine Person im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BeurkG ist. Ob diese Regelung - wegen der nachfolgenden Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BeurkG - nur auf natürliche Personen und deren gesetzliche Vertreter anwendbar ist (so Miermeister/de Buhr in Frenz/Miermeister, BNotO, 5 Aufl., § 3 Rn. 35) oder auch auf juristische Personen, wie hier einen rechtsfähigen Verein (so Winkler, BeurkG, 19. Aufl., § 3 Rn. 87), kann dahinstehen. Denn zum Zeitpunkt der Beurkundung waren weder der Kläger noch seine mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundene Ehefrau gesetzliche Vertreter des Vereins.
(1) Zwar war die Ehefrau und Sozietätskollegin des Klägers als Schriftführerin zunächst Mitglied eines vertretungsberechtigten Organs des Vereins. Denn nach § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 lit. d der Satzung ist der Schriftführer Bestandteil des Vorstands und damit von einem der zwei Organe des Vereins. Ausweislich § 10 Abs. 3 der Satzung in ihrer bei der Testamentsbeurkundung geltenden Fassung war bei Verhinderung des 1. Vorsitzenden (u.a.) der Schriftführer zur Vertretung des Vereins befugt, wenn auch nicht allein, so doch gemeinsam mit dem 2. Vorsitzenden. Er war und ist damit Organmitglied i. S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BeurkG (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler/Sandkühler, BNotO 8. Aufl. § 3 Rn. 64; Winkler, BeurkG 19. Aufl. § 3 Rn. 92).
(2) Die Ehefrau und Sozia des Klägers war aber bei Beurkundung des Testaments am 6. April 2017 allerdings bereits wirksam aus dem Vorstand des Vereins ausgeschieden. Dem steht der Umstand, dass sie dennoch einige Monate lang weiterhin im Vereinsregister als Schriftführerin eingetragen war, nicht entgegen. Denn die Löschung der Registereintragung ist für die Wirksamkeit der Amtsniederlegung nicht konstitutiv (BeckOGK-BGB/Segna, Stand: 1.10.2021 § 27 Rn. 59; Staudinger/Schwennicke, BGB 2019 § 27 Rn. 41, 43, vgl. ferner Rn. 36, 37: "automatisch"). Die Vorstandstätigkeit der Ehefrau und Sozia des Klägers endete damit mit Zugang der entsprechenden Erklärung, hier vom 14. März 2017, bei einem der verbleibenden Vorstandsmitglieder (vgl. Staudinger/Schwennicke a. a. O. Rn. 43).
ee) Auch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BeurkG, der die Mitwirkung des Notars an Beurkundungen untersagt in Angelegenheiten einer Person, deren vertretungsberechtigtem Organ der Notar oder eine Person im Sinne der Nummer 4 angehört, liegt danach nicht vor.
ff) Die Beurkundung des Testaments vom 6. April 2017 verstieß ferner nicht gegen das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BeurkG. Danach soll ein Notar an einer Beurkundung nicht mitwirken, wenn es sich um Angelegenheiten einer Gesellschaft handelt, an der der Notar mit mehr als 5 % der Stimmrechte oder einem anteiligen Betrag des Haftkapitals von mehr als 2.500 € beteiligt ist.
Ein entsprechender Beteiligungsumfang läge im Hinblick auf die Mitgliedschaft des Klägers als stimmberechtigtes Mitglied des durch die Erbeinsetzung begünstigten Vereins mit einem Anteil 7,69% der Stimmrechte hier an sich vor. Allerdings handelt es sich bei dem Verein nicht um eine "Gesellschaft" i. S. der Norm. Der vereinzelt in der Kommentarliteratur vertretenen gegenteiligen Auffassung (Staudinger/Hertel, BeurkG 2017 § 3 Rn. 284; vgl. ferner Armbrüster/Preuß/Renner/Armbrüster, BeurkG DONot § 3 BeurkG Rn. 105) folgt der Senat nicht. Zwar zeichnet der Verein sich ebenso wie die Aktiengesellschaft (§ 1 Abs. 1 AktG; vgl. MünchKomm-AktG/Heider, 5. Aufl. § 1 Rn. 13, 15), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 13 Abs. 1 GmbHG; vgl. Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt/Lieder, GmbH-Gesetz 3. Aufl. § 13 GmbHG Rn. 2) und die Genossenschaft (§ 1 Abs. 1 GenG; vgl. Henssler/Strohn/Geibel, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. § 1 GenG Rn. 2; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs/Fandrich, Genossenschaftsgesetz 4. Aufl. § 1 Rn. 1; zu den vorgenannten Gesellschaften im Anwendungsbereich des § 3 BeurkG vgl. beispielhaft Winkler, Beurkundungsgesetz 19. Aufl. § 3 Rn.165) durch eine körperschaftliche Struktur aus; er gilt sogar als Grundform der privatrechtlichen Körperschaften, welche ihrerseits auch als Vereine im weiteren Sinne bezeichnet werden (BeckOGK-BGB/Segna, Stand: 1.1.2022 § 21 Rn. 2 f.; ferner MünchKomm-AktG/Heider a. a. O. Rn. 13). Der Notar, der sein Beurkundungsverhalten an den Mitwirkungsverboten des § 3 Abs. 1 BeurkG auszurichten hat, könnte der Regelung aber nicht mit der gebotenen Bestimmtheit entnehmen, dass es auf diese körperschaftliche Struktur auch dann maßgeblich ankommen solle, wenn - worauf der Begriff der "Gesellschaft" regelmäßig hindeutet - gerade keine Handelsgesellschaft (§ 3 Abs. 1 AktG; § 278 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 1 AktG; § 13 Abs. 3 GmbHG) bzw. kein Formkaufmann (§ 17 Abs. 2 GenG) als Urkundsbeteiligter auftritt, sondern ein rechtsfähiger - nicht wirtschaftlicher - Verein i. S. des § 21 BGB (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Bestimmtheitsgebots i. S. des Art. 103 Abs. 2 GG auch auf Disziplinarverfahren vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1969 - 2 BvR 518/66, zitiert nach juris Rn. 50 f.). Der Umstand, dass der Gesetzgeber in den Motiven (vgl. BT-Drucksache 13/11034 zu Absatz 1 Nr. 9, S. 40) trotz der generellen Qualifikation des Vereins als "Grundform" der privatrechtlichen Körperschaften gerade nicht auf diesen Bezug nahm, sondern - klarstellend - lediglich die Genossenschaft als beispielhafte Ausprägung der unter § 3 Abs. 1 Nr. 9 BeurkG fallenden "Gesellschaften" erwähnte, zeigt, dass der Gesetzgeber selbst den eingetragenen Verein nicht hiervon erfasst wissen wollte.
