Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.12.2006, Az.: 2 W 501/06
Zuständiges Gericht bei einer Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts als Berufungsgericht; Nächsthöheres Gericht i.S.d. § 66 Abs. 3 S. 2 Gerichtskostengesetz (GKG)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.12.2006
- Aktenzeichen
- 2 W 501/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 30000
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:1220.2W501.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Nienburg - 10.11.2005 - AZ: 14 C 201/05
- LG Verden - 15.06.2006 - AZ: 2 S 12/06
Rechtsgrundlage
- § 66 Abs. 3 S. 2 GKG
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2007, 198-199
Amtlicher Leitsatz
Gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts als Berufungsgericht findet die Beschwerde an das Oberlandesgericht statt.
In der Beschwerdesache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R.,
den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. und
den Richter am Amtsgericht H.
am 20. Dezember 2006
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beklagten vom 14. November 2006 gegen den Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 15. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit der Beschwerde begehrt der Beklagte die Herabsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren und den Vergleich von 17.000 EUR auf 8.500 EUR.
Durch Urteil des Amtsgerichts Nienburg, Zweigstelle Hoya, vom 10. November 2005 ist der Beklagte verurteilt worden, an den Kläger 8.500 EUR zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25. Mai 2005 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 361,75 EUR zu zahlen. Die weitergehende Klage ist abgewiesen worden. Den Streitwert hat das Amtsgericht auf 9.500 EUR festgesetzt.
Das seitens des Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil mit dem Ziel der vollständigen Abweisung der Klage angestrengte Berufungsverfahren ist durch Vergleich beendet worden, durch den sich der Beklagte verpflichtet hat, an den Kläger einen Betrag von 5.000 EUR, zahlbar bis spätestens 30. September 2006, zu zahlen. Damit sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien, die Gegenstand des Rechtsstreits waren, erledigt worden.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Streitwert auf 17.000 EUR festgesetzt mit der Begründung, mit der Berufung habe sich der Beklagte nicht nur gegen die Berechtigung der Klageforderung gewendet, sondern auch gerügt, dass das Amtsgericht die Substantiierungslast "für die (hilfsweise) Aufrechnung ... mit überzogenen Anforderungen versehen habe". Da der Beklagte seine Gegenforderung höher als die Klageforderung bemessen habe, wirke sich dies dahingehend aus, dass der Streitwert gem. § 45 Abs. 3, 4 GKG auf 17.000 EUR festzusetzen sei.
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist fristgerecht i. S. d. §§ 68 Abs. 3 S. 3,63 Abs. 3 S. 2 GKG eingelegt. Die Beschwer des Beklagten beträgt mehr als 200 EUR.
Allerdings ist in der Rechtsprechung umstritten, ob die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes durch das Landgericht als Rechtsmittelgericht überhaupt statthaft ist.
So hat der 11. Zivilsenat des OLG Celle im Beschluss vom 15. November 2005 (11 W 87/05, OLG-Report Celle 2006, 191) die Statthaftigkeit einer solchen Beschwerde in einem obiter dictum mit der Begründung verneint, das nächsthöhere Gericht i. S. d. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG sei das im Instanzenzug als nächstes zur Entscheidung in der Hauptsache berufene Gericht zu verstehen. Dies sei im Fall der Zulassung der Revision der BGH. Da jedoch eine Streitwertbeschwerde zum BGH gemäß § 66 Abs. 3 S. 3 GKG ausgeschlossen sei, sei die Beschwerde insgesamt unzulässig.
Demgegenüber hat der 3. Zivilsenat des OLG Celle im Beschluss vom 17. November 2005 (3 W 142/05, OLG-Report Celle 2006, 270) die Auffassung vertreten, als nächsthöheres Gericht im Sinne der genannten Vorschrift sei das in der Gerichtsorganisation übergeordnete Gericht, mithin das OLG, zu verstehen, da ansonsten die gesetzgeberische Intention ins Leere liefe. Zudem spreche die Formulierung des § 66 Abs. 2 S. 2 2. Hs. GKG dafür. Wäre der zivilprozessuale Instanzenzug gemeint, wäre die Vorschrift überflüssig.
