Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 07.10.2008, Az.: 2 A 3435/05

Gültige Maßstabsregelung einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung für Veranlagungsgruppen; Unwirksamkeit der gesamten Maßstabsregelung und des Beitragssatzes bei Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung; Zugehörigkeit der Gruppe der Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen zu den Beitragspflichtigen bei Abschluss nicht unmittelbar entgeltlicher Rechtsgeschäfte

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
07.10.2008
Aktenzeichen
2 A 3435/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 30143
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2008:1007.2A3435.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 22.11.2010 - AZ: 9 LC 393/08

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Nach dem auch im Fremdenverkehrsbeitragsrecht geltenden Grundsatz der konkreten Vollständigkeit muss eine Fremdenverkehrsbeitragssatzung für alle in Betracht kommenden Veranlagungsgruppen eine gültige Maßstabsregelung enthalten.

  2. 2.

    Fehlt eine erforderliche Maßstabsregelung, die nicht lediglich unerhebliche Auswirkungen hat, so führt das zur Unwirksamkeit der gesamten Maßstabsregelung und des Beitragssatzes.

  3. 3.

    Mit Blick auf § 9 Abs. 2 Satz 1 NKAG gehört die Gruppe der Vermieter oder Verpächter von Geschäftsräumen grundsätzlich zu den Beitragspflichtigen, auch wenn diese mit Gästen nicht unmittelbar entgeltliche Rechtsgeschäfte abschließen. Lediglich in Ausnahmefällen ist nicht von dem Vorliegen eines besonderen wirtschaftlichen Vorteils auszugehen, so z.B. im Falle von - für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit - objektiv ungeeigneten Räumen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für die Jahre 1999 bis 2007 sowie einen Kostenfestsetzungsbescheid.

2

Sie nahm ihre gewerbliche Tätigkeit am 21. März 1997 auf und unterhält seit geraumer Zeit, insbesondere in den in diesem Verfahren streitigen Veranlagungszeiträumen eine Betriebsstätte im Ortsteil A. der Beklagten. Diese befand sich zumindest seit 1998 im B.-weg 4 und ist von der C.-Straße13 in A. dorthin verlegt worden. Nach der Gewerbeanmeldung ist Gegenstand des Gewerbes der Handel, die Vermietung, Vercharterung und das Leasen von Fahrrädern, Tretmobilen, Wasserfahrzeugen und Fahrzeugen aller Art sowie die Erstellung und Vermarktung von Konzepten im Freizeitbereich.

3

Am 23. Juli 2002 forderte die Beklagte die Klägerin auf, anlässlich der beabsichtigten Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag die zur Beurteilung ihrer Beitragspflicht und zur Schaffung der Bemessungsgrundlage für den Beitrag erforderlichen Auskünfte zu erteilen und diese in dem beigefügten Erhebungsbogen einzutragen. Darüber hinaus wies die Beklagte in dem genannten Schreiben darauf hin, dazu berechtigt zu sein, bei Nichtauskunft die zur Schaffung der Bemessungsgrundlagen notwendigen Angaben zu schätzen. Die Klägerin erteilte gegenüber der Beklagten bis zu der von dieser gesetzten Frist vom 20. September 2002 keine Auskunft.

4

Mit mehreren Fremdenverkehrsbeitragsbescheiden vom 27. September 2002 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für die Betriebsstätte B.-weg für die Jahre 1998 bis 2001 heran. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Veranlagungen (die erläuternden Angaben entsprechen denen in den betreffenden Bescheiden):

BrancheBemessungsgrundlageMesszahlZoneZeitraumZeitraum (für ... Monate)Tarif in DMBetrag in DM
LadengeschäftArbeitskräfte1I199812261,13 DM261,13 DM
LadengeschäftArbeitskräfte1I199912274,57 DM274,57 DM
LadengeschäftArbeitskräfte1I200012257,41 DM257,41 DM
LadengeschäftArbeitskräfte1I200112280,68 DM280,68 DM
Verkauf/Verleih von FahrrädernEinheiten120I19981219,08 DM2.289,60 DM
Verleih von Fahrrädern usw.Einheiten120I19991219,70 DM2.364,00 DM
Verleih von Fahrrädern usw.Einheiten120I20001218,08 DM2.169,60 DM
Verkauf/Verleih v. FahrrädernEinheiten120I20011225,52 DM3.062,83 DM
5

Mit einem am 25. Oktober 2002 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben erhob die Klägerin gegen die Fremdenverkehrsabgabenbescheide für die Jahre 1998 bis 2002 jeweils Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus:

6

Die Veranlagung sei zu beanstanden, da das Erhebungssystem der Beklagten fehlerhaft sei. Sie habe bereits 1998 die Beklagte darüber informiert, dass eine Vielzahl Fremdenverkehrsabgabepflichtiger nicht veranlagt worden sei. Damit liege keine korrekte Bemessungsgrundlage vor. Außerdem sei in den Bescheiden nicht berücksichtigt worden, dass das Gewerbe nur in der Zeit vom 1. April bis 20. Oktober eines Jahres ausgeübt werde.