Für die Mitwirkung des Notars an einem rechtsfähigen Verein gilt danach, ebenso wie für seine Beteiligung an einer Personengesellschaft, allenfalls das Mitwirkungsverbot nach Nummer 1 des § 3 Abs. 1 BeurkG (vgl. vorstehend unter a) aa) (2)).
b) Ein Ausschließungsgrund nach § 6 BeurkG lag mangels formeller Beteiligung (§ 6 Abs. 2 BeurkG) einer der in Absatz 1 benannten Personen an der Beurkundung vom 6. April 2017 nicht vor.
c) Die Erbeinsetzung des Vereins begründete ferner für keine der in § 7 BeurkG aufgelisteten Personen einen rechtlichen Vorteil. Denn hierfür müsste sich der rechtliche Vorteil unmittelbar aus der beurkundeten Willenserklärung ergeben, mithin nicht erst als deren Folge eintreten oder gar erst eintreten können. Die Willenserklärung muss unmittelbar die Rechte der benannten Person erweitern oder ihre Verpflichtungen vermindern (Winkler, BeurkG 19. Aufl. § 7 Rn. 36). Die Erbenbenennung des Vereins ließ die Rechtsstellung des Klägers (Nummer 1) und seiner Familie (Nummern 2, 3) jedoch jeweils unberührt.
d) Der Kläger hat jedoch aufgrund der oben beschriebenen vor allem personellen Verflechtungen seiner Familie mit dem Verein und dessen Organen den Anschein fehlender Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erweckt und hierdurch gegen das Anscheinsverbot des § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BNotO verstoßen.
aa) § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO legt dem Notar als Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) die Pflicht auf, seine Aufgaben als unabhängiger und unparteilicher Betreuer der Beteiligten wahrzunehmen. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO soll der Notar jedes Verhalten vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten, insbesondere den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit erzeugt. Anders als von dem Kläger vertreten, steht einem Rückgriff auf das Anscheinsverbot i. S. des § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO nicht ein - angeblich - abschließender Vorrang der beurkundungsrechtlichen Mitwirkungsverbote und Tätigkeitsbeschränkungen der §§ 3, 6, 7 BeurkG entgegen.
(1) Vielmehr können sich erhebliche Gefahren für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars auch aus anderen, nicht durch gesonderte Tätigkeitsbeschränkungen erfassten Gründen ergeben. Aus dem Vorhandensein spezifischer, jeweils der Sicherung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit notarieller Tätigkeit dienender gesetzlicher Regelungen in Gestalt von Tätigkeitsbeschränkungen kann gerade nicht rückgeschlossen werden, von solchen ausdrücklichen Beschränkungen nicht erfasste Verhaltensweisen bei der Ausübung der notariellen Amtstätigkeit seien mit der allgemeinen Pflicht zu unabhängiger und unparteilicher Amtsführung von vornherein vereinbar. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die Statuierung des Anscheinsverbots in § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO dem Notar auch außerhalb von spezifischen Tätigkeitsverboten und -beschränkungen auferlegt, jegliches Verhalten zu vermeiden, durch das der Anschein der Abhängigkeit oder der Parteilichkeit entstehen könnte. Bei der Frage, ob aus der maßgeblichen Sicht des objektiven, mit den konkreten Gegebenheiten vertrauten Beobachters ein solcher Anschein entstehen kann, sind - neben etwaigen Konkretisierungen durch die jeweiligen Richtlinien der Notarkammern - die in die gesetzlichen Tätigkeitsverbote und -beschränkungen eingeflossenen gesetzgeberischen Wertungen über die mit der fraglichen Tätigkeit generell verbundenen Gefahren für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2017 - NotSt (Brfg) 3/17, zitiert nach juris Rn. 28).
(2) Die Annahme einer Zuwiderhandlung gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO widerspräche hier nicht den spezifischen Wertungen der §§ 3, 6, 7 BeurkG. Denn diese Regelungen knüpfen ausschließlich an die Person des - im Falle des § 6 BeurkG formell, im Anwendungsbereich der §§ 3, 7 BeurkG materiell - Beteiligten an, nicht aber an Inhalt und Gegenstand des beurkundeten Geschäfts. Die vorliegend in Rede stehende Amtspflichtverletzung des Klägers, ihr Vorliegen unterstellt, folgte jedoch gerade aus dem Inhalt der vorgenommenen Beurkundung (vgl. BGH a. a. O. Rn. 30, 36).
bb) Für die Frage, ob der Notar entgegen § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO den Anschein erweckte, dass die vom Gesetz mit dem Beurkundungserfordernis verfolgten Zwecke nicht erreicht würden, ist auf die Perspektive eines objektiven - mithin nicht eines fachkundigen -, mit den konkreten Begebenheiten vertrauten Beobachters abzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2021 - NotSt (Brfg) 4/20, juris Rn. 8; vom 13. November 2017 - NotSt (Brfg) 3/17, zitiert nach juris Rn. 28).
(1) Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO liegt schon dann vor, wenn die nur mögliche Gefahr besteht, dass der Anschein entstehen könnte, der Notar habe die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten nicht beachtet. Hierfür wiederum genügt es, dass "bei der fragenden Öffentlichkeit" bzw. "aus dem maßgeblichen Blickwinkel der Öffentlichkeit" begründete Zweifel entstehen könnten, ob der Notar die gesetzlichen Vorgaben ihrem Zweck entsprechend umsetzt oder ob er es hieran als Ausdruck - sei es auch aufgrund von Nachlässigkeit - mangelnder Gesetzestreue fehlen lässt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2021 - NotZ (Brfg) 11/20, zitiert nach juris Rn. 24; vom 31. Juli 2000 - NotZ 13/00, zitiert nach juris Rn. 9 f.).
(2) Die Rechtsfigur des objektiven Beobachters ist der Rechtsprechung nicht fremd. Sie wird regelmäßig herangezogen, um aus objektiv wahrnehmbaren äußeren Vorgängen und Gegebenheiten auf die innere Gedankenwelt und Entschlussfassung einer Person zu schließen (z.B. zur Prüfung eines Rechtsbindungswillens: BGH, Urteile vom 21. Juni 2012 - III ZR 291/11, juris Rn. 14; vom 3. September 2020 - III ZR 136/18, juris Rn. 29; vom 23. Juli 2015 - III ZR 346/14, juris Rn. 8; vom 17. Mai 1971 - VII ZR 146/69, juris Rn. 20; betr. die Begründung des Lebensmittelpunktes einer Person: BGH, Urteil vom 13. Oktober 1993 - XII ZR 120/92, juris Rn. 14; zur Vorhersehbarkeit eines Anreizes für Jugendliche zu waghalsigem Spiel: BGH, Urteil vom 2. Mai 1978 - VI ZR 110/77, juris Rn. 15). Im Zusammenhang mit dem notariellen Berufsrecht repräsentiert sie den durchschnittlichen Rechtsuchenden, dem die Abläufe und Gestaltungsprozesse im beruflichen Alltag des Notars, soweit sie sich ihm (dem Rechtsuchenden) nicht anlässlich eines Beurkundungsvorgangs zu seiner eigenen Wahrnehmung offenbaren, grundsätzlich verborgen sind und der aus diesem Grund sowie mangels eigener Sachkunde nicht im Einzelnen nachvollziehen kann, ob überhaupt und ggf. auf welche Weise der Notar unter den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls Anreizen und Einflüssen unterliegen oder sachfremde Motive verfolgen kann, die jeweils die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit seiner Amtsführung - sei es auch ungewollt und unbewusst - gefährden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2021 - NotZ (Brfg) 11/20, zitiert nach juris Rn. 24 f.; vom 13. November 2017 - NotSt (Brfg) 3/17, zitiert nach juris Rn. 29; vom 31. Juli 2000 - NotZ 13/00, zitiert nach juris Rn. 9 f. m. w. N.).
