Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.11.2007, Az.: L 11 AL 429/05
Aufhebung der vorläufigen Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen des zeitgleichen Bezuges einer Altersrente; Von einem Versorgungswerk bezogene Altersrente als öffentlich-rechtliche Leistung; Verhinderung einer doppelten Sicherung des Lebensunterhaltes durch die Gewährung zweier Lohnersatzleistungen; Einordnung der bezogenen Altersrente als ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 28.11.2007
- Aktenzeichen
- L 11 AL 429/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 47627
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2007:1128.L11AL429.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 12.10.2005 - AZ: S 3 AL 422/04
Rechtsgrundlagen
- § 142 Abs. 1 Nr. 4 SGB III
- § 428 SGB III
- § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X
- § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI
- § 172 Abs. 2 SGB VI
- § 7 Abs. 2 AVG
Redaktioneller Leitsatz
Der Bezug einer Altersrente vom Niedersächsischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte zeitgleich zum Bezug des Arbeitslosengeldes führt zum Ruhenstatbestand des § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB III. Die Altersrente ist den "ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art" im Sinne der Vorschrift zuzuordnen.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der vorläufigen Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen des zeitgleichen Bezuges einer Altersrente vom Niedersächsischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte.
Der am I. geborene Kläger war früher als Syndikusanwalt tätig. Als solcher war er Mitglied des Niedersächsischen Versorgungswerkes für Rechtsanwälte. Ab dem 1. Juli 1984 war der Kläger als Angestellter weiterhin Mitglied des Versorgungswerkes und wurde deshalb gemäß § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) (Nachfolgeregelung ab dem 1. Januar 1992: § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) von seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Zuletzt war er seit dem 1. April 1992 Angestellter in der Personal- und Rechtsabteilung der J. in K ... Zum 28. Februar 2002 sprach der Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus. Das Arbeitsgericht K. stellte durch Teilurteil vom 22. Juli 2002 -L. - fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung zum 28. Februar 2002 erloschen war.
Am 26. Juni 2003 meldete sich der Kläger arbeitslos. Sodann wurde dem Kläger durch Bescheid vom 24. Juli 2003 unter Anwendung des § 428 SGB III vorläufig Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 26. Juni 2003 in Höhe von wöchentlich 425,55 EUR für die Dauer von 32 Leistungsmonaten bewilligt; die Bewilligung erfolgte vorläufig im Hinblick auf den noch offenen Ausgang des arbeitsgerichtlichen Klageverfahrens. Am 18. November 2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er eine vorgezogene Altersrente (mit Vollendung des 60. Lebensjahres) vom Niedersächsischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte beziehen könne. Durch Zwischenmitteilung vom 8. Dezember 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Gewährung der Altersrente durch das Versorgungswerk voraussichtlich zum Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld führen werde. Ab dem 1. Januar 2004 bezog der Kläger sodann diese Altersrente in Höhe von monatlich 1.976,34 EUR; dieses teilte der Kläger der Beklagten am 2. Februar 2004 mit; daraufhin wurde die Leistungsgewährung mit Ablauf des 31. Januar 2004 eingestellt.
Durch Bescheid vom 3. März 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Januar 2004 gemäß § 48 SGB X auf, da der Anspruch auf Arbeitslosengeld aufgrund des Bezuges der Altersrente gemäß § 142 SGB III ruhe. Weiter teilte sie mit, dass geprüft werde, ob und inwieweit bezüglich der im Januar 2004 geleisteten Zahlungen (1.926,65 EUR) ein Erstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legte der Kläger am 9. März 2004 Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren beantragte er die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 1. April 2004, da er gegenüber dem Versorgungswerk den Verzicht auf Altersrente zum 1. April 2004 erklärt habe. Diesem Verzichtsantrag hatte das Versorgungswerk nicht entsprochen. Der Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Juni 2004 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Altersrente vom Niedersächsischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte um eine der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art handele und deshalb die Ruhenswirkungen ab dem 1. Januar 2004 eingetreten seien. Durch weiteren Bescheid vom 11. August 2004 wurde ein Erstattungsanspruch für das im Januar 2004 bezogene Arbeitslosengeld geltend gemacht; hiergegen wurde am 30. August 2004 Widerspruch eingelegt.