7

Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 11. Juli 2003 zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2002 für die oben genannte Betriebsstätte in A. von 1.566,00 EUR heran. Diese Veranlagung änderte sie mit Bescheid vom 4. August 2003, gegen den die Klägerin ebenfalls Widerspruch erhob, wie folgt:

ForderungsartAnzahl/MessbetragBemessungsart Hebesatz/Geb.JahresbeitragZeitraum von-bisbisheriger Betragneuer Beitrag (Bescheid v. 4.8.2003)Änderung EUR
Fremdenverkehrsbeitrag120,00 Einh.Einheiten/Zone I 13,051.566,00 EUR01.-12.021.566,00
120,00 Einh.9,241.108,80 EUR01.-12.021.108,80
120,00 Einh.9,241.108,80 EUR08.-12.02462,00
120,00 Einh.13,051.566,00 EUR08.-12.02652,50-266,70
8

==== Gesamtbetrag -266,70

9

Mit Bescheid vom 14. Mai 2004 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für die in Rede stehende Betriebsstätte für 2003 heran, gegen den die Klägerin auch Widerspruch erhob. Die Veranlagung beruhte auf folgender Berechnung:

Anzahl/MessbetragBemessungsart Hebesatz/Geb. Einheiten/Zone IJahresbeitragZeitraum von-bisbisheriger Betragneuer BeitragInsgesamt EUR
120,00 Einh.13,051.566,00 EUR01.-10-031.305,00
120,00 Einh.7,67920,40 EUR11.-12.03153,401.458,40
10

====Gesamtbetrag 1.458,40

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2005 gab die Beklagte dem Widerspruch gegen die Veranlagung für das Jahr 1998 in vollem Umfang und den Widersprüchen gegen die Bescheide vom 27. September 2002 für die Jahre 1999 bis 2001 hinsichtlich der Heranziehung wegen des Ladengeschäfts statt. Im Übrigen wies sie die Widersprüche zurück und gab insoweit zur Begründung im Wesentlichen an:

12

Die Heranziehung der Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für ihre Betriebsstätte im B.-weg 4 erfolge unter Einordnung in die laufende Nummer 9 der Anlage zur Fremdenverkehrsbeitragssatzung (FVBS) für den Verleih von Fahrrädern, Tretmobilen und Wasserfahrzeugen mit 120 Einheiten. Die Einordnung in diese Beitragskategorie sei sachgerecht und angemessen. Die Veranlagung seit Januar 1999 sei nicht zu beanstanden, da die Klägerin ihre gewerbliche Tätigkeit bereits am 21. März 1997 aufgenommen habe. Es sei nicht als Beendigung einer beitragspflichtigen Tätigkeit anzusehen, wenn diese nur saisonal ausgeübt werde. Diesem Umstand werde in der Beitragskalkulation Rechnung getragen. Die Einwände der Klägerin gegen die Richtigkeit der Kalkulation würden nicht durchgreifen. Die Beitragskalkulation der Fremdenverkehrsbeitragssatzung sei durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 26. Februar 2002 als ordnungsgemäß festgestellt worden. Es sei auch nichts hinsichtlich der konkreten Rechnung des Fremdenverkehrsbeitrages zu erinnern. Der Beitragsmaßstab von 120 Einheiten sei nicht zu beanstanden. Nach § 6 Abs. 1 FVBS hätten die Beitragspflichtigen ihr die Aufnahme der beitragspflichtigen Tätigkeit und auf Aufforderung die erforderlichen Angaben zur Berechnung des Beitrages mitzuteilen. Die Klägerin habe die zur Schaffung der Bemessungsgrundlage für den Beitrag erforderlichen Auskünfte nicht in der von ihr - der Beklagten - gesetzten Frist bis zum 20. September 2002 mitgeteilt. Vor diesem Hintergrund seien die entsprechenden Grundlagen gemäß § 162 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geschätzt worden. Dabei sei das Schätzergebnis von 120 Einheiten nicht willkürlich gegriffen worden. Vielmehr sei der Geschäftsraum im Laufe des Betriebs durch einen Gemeindebediensteten besichtigt worden, um eine möglichst genaue Schätzung vornehmen zu können. Gezielte Nachkontrollen hätten zu dem Ergebnis geführt, dass die vorgenommene Schätzung der tatsächlich zu veranlagenden Bemessungszahl entspreche.

13

Den gegen die Veranlagung für das Jahr 2002 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2005 zurück und wiederholte im Wesentlichen die im Widerspruchsbescheid hinsichtlich der Veranlagung für die Jahre 1999 bis 2001 genannten Erwägungen.

14

Auf den gegen die Veranlagung für das Jahr 2003 erhobenen Widerspruch änderte die Beklagte ihre Veranlagung mit Änderungsbescheid vom 21. Juli 2005 wie folgt:

Anzahl/MessbetragBemessungsart Hebesatz/Geb.JahresbeitragZeitraum von-bisbisheriger Betragneuer Beitrag
Einheiten/Zone I
120,00 Einh.13,051.566,00 EUR07.-10.03.522,00
86,00 Einh.13,051.122,30 EUR07.-10.03.374,10
120,00 Einh.7,67920,40 EUR11.-12.03.153,40
86,00 Einh.7,67659,62 EUR11.-12.03.109,94
15

Im Übrigen wies sie diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2005 zurück und führte zur Begründung aus, die Klägerin sei auch nach einer erneuten Prüfung der Sach- und Rechtslage zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2003 heranzuziehen. Sie betreibe in A. die Vermietung, Vercharterung und das Leasing von Fahrrädern, Tretmobilen, Wasserfahrzeugen und Fahrzeugen aller Art sowie die Erstellung und Vermarktung von Konzepten im Freizeitbereich. Die Klägerin gehöre damit zweifelsfrei zum beitragspflichtigen Personenkreis.

16

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 21. Juli 2005 zog die Beklagte die Klägerin für die Entscheidung über den eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Mai 2004 zu Kosten in Höhe von insgesamt 40,30 EUR heran.

17

Durch "Änderungsbescheid" vom 21. Juli 2005 veranlagte die Beklagte die Klägerin (erneut) zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für die Betriebsstätte B.-weg 4 für das Jahr 2004 - die ursprüngliche Heranziehung erfolgte mit Bescheid vom 20. Mai 2005 - und legte der Veranlagung nunmehr folgende Berechnung zu Grunde:

Anzahl/MessbetragBemessungsart/Hebesatz/GebJahresbeitragZeitraum von-bisbisheriger Betragneuer Beitrag
Einheiten/Zone I
120,00 Einh.7,67920,40 EUR01.-12.04920,40
86,00 Einh.7,67659,62 EUR01.-12.04659,62
18

Mit Bescheiden vom 9. Juni 2006, 11. Mai 2007 und 16. Mai 2008 zog die Beklagte die Klägerin zu Fremdenverkehrsbeiträgen für dieselbe Betriebsstätte für die Jahre 2005 bis 2007 in Höhe von 653,23 EUR (2005), 876,96 EUR (2006) und 942,48 EUR (2007) heran.

