Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.07.2022, Az.: 12 B 6533/21
Adressat; Anordnung der sofortigen Vollziehung; Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung; Beschallungsanlage; Betriebsbeschreibung; Einpegelung; Ermessen; Fest installierte Beschallungsanlage; Immissionsrichtwerte; immissionsschutzrechtliche Anordnung; Innendruckpegel; Innenpegel; Limiter; Livemusik; maßgeblicher Zeitpunkt; schädliche Umwelteinwirkungen; Schalldruckpegel; Schallleistungspegel; TA Lärm; Veranstaltungszentrum; Verhältnismäßigkeit; Zuständige Behörde; Zwangsgeldandrohung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.07.2022
- Aktenzeichen
- 12 B 6533/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 63487
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2022:0722.12B6533.21.00
Rechtsgrundlagen
- UmArbZustVO § 1 Abs. 1
- BImSchG § 22
- BImSchG § 24
- VwGO § 80 Abs. 3
- VwGO § 80 Abs. 5
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wird hinsichtlich der Nr. 7 und Nr. 8 der Verfügung des Antragsgegners vom 19.11.2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.07.2022 wiederhergestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 3/4 und der Antragsgegner 1/4.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Verfügung des Antragsgegners.
Das streitbefangene Grundstück D. 1 in der Gemeinde E., Gemarkung F., Flur G., Flurstücke H., ist mit einem Gebäude bebaut, welches in der Vergangenheit als Küchenstudio genutzt wurde. Es grenzt im Norden an die I., zugleich J., und im Osten an die D. und liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 12 "K.", der für das Grundstück und seine Umgebung südlich der L. ein Gewerbegebiet festsetzt. Dementsprechend befinden sich westlich, südlich und östlich des Grundstücks weitere Gewerbeansiedlungen. Nördlich der L. befinden sich Grundstücke mit Wohnnutzung. Die nächstgelegenen Grundstücke, I. M., N. und O., liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, die Art der baulichen Nutzung der Umgebung entspricht einem Mischgebiet.
Am 16.01.2018 erteilte der Antragsgegner der damaligen Eigentümerin des Grundstücks auf ihren Antrag einen Bauvorbescheid mit der Feststellung, dass eine Nutzungsänderung des Dachgeschosses von einem Küchenstudio zu einem Versammlungsraum planungsrechtlich zulässig sei, wenn vor einem eventuellen Baugenehmigungsverfahren eine Schallimmissionsprognose vorgelegt werde, die belege, dass alle Immissionswerte eingehalten würden. Daraufhin holte die Eigentümerin ein schalltechnisches Gutachten des Dipl.-Geoökologen P. Q. vom 19.07.2018 ein. Der Sachverständige gelangte zu der Einschätzung, dass bei einem Innenpegel von 80 dB(A) in dem Versammlungsraum die Lärmrichtwerte in der Nachbarschaft eingehalten würden, wenn Fenster und Türen des Versammlungsraums während der Veranstaltungen mit elektroakustischer Verstärkeranlage dauerhaft verschlossen blieben.
Am 31.07.2019 erteilte der Antragsgegner sodann der derzeitigen Grundstückseigentümerin eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu einem Versammlungsraum mit 55 Einstellplätzen. Bestandteil der Baugenehmigung sind eine Betriebsbeschreibung vom 11.01.2018, eine ergänzende Betriebsbeschreibung vom 24.05.2019 und das schalltechnische Gutachten Q. vom 19.07.2018. In der Baugenehmigung ist unter anderem verfügt, dass der Veranstaltungsraum so zu betreiben ist, dass die jeweils einschlägigen Immissionsschutzwerte der TA Lärm eingehalten werden (Nr. 14), Fenster und Türen während Veranstaltungen mit elektroakustischer Verstärkeranlage sowie bei Livemusikveranstaltungen geschlossen zu halten sind und sicherzustellen ist, dass die Auflage auch von anderen Nutzern als dem Betreiber eingehalten werden (Nr. 15) und die bauliche Anlage vor der angeordneten Schlussabnahme nicht genutzt werden darf (Nr. 11).