(3) Im Hinblick auf die mit der Klagebegründung wiederholt zum Ausdruck gebrachte Kritik des Klägers an dem von der Beklagten gewählten Beurteilungsmaßstab ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass es für die Betrachtung vom Blickwinkel des "objektiven Beobachters" oder der "fragenden Öffentlichkeit" nicht auf eine im konkreten Einzelfall etwa real vorhandene Öffentlichkeit und deren Informationsgrundlage ankommt. Vielmehr ist die Position eines fiktiven Beobachters von außen einzunehmen.
cc) Entgegen der Ansicht des Klägers steht insoweit der Annahme eines Pflichtverstoßes ferner nicht bereits das Argument einer fehlenden Bestimmbarkeit des in § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO normierten Anscheinsverbotes entgegen. Es kann dahinstehen, ob der Auffassung des Klägers zu folgen ist, dass § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO keine eigenständige Amtspflicht des Notars statuiere, sondern einer - seines Erachtens hier fehlenden - Konkretisierung durch Satzungsrecht der jeweiligen Notarkammer, insbesondere deren Richtlinien i. S. des § 67 Abs. 2 BNotO bedürfe. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage - vor dem Hintergrund einer Stimme in der Literatur, die i.E. auch der Kläger herangezogen hat - in seinem Beschluss vom 13. November 2017 angesprochen und mangels Entscheidungserheblichkeit offengelassen (a. a. O. NotSt (Brfg) 3/17, zitiert nach juris Rn. 24; vgl. die dortigen Verweise auf die in diesem Zusammenhang von dem Gesetzgeber angenommene "Amtspflicht" des Notars in BT-Drs. 13/144184 S. 24). So verhält es sich auch hier; diese Frage bedarf gleichfalls keiner Entscheidung.
Denn die von dem Kläger für erforderlich erachtete Konkretisierung hat die Notarkammer Celle nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BNotO i. V. m. Abschnitt A II Satz 1 ihrer Richtlinien vorgenommen. Mit ihr regelt die Notarkammer speziell für das Beurkundungsverfahren, dass dieses so auszugestalten ist, dass die "vom Gesetz mit dem Beurkundungserfordernis verfolgten Zwecke erreicht werden". Hierin liegt die zentrale, für den Kläger bindende Vorgabe des Satzungsrechts für die Ausgestaltung des Beurkundungsverfahrens.
Soweit hierbei entweder zentrale Ausprägungen des gesetzgeberischen Zwecks oder bestimmte Verfahrenskonstellationen, die in der Praxis regelmäßig wiederkehren und die besondere Gefahr der Zweckverfehlung in sich bergen, einer gewissen Generalisierung zugänglich waren, hat die Notarkammer diese - gleichsam im Wege einer "Unterkonkretisierung" - in den nachfolgenden Sätzen beispielhaft benannt. Im Übrigen hat es bei der übergreifenden Bestimmung des § 14 Abs. 3 Satz 1 BNotO zu verbleiben. Die Regelung des Abschnitt A II Satz 1 der Richtlinien der Notarkammer Celle entspricht den Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer. Diese haben insoweit weitgehend übereinstimmenden Eingang gefunden in die Richtlinien der regionalen Notarkammern.
Soweit der Kläger davon ausgeht, dass die Richtlinien der Notarkammer Celle hinsichtlich der in Rede stehenden Beurkundung "keinerlei Amtspflichten" enthielten, gegen die er in diesem Zusammenhang verstoßen haben könnte - er mithin Abschnitt A II Satz 1 der Richtlinien der Notarkammer Celle nicht genügen lässt -, übersieht er, dass die Satzungsbestimmung eine konkretisierende Bestimmung speziell für das Beurkundungsverfahren enthält. Sie ist insoweit nicht deckungsgleich mit § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO; vielmehr geht das Anscheinsverbot noch deutlich weiter und umfasst z.B. auch den Vollzug eines von dem Notar beurkundeten Geschäfts (BeckOK-BNotO/Sander, Stand: 31.7.2021 § 14 Rn. 69).
dd) Hier ist aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven, mit den konkreten Gegebenheiten vertrauten Beobachters durch die Umstände der Beurkundung und die Erbeinsetzung des dem Kläger und seiner Familie nahestehenden Vereins der böse Schein entstanden, dass der Kläger als Notar nicht unabhängig, sondern parteilich und im eigenen Interesse oder zugunsten eines ihm nahestenden Dritten gehandelt haben könnte.
(1) Zwar soll sich der Erblasser nach den Angaben des Klägers von vornherein mit dem Gedanken getragen haben, eine Stiftung oder Organisation zu seiner testamentarischen Erbin zu ernennen.
Hierzu hat der Kläger in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht X - Nachlassgericht - vom 1. März 2018 geschildert, dass er den Erblasser schon vor der Beurkundung vom 6. April 2017 - primär aus anderem Anlass - am 2. April und am 3. April 2017 aufgesucht habe. Betreffend die Testamentserstellung habe er am 2. April die gesetzliche Erbfolge allgemein erläutert. Der Erblasser habe sich gegen seinen Bruder als gesetzlichen Erben ausgesprochen, die Auswahl eines gewillkürten Erben jedoch auf den Folgetag verschoben. Am 3. April habe der Erblasser den schon in der Vergangenheit zu Lebzeiten seiner Lebensgefährtin mit dieser gemeinsam erörterten Gedanken aufgegriffen, eine gemeinnützige Organisation oder eine Stiftung als Erben zu benennen. Der Kläger und der Erblasser hätten über verschiedene gemeinnützige Organisationen gesprochen, überörtliche wie örtliche. Hierbei hätte der - seit einem Schlaganfall an Sprachschwierigkeiten leidende - Erblasser sinngemäß "einen Verein oder so" angesprochen, den es "da [...] doch noch mal" gegeben habe. Der Kläger habe den hier in Rede stehenden Verein benannt. Dieser sei in der Vergangenheit bereits erwähnt worden. Der Kläger habe dem Erblasser mitgeteilt, dass der Verein sich für Flüchtlingsarbeit einsetze, seine (des Klägers) Söhne im Vorstand seien und er selbst auch Vereinsmitglied sei. Der Erblasser habe sich dies noch überlegen wollen. Der Termin für die Beurkundung sei für den 6. April 2017 festgelegt worden.
Am 6. April 2017 habe der Erblasser dann auf Nachfrage erklärt, dass er sich noch keinen Erben überlegt habe. Daraufhin sei der Kläger mit ihm die Organisationen, über die sie gesprochen hätten, der Reihe nach durchgegangen. Noch bevor er mit der Aufzählung fertig gewesen sei, habe der Erblasser sinngemäß "den Verein" angesprochen. Der Kläger habe gefragt, ob er den hier in Rede stehenden Verein meine; dies habe der Erblasser bejaht. Der Kläger ihm gesagt, dass "das" beurkundungsrechtlich möglich sei. Zudem habe er erneut darauf hingewiesen, dass seine Söhne im Vorstand seien und er selbst Vereinsmitglied sei. Darauf habe der Erblasser sinngemäß geäußert: "Ja, denen vertraue ich". Der Kläger habe nachgefragt, "ob es das sein sollte"; dies habe der Erblasser bejaht. Daraufhin habe der Kläger handschriftlich den Testamentsentwurf vervollständigt. Weshalb er hierbei die Anschrift "B. 33" eingesetzt habe, könne er nicht mehr genau sagen; dies sei die Büroanschrift der Kanzlei gewesen, die wohl irgendwann einmal als Postanschrift des Vereins genutzt worden sei.
