Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.06.2002, Az.: 14 K 434/00

Gegenstand des Klageverfahrens bei Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsaktes; Änderung eines Bescheides ohne förmliche Aufhebung des Ursprungsbescheides; Folgen fehlenden Hinweises gemäß § 181 Abs. 5 S. 2 Abgabenordnung (AO 1977)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.06.2002
Aktenzeichen
14 K 434/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 24566
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:0617.14K434.00.0A

Fundstelle

  • EFG 2002, 1546-1548

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Verwaltungsakte, die angefochtene Verwaltungsakte nach Klageerhebung ändern oder ersetzen, werden gemäß § 68 FGO kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens. Dabei sind die Begriffe der Änderung oder Ersetzung weit auszulegen, so dass jede Art der Korrektur erfasst wird.

  2. 2.

    Mangelt es bei einem ändernden Verwaltungsakt an einer förmlichen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides, wird der Regelungsgehalt des ursprünglichen Bescheides in den neuen Bescheid aufgenommen, so dass eine Änderung des ursprünglichen Verwaltungsaktes vorliegt, der eine Änderungsvorschrift voraussetzt.

  3. 3.

    Wird ein Feststellungsbescheid trotz Ablaufs der Feststellungsfrist gemäß § 181 Abs. 5 AO 1977 erlassen, weil er für die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, hat das Finanzamt hierauf im Bescheid hinzuweisen. Fehlt der Hinweis, ist der Feststellungsbescheid rechtswidrig und damit auf Anfechtung hin aufzuheben.

Tatbestand

1

Streitig ist die Steuerpflicht von Zinsen aus Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Kapitallebensversicherungen des Klägers enthalten waren.

2

Der Kläger hat im Jahre 1973 jeweils einen Kapitallebensversicherungvertrag mit der X-AG und der Y-AG abgeschlossen. Am 10. September 1976 wurden die Ansprüche aus diesen Versicherungen an die Volksbank A abgetreten (Bl. 29 der Vorheftung der Einkommensteuer-Akte). Die Abtretung erfolgte zur Sicherung aller gegenwärtigen und zukünftigen auch bedingten und befristeten Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung der Firma des Klägers. Am 28. Dezember 1993 zeigte die Volksbank A dem Beklagten diese Darlehen gemäß § 29 Abs. 1 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) an. Der dabei verwandte Vordruck wurde vom Beklagten an die Kläger-GmbH weitergesandt, um auf der Rückseite des Vordrucks die Angaben der Bank bestätigen zu lassen. Am 4. Februar 1994 bestätigte die Ehefrau des Klägers im Auftrag auf der Rückseite die Angaben der Volksbank. Nach diesen Angaben dienten die Lebensversicherungen zur Absicherung zweier Kredite. Zum einen handelte es sich um das Darlehen Nr. 1 der Firma des Klägers, i.H.v. 286.600 DM. Dieser Darlehensvertrag datierte vom 6. Februar 1993 und faßte Darlehensvaluten der Darlehenskonten Nr. 2, 3 und 4 zusammen. Mit Datum vom 19.02.1993 wurde die Darlehenssumme um 100.000 DM auf 386.600 DM erhöht. Der Erhöhungsbetrag i.H.v. 100.000 DM diente zur Ablösung der Verbindlichkeiten des Einzelunternehmens gegenüber der Kläger-GmbH. Die Lebensversicherungs-Ansprüche dienten darüber hinaus zur Absicherung des Kontokorrentkredits der Kläger-GmbH Nr. 5, der nach Ablösung der Verbindlichkeiten des Einzelunternehmens i.H.v. 100.000 DM durch den o.g. Kredit mit 100.000 DM am 10.02.1993 valutierte.

3

Der Kläger gab sein Unternehmen zum Jahresende 1995 auf. Die mit den genannten Lebensversicherungen abgesicherten Darlehen (Nr. 1 und Nr. 5) wurden im Februar 1996 nach Gutschrift abgerechnet und aufgelöst. Die zwei streitbefangenen Kapitallebensversicherungen wurden 1996 ausgezahlt. Aus der Lebensversicherung der X-AG wurden am 5. August 1.996.138.795,28 DM Zinsen gemindert um die Kapitalertragssteuer von 34.698,82 DM und den Solidaritätszuschlag von 2.602,41 DM gezahlt. Die Y-AG zahlte am 20. Mai 1996 27.889,64 DM Zinsen. Daraus wurden 6.972,41 DM Kapitalertragsteuer und 522,93 DM Solidaritätszuschlag abgeführt. Die genannten Zinserträge und die Kaptalertragsteuer sowie die Solidaritätszuschläge wurden in der Einkommensteuererklärung vom 1. April 1999 erklärt. Im Einkommensteuerbescheid vom 18.10.1999 sind die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfaßt worden.