19

Die Klägerin hat am 19. und 22. August 2005 gegen die Veranlagung für die Jahre 1999 bis 2004 (im Folgenden wird nur das Veranlagungsjahr genannt), 6. Juli 2006 (2005), 11. Juni 2007 (2006) sowie am 16. Juni 2008 (2007) Klagen erhoben. Das erkennende Gericht hat die in den einzelnen Jahren erhobenen Klagen mit Beschlüssen vom 16. Juni und 2. Juli 2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, wobei das Verfahren 2 A 3435/05 führt.

20

Zur Begründung ihres Anliegens macht die Klägerin - unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung - im Wesentlichen geltend:

21

Ihre Veranlagung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag sei für alle Veranlagungsjahre zu beanstanden, da die jeweilige Veranlagung auf einer nichtigen Satzung beruhe. Die Beklagte habe Firmen- und Berufszweige nicht erfasst, die eindeutig von dem Fremdenverkehr profitiert hätten und zu veranlagen gewesen wären, da ihnen ein zumindest mittelbarer Vorteil zugute gekommen sei. Dies habe gleichzeitig zu einer rechtlich relevanten Fehlerhaftigkeit der jeweiligen Kalkulation geführt. Außerdem sei zu rügen, dass aus den Gesamtumständen nicht ersichtlich sei, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte einen angemessenen Eigenanteil von den Aufwendungen für die Fremdenverkehrswerbung trage. Auch im Übrigen bestünden Zweifel am Vorliegen eines beitragsfähigen Aufwandes. So sei davon auszugehen, dass die Fremdenverkehrsabgabe nicht dazu verwendet werde, ausschließlich die Kosten des Tourismus zu decken. Vielmehr dienten diese Beiträge auch dazu, die Verluste, die die Firma D- GmbH mit dem Betreiben der Campingplätze..., der Yachthäfen in E. und F., der Schleuse in G., des Wohnmobilstellplatzes in H., des Hauses des Gastes in ...., der Kurverwaltung in ......, des Wattenmeerhauses in ..... sowie der Sparten "Vermittlung von Ferienhäusern auf Provisionsbasis bzw. Durchführung und Organisieren von Veranstaltungen mit Schaustellern gegen Eintritt" gemacht habe, zu minimieren. Darüber hinaus sei hinsichtlich der jeweiligen Fremdenverkehrsbeitragssatzung zu rügen, dass in dieser eine Ermächtigung im Sinne des § 12 Abs. 1 des Nds. Kommunalabgabengesetzes in der jeweils gültigen Fassung (NKAG) nicht enthalten sei. Schon aus diesen Gründen sei die Übertragung der Aufgaben auf die Firma D- GmbH nicht zulässig gewesen bzw. hätte das von dieser Gesellschaft "erwirtschaftete" Defizit bei den jeweiligen Kalkulationen nicht berücksichtigt werden dürfen. Ungeachtet dessen hätte die Beklagte eine Ausschreibung hinsichtlich der Beauftragung mit diesen Aufgaben durchführen müssen, um zu ermitteln, welche Firma in der Lage sei, die Abrechnung am zuverlässigsten und effektivsten zu vollbringen. Neben den Gründen, die zur Annahme einer nichtigen Satzung führten, stehe ihrer rechtmäßigen Veranlagung der Umstand entgegen, dass das Verwaltungshandeln der Beklagten einen gleichheitswidrigen Vollzug der jeweiligen Fremdenverkehrsbeitragssatzung bewirke. In diesem Zusammenhang sei zunächst zu beanstanden, dass die Beklagte im Ergebnis die Betriebe, die im Erhebungsgebiet ihren Betriebssitz hätten und dort tätig seien, nicht vollständig veranlagt habe. Des Weiteren habe die Beklagte keine Personen oder Unternehmen veranlagt, die zwar ihren Sitz nicht im Erhebungsgebiet hätten, aber gleichwohl dort tätig seien. Darüber hinaus sei die Erhebungspraxis der Beklagten bezogen auf Saalbetriebe und Veranstaltungen rechtswidrig, da die Saalbetriebe offenbar nicht zur Fremdenverkehrsabgabe herangezogen worden seien. Die nicht bzw. falsch veranlagten potentiellen Beitragspflichtigen seien auf ca. 70 bis 80% zu schätzen.

22

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.)

    die drei Fremdenverkehrsbeitragsbescheide der Beklagten vom 27. September 2002 über die Heranziehung für die Jahre 1999 bis 2001 hinsichtlich des Verkaufs und/bzw. Verleihs von Fahrrädern "usw." in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 21. Juli 2005, den Abgabenbescheid vom 4. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005, den Abgabenbescheid vom 14. Mai 2004, geändert durch den Bescheid vom 21. Juli 2005, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 21. Juli 2005, den "Änderungsbescheid" vom 21. Juli 2005 über die Heranziehung für das Jahr 2004 sowie die Abgabenbescheide vom 9. Juni 2006, 11. Mai 2007 und 16. Mai 2008

    und

  2. 2.)

    den Kostenfestsetzungsbescheid vom 21. Juli 2005 aufzuheben.