Auch wenn danach die allgemeine Idee, eine Stiftung oder Organisation als testamentarischen Erben zu bestimmen, im Vorfeld der Beurkundung vom Erblasser gekommen ist, war es der Kläger, der bei dem Gespräch über verschiedene gemeinnützige Organisationen mit dem Erblasser den später bedachten, ihm nahestehenden Verein namentlich benannt hat. Danach war die Willensbildung des Erblassers offensichtlich noch nicht abgeschlossen, als der Beurkundungstermin am 6. April 2017 anstand. Denn in dem vom Kläger vorbereiteten Entwurf des Testaments war der bedachte Erbe noch nicht eingefügt. Der Name wurde vielmehr erst im Verlaufe der Beurkundung nach entsprechenden Nachfragen des Klägers in Richtung des später bedachten Vereins auf noch unklare bzw. auslegungsbedürftige Erklärungen des in seinem Sprachvermögen beeinträchtigten Erblassers hin von ihm handschriftlich in den Text aufgenommen. Selbst nach dem Vorbringen des Klägers ergibt sich daraus der böse Schein, dass er an der Willensbildung des Erblassers als solcher aktiv mitgewirkt hat und die Auswahlentscheidung des Erblassers in der konkreten Beurkundungssituation durch die Hinweise des Klägers beeinflusst worden sein könnte. Ungewöhnlich erscheint auch, dass die Auswahlentscheidung, wer Begünstigter des Testaments mit einem ganz erheblichen Nachlasswert sein sollte, also letztlich die wichtigste Regelung der in Aussicht genommenen Beurkundung, zu Beginn des Beurkundungstermins noch nicht feststand und diese Entscheidung gleichsam "ad hoc" erst während der Beurkundung getroffen werden sollte. Und dies, obwohl - dem Notar bekannt - der Erblasser ganz erhebliche Schwierigkeiten hatte, sich verständlich zu machen und zu artikulieren.
(2) Zum anderen bestand zwischen dem bedachten Verein und dem Kläger und seiner Familie eine ganz besondere Nähe. Der Kläger war eines von 10 Gründungsmitgliedern dieses Vereins, der nach seinen Angaben zum Zeitpunkt der beanstandeten Beurkundung 13 Mitglieder hatte. Drei enge Familienmitgleider des Klägers gehörten gleichfalls zum Kreis der Gründungsmitglieder und waren danach in herausgehobenen Positionen für den Verein tätig. Die beiden Söhne des Klägers bekleideten von der Vereinsgründung an zwei von insgesamt vier wichtigen Vorstandsposten (1. Vorsitzender und Schatzmeister). Die Ehefrau des Klägers, Rechtsanwältin und Notarin ..., hatte als Schriftführerin bis gut drei Wochen vor der Beurkundung einen dritten Vorstandsposten innegehabt und war damit ebenfalls in Organstellung für den Verein tätig gewesen.
Sowohl die private als auch die berufliche Tätigkeit des Klägers war daneben auch in räumlicher Hinsicht mit dem Verein verwoben. Die Gründungsmitglieder wählten die Privatanschrift des Klägers und der vorgenannten Familienangehörigen zum Sitz des Vereins. In dem Antrag auf Eintragung des neu gegründeten Vereins zum Vereinsregister war die Kanzleianschrift des Klägers und seiner Ehefrau als Anschrift des Vereins angegeben. Mehrfach wurden Einladungen von dieser Adresse zu Mitgliederversammlungen verschickt, so mit Schreiben vom 11. Dezember 2015, 30. Juni 2015 und 11. September 2016 (Bl. 122 ff. Leitzordner). In der Kanzlei des Klägers wurden zudem mehrfach Mitgliederversammlungen des Vereins abgehalten, nämlich am 22. Dezember 2015, am 8. Juli 2016, am 18. September 2016 und am 9. April 2017. Ungeachtet der Tatsache, dass den Angaben des Klägers zufolge die Sitzungen an wechselnden Orten, hierunter auch in den Privaträumen anderer Vereinsmitglieder stattfanden, belegen auch diese räumlichen Verflechtungen aus der Sicht eines objektiven Beobachters eine besondere Nähe des Klägers zu einem der Urkundsbeteiligten, nämlich dem bedachten Verein. Schließlich verortete der Kläger den Vereinssitz in der Testamentsurkunde vom 6. April 2017 sogar selbst an seinem (des Klägers) Kanzleisitz.
(3) Zugleich wirkte der Kläger auf diese Weise an einer Beurkundung mit, die einer Körperschaft, an der er immerhin einen dem § 3 Abs. 1 Nr. 9 BeurkG genügenden Stimmrechtsanteil hielt, einen unmittelbaren finanziellen Vorteil von erheblichem Ausmaß zukommen lassen würde. Der Erblasser war sehr vermögend. Selbst wenn dem Kläger, wie er vorträgt, der Nachlasswert im Beurteilungszeitpunkt nicht im Einzeln bekannt gewesen sein sollte, war ihm dennoch dessen ungefähre Größenordnung bewusst, wie u.a. seine Kostennote vom 6. Februar 2017 (betr. Testamentsänderung vom 26. Januar 2017; angenommener Nachlasswert: 2 Mio. €) zeigt.
Aus der Perspektive eines objektiven Beobachters eröffnete der Notar mit der Beurkundung des Testaments für sich und seine Familienangehörigen die Möglichkeit der Einflussnahme auf den späteren Nachlass und dessen Verwendung. Denn wie vorstehend ausgeführt, stellten der Kläger, seine Ehefrau und seine beiden Söhne im Beurkundungszeitpunkt vier von insgesamt 13 Mitgliedern des Vereins. Gemeinsam hielten sie damit (4 x 7,69% =) 30,76% der Stimmrechtsanteile. Aus Sicht eines objektiven Betrachters sicherte dies der Familie einen erheblichen Einfluss auf die ausstehenden Entscheidungen über die spätere Mittelverwendung durch und für den Verein. Immerhin erfolgt in den Mitgliederversammlungen die Beschlussfassung nach § 13 Abs. 1, Abs. 3 Unterabs. 1 der Satzung mit der bloßen einfachen Mehrheit der erschienenen Stimmberechtigten ohne Rücksichtig auf deren Anzahl.
Dem Sohn des Klägers A kam zudem in seiner Funktion als 1. Vorsitzender des Vereins eine besondere Bedeutung bei der Führung und Leitung des Vereins zu. Der Sohn des Klägers B zeichnete gemäß § 12 lit. b cc der Satzung für den Bestand und die Verwaltung des Vereinsvermögens verantwortlich. Damit oblag einem engen Verwandten des Klägers eine besondere Verantwortung für den den Gegenstand der Beurkundung bildenden Nachlass.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob - wie von dem Kläger geltend gemacht - mit der späteren zweckentsprechenden Verwertung des Nachlasses auch ein erheblicher Arbeitsaufwand für die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder einhergehen würde. Denn aus Sicht des objektiven Beobachters würde ein solcher Aufwand durch den Mittelzufluss von gut 4 Mio. € zweifelsfrei mehr als ausgeglichen werden.