4

Mit gesonderter Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherung vom 31.03.2000 wurde festgestellt, dass die o.g. Versicherungsverträge hinsichtlich der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen insgesamt einkommensteuerpflichtig sind. Dagegen legte der Kläger am 17. April 2000 Einspruch ein. Mit Einspruchsbescheid vom 13. Juni 2000 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Am 13. Juli 2000 erhob der Kläger dagegen Klage vor dem Finanzgericht.

5

Der Kläger trägt vor, dass aufgrund des Wortlautes der Abtretung die Ansprüche aus den Lebensversicherungen bereits seit vielen Jahren insbesondere der Absicherung des Kontokorrentkredites gedient hätten. Die Ansprüche aus den Lebensversicherungen seien weder im Jahr 1993 noch vorher neu eingesetzt worden, sondern schon aufgrund der Globalabtretung seit 1976 als Sicherheit benutzt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei für den Kläger natürlich in keiner Weise absehbar gewesen, dass der Einsatz derartiger Ansprüche jemals steuerschädlich sein könnte. Es würde gegen den Sinn der Besteuerungsregelung verstoßen, wenn auch derart lange zurückliegende Abtretungen erfasst würden. Wäre für den Kläger absehbar gewesen, dass die Verwendung der Versicherungsverträge als Sicherungsmittel die Steuerschädlichkeit auslöse, hätte der Kläger kurzfristig ausschließlich die Möglichkeit gehabt, die Verbindlichkeit gegenüber der Volksbank A auf Null zu reduzieren und die Geschäftsbeziehung zu beenden. Auf eine Rückabtretung hätte der Kläger keinen Anspruch gehabt. Ein solcher Anspruch hätte allenfalls im Hinblick auf die Verbindlichkeiten bestehen können, für die mit den Grundschulden anderweitige Sicherheiten bestellt waren, sofern eine Übersicherung vorgelegen habe. Wegen der Globalabtretung habe auch kein Anspruch auf Austausch der Sicherungsmittel für die laufende und künftige Geschäftsbeziehung bestanden. Für die Kläger habe es daher letztlich keine Möglichkeit gegeben, die auf das Jahr 1976 zurückgehende steuerschädliche Verwendung zu verhindern. Eine derartige Rückwirkung der Vorschrift müsse als unwirksam angesehen werden.

6

Der Kläger beantragt,

den geänderten Bescheid vom 12. Juni 2002 sowie den ursprünglichen Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 in der Fassung des Einspruchsbescheides ersatzlos aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte vor: Die Abtretungen würden auch, obwohl sie aus dem Jahre 1976 stammten, weiterhin wirksam sein. Wenn in späteren Kreditverträgen lediglich auf die bereits gestellten Sicherheiten verwiesen worden sei, so erfassten sie damit auch die noch wirksamen Abtretungen. Die Abtretung sei daher als steuerschädliche Verwendung zu werten.

9

Im Klageverfahren hat der Beklagte mit Datum vom 12. Juni 2002 einen Feststellungsbescheid erlassen, der den angefochtenen Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 "ersetzte

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist begründet. Der Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2002 wie auch der Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2000 waren rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

11

A.

Der Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2002, der gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, war rechtswidrig, da für ihn weder die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift, noch für den Erlass eines Ergänzungsbescheids gem. § 179 Abs. 3 Abgabenordnung - AO - vorlagen.

12

1.