23

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

24

Sie tritt dem Klagebegehren entgegen und macht geltend:

25

Der vom Gericht sinngemäß angedeutete Fehler bei der Kalkulation des Beitragssatzes sei nicht gegeben. Auch der zunächst in einer gerichtlichen Verfügung angesprochene Umstand, dass Eigentümer oder Besitzer von Wohnungen, die ihre Räumlichkeiten nicht selbst nutzten, in der Satzung und bei der Kalkulation nicht berücksichtigt worden seien, habe auf die Wirksamkeit des Beitragssatzes keine Auswirkungen. Den Eigentümern oder Besitzern von nicht selbst genutzten Wohnungen oder Häusern würden gerade nicht grundsätzlich unmittelbare oder besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr geboten. Hiervon sei insbesondere nicht bei einer Vermietung des Objekts an Ortsansässige auszugehen. Die Vermietung von Wohnraum an Einheimische stelle keine Leistungserbringung gegenüber unmittelbar Bevorteilten (Fremdenverkehrsbeitragspflichtigen) dar. Denn die Privatpersonen als solche seien nicht fremdenverkehrsbeitragspflichtig, sondern nur ihre selbständige Tätigkeit, wie sich aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 1 NKAG ergebe. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Vorteilsziehung sei weiter darauf hinzuweisen, dass ein mittelbarer Vorteil auch nicht dadurch in Betracht komme, dass der dauerhaft vermietete Wohnraum untervermietet werde. Hiergegen spreche, dass der Mieter grundsätzlich nicht berechtigt sei, ohne Erlaubnis des Vermieters den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiter zu vermieten. Darüber hinaus würde auch eine Untervermietung an einen Fremden keinen mittelbaren Vorteil des ursprünglichen Vermieters begründen. Aus ähnlichen Gründen sei auch die Vermietung von Geschäftsräumen nicht fremdenverkehrsbeitragspflichtig. Mittelbare Vorteile könnten solche Personen bzw. Unternehmen haben, die - etwa wie Großhändler oder andere Gewerbetreibende - mit den vom Fremdenverkehr unmittelbar profitierenden Kreisen im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigten oder Dienstleistungen erbrächten, wie dies etwa bei Getränke- und Lebensmittellieferanten der Beherbergungsbetriebe oder bei Kreditinstituten der Fall sei. Eine mittelbare Bevorteilung sei abzugrenzen von den besseren Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die nur dadurch entstünden, dass der Fremdenverkehr die Wirtschaftskraft in einer Gemeinde anhebe und die Zahl der Einwohner steigen lasse. Insoweit fehle es an dem erforderlichen konkreten Zusammenhang zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten und dem Fremdenverkehr. Außerdem sei der Vermieter oder Verpächter von Geschäftsräumen nicht als "Selbständiger" im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts aufzufassen. Aber selbst wenn entgegen ihrer Auffassung die Gruppe der Vermieter oder Verpächter von dauerhaft überlassenen Räumlichkeiten als Beitragspflichtige in Betracht käme, würde dieser Umstand nicht zur Unwirksamkeit der jeweiligen Satzung führen. Denn der Grundsatz, dass die Beitragssatzung die Abgabenschuldner vollständig zu erfassen habe, sei nicht auf die Kalkulation zu übertragen. Die Kalkulation der Beitragssatzung stelle lediglich eine Prognose für einen bestimmten Zeitraum dar. Wenn sie also bislang - wie im Übrigen alle Kommunen im Land Niedersachsen - die Vermieter von Wohnraum als solche nicht zu Fremdenverkehrsbeiträgen herangezogen habe, müsse dies im Rahmen einer Nachfestsetzung und bei der nächsten Kalkulation mit berücksichtigt werden. Entsprechende Über- oder Unterdeckungen wären dann auszugleichen. Schließlich sei auf Folgendes aufmerksam zu machen: Eine Einbeziehung der in Rede stehenden Personengruppen in die Berechnung des Beitragssatzes und eine Heranziehung der betreffenden Beitragspflichtigen sei auch unterblieben, da insoweit nur mit einem geringen Ertrag zu rechnen gewesen sei. Betrachte man z.B. die Tätigkeit eines Vermieters von Dauerwohnungen, so müsse man feststellen, dass der Zeitanteil für diese Verwaltungstätigkeit im gesamten Jahr sehr niedrig sei. Dazu kämen die zeitlichen Aufwendungen für die Erhebung der Betriebskostenabrechnungen. Ansonsten fielen üblicherweise keine weiteren zeitintensiven Tätigkeiten an. Die Berücksichtigung dieser Personengruppe wäre damit im Verhältnis des Verwaltungsaufwands (Ermittlung und Heranziehung der Beitragspflichtigen) zum Nutzen (Fremdenverkehrsbeitragszahlung) zu groß.

26

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem Verfahren und der Gerichtsakten der anderen Verfahren, die durch die Verbindungsbeschlüsse beendet wurden sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist zulässig und sowohl hinsichtlich der Heranziehung zu Fremdenverkehrsbeiträgen (1.) als auch bezüglich der Kostenfestsetzung (2.) begründet.

28

1.

Die drei Fremdenverkehrsbeitragsbescheide der Beklagten vom 27. September 2002 über die Heranziehung für die Jahre 1999 bis 2001 hinsichtlich des Verkaufs und/bzw. Verleihs von Fahrrädern "usw." in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005, der Abgabenbescheid vom 4. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005, der Abgabenbescheid vom 14. Mai 2004, geändert durch den Bescheid vom 21. Juli 2005, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005, der "Änderungsbescheid" vom 21. Juli 2005 über die Heranziehung für das Jahr 2004 sowie die Abgabenbescheide vom 9. Juni 2006, 11. Mai 2007 und 16. Mai 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

29

Die angefochtenen Bescheide werden auf Bestimmungen der Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS - der Beklagten für ......vom 28. Dezember 1998 in der jeweils geltenden Fassung gestützt. Diese Regelungen beruhen insbesondere auf § 9 NKAG in der jeweils geltenden Fassung.

30

Die Veranlagung der Klägerin zu Fremdenverkehrsbeiträgen für die Jahre 1999 bis 2007 ist zu beanstanden, weil die FVBS der Beklagten in allen hier in Betracht kommenden Fassungen keine wirksame Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für die Jahre 1999 bis 2007 enthält.