(4) In der Gesamtschau nahm der Kläger damit eine Urkunde auf, welche zu einer erheblichen wirtschaftlichen Begünstigung eines Beteiligten - des Vereins - führen würde, mit welchem sich sowohl der Kläger selbst als auch dessen Familie in großem Maße identifizierte und dessen Entscheidungsfindung über die spätere Verwendung der zuwandten Mittel der Kläger und seine Familie (mit-)entscheidend würden steuern können. Über die bloße Entgegennahme des Willens des Erblassers hinaus wirkte der Kläger zudem an der Entscheidungsfindung des Erblassers aktiv mit. Insgesamt entstand hiernach aus der Sicht eines objektiven Betrachters der - unbedingt zu vermeidende - böse Schein, dass der Erblasser seinen Willen gerade nicht frei und unbeeinflusst gebildet und kundgetan hatte.
e) Hinsichtlich des danach begangenen Verstoßes gegen § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO i. V. m. Abschnitt A II Satz 1 der Richtlinien der Notarkammer Celle ist dem Kläger im Widerspruchsbescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle vom 5. März 2021 zu Recht vorsätzliches Handeln zur Last gelegt worden. Denn insoweit kannte der Kläger alle tatsächlichen Umstände.
4. Der Kläger hat - anders als von der Beklagten angenommen nicht in einem, sondern in zwei Fällen - schuldhaft seine Pflicht zur Verschwiegenheit gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BNotO verletzt, indem er dem von ihm beauftragten Schriftgutachter das Testament vom 6. April 2017 sowie die aus der Urkundensammlung ausgewählten Unterschriftenproben zukommen ließ, ferner indem er danach in seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Amtsgericht X - Nachlassgericht - vom 1. März 2018 dem Gericht und den dortigen Verfahrensbeteiligten Abschriften des Gutachtens zukommen ließ.
a) Der Notar kann seine hoheitliche Amtstätigkeit im Rahmen der vorsorgenden Rechtspflege nur erfüllen, wenn er Vertrauen genießt. Vertrauen kann der Notar nur erwarten, wenn er über das ihm Anvertraute schweigt. Die Wahrung der Vertraulichkeit ist daher eine seiner wichtigsten Amtspflichten (Frenz/Miermeister/Bremkamp, BNotO BeurkG 5. Aufl. § 18 BNotO Rn. 1).
aa) Die Verschwiegenheitspflicht des Notars gilt grundsätzlich für den gesamten Inhalt einer notariellen Verhandlung einschließlich der Umstände, die der Notar anlässlich der Verhandlung erfährt. So gehören dazu die Tatsache, Zeit und Ort einer Inanspruchnahme des Notars als Amtsträger sowie die Identität der betreffenden Personen. Der Schweigepflicht unterliegen grundsätzlich auch die eigenen Erklärungen und Handlungen des Notars, wie die Erteilung von Belehrungen nach § 17 BeurkG. Gleichfalls erstreckt sich die Verschwiegenheitspflicht auf die Vorbereitung des Beurkundungstermins, die nach allgemein vertretener Meinung sogar eingreift, wenn nur Besprechungen stattgefunden haben, ohne dass es zu einer Amtshandlung kommt, oder der Notar seine Mitwirkung bei einer Beurkundung ablehnt (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2004 - IX ZB 279/03, zitiert nach juris Rn. 14-16).
bb) Diese engen Grenzen seiner Amtspflicht aus § 18 Abs. 1 BNotO hat der Kläger nicht beachtet, als er dem Schriftsachverständigen am 19. Dezember 2017 den Auftrag zur Erstellung eines schriftvergleichenden Gutachtens erteilte und dem Sachverständigen hierzu das sich auf insgesamt drei DIN A4-Seiten erstreckende Testament vom 6. April 2017 vollständig übersandte. Hierzu bestand keine Notwendigkeit. Die Unterschrift des Erblassers, deren Echtheit der Kläger bestätigt wissen wollte, befand sich auf der dritten Seite. Weitergehende Einzelheiten der testamentarischen Verfügung, insbesondere die Tatsache, dass es sich um ein Testament handelte, der Name des Erblassers sowie die Benennung des testamentarischen Erben ergaben sich aus den Seiten 1 und 2 der Urkunde; deren Übersendung hätte es für die Gutachtenerstattung insgesamt nicht bedurft. Aus der dritten Seite gingen, wiederum aus der Bezeichnung des Dateipfades des Dokuments, der Name des Erblassers sowie der Urkundentyp als Testament hervor. Diese Daten hätten geschwärzt werden können und müssen; auf die Kenntnis von dem Namen desjenigen, der die zu prüfende Unterschrift getätigt haben sollte, war der Gutachter für den Abgleich der Unterschrift mit Vergleichsproben nicht angewiesen. Ausweislich der "Vorbemerkung" auf Seite 5 f. des Gutachtens vom 2. Januar 2018 hatte der Kläger dem Sachverständigen insgesamt nicht die Urkundsoriginale, sondern Fotokopien zukommen lassen; diese wären Schwärzungen oder Abdeckungen zugänglich gewesen.
Aus dem daneben übersandten Referenzmaterial gingen in einem Fall die Tatsache einer Erbeinsetzung, der Name der dort benannten Erbin sowie der Begünstigte einer Geldauflage hervor. Aus einem zweiten Urkundsbestandteil ergaben sich aus dem dort wiedergegebenen Dateipfad der EDV-Speicherung der Umstand, dass ein Kaufvertrag geschlossen worden war, sowie der Name des weiteren Urkundsbeteiligten. Einer dritten Referenzprobe ließ sich entnehmen, dass der Kläger dem - namentlich benannten - Urkundsbeteiligten erbrechtliche Hinweise erteilt hatte; die Dokumentenbenennung im Dateipfad ließ erkennen, dass im Zusammenhang mit einem Testament eine Auflage aufgehoben werden sollte. Auch diese Informationen hätte der Kläger nach § 18 Abs. 1 BNotO jeweils nicht offenbaren dürfen.
cc) Die vorgenannten Einzelheiten offenbarte der Kläger darüber hinaus dem Nachlassgericht und den anwesenden Beteiligten des Nachlassverfahrens am 1. März 2018, indem er ihnen das Gutachten vom 2. Januar 2018 aushändigte, in welchem die Unterschriftenproben - wenn auch in kleiner, so doch in ohne Hilfsmittel lesbarer Schriftgröße - fotografisch abgebildet waren. Auch hierdurch verletzte der Kläger seine Verschwiegenheitspflicht.
Über die Einzelheiten des Testaments vom 6. April 2017 hingegen war in der örtlichen Presse unter namentlicher Nennung und damit Identifizierbarkeit des Erblassers bereits in einem Umfang berichtet worden, der die Existenz der Urkunde sowie die Einzelheiten ihres Inhalts als zumindest regional offenkundig erscheinen ließ i. S. des § 18 Abs. 1 Satz 3 BNotO (vgl. Frenz/Miermeister/Bremkamp, BNotO BeurkG 5. Aufl. § 18 BNotO Rn. 19-21).
b) Die Preisgabe der vorgenannten Informationen war jeweils nicht nach dem Rechtsgedanken des § 193 StGB gerechtfertigt. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er habe sich berechtigt veranlasst gesehen, gegen eine ihn nachteilig betreffende, von ihm für rechtswidrig erachtete Berichterstattung in der örtlichen und teilweise überörtlichen Presse vorzugehen oder entsprechende Schritte zu seiner Rechtswahrung und -verteidigung zumindest vorzubereiten.