Aufgrund des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 6. Juli 2004 Klage eingereicht. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er seit den 70er Jahren zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sei. Von der BfA sei er als Angestellter mit Wirkung ab dem 1. Juli 1984 von der Rentenversicherungspflicht befreit worden und zahle seitdem in das Niedersächsische Versorgungswerk für Rechtsanwälte ein. Bei der Altersrente durch das Versorgungswerk handele es sich nicht um eine ähnliche Leistung öffentlicher Art, da diese Leistungen nicht aus Mitteln gezahlt würden, die für öffentliche Aufgaben vorgesehen seien, denn die vom Versorgungswerk gewährten Leistungen seien einzig und allein aus Mitteln finanziert, welche der Kläger eingezahlt habe; diese dienten der privaten Vorsorge. Der Fall sei wie bei einer fälligen kapitalbildenden Lebensversicherung zu beurteilen. Dieser private Vorsorgecharakter des Versorgungswerkes werde auch dadurch hervorgehoben, dass deren Mitglieder nach § 39 Abs. 2a der Satzung bis zu 1/10 von Mitgliedsbeiträge befreit werden könnten, wenn bestimmte Befreiungstatbestände erfüllt seien, wie z.B. durch Abschluss von Kapital- und Rentenversicherungen auf den Erlebens- und Todesfall. Es handele sich auch nicht um einen vom BSG geforderten "Entgeltersatz", da diese Leistungen neben weiteren Einkünften gewährt würden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass er nicht verpflichtet sei, eine vorzeitige Altersrente mit den damit verbundenen Rentenabschlägen in Anspruch zu nehmen.
Der Nebenstreitpunkt, ob der Kläger weiterhin in relevantem Umfang als Rechtsanwalt in der Kanzlei M. tätig gewesen ist, hat sich im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erledigt.
Diese Klage ist durch Urteil des Sozialgerichts (SG) Hildesheim vom 12. Oktober 2005 abgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass der Ruhenstatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 4 SGB III erfüllt sei. Es handele sich bei der bezogenen Altersrente um eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art. Die Altersrente werde von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geleistet, die Beiträge von ihren Pflichtmitgliedern zur Erfüllung ihrer Aufgabe der Altersversorgung erhebe. Von einem privaten Vorsorgecharakter der Leistungen des Versorgungswerkes könne keine Rede sein. Insbesondere handele es sich nach keiner Betrachtungsweise um eine Vorsorgeleistung aus einer Lebensversicherung, denn dann hätte es der Begründung der Rechtsanwaltsversorgung durch Gesetz in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft nicht bedurft. Die Möglichkeit des Hinzuverdienstes stehe der Gleichstellung nicht entgegen. Die Altersrente habe auch Lohnersatzfunktion, denn sie habe nicht lediglich die Funktion, eine zusätzliche Sicherung bereitzustellen.
Gegen dieses am 31. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. November 2005 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft seinen bisherigen Vortrag.
Während des Berufungsverfahrens ist der gerichtliche Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom N. -O. - u.a. bekannt geworden, in dem vereinbart worden war, dass das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2004 endete. Ab dem 1. März 2006 bezieht der Kläger eine Betriebsrente. Daraufhin hat der Kläger die Berufung bezüglich des in das Verfahren einbezogenen Erstattungsbescheides vom 11. August 2004 in vollem Umfang und bezüglich des Bescheides der Beklagten vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 insoweit zurückgenommen, als die Regelungen nicht den Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 28. Februar 2006 betreffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 12. Oktober 2005, den Bescheid vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 aufzuheben, soweit der Leistungszeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 28. Februar 2006 betroffen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die angefochtenen Bescheide und das Urteil des SG. Weiter betont sie, dass eine "ähnliche Leistung" vorliege, wenn die Leistungen öffentlich-rechtlicher Art seien, die Zahlung durch einen öffentlich-rechtlichen Träger erfolge, die Leistung bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze vorgesehen sei, sie als Lohnersatz diene und eine nach ihrer Gesamtkonzeption so bemessene Leistung sei, dass sie im Allgemeinen den Lebensunterhalt sichere. Diese Kriterien seien vorliegend erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, die nur noch die Aufhebungsentscheidung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 28. Februar 2006 erfasst, ist gemäß §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Hildesheim hat durch das Urteil vom 12. Oktober 2005 die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 28. Februar 2006 zu Recht aufgehoben.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Für den vorliegend zu beurteilenden Zeitraum liegen diese Voraussetzungen vor. Es ist aufgrund der teilweisen Klagerücknahme nicht mehr darüber zu entscheiden, ob die im Bescheid vom 3. März 2004 enthaltene Regelung, die Leistungsbewilligung rückwirkend ab dem 1. Januar 2004 aufzuheben, den Maßstäben des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genügt.