31

Die Regelungen über die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages sind nichtig, weil die Regelung des Beitragsmaßstabes in der jeweiligen FVBS - §§ 3 und 4 FVBS der jeweiligen Fassung, die auf die Anlage 2 Bezug nimmt - gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt, auf den sich auch die Klägerin als inländische juristische Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann, weil dieses Grundrecht seinem Wesen nach auf die Klägerin anwendbar ist.

32

Nach dem auch im Fremdenverkehrsbeitragsrecht geltenden Grundsatz der konkreten Vollständigkeit muss eine Fremdenverkehrsbeitragssatzung für alle in Betracht kommenden Veranlagungsgruppen eine gültige Maßstabsregelung enthalten (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 -, [...], Rn. 35, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 1992, 40 ff. [OVG Niedersachsen 13.11.1990 - 9 K 11/89]). Dieser Grundsatz verlangt eine Beitragssatzung, die auf jeden in der Gemeinde denkbaren Beitragsfall anwendbar ist. Mithin wird eine Regelung verlangt, die eine annähernd vorteilsgerechte Verteilung des umlagefähigen Aufwandes für alle Verteilungskonstellationen ermöglicht, die in der betreffenden Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung vorhanden sind oder deren Entstehen aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu erwarten ist (vgl. im Zusammenhang mit einer Erschließungsbeitragssatzung: BVerwG, Urteil vom 19. August 1994 - 8 C 23.92 -, [...], Rn. 17, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 1996, 194 ff. [BVerwG 19.08.1994 - BVerwG 8 C 23/92]; vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 29. März 1995 - 9 L 4417/94 -, [...], Rn. 38, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 1996, 289 ff. [OVG Niedersachsen 29.03.1995 - 9 L 4417/94], das zur Abfallentsorgungsgebührensatzung sinngemäß ausführte, nach dem Grundsatz der konkreten Vollständigkeit beziehe sich eine Überprüfung nicht nur auf die gerade die Klägerin betreffenden Regelungen, sondern auch darauf, ob für alle denkbaren Fälle im Entsorgungsgebiet eine wirksame Maßstabsregelung bestehe; das folge aus dem allgemeinen Gleichheitssatz und daraus, dass ohne eine für alle Fälle im Entsorgungsgebiet rechtmäßige Maßstabsregelung weder eine ordnungsgemäße Gebührenkalkulation noch die wirksame Festlegung eines Gebührensatzes möglich sei). Im Zusammenhang mit einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung können zwar nach dem Typisierungsgrundsatz Gruppen von Beitragsfällen geschaffen werden, wobei das weite Ermessen der Gemeinde zur Bildung von Beitragsgruppen erst dann ein Ende findet, wenn die Vorteilslage unter keinen Umständen mehr als gleich angesehen werden kann (vgl. Nds. OVG, Urteile vom 3. März 2006 - 9 KN 327/03 -, [...], Rn. 24 f., mit Veröffentlichungshinweis auf NVwZ-RR 2007, 414 [OVG Niedersachsen 03.03.2006 - 9 KN 327/03], auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG, und vom 26. März 2003 - 9 KN 352/02 -, [...], Rn. 17, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2003, 1539 ff., auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG, nach dem offenbar der Auffangtatbestand "sonstige selbständige Personen, denen mittelbar oder unmittelbar durch den Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden" zulässig ist, was in dem Urteil vom 13. November 1990, a.a.O., noch für ausgeschlossen erklärt worden war). Fehlt indes eine erforderliche Maßstabsregelung, die nicht lediglich unerhebliche Auswirkungen hat, so führt das zur Unwirksamkeit der gesamten Maßstabsregelung und des Beitragssatzes. Ohne diese Elemente wiederum kann eine Abgabensatzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG nicht Grundlage für wirksame Beitragserhebungen sein (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 2. Juni 2004 - 4 K 38/02 -, [...], Rn. 88, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf DVBl 2005, 64 (Leitsatz); Nds. OVG, Urteil vom 29. März 1995, a.a.O., Rosenzweig/Freese, Praxis der Kommunalverwaltung, NKAG, Kommentar, März 2007, § 10 Rn. 38).

33

Hier liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit und damit gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor. Die FVBS der Beklagten hat in jeder in diesem Verfahren geltenden maßgeblichen Fassung in rechtlich erheblichem Maße Vorteilhabende nicht berücksichtigt mit der Folge, dass in die Satzung einbezogene Vorteilhabende - wie die Klägerin - dadurch in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt werden.

34

Dies betrifft die Eigentümer oder Besitzer von - vor allem nicht zu Wohnzwecken genutzten - Räumlichkeiten, die diese zwar Dritten insbesondere zur Ausübung eines Gewerbes (z.B. im Bereich des Einzelhandels, des Gastronomiebereichs, etc.), eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Tätigkeit entgeltlich überlassen haben, als Beitragspflichtige aber nicht einbezogen wurden.

35

Hinsichtlich der Gruppe der Vermieter oder Verpächter von (nicht nur vorübergehend überlassenen) Geschäftsräumen räumt die Beklagte selbst ein, diese nicht zu einem Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen und in der Kalkulation des jeweiligen Beitragssatzes berücksichtigt zu haben. Bei dieser Gruppe handelt es sich - jedoch - um Vorteilhabende i.S.d. § 2 der jeweiligen Fassung der FVBS, der mit § 9 Abs. 2 NKAG übereinstimmt. Ihnen wird grundsätzlich zumindest ein mittelbarer besonderer wirtschaftlicher Vorteil aus dem Fremdenverkehr geboten.

36

In diesem Zusammenhang geht der in der mündlichen Verhandlung geäußerte Einwand der Beklagten fehl, wonach es sich bei Vermietern oder Verpächtern von solchen Räumlichkeiten nicht um selbständig Handelnde im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts handele. Der Begriff der selbständigen Tätigkeit im Fremdenverkehrsbeitragsrecht geht weiter als der im Steuerrecht. Die Funktion dieses Tatbestandsmerkmals erschöpft sich darin, unselbständig tätige Arbeitnehmer von der Beitragspflicht auszunehmen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. September 2007 - 9 ME 119/07 -, [...], Rn. 13, einsehbar auch in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG; BayVGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - 4 B 05.3119 -, [...], Rn. 18, m.w.N.; wohl auch Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2008, § 11 Rn. 83). Selbständige Tätigkeit im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts liegt hiernach jedenfalls immer dann vor, wenn Räume vermietet werden, die unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 12. Juni 2002 - 4 CS 02.1220 -, [...], Rn. 9).