aa) Der Notar kann berechtigt sein, wegen eines rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) oder in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) auch ansonsten der Geheimhaltungspflicht unterliegende Umstände zu offenbaren. Unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen können ehrenrührige und ggf. sonst unzulässige Äußerungen gerechtfertigt sein (§ 193 StGB). Voraussetzung ist, dass im Rahmen einer Güterabwägung das konkret infrage stehende berechtigte Eigeninteresse des Notars das gemäß § 18 Abs. 1 BNotO, § 203 Abs. 1 StGB geschützte informationelle Selbstbestimmungsrecht der Urkundsbeteiligten überwiegt. Aus § 193 StGB lässt sich keine allgemeine "Abwägungsklausel" für andere Delikte oder für Verstöße gegen andere Bestimmungen ableiten. Einen allgemeinen Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen kennt die Rechtsordnung nicht (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 514/13, zitiert nach juris Rn. 27; Beschlüsse vom 13. März 2017 - NotSt (Brfg) 1/16, zitiert nach juris Rn. 10 m. w. N.; vom 9. Dezember 2014 - IX ZB 279/03, zitiert nach juris Rn. 24; Frenz/Miermeister/Bremkamp, BNotO BeurkG 5. Aufl. § 18 BNotO Rn. 138).
bb) Es kann dahinstehen, ob, wie von dem Kläger angenommen, die - ihm zufolge - auf Betreiben des Sohnes des Erbprätendenten initiierte und befeuerte Darstellung des Klägers in der Presseöffentlichkeit für diesen eine Rechtsverteidigung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen entsprechend dem Rechtsgedanken des § 193 StGB eröffnete. Denn eine solche berechtigte den Kläger allenfalls zur Offenbarung von Einzelheiten betreffend die Beurkundung vom 6. April 2017, die den Gegenstand der gegen ihn geführten Angriffe bildete.
Insoweit hat der Kläger allerdings nicht beachtet, dass eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht allenfalls in dem Rahmen anzunehmen wäre, in dem die Offenbarung geheimhaltungspflichtiger Umstände zur Rechtsverteidigung des Notars erforderlich gewesen wäre. Nicht hiervon erfasst wäre demnach die Preisgabe des gesamten Inhalts des Testaments vom 6. April 2017 gegenüber dem Schriftsachverständigen, der für die Gutachtenerstattung allein auf die Vorlage der zu überprüfenden Unterschrift angewiesen war.
Nicht gerechtfertigt wäre ferner die Offenbarung von Einzelheiten aus anderweitigen Beurkundungsvorgängen in zwei Fällen. Im Hinblick auf die Gutachtenübergabe an das Nachlassgericht und die Beteiligten des Nachlassverfahrens gilt dies zweifelsfrei mit Blick auf den notariellen Kaufvertrag des Erblassers mit einem Dritten, der außerhalb sämtlicher erbrechtlicher Vorgänge stand (UR-Nr. ...7/2015). Es gilt insoweit ferner mit Blick auf die übrigen erbrechtlichen Vorgänge betreffend die Urkunden zu den UR-Nrn. ...0/2010, ...2/2017 und ...9(1)/2017, die dem Nachlassgericht und den dortigen Beteiligten allenfalls subjektiv bekannt, jedoch nicht - zumindest nicht in Gänze - offenkundig waren i. S. des § 18 Abs. 1 Satz 3 BNotO.
c) Die Pflicht des Klägers zur Verschwiegenheit war nicht infolge einer von der Beklagten als Aufsichtsbehörde nach § 18 Abs. 2 Halbs. 2 BNotO erteilten Befreiung entfallen.
aa) Mit Schreiben vom 13. Juli 2017 hatte die Beklagte den Kläger lediglich "gegenüber dem [Verein] hinsichtlich der Vorgänge um die Beurkundung des Testaments vom 06.04.2017 zur UR Nr. ...0/17, insbesondere zu der Frage der Testierfähigkeit/Geschäftsfähigkeit des Erblassers" von der Pflicht zur Verschwiegenheit befreit.
bb) Soweit vorliegend relevant, erteilte die Beklagte eine weitergehende Befreiung nachfolgend nicht.
(1) Mit Schreiben vom 28. Dezember 2017 ersuchte der Kläger die Beklagte um Entbindung von der Schweigepflicht "gegenüber der Öffentlichkeit". Auf die von der Beklagten unter dem 29. Dezember 2017 erhobenen Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags konkretisierte der Kläger diesen unter dem 16. Januar 2018 "zu folgenden Punkten": 1. zur möglichen Erlangung von Zivilrechtsschutz gegen eine Veröffentlichung, mit der ein Printmedium die Behauptung aufgestellt hatte, es werde sich "nie" aufklären lassen, ob bei der Beurkundung vom 6. April 2017 der Kläger dem Erblasser "den Stift geführt hat"; "2. Die Verwertung des von [dem Kläger] in Auftrag gegebenen Gutachtens".
(2) Hierauf legte die Beklagte mit Verfügung vom 19. Januar 2018 - in Anlehnung an die von dem Kläger gewählte Gliederung für seinen konkretisierten Antrag - unter "1." im Einzelnen dar, hinsichtlich welcher denkbaren Erklärungen des Klägers rein allgemeiner Natur zur "Eigenhändigkeit" des Beurkundungsvorgangs sie "keine Bedenken" habe; "im Übrigen" könne der Kläger auf seine gesetzlich normierte Pflicht zur Verschwiegenheit verweisen, aufgrund derer er sich "nicht näher zu den Umständen der Beurkundung äußern dürfe". "Für eine solche Erklärung" bedürfe es einer Befreiung von der Verschwiegenheit nicht. Unter "2." führte die Beklagte weiter aus, dass es einer Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht ferner nicht bedürfe, sollte der Notar zur Wahrnehmung eigener Interessen gegenüber Dritten ein gerichtliches Verfahren anstrengen; insoweit sei dem Aufklärungsinteresse des Notars "im verfahrensrechtlich erforderlichen Umfang" der Vorrang vor seiner Verschwiegenheitspflicht einzuräumen. "Demzufolge" bestünden "soweit erforderlich" auch keine Bedenken, sollte der Kläger von einem von ihm eingeholten Schriftgutachten Gebrauch machen, "wenn ansonsten Rechtsnachteile zu besorgen sind".
(3) Aus Sicht des Senats bestehen bereits Bedenken, in den vorgenannten Äußerungen der Beklagten eine - wovon der Kläger ausgeht - "Zustimmung" zu dem graphologischen Gutachten vom 2. Januar 2018 und seiner Verwendung zu sehen. Denn immerhin brachte die Beklagte durchgehend zum Ausdruck, hinsichtlich welcher Vorgehensweisen und Äußerungen sie eine Notwendigkeit, den Kläger von seiner Pflicht zur Verschwiegenheit zu befreien - mithin ihn zur Offenbarung von geheimhaltungspflichtigen Informationen zu ermächtigen -, gerade nicht erkenne. Dementsprechend sah sie von der Erteilung der nachgesuchten Befreiungserklärung zweifelsfrei ab. Entsprechend beruhte ihre Aussage, dass sie "keine Bedenken" gegen ein Handeln des Klägers wie von ihr beschrieben hege, auf der fehlenden Notwendigkeit einer Entscheidung ihrerseits.
So verhält es sich nach dem Verständnis des Senats auch hinsichtlich des Fehlens von "Bedenken" der Beklagten gegen ein Gebrauchmachen des Klägers von dem graphologischen Gutachten, zumal die angedachte Möglichkeit einer Vorlage des Gutachtens in unmittelbarem textlichen und inhaltlichen Zusammenhang zu lesen ist mit den voranstehenden Ausführungen betreffend die - keiner Befreiungserklärung bedürfenden - Wahrung des prozessualen Aufklärungsinteresses des Notars in einem (Zivil-)Verfahren.