Gem. § 68 FGO n. F. werden Verwaltungsakte, die angefochtene Verwaltungsakte nach Klageerhebung ändern oder ersetzen, kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens. Nach allgemeiner Ansicht sind die Begriffe der "Änderung" oder "Ersetzung" i.S. des § 68 FGO weit auszulegen. Der BFH hat hierzu ausgeführt, dass es nicht darauf ankommt, welche Bedeutung den Begriffen "Änderung" und "Ersetzung" in den allgemeinen abgabenrechtlichen Verfahrensvorschriften beizulegen ist, sondern dass allein entscheidend die prozessrechtliche Frage ist, ob ein mit Rechtsbehelfen angreifbarer Verwaltungsakt den ursprünglichen Verwaltungsakt formell geändert oder ersetzt hat, so dass dem Kläger im Falle des § 68 FGO ein gesondertes Rechtsbehelfsverfahren hinsichtlich des Änderungsbescheids erspart wird (BFH Urt. v. 20. November 1973 VII R 33/71, BStBl II 1974, 113, 114; Urt. v. 24.07.1984 VII R 122/80, BStBl II 1984, 791). Im Ergebnis soll jede Art der Korrektur erfasst werden. Es entspricht dabei ständiger Rechtsprechung des BFH, jeden formellen Verwaltungsakt als Verwaltungsakt i. S. des § 68 FGO zu beurteilen, ohne darauf abzustellen, wieweit der Bescheid eine materielle Änderung enthält (vgl. BFH Urt. v. 26. November 1997 I R 104/95, BFH/NV 1998, 1102; Beschl. v. 14. März 1996 XI B 121/91, BFH/NV 1996, 630, m.w.N.; BFH-Urteil vom 29. Mai 1974 II 53/64, BFHE 113, 69, BStBl II 1974, 697).

13

2.

Nach diesen Grundsätzen - dem der Senat folgt - ist der Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2002 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Er korrigiert den ursprünglichen Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 in der Weise, dass er den bisherigen Inhalt dieses Bescheides um einen Hinweis i. S. d. § 181 Abs. 5 AO erweitert, ohne dass dabei eine materielle Änderung vorgenommen wurde. Auch wird in ihm ausdrücklich geregelt, dass der angefochtene Bescheid vom 31. März 2000 durch den Bescheid vom 12. Juni 2002 "ersetzt" wird.

14

3.

Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich der Sache nach bei dem Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2002 nicht um einen völlig neuen Bescheid, der nach Aufhebung des Bescheides vom 31. März 2002 in das Verfahren eingeführt wurde. Es handelt sich vielmehr um einen den ursprünglichen Feststellungsbescheid ändernden Verwaltungsakt, für den keine Änderungsvorschrift eingreift. Dies ergibt eine Auslegung des Bescheides vom 12. Juni 2002. Insoweit ist maßgebend, dass es an einer förmlichen Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes fehlt. Der Bescheid vom 12. Juni 2002 spricht nur von einem "Ersetzen" des Bescheides vom 31. März 2000. Dies reicht zur Verdeutlichung der vollständigen Aufhebung des angefochtenen Feststellungsbescheides nicht aus, denn auch die schlichte Änderung eines Bescheides kann darin bestehen, dass ihm partiell ein anderer Inhalt gegeben wird (vgl. BFH Urt. v. 24. Juli 1984 VII R 122/80, BStBl. II 1984, 791 Ls. 2; Tipke/Kruse, Abgabenordung, Finanzgerichtsordnung (Loseblatt), § 68 Tz. 11 a.E.). Anstelle des ursprünglichen Verwaltungsaktes, dessen Regelungsinhalt in den neuen Bescheid aufgenommen wird, ergeht in diesem Falle ein Änderungsbescheid (Tipke/Kruse a.a.O. § 68 Tz. 8). Im vorliegenden Fall wurde der bisherige Inhalt des Feststellungsbescheides vom 31. März 2002 um einen Hinweis erweitert, so dass eine "Änderung" dieses Bescheides vorliegt, für die weder eine Änderungsvorschrift im Bescheid angeführt wurde, noch sonst ersichtlich ist.

15

4.

Auch handelt es sich bei dem während des Klageverfahrens erlassenen Feststellungsbescheid nicht um einen Ergänzungsbescheid gem. § 179 Abs. 3 AO, durch den eine unterbliebene Feststellung nachgeholt werden kann. Denn es war bisher keine notwendige Feststellung gem. § 179 Abs. 3 AO unterblieben. Der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 gehört zwar zum Regelungsinhalt des Feststellungsbescheids, nicht aber zu den hierin zu treffenden (notwendigen) "Feststellungen" gem. § 179 Abs. 3 AO. Denn er schränkt (lediglich in zeitlicher Hinsicht) deren bindende Wirkung ein, ohne selbst die Wirkung einer Feststellung zu entfalten (BFH Urt. v. 18. März 1998 II R 45/96, BStBl II 1998, 426).

16

B.

War somit der Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2002 aufzuheben, so war auch der aufgrund der Aufhebung wieder wirksam gewordene Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 aufzuheben. Ihm fehlte der erforderliche Hinweis im Sinne des § 181 Abs. 5 AO.