37

Mit Blick auf § 9 Abs. 2 Satz 1 NKAG gehört die Gruppe der Vermieter oder Verpächter von Geschäftsräumen grundsätzlich zu den Beitragspflichtigen, auch wenn diese mit Gästen nicht unmittelbar entgeltliche Rechtsgeschäfte abschließen. Denn auch ihnen werden mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr geboten. Entsprechende wirtschaftliche Vorteile haben selbstständig tätige Personen und Unternehmen, die mit den Nutznießern unmittelbarer Vorteile aus dem Fremdenverkehr (Beherbergungsbetriebe, Gaststätten, Inhaber von Ferienwohnungen, Läden usw.), also mit den in der Anlage zur Fremdenverkehrsbeitragssatzung aufgeführten - auf Geschäfts-, Kanzlei- oder Praxisräume angewiesenen - Beitragspflichtigen im Rahmen der für den Fremdenverkehr erfolgten Bedarfsdeckung entgeltliche Geschäfte tätigen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. März 2003 - 9 KN 352/02 -, [...], Rn. 16). Dabei ist es für die Annahme der Beitragspflicht unerheblich, in welchem konkreten Umfang die Gewinnmöglichkeiten für den mittelbar Bevorteilten durch den Fremdenverkehr erhöht werden. Hierauf kommt es nicht an, weil die Beitragspflicht nicht an die tatsächliche Höhe erzielter Gewinne, sondern allein an die objektive Möglichkeit zur Gewinnerzielung anknüpft (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. September 2007, a.a.O., Rn. 15). Lediglich in Ausnahmefällen ist nicht von dem Vorliegen eines besonderen wirtschaftlichen Vorteils auszugehen, so z.B. im Falle von - für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit - objektiv ungeeigneten Räumen (vgl. diesen Gedanken andeutungsweise aufgreifend: Nds. OVG, Beschluss vom 21. Juli 2007 - 9 ME 177/06 -, [...], Rn. 7, mit Veröffentlichungshinweis u.a. NVwZ-RR 2008, 132 f. [OVG Niedersachsen 21.06.2007 - 9 ME 177/06], einsehbar auch in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG).

38

Fremdenverkehrsbeitragspflichtig sind nach alledem Vermieter oder Verpächter, die Räumlichkeiten im Erhebungsgebiet Inhabern von Beherbungsbetrieben (Nr. 1 der Anlage zur FVBS), von Reise- und Werbebüros (Nr. 10), von Tankstellen (Nr. 11), von Fahrschulen (Nr. 12), von Speise- und Schankwirtschaften (Nr. 13), von Ladengeschäften mit überwiegender Bedienung (Nr. 15), von Ladengeschäften mit überwiegender Selbstbedienung (Nr. 16), von Gebäudereinigungsunternehmen, Wäschereien, Reinigungen, Heißmangeln sowie Autowaschanlagen (Nr. 19), von Sonnenstudios und Saunabetrieben (Nr. 24), von Spielhallen (Nr. 33), von Geld- und Kreditinstituten (Nr. 34), von Handwerksbetrieben und von anderen Gewerbebetrieben (Nr. 35) sowie von Fleischereien, Bäckereien, Konditoreien, Fischräuchereien (Nr. 36 der oben genannten Anlage) entgeltlich überlassen. Vermieter oder Verpächter solcher Räumlichkeiten haben die objektive Möglichkeit, angesichts des fremdenverkehrsbedingten Vorteils ihrer Mieter oder Pächter eine höhere Rendite durch ihre selbständige Tätigkeit (Überlassung der Räume) zu erzielen als wenn sie ihre Tätigkeit in einem Gebiet ausüben würden, das nicht durch den Fremdenverkehr geprägt ist.

39

Damit folgt das erkennende Gericht im Ergebnis nicht der Auffassung der Beklagten, wonach die Grundsätze des VGH Baden-Württemberg (Urteil von dem 12. Januar 1995 - 2 S 505 / 93 -, [...] , Rn. 23 mit Veröffentlichungshinweis auf BWGZ 1995 , 215 f.) der Bejahung einer mittelbaren Bevorteilung der in Rede stehenden Personengruppe entgegenstünden. Der VGH Baden-Württemberg führte in der genannten Entscheidung aus, für den mittelbaren besonderen Vorteil werde in der Rechtsprechung gefordert, dass ein "konkreter" bzw. ein "direkter" Zusammenhang zwischen der erhöhten Verdienstmöglichkeit und dem Fremdenverkehr bestehe. Zwischen dem mittelbaren besonderen Vorteil und dem Fremdenverkehr müsse ein typischer und offensichtlicher Zusammenhang bestehen. Als mittelbarer (Sondervorteil) Vorteil sei danach insbesondere der Nutzen anzusehen, den eine am Fremdenverkehr der Gemeinde nicht unmittelbar beteiligte Person dadurch ziehe, dass sie mit den am Fremdenverkehr unmittelbar beteiligten Kreisen im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung entgeltliche Geschäfte tätige (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 30. November 2000 - 2 S 2061/98 -, [...], Rn. 25, mit Veröffentlichungshinweis auf KStZ 2001, 78, vom 25. August 2003 - 2 S 2192/02 - [...], Rn. 34, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2003, 1403 und - zumindest sinngemäß - vom 4. Dezember 2003 - 2 S 2669/02 -, [...], Rn. 32, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 2004. 293 ff.; BayVGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - 4 B 05.3119 -, [...], Rn. 19, m.w.H.). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Nds. OVG das Merkmal eines konkreten Zusammenhanges zwischen dem mittelbaren besonderen wirtschaftlichen Vorteil und dem Fremdenverkehr erst bei der Ermittlung des fremdenverkehrsbedingten Vorteils, d.h. bei der Prüfung der Höhe des Fremdenverkehrsbeitrages angesprochen hat (Urteil vom 13. Dezember 2006 - 9 KN 180/04 -, [...], Rn. 44, veröffentlicht auch in NST-N 2007, 43, einsehbar auch in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG). Es hat in der soeben zitierten Entscheidung klarstellend ausgeführt - wobei es allerdings entgegen der Auffassung des VGH Baden-Württemberg nicht von einer notwendigen, sondern von einer erfolgten Bedarfsdeckung ausgeht - (vgl. Urteil vom 26. März 2003, a.a.O.), bei der Vorteilsbemessung müssten diejenigen Umsätze ausscheiden, bei denen zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten und dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr kein konkreter Zusammenhang bestehe, die also entweder durch Geschäfte mit nicht vom Fremdenverkehr unmittelbar bevorteilten Ortsansässigen oder mit Ortsfremden ohne dem Tourismus unterfallende Aufenthaltsgründe erwirtschaftet würden.