(4) Letztendlich kann diese Frage dahinstehen, da selbst eine "Zustimmung" der Beklagten nicht die Preisgabe der aus dem Gutachten hervorgehenden Urkundsdetails in dem Nachlassverfahren umfasste. Denn an diesem war der Kläger nicht beteiligt; er wurde lediglich als Zeuge vernommen. Entsprechend hatte er auch keine "Rechtsnachteile" zu besorgen. Vielmehr wäre eine etwa erteilte "Zustimmung" beschränkt ("soweit [verfahrensrechtlich] erforderlich") auf eine Vorlage in einem Zivilverfahren, das der Kläger zur Wahrung seiner eigenen Interessen angestrengt hätte. Hiervon sah der Kläger jedoch ab.
(5) Von einer etwaigen "Zustimmung" der Beklagten i. S. des § 18 Abs. 2 Halbs. 2 BNotO - wonach der Kläger von einem "eingeholten" Gutachten "Gebrauch machen" könne - schon dem Wortlaut nach nicht erfasst wäre die - bereits erfolgte - Offenbarung von der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Informationen gegenüber dem Schriftsachverständigen. Dass der Kläger die diesem vorzulegenden Unterschriftenproben - oder überhaupt die Auftragserteilung - mit der Beklagten im Vorhinein abgestimmt und diese auch insoweit eine "Zustimmung" erteilt hätte, macht der Kläger selbst nicht geltend.
Dahinstehen kann, ob und ggf. wann der Kläger der Beklagten das Gutachten aushändigte, wie er mit der Klagebegründung vorträgt.
d) Als eine das konkrete Handeln des Klägers rechtfertigende Auskunft der Beklagten i. S. des § 18 Abs. 3 Satz 2 BNotO - eine entsprechende Auslegungsfähigkeit des ausdrücklich als Befreiungsantrag formulierten Gesuchs des Klägers vom 28. Dezember 2017/16. Januar 2018 vorausgesetzt - kann deren Erklärung vom 19. Januar 2018 jedenfalls aus den vorgenannten Gründen nicht gewertet werden.
e) Die Ansicht des Klägers, dass er als Organ der vorsorgenden Rechtspflege (§ 1 BNotO) mit dem Schriftgutachten überobligatorisch ein Mittel zur Streitvermeidung beschafft habe - auf welches z.B. die Beteiligten des Nachlassverfahrens hätten zurückgreifen können -, vermag die Verstöße gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zweifelsfrei nicht zu rechtfertigen.
f) Der Senat ist prozessual nicht gehindert, von einem Pflichtverstoß des Klägers in zwei Fällen - statt wie bisher angenommen in einem Fall - auszugehen.
Die den Pflichtverstößen des Klägers zugrunde liegenden Handlungen - die Offenbarung von Unterschriftenproben gegenüber dem Schriftsachverständigen sowie die Aushändigung des erstellten Gutachtens an das Nachlassgericht und die Prozessbevollmächtigten der dortigen Parteien - sind jeweils Bestandteil des hier zur Entscheidung stehenden Streitgegenstands (vgl. vorstehend unter 1 a).
aa) Gemäß § 96 Abs. 1 BNotO, § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen bei einer Klage gegen eine Disziplinarverfügung nur solche Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Notar als Amtspflichtverletzung zur Last gelegt werden. Inhalt und Umfang der Klage und Disziplinarverfügung ergeben sich aus dem disziplinarrechtlichen Vorwurf eines Dienstvergehens, mithin der Verletzung einer konkreten Dienstpflicht. Daher kann das Gericht aus dem dargestellten Sachverhalt keine andere als die angeschuldigte Pflichtverletzung herleiten und zur Grundlage des Urteils machen. Der tatbestandlichen Bejahung einer Amtspflichtverletzung dürfen keine Pflichtverletzungen zugrunde gelegt werden, die in der angefochtenen Verfügung zwar erwähnt werden, nach Auffassung der Aufsichtsbehörde jedoch keine Amtspflichtverletzung darstellen (vgl. Hummel/Köhler/Mayer, BDG und materielles Disziplinarrecht 5. Aufl. § 60 Rn. 12; Urban/Wittkowski/Urban, BDG 2. Aufl. § 60 Rn. 12).
bb) Ausweislich der Disziplinarverfügung vom 24. September 2020 hat die Beklagte beide Handlungen, sowohl die Offenbarung von der Verschwiegenheitspflicht des Klägers unterliegenden Urkundsinhalten gegenüber dem beauftragten Schriftgutachter als auch die Verwendung des diese Inhalte wiedergebenden Gutachtens gegenüber dem Nachlassgericht und den dortigen Parteivertretern, zum Gegenstand des gegen den Kläger geführten Disziplinarverfahrens gemacht. Beide Handlungen hat sie gleichermaßen zur Begründung des angenommenen Pflichtverstoßes gegen § 18 Abs. 1 BNotO herangezogen. Insoweit wird auf die Seiten 28 bis 30 (unter 3) der angefochtenen Verfügung Bezug genommen, ferner auf die Seiten 5/6, 8, 15/16 (unter c) des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2021. Die Beklagte hat lediglich in rechtlicher Hinsicht beide Handlungen zu einer Pflichtverletzung zusammengefasst. An diese Beurteilung ist der Senat nicht gebunden. Die insoweit anderweitige Einschätzung des Senats wirkt sich dabei auf die Art und Höhe der gegen den Kläger verhängten Disziplinarmaßnahme (s. dazu noch unten) nicht nachteilig bzw. verschärfend für ihn aus.
g) Der Kläger handelte insoweit vorsätzlich. Er war sich sämtlicher Tatumstände und auch der generellen Pflichtwidrigkeit der Offenbarung von geheimhaltungspflichtigen Informationen bewusst. Seine Annahme, die Beklagte habe der Verwendung des Gutachtens mit Erklärung vom 19. Januar 2018 "zugestimmt", war nach dem Vorgesagten nicht unvermeidbar (§ 17 Abs. 2 StGB) und entschuldigt den Kläger daher nicht. Entlasten kann den Kläger gleichfalls nicht die von ihm behauptete Anweisung an seine Mitarbeiter, "dass die ganzen persönlichen Daten geschwärzt werden, was auch geschehen [sei]". Letzteres war, auch über die von dem Kläger eingeräumte Ausnahme in dem Dateipfad des Kaufvertrages (UR-Nr. ...7/2015) hinaus, fraglos nicht der Fall. Ohnehin beschränkte sich die Verpflichtung des Klägers zur Verschwiegenheit nicht auf "persönliche Daten"; vielmehr erstreckte sie sich u.a. auf den Gegenstand der Beurkundung sowie etwaige von dem Kläger erteilte Belehrungen. Der Kläger behauptet selbst nicht, insoweit Vorkehrungen gegen eine Preisgabe gegenüber Dritten getroffen zu haben. Insgesamt hat er offenbar die ausgewählten Dokumente bzw. Ausschnitte weder konkret auf etwaige geheimhaltungsbedürftige Inhalte überprüft noch, sofern dies überhaupt ausgereicht hätte, adäquate Anweisungen zu einer eigenverantwortlichen Überprüfung durch seine Mitarbeiter erteilt.
h) Ein Verstoß gegen seine Neutralitätspflicht, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO, wurde dem Kläger, anders als mit der Klagebegründung mehrfach angenommen, in diesem Zusammenhang nicht zur Last gelegt.