17

1.

Gem. § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Hierauf hat das Finanzamt gem. § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hinzuweisen. Der Hinweis soll dem Steuerpflichtigen die Prüfung der Feststellungsverjährung ermöglichen, um die begrenzte Wirkung des Feststellungsbescheides zu erkennen. Fehlt dieser Hinweis, so ist der Feststellungsbescheid rechtswidrig und damit auf Anfechtung hin aufzuheben (BFH Urt. v. 17. August 1989 IX R 76/88, BStBl. II 1990, 411, 412; Urt. v. 18. März 1998 II R 45/96, BStBl II 1998, 426; H/H/Sp-Söhn, Abgabenordnung (Loseblatt), § 181 AO Tz. 47 mwN in Fn 53).

18

2.

Im vorliegenden Streitfall war die für den Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 geltende Feststellungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses abgelaufen. Auch war die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen. Jedoch fehlte der erforderliche Hinweis im Sinne des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO.

19

2.1

Gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gelten für die gesonderte Feststellung die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Damit sind auch die Vorschriften über die Festsetzungsfrist (§§ 169-171 AO) anzuwenden. Gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird. Wird die Anzeige von einem Dritten eingereicht, so greift die Anlaufhemmung nicht (str. s. H/H/Sp.-Ruban § 170 Tz. 19 mwN. aus Literatur u. FG-Rspr.; Tipke/Kruse § 170 Tz. 15 mwN).

20

Die Anzeige erfolgte zunächst durch die Volksbank A und nicht durch den Steuerpflichtigen. Erst aufgrund der Aufforderung des Beklagten an die GmbH des Klägers sich zu der Anzeige zu äußern, sandte die Ehefrau des Klägers im Auftrag ihres Ehegatten die Anzeige mit einem Bestätigungsvermerk im Februar 1994 an den Beklagten zurück. Der Senat sieht in dieser Erklärung eine Anzeige im Sinne des § 170 Abs. 2 Satz1 Nr. 1 AO des Klägers. Die Erklärung der Ehefrau kann dem Kläger zugerechnet werden, da die Ehefrau im Auftrag unterschrieben hat. Somit begann mit Ablauf des Jahres 1994 die Feststellungsfrist, die gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres 1998 endete. Im Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheides im Jahr 2000 war somit Feststellungsverjährung eingetreten.

21

2.2

Aus § 170 Abs. 2 Nr. 1 a.E. AO ergibt sich keine andere Beurteilung. Die dort genannte Einschränkung betrifft Fälle, in denen vor Entstehung der Steuer z.B. die Steuererklärung schon eingereicht wird und damit ohne diese Einschränkung nach § 170 Abs. 2 Nr.1 AO die Festsetzungsfrist schon zu laufen begonnen hätte. Ein solcher vergleichbarer Fall ist aber hier nicht gegeben, da die Rechtspflicht zur Abgabe der Anzeige gem. § 29 EStDV schon im Zeitpunkt der Abgabe der Anzeige bestand. Unabhängig davon geht die auf das Feststellungsverfahren zugeschnittene Norm des § 181 Abs. 5 AO als Spezialregelung vor.

22

2.3

Die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung war im Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheides noch nicht abgelaufen. Die Zinsen aus den Kapitallebensversicherungen sind im Jahr 1996 ausgezahlt worden. Die Einkommensteuererklärung 1996 wurde im Jahr 1999 abgegeben, so dass gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1999 zu laufen begann und damit gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO erst im Jahr 2003 endet.

23

2.4

Weder in den Feststellungsbescheid vom 31. März 2000 noch in die Einspruchsentscheidung ist der Hinweis im Sinne des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO aufgenommen worden.

24

C.

Ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme, weist der Senat darauf hin, daß nach Aufhebung der beiden Feststellungsbescheide der Erlass eines erneuten Feststellungsbescheides möglich sein dürfte. Dem steht weder die gerichtliche Aufhebung der ausschließlich verfahrensrechtliche Mängel der Bescheide zugrundeliegen, noch die bereits eingetretene Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides 1996 entgegen. Maßgeblich ist, dass vor Ablauf des Jahres 2003 die Festsetzungsfrist für die Besteuerung der Zinsen aus den Lebensversicherungen nicht abgelaufen ist. Hierauf kommt es nach § 181 Abs. 5 AO an.

25

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung - ZPO -.