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an, weil allein diese dem gesetzgeberischen Willen gerecht wird (ebenso Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, 2005, § 66 Rdnr. 89; Meyer, GKG, 7. Aufl., § 68 Rdnr. 1; a. A. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 66 GKG Rdnr. 42).
Würde man als nächsthöheres Gericht i. S. d. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG das im Instanzenzug zur Entscheidung in der Hauptsache berufene Gericht ansehen, wäre dies im Streitfall für den Fall der Rechtsmittelzulassung der BGH. Da jedoch § 66 Abs. 3 GKG bestimmt, dass eine Beschwerde an einem obersten Gericht des Bundes nicht stattfindet, scheidet eine Vorlage dort aus; mit der Folge, dass eine Beschwerde in diesen Fällen insgesamt unzulässig wäre.
In der Begründung zum Regierungsentwurf des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I, 718) ist jedoch zu § 66 GKG (BR-Drucks. 830/03, 186) ausgeführt worden, dass eine Anbindung an den Instanzenzug der Hauptsache nicht zwingend geboten erscheine, da sich das Beschwerdegericht ausschließlich mit kostenrechtlichen Fragen zu befassen habe und, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu fördern - anders als im bis dahin geltenden Recht - Beschwerde auch dann zulässig sein solle, wenn die Kosten bei dem Beschwerdegericht angesetzt worden sind. Danach ist mit dem nächsthöheren Gericht i. S. des § 66 Abs. 2 GKG allein das unabhängig vom Instanzenzug der Hauptsache grundsätzlich allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht gemeint, so dass allein diese auch durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckte Auslegung dem gesetzgeberischen Willen entspricht (Deichfuß, MDR 2006, 1264 f.).
Sind - wie hier - mehrere Auslegungsmöglichkeiten durch den Wortlaut einer Norm bedeckt, ist derjenigen der Vorzug zu geben, die dem in den Materialien kundgegebenen Willen des Gesetzgebers entspricht.
Hinzu kommt, dass der Wille des Gesetzgebers in den durch das KostRMoG vom 5. Mai 2004 erfolgten Änderungen über die Streitwertbeschwerde hinreichend Ausdruck gefunden hat. Der Gesetzgeber hat die in §§ 25 Abs. 3 S. 1 und 2 GKG a. F. i. V. m. § 5 Abs. 4 S. 2 GKG a. F. enthaltene eindeutige Regelung, derzufolge über die Streitwertbeschwerde "das nach den für die Hauptsache geltenden Vorschriften zuständige, im Rechtszug nächsthöhere Gericht" zu entscheiden hat, bewusst nicht in die Neuregelung übernommen, sondern durch die Formulierung "das nächsthöhere Gericht" in § 66 Abs. 3 S. 2 GKG ersetzt. Außerdem fehlt im neuen Recht eine dem bisherigen § 25 Abs. 3 S. 2 GKG a. F. entsprechende Regelung, nach der die Streitwertbeschwerde ausgeschlossen war, wenn das Rechtsmittelgericht den Beschluss erlassen hatte. Auch diese Streichung zeigt, dass die Beschwerdemöglichkeit nicht an den Instanzenzug in der Hauptsache gekoppelt ist.
2.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht den Streitwert für das Berufungsverfahren und den Vergleich auf 17.000 EUR festgesetzt.
Mit der Berufung hatte der Beklagte nicht nur die Berechtigung der Klageforderung dem Grunde nach bestritten, sondern weiterhin die bereits in erster Instanz erklärte Hilfsaufrechnung mit vermeintlichen, der Höhe nach die Klagforderung übersteigenden Gegenansprüchen verfolgt.
Da durch den gerichtlichen Vergleich vom 14. Juni 2006 mit der Zahlung des Vergleichsbetrages sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien, die Gegenstand des Rechtsstreits waren, erledigt sind, sind hiervon auch die ehemals hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche des Beklagten erfasst.
Da der Wert der Hilfsaufrechnung durch die Höhe der in 2. Instanz noch verfolgten Klageforderung begrenzt ist, war der Streitwert gemäß § 45 Abs. 3, 4 GKG für das Berufungsverfahren und den Vergleich auf 17.000 EUR festzusetzen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.