Die wesentliche Änderung lag darin, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2004 eine Altersrente vom Niedersächsischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte bezog. Dadurch erfüllte der Kläger den Ruhenstatbestand des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III, so dass ihm ein Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht mehr zustand.
Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch aus einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist.
Bei der vom Niedersächsischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte ab dem 1. Januar 2004 bezogenen Altersrente handelt es sich um eine solche ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art.
Dazu gehören Leistungen öffentlich-rechtlicher Träger, die bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze Entgeltersatz bieten und nach ihrer Konzeption den Lebensunterhalt des Berechtigten im Allgemeinen, nicht notwendig auch im Einzelfall sicher stellen (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 11 AL 25/03 R - m.w.N.., recherchiert in [...] Rn. 19). Sinn und Zweck der Regelung des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III ist es, eine doppelte Sicherung des Lebensunterhaltes durch die Gewährung zweier Lohnersatzleistungen zu verhindern (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, a.a.O.. [...] Rn. 20 am Ende; so bereits zur Vorgängerregelung des § 118 AFG: BSG, Urteil vom 8. Juli 1993 - 7 RAr 64/92 - SozR 3-4100 § 118 AFG Nr. 4, Urteil vom 24. April 1997 - RAr 23/96 - SozR 3-4100 § 118 AFG Nr. 5, auch in [...] Rn. 19). Zu den ähnlichen Leistungen gehören nicht nur öffentlich-rechtliche Leistungen, sondern alle Leistungen, die von einem öffentlich-rechtlichen Träger aus Mitteln gezahlt werden, die für öffentliche Aufgaben vorgesehen sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Bezüge auf öffentlichem oder privatem Recht beruhen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 1993, a.a.O.; so auch BSG, Urteil vom 24. April 1997, a.a.O., wobei die dortige Formulierung "Bedeutsam ist vielmehr, ob die Bezüge aus öffentlichen Mitteln stammen" missverstanden werden könnte, wenn sie nicht durch den Zusatz " ,d.h. aus Mitteln gezahlt werden, die für öffentliche Aufgaben vorgesehen sind." ergänzt worden wäre.). Es reicht mithin aus, dass die Mittel "aus öffentlichen Kassen" stammen.
Die genannten Merkmale treffen für die Altersrente des Niedersächsischen Versorgungswerkes der Rechtsanwälte zu. Das gilt - wie in der gesetzlichen Rentenversicherung - auch für eine vorgezogene Altersrente mit damit verbundenen Leistungsabschlägen. Es handelt sich um Leistungen eines öffentlich-rechtlichen Trägers, denn das Niedersächsische Versorgungswerk der Rechtsanwälte ist nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Niedersächsische Versorgungswerk der Rechtsanwälte vom 14. März 1982 (Nds. GVBl. S. 65) eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Altersrente ist an die Erreichung einer bestimmten Altersgrenze gebunden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 dieses Gesetzes i.V.m. § 12 der Satzung). Sie ist nach § 14 der Satzung als Entgeltersatzleistung ausgestaltet, die nach der Konzeption den Lebensunterhalt des Berechtigten im Allgemeinen sicher stellen soll. Es handelt sich dagegen nicht um eine Zusatz- oder Sonderleistung, wie bei der Bergmannsrente (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1990 - 11 Rar 141/88 - SozR 3-4100 § 118 AFG Nr. 2) oder dem vorgezogenen Altersruhegeld für Frauen von der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 1998 - B 7 AL 94/97 R - SozR 3-4100 § 118 AFG Nr. 7).
Die Altersrente des Niedersächsischen Versorgungswerkes der Rechtsanwälte ist nicht vergleichbar mit einer kapitalbildenden Lebensversicherung (zu letzter vgl. BSG, Urteil vom 24. April 1997, a.a.O..)
