Sozialgericht Hannover
Urt. v. 13.09.2002, Az.: S 11 KR 1263/01
Bibliographie
- Gericht
- SG Hannover
- Datum
- 13.09.2002
- Aktenzeichen
- S 11 KR 1263/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 35659
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHANNO:2002:0913.S11KR1263.01.0A
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die am 02. September 1996 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Aufwendungen für den Erwerb eines extensiv hydrolysierten Milchpräparates.
Der Klägerin wurde auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) der Ärztin Dr. F ... vom 06. Oktober 1997 mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 auf Grund der vorliegenden Erkrankung in dem speziellen Fall der Klägerin eine Übernahme der Kosten für das Präparat Pregomin bis zum 31. Dezember 1997 gewährt.
Die Klägerin beantragte am 11. Mai 1998 eine Weitergewährung des Präparates über den
31. Dezember 1997 hinaus. Dem Antrag beigefügt war eine ärztliche Bescheinigung der Hautklinik L Dr. W ... vom 04. Mai 1998, in dem eine atopische Dermatitis mit hochgradiger Sensibilisierung auf Milcheiweiß und Kasein bescheinigt wurde. Bei doppelblinder Provokation mit Milch trat sofort eine allergische Reaktion auf. Es wurde deshalb empfohlen, eine milchfreie Diät durchzuführen. Der Antrag wurde dennoch mit Bescheid vom 03. Juni 1998 abgelehnt. Nach den Richtlinien des Bundesausschusses zu § 92 Abs. 1 Nr. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dürfen Lebensmittel, Krankenkost und Diätpräparate nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden. Lebensmittel besonderer Beschaffenheit, die anstelle gewöhnlicher Lebensmittel verwendet werden müssen, seien weder Arznei- noch Hilfsmittel. Mehraufwendungen durch die Verwendung derartiger Lebensmittel gingen nicht zu Lasten der Krankenkasse.
Mit Schreiben vom 07. Februar 2001 beantragte die Klägerin erneut die Kostenübernahme
für das Präparat Pregomin. Beigefügt war eine Bescheinigung der Hautklinik L , Prof. Dr. W ... vom 25. Januar 2001. Dort wurde ausgeführt, dass die Ernährung mit einem extensiv hydrolysierten Milchpräparat medizinisch dringend erforderlich sei. Da die Ernährung mit diesem Präparat sehr kostenintensiv sei, wurde um Übernahme der Mehrkosten gebeten, da nicht auf im Lebensmittelhandel erhältliche Produkte ausgewichen werden könne. Aus eingereichten Quittungen ergibt sich, dass für den Erwerb von 12 x 400 Gramm Pregomin Aufwendungen in Höhe von 479,40 DM entstanden waren.
Nachdem für den MDK die Sachverständige Dr. F ... am 27. Februar 2001 ein weiteres Gutachten erstellt hatte, in dem sie auf das Vorgutachten verwiesen hatte, wurde der erneute Antrag mit Bescheid vom 21. März 2001 abgelehnt. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 10. April 2001 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2001 zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat mit Klage vom 24. Juni 2001 geltend gemacht, das Pregomin als Arzneimittel auf den inneren Stoffwechsel mit der Zielsetzung wirke, Krankheitszustände zu lindern. Außerdem wird auf die besonderen Umstände des Einzelfalles verwiesen. Die Klägerin beantragt deshalb,
1. die Bescheide vom 03. Juni 1998 sowie vom 21 März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2001 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der extensiv hydrolisierten Milchpräparate über den 31. Dezember 1997 hinaus der Klägerin zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.
Der Entscheidungsfindung lagen neben den Gerichtsakten die Verwaltungsakten der Beklagten zugrunde. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Soweit Kostenerstattung für die Zeit vor dem 12. Februar 2001 geltend gemacht wird, besteht kein Anspruch. Dem möglichen Anspruch steht der bestandskräftige Bescheid vom 03. Juni 1998 entgegen. Dieser Bescheid regelt das Rechtsverhältnis der Beteiligten derart, dass ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für den Erwerbs des Präparats Pregomin nicht besteht.
Auch in der Zeit darauf besteht ein solcher Anspruch nicht. Gemäß § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- und Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit dies nach dem Fünften oder Neunten Sozialgesetzbuch vorgesehen ist. Gemäß § 13 Abs. 3 SGB V sind Versicherten Kosten für eine notwendige selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die hier allein in Betracht zu ziehende zweite Variante liegt nicht vor. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem hypoallergenen Präparat, da dieses kein Arzneimittel im Sinne des § 31 SGB V ist. Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sind.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrungen ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden.
Arzneimittel sind Substanzen, deren bestimmungsgemäße Wirkung darin liegt, Krankheitszustände zu heilen oder zu bessern (BSGE 46, 179). Hiernach liegt die einzige oder mindestens vorrangige Zweckbestimmung des Arzneimittels in einer Einwirkung auf körperliche Fehlfunktionen, im Gegensatz dazu stehen Präparate, die ausschließlich oder vorrangig dem allgemeinen Lebensbedarf, insbesondere der Ernährung dienen. Danach ist Pregomin als Nahrungsmittel anzusehen, da seine vorrangige Bestimmung in der Zuführung von Eiweiß liegt. Diese Zweckbestimmung ergibt sich auch aus der Bescheinigung der Hautklinik L vom 25. Januar 2001, wo ausgeführt wurde, dass die "Ernährung" mit einem extensiv hydrolysierten Milchpräparat medizinisch erforderlich ist.
Die Arzneimittelrichtlinie hat auf der Grundlage -einer hinreichend klaren gesetzlichen Bestimmung nach der Nr. 17.1, i die Verordnungsfähigkeit von Krankenkosten und Diätpräparaten ausgeschlossen, wobei entsprechend der gesetzlichen Grundlage in § 31 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V einzelne Nahrungsmittel und Diätpräparate als verordnungsfähig angesehene worden sind. Extensiv hydrolysierte Milchpräparate fallen unter dieser Ausnahmetatbestände nicht.
Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass eine Regelungslücke existiert, die im Wege einer Analogie geschlossen werden könnte. Vielmehr ist nach dem Willen des Gesetzgebers in der Arzneimittelrichtlinie abschließend geregelt, Lebensmittel und Diätpräparate entgegen dem allgemeinen Verbot verordnungsfähig sind
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.