40

Selbst wenn aber auch nach Niedersächsischem Recht für die Annahme eines mittelbaren besonderen Vorteils ein "konkreter" oder "direkter" Zusammenhang im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten sowie dem Fremdenverkehr erforderlich sein sollte, ist der Beitragssatz der FVBS der Beklagten in allen Fassungen zu beanstanden. Es lässt sich nämlich feststellen, dass die Beklagte in ihrer Satzung nicht einmal die Eigentümer bzw. Vermieter von nicht zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten in der Satzung berücksichtigt hat, bei denen ein unmittelbarer Vorteil auf den mittelbar Bevorteilten in dem Sinne "durchschlägt", wie es der VGH Baden-Württemberg und der BayVGH in ihren Entscheidungen zur Bejahung eines mittelbaren Vorteils fordern. Es mag zwar sein, dass z.B. bei einer Vermietung von Räumlichkeiten zum Betreiben eines Supermarktes (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Januar 1995, a.a.O.) oder einer Bankfiliale (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14. Oktober 2002 - 4 ZB 02.583 -, [...], mit Veröffentlichungshinweis auf BayVBl. 2003, 727) der nach Auffassung der Beklagten erforderliche konkrete Zusammenhang zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten und dem Fremdenverkehr fehlt. Dagegen ist - auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BayVGH - ein mittelbarer Vorteil jedenfalls dann zu bejahen, wenn es um die Vermietung oder Verpachtung von Räumen geht, dessen Nutzung unmittelbar (auch) einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14. Oktober 2002, a.a.O., m.w.N.). So verhält es sich zunächst im Bereich des Beherbergungsgewerbes. Die Vermietung oder Verpachtung solcher Geschäftsräume dient allgemeiner Lebenserfahrung nach besonders dem Fremdenverkehr. Sie weist anders als die Vermietung einer Ladenfläche für den Supermarkt, die nach der Auffassung des VGH Baden-Württemberg kein Geschäft "im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung" darstellt und daher insoweit dem Vermieter durch den Fremdenverkehr keinen mittelbaren Vorteil erwachsen lässt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Januar 1995, a.a.O.), einen typischen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr auf. In diesem Fall liegt die mit der in Rede stehenden Vermietung oder Verpachtung der Räumlichkeiten erbrachte Leistung nicht ausschließlich auf einer anderen Ebene, die gleichsam (ausschließlich) als Vorstufe der von dem Betreiber des Gewerbes erbrachten Leistung an die Fremden vorgelagert ist. Denn die Leistung an den Endverbraucher bzw. Urlauber besteht gerade auch in der Zurverfügungstellung von Räumen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Januar 1995, a.a.O.). Nach den Umständen des Einzelfalls lässt sich auch im Bereich der Gastronomie (Speise- und Schankwirtschaft - Nr. 13 der Anlage zur FVBS) zwischen dem Fremdenverkehr und der erhöhten Verdienstmöglichkeit dieser konkrete Zusammenhang bejahen. In Restaurants, Cafés, Teehäusern, Konditoreien, Milchtrinkhallen und Eisdielen, deren Betrieb in einem Fremdenverkehrsgebiet typischerweise auch dem Bedarf der Urlaubsgäste dient, werden nämlich nicht nur Speisen und Getränke angeboten. Darüber hinaus besteht die Leistung des Betreibers des gastronomischen Betriebes an Endverbraucher aus nahe liegenden Gründen auch in der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten (Sitzbereich, sanitäre Anlagen).

41

Eine Durchsicht der jeweiligen Anlage zur FVBS der Beklagten zeigt auf, dass noch bei weiteren - in dieser Anlage genannten - Personengruppen die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten zur Bedarfsdeckung des Urlaubers gehört. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die Inhaber von Heilbädern, Kur-, Bade- und Schwimmanlagen (Nr. 23 der Anlage), von Sonnenstudios und Saunabetrieben (Nr. 24), von Kegel - und Bowlingbahnen (Nr. 25), von Lichtspieltheatern (Nr. 32), von Spielhallen (Nr. 33) sowie auch die Vermieter von Ferienwohnungen und Gästezimmern (Nr. 2 der Anlage), die die Wohnung dauerhaft gemietet haben, zu erwähnen.