Der Kläger kann nicht mit dem Einwand gehört werden, die Altersrente des Niedersächsischen Versorgungswerkes der Rechtsanwälte sei nicht öffentlich-rechtlicher Art, weil er die Beiträge selbst aufgebracht habe. Dieser Vortrag ist nicht zutreffend, weil gemäß § 172 Abs. 2 SGB VI (bzw. der Vorgängerregelung) während der Zeit der Tätigkeit als Angestellter die Hälfte des Beitrages zur berufsständischen Versorgungseinrichtung vom Arbeitgeber des Klägers getragen wurde. Somit liegt kein Unterschied zur Finanzierung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor.
Der Kläger kann auch nicht mit dem Vortrag aus dem Schriftsatz vom 3. September 2006 gehört werden, er habe nach seiner Befreiung aus der gesetzlichen Rentenversicherung neben dem Eintritt in das Niedersächsische Versorgungswerk der Rechtsanwälte die Möglichkeit gehabt, zu Altersversorgungszwecken eine befreiende Kapitallebensversicherung abzuschließen. Dieses trifft nicht zu. Deshalb kann sich der Kläger auch nicht auf das Urteil des BSG vom 24. April 1997 - 11 RAr 23/96 - (a.a.O..) zur sog. befreienden Lebensversicherung berufen. Der Kläger hatte eine solche von ihm dargelegte Wahlmöglichkeit nicht.
Der Kläger wurde nur deshalb zum 1. Juli 1984 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, weil er die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG (Nachfolgevorschrift ab dem 1. Januar 1992: § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) erfüllte. Diese Vorschrift lautete:
"(2)
Auf ihren Antrag werden ferner von der Versicherungspflicht befreit Personen, die auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe sind, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und auf Grund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist."
Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung korrespondiert danach mit einer auf Gesetz beruhenden Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung. Damit war der Kläger auch während seiner Zeit als Angestellter Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltsversorgung. Dem Wahlrecht nach § 7 Abs. 2 AVG bzw.§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, sich von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, lag die gesetzgeberische Einschätzung der berufsständischen Versorgung als ein der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertiges Altersicherungssystem zugrunde (vgl. zur Gleichwertigkeit der Leistungen des Hessischen Rechtsanwaltsversorgungswerkes auch BSG, Urteil vom 7. März 2007 - B 12 R 15/06 R- recherchiert in [...]). Für die öffentlich-rechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen sollten dieselben Grundprinzipien gelten wie für die gesetzliche Rentenversicherung (Boecken, GK-SGB VI, § 6 Rn 18, 21). Dieses wird auch aus § 24 der Satzung deutlich. So wird z.B. in § 172 Abs. 2 SGB VI für nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreite Beschäftigte die hälftige Beitragstragung des Arbeitgebers angeordnet. Die durch die berufsständischen Versorgungseinrichtungen gewährleistete Alterssicherung ist Teil der in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Alterssicherung, sie tritt insoweit neben die gesetzliche Rentenversicherung, zu der sie in einem besonderen Näheverhältnis steht (öffentlich-rechtliche Organisation, Einordnung als Basissicherungssysteme, Beitragsfinanzierung, Pflichtmitgliedschaft, Teilidentität des erfassten Personenkreises; vgl. Boecken a.a.O., Rn 36f.).
Auch das Argument, dass der Kläger gemäß § 39 Abs. 2a der Satzung die Möglichkeit gehabt habe, sich bis zu 1/10 des Höchstbeitrages der Angestelltenversicherung befreien zu lassen, wenn eine auf die Zeit zwischen dem 60. und 68. Lebensjahr bezogene Kapitallebensversicherung abgeschlossen ist, ändert an dem hier gefundenen Ergebnis nichts. Denn dadurch wird die hälftige Finanzierung durch den Arbeitgeber (vgl. § 172 Abs. 2 SGB VI) nicht berührt und außerdem verlangt der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal "ähnliche Leistungen" in § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III keine Identität der Regelungen mit denen in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Der vorliegende Fall wird in Anwendung der Vorgaben des Bundessozialgerichts entschieden. Eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts liegt nicht vor. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Eine grundsätzliche Bedeutung entsteht nicht allein dadurch, dass das Bundessozialgericht soweit ersichtlich noch nicht darüber entschieden hat, ob auch eine Altersrente durch das Niedersächsische Versorgungswerk der Rechtsanwälte in den Anwendungsbereich des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III fällt.-