5. Die von der Beklagten verhängte Disziplinarmaßnahme begegnet nach Art und Höhe keinen Bedenken.
a) Bei der Auswahl der Disziplinarmaßname sind die Bedeutung der verletzten Pflicht, die Dauer und Intensität des Vergehens, ein etwa angerichteter Schaden, die Auswirkung auf das Ansehen des Notarberufs und des betroffenen Notars, der Grad des Verschuldens, die Motive des Notars, seine bisherige Amtsführung, sein Verhalten nach der Tat und die Zukunftsprognose zu berücksichtigen, ferner seine wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 8. Aufl. § 97 Rn. 17 i. V. m. Rn. 10).
b) Die von dem Kläger begangenen Pflichtverletzungen wiegen jeweils für sich genommen und erst recht in der Gesamtschau schwer. Sie lassen die Verhängung einer - empfindlichen - Geldbuße als geboten erscheinen.
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den vorsätzlichen Verstoß gegen das Anscheinsverbot des § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO i. V. m. Abschnitt A II Satz 1 der Richtlinien der Notarkammer Celle durch die Beurkundung des Testaments am 6. April 2017. Der Notar ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO gerade nicht Vertreter einer Partei, sondern unabhängiger und unparteiischer Betreuer aller Beteiligten. Insoweit hat der Kläger eine Amtspflicht verletzt, die zum Kernbereich seiner Tätigkeit als Notar gehört. Denn die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind die wichtigsten Prinzipien des notariellen Berufsrechts und rechtfertigen überhaupt erst das Vertrauen, das dem Notar entgegengebracht wird; sie bilden das Fundament des Notarberufs (BGH, Beschluss vom 13. November 2017 - NotSt (Brfg) 3/17, zitiert nach juris Rn. 25 m. w. N.; Senatsurteil vom 29. August 2018 - Not 1/18, zitiert nach juris Rn. 51). Das die Sicherung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars bezweckende Anscheinsverbot ist in engem Zusammenhang zu sehen mit den der Wahrung derselben Ziele dienenden - wenn auch hier nicht einschlägigen - Beurkundungsverboten des § 3 BeurkG; deren zentraler Zweck besteht darin, das Ansehen der Notare in den Augen der Bevölkerung als unabhängige und unparteiische Betreuer zu wahren (BGH, Beschluss vom 22. März 2004 - NotZ 26/03, zitiert nach juris Rn. 25). Das sich hieraus ergebende Gewicht dieser Amtspflichten spiegelt sich auch in § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO wieder. Denn danach führen wiederholte grobe Verstöße eines Notars gegen die Verbote des § 3 Abs. 1 BeurkG zwingend zur Amtsenthebung, wobei hierfür noch nicht einmal ein erheblicher Schuldvorwurf erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 26. November 2012 - NotSt (Brfg) 2/12, zitiert nach juris Rn. 17 m. w. N.).
Die des Weiteren fahrlässig begangenen Verstöße des Klägers gegen § 14 Abs. 3 BNotO i. V. m. den Richtlinien der Notarkammer Celle unter A II Satz 4 lit. d in zwei Fällen sowie die vorsätzlichen Zuwiderhandlungen des Klägers gegen § 18 Abs. 1 BNotO in zwei Fällen betreffen gleichfalls jeweils den Kernbereich der notariellen Tätigkeit. Auch diese verletzten Vorschriften dienen dem Schutz des "Fundaments des Notarberufs". Dessen Ansehen wird nicht nur durch ein tatsächliches abhängiges oder parteiisches Verhalten des Notars gefährdet, sondern ebenso sehr dadurch, dass bestimmte Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit wie Pflichtverletzungen erscheinen (BGH, Urteil vom 14. März 2016 - NotSt (Brfg) 6/15, zitiert nach juris Rn. 23; BeckOK-BNotO/Sander, Stand: 31.7.2021 § 14 Rn. 39, 64). Ebenso bildet die strenge Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht einen der Grundpfeiler, auf denen das Vertrauen und das Ansehen beruht, das der Notar bei der rechtsuchenden Bevölkerung genießt. Dies erfordert eine strenge Bindung des Notars an seine Verschwiegenheitspflicht; diese ist von essenzieller Bedeutung (Arndt/Lerch/Sandkühler/Sandkühler, 8. Aufl. § 18 Rn. 2; BeckOK-BNotO/Sander a. a. O. § 18 Rn. 2).
Zugunsten des Klägers fällt ins Gewicht, dass er in seiner langjährigen Amtszeit disziplinarrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist. Auch erstreckt sich das Disziplinarverfahren bereits über einen langen Zeitraum, wobei allerdings zugleich in den Blick zu nehmen ist, dass der Kläger selbst durch wiederholte Gesuche um z.T. erhebliche Fristverlängerungen von bis zu fünf Monaten hierzu einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet hat. Im Hinblick auf die Zuwiderhandlungen gegen § 18 Abs. 1 BNotO ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund der damaligen negativen Presseberichterstattung über die Testamentsbeurkundung und des hierin gegen ihn angedeuteten Vorwurfs der Urkundenfälschung erheblich unter Druck stand. Sein persönliches und berufliches Ansehen drohte Schaden zu nehmen.
c) In der Gesamtbewertung ist die Bemessung der dem Kläger auferlegten Geldbuße nicht zu beanstanden. Nach § 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO kann die Geldbuße bis zu 50.000 € betragen. Schon der Verstoß gegen das Anscheinsverbot durch die Testamentsbeurkundung vom 6. April 2017 hätte für sich genommen den Ausspruch einer empfindlichen Geldbuße gerechtfertigt. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des einheitlichen Dienstvergehens erscheint die Geldbuße in Höhe von 5.000 € als in jedem Falle verhältnismäßig. Zutreffend hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts in dem Widerspruchsbescheid zudem zu Lasten des Klägers berücksichtigt, dass ihm aus dem inkriminierten Urkundsgeschäft gemäß Kostennote vom 4. Juli 2017 Gebühren in Höhe von 7.862,09 € zugeflossen sind, die er bei Beachtung seiner Amtspflichten nicht eingenommen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2012 a. a. O. Rn. 18; Senatsurteil vom 29. August 2018 - Not 1/18, zitiert nach juris Rn. 51 m. w. N.).
Unter erneuter Einbeziehung der vorstehenden zugunsten wie zulasten des Klägers sprechenden Umstände in die Gesamtabwägung zur Würdigung des einheitlichen Dienstvergehens des Klägers ist eine Herabsetzung der Geldbuße auf einen Betrag von weniger als 5.000 € nicht veranlasst. Die von dem behördlichen Disziplinarverfahren abweichende Bewertung der Annahme eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 BNotO in zwei Fällen (anstatt, wie in der angegriffenen Verfügung, in einem Fall) wirkt sich hierbei, wie bereits oben ausgeführt, nicht zum Nachteil des Klägers aus.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 BNotO, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 111b BNotO, § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Bemessung des Gegenstandswertes richtet sich nach § 111g Abs. 1 BNotO i. V. m. § 52 Absatz 2 GKG und beläuft sich auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Wegfall der ihm auferlegten Geldbuße i. H. v. 5.000 €.
Anlass zur Zulassung der Berufung gemäß § 111d BNotO, § 124 Abs. 2 i. V. m. § 124a Abs. 1 VwGO besteht nicht.