42

Diese Einschätzung der Kammer wird z.T. durch die Rechtsprechung des BayVGH gestützt. Mit Blick auf den - vom BayVGH ins Feld geführten - Ansatz, dass eine selbständige Tätigkeit im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts vorliege, wenn die Vermietung oder Verpachtung Räume oder Gebäude betreffe, die unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt seien, hat der BayVGH einen direkten Zusammenhang zwischen der Vermietung und dem Fremdenverkehr im Zusammenhang mit der Überlassung von Räumlichkeiten zur Nutzung als Massagepraxis (Beschluss vom 12. Juni 2002 - 4 CS 02.1220 -, [...], mit Veröffentlichungshinweis auf BayVBl 2003, 727 [BVerwG 21.01.2003 - BVerwG 1 C 5/02] (red. Leitsatz)), als Apotheke (Beschluss vom 11. April 1995 - 4 CZ 95.237 -, zitiert aus der vorgenannten Entscheidung des BayVGH), als Einzelhandelsgeschäft für Damen- und Herrenbekleidung (Beschluss vom 4. April 1995 - 4 CZ 95.238 -, ebenfalls zitiert aus der vorgenannten Entscheidung des BayVGH) sowie als Arztpraxis (Entscheidung vom 15. November 1989, ebenfalls zitiert aus der vorgenannten Entscheidung des BayVGH) bejaht. Ähnlich verhält es sich bei der Einordnung der Verpachtung eines Restaurants (BayVGH, Urteil vom 6. Mai 1993 - 4 B 92.2632 -, V.n.b.).

43

Diese Erwägungen verdeutlichen, dass die Beklagte auch unter Zugrundelegung der - den Begriff des mittelbaren besonderen wirtschaftlichen Vorteils einschränkenden - Grundsätze des VGH Baden-Württemberg sowie des BayVGH eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen in der Satzung nicht berücksichtigt hat, denen durch den Fremdenverkehr grundsätzlich mittelbar besondere wirtschaftliche Nachteile geboten werden.

44

Nach der von der erkennenden Kammer vertretenen Auffassung dürften auch die Eigentümer bzw. Besitzer von Wohnungen, die diese dauerhaft Dritten zur Nutzung überlassen, als Beitragspflichtige in die FVBS einzubeziehen gewesen sein. Auch dieser Personengruppe werden nämlich unmittelbar und mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr geboten. So hat ein Eigentümer einer Wohnung objektiv die Möglichkeit, seine Wohnung dauerhaft einem Dritten zur eigenen Nutzung oder zur Untervermietung an Urlaubsgäste zu überlassen. Dabei dürfte es in diesem Zusammenhang für die Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Vollständigkeit ohne Belang sein, ob aktuell dauerhaft überlassene Wohnungen tatsächlich fremdenverkehrsbedingt genutzt werden. Insoweit dürfte die Beantwortung der Frage, ob diesbezüglich erzielte bzw. erzielbare Umsätze/Gewinne fremdenverkehrsbedingt sind oder sein würden, nicht davon abhängen, wie und von wem die Wohnungen derzeitig genutzt werden. Eine derartige "Momentaufnahme" dürfte nicht entscheidungserheblich sein, weil sich die Nutzung der Wohnungen jederzeit wieder ändern kann (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschluss vom 21. Juli 2007, a.a.O.).

45

Gleichzeitig hat der dargelegte Verstoß gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit zur Folge, dass die jeweiligen Kalkulationen der Beitragssätze in der FVBS der Beklagten nicht den an sie zu stellenden Anforderungen genügen (im Ergebnis anderer Auffassung zu der FVBS der Beklagten in der beschlossenen Fassung vom 28. Dezember 1998: Nds. OVG, Urteil vom 26. Februar 2002 - 9 K 2694/99 -, [...], mit Veröffentlichungshinweis auf KStZ 2003, 55, das allerdings im Rahmen der Kalkulation die in diesem Verfahren relevante Problematik in Zusammenhang mit der Außerachtlassung der oben genannten Bevorteilten nicht angesprochen hat). Der jeweils beschlossene Beitragssatz übersteigt zu Lasten der - in der Anlage zur jeweiligen Satzung vorgesehenen - Beitragspflichtigen den bei einer ordnungsgemäßen Kalkulation beschlossenen Beitragssatz. Diese Überlegung liegt auf der Hand. Da den beitragsfähigen Kosten in der Kalkulation das Aufkommen gegenüberzustellen ist, das die Gemeinde unter Anwendung des satzungsrechtlichen Verteilungsmaßstabs voraussichtlich erzielen wird, bedeutet eine Vergrößerung des Kreises der Beitragspflichtigen, dass der Einzelne - bei einem gleich bleibenden Umfang der beitragsfähigen Kosten - einen geringeren Fremdenverkehrsbeitrag zu zahlen hat. Insofern liegt hier auch kein einzelner Kalkulationsfehler, sondern ein gravierender Systemfehler vor.

46

Nach alledem sind die Regelungen des Beitragsmaßstabes in der jeweiligen FVBS hinsichtlich der Jahre 1999 bis 2007 - §§ 3 und 4 FVBS der jeweiligen Fassung - wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam.

47

Da eine nicht zu beanstandene Maßstabsregelung zwingender Bestandteil einer Beitragssatzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG ist, muss ihre Ungültigkeit gleichzeitig zur Gesamtungültigkeit der Satzung führen.

48

Somit braucht die Kammer den (weiteren) Einwänden der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Kalkulation nicht mehr nachzugehen. Darüber hinaus bedarf es keines Eingehens auf den sinngemäß geäußerten Hinweis der Beklagten auf § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG in der seit dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung, da es sich bei dem in Rede stehenden Mangel aus den oben genannten Gründen nicht um einen Fehler bei der Berechnung der voraussichtlichen Kosten im Sinne der Vorschrift handelt.

49

2.

Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) ist die Klage ebenfalls begründet, weil der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid vom 21. Juli 2005 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die Kostenfestsetzung sind die §§ 1 und 4 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten vom 5. Mai 1992 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems Nr. 21 vom 22. Mai 1992) und der Euroglättungs- und -umrechnungssatzung vom 4. September 2001 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems Nr. 38 vom 21. September 2001). Da der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21. Juli 2005 aus den oben genannten Gründen aufzuheben war, gilt dies auch für den auf dem Widerspruchsbescheid beruhenden Kostenfestsetzungsbescheid.