Am 01.07.2021 meldete die Antragstellerin für die Nutzung des Veranstaltungsraumes ein Gewerbe an. Die Antragstellerin stellt die Räumlichkeiten Dritten gegen Entgelt zur Verfügung.
Nachdem im Sommer 2021 zahlreiche Nachbarbeschwerden beim Antragsgegner eingegangen waren, forderte dieser die Eigentümerin auf, ein Gutachten über die Lärmimmissionen vorzulegen.
Unter dem 23.09.2021 lehnte der Antragsgegner gegenüber der Grundstückseigentümerin aufgrund diverser Mängel außerdem die Schlussabnahme für das Bauvorhaben "Umnutzung Küchenstudio zu Versammlungsraum" ab und forderte die Eigentümerin auf, die festgestellten Mängel bis zum 01.12.2021 zu beseitigen. Für den Fall der Nichtbefolgung stellte der Antragsgegner der Eigentümerin eine Einschränkung oder Untersagung der Nutzung des Veranstaltungsraums in Aussicht.
Am 07.10.2021 erstellte die R. Ingenieurgesellschaft mbH für die Eigentümerin einen Messbericht zu den Schallimmissionen. Die Gutachter führten mit einer vom Bruder der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Beschallungsanlage eine Messung durch. Der Messbericht kommt zu dem Ergebnis, dass der einschlägige Richtwert von 45 dB(A) in der Nacht am nächstgelegenen Wohngebäude I. M. beim Betrieb der Beschallungsanlage mit voller Beschallungsstärke um bis zu 13 dB(A) überschritten wird. Um den nächtlichen Immissionsrichtwert einzuhalten, sei innerhalb des Gebäudes eine Lautstärke von maximal 80 dB(A) möglich. In der Tagzeit bis 22.00 Uhr sei eine Lautstärke der Beschallungsanlage von 93 dB(A) zulässig. Ausweislich der Untersuchung besteht die Dachkonstruktion aus Blech-Sandwich-Elementen mit einer sehr geringen Schalldämmung. Der Gutachter empfiehlt, die Dämmung nachzubessern, da bei Hochzeitsfeiern und vergleichbaren Events üblicherweise eine Mindestlautstärke von etwa 90 - 95 dB(A) zu erwarten sei.
Der Antragsgegner hörte die Antragstellerin daraufhin zu einer von ihm beabsichtigten immissionsschutzrechtlichen Verfügung an. Mit Schreiben vom 01.11.2021 nahm die Antragstellerin dahingehend Stellung, dass sie bereit sei, für eine Ertüchtigung der Schalldämmung des Daches zu sorgen, sich dieses aber nicht von heute auf morgen umsetzen lasse. Es sei unverhältnismäßig, wenn der Antragsgegner ohne Einräumung einer angemessenen Frist zur Ertüchtigung die Veranstaltungen mit sofortiger Wirkung erheblich einschränken würde. Ebenso unverhältnismäßig sei es, von ihr zu verlangen, die Nutzung einzustellen, die ihr zuvor bauaufsichtlich genehmigt worden sei. Die Baugenehmigung gehe von einem Innenschallpegel von 100 dB(A) aus, weshalb der Antragsgegner jetzt nicht fordern könne, eine elektroakustische Beschallungsanlage mit maximal 93 dB(A) zu betreiben.
Mit Datum vom 19.11.2021 erließ der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin folgende - streitgegenständliche - immissionsschutzrechtliche Anordnung:
1. In der Tageszeit (bis 22.00 Uhr) ist innerhalb des Gebäudes im Saal eine Lautstärke der elektroakustischen Beschallungsanlage von maximal 93 dB(A) zulässig.
2. Die im Veranstaltungszentrum vorhandene elektroakustische Beschallungsanlage ist hierauf einzupegeln.
3. Die Nutzung elektroakustischer Beschallungsanlagen, die nicht dem Veranstaltungszentrum gehören, wird untersagt.
4. In der Nachtzeit (ab 22.00 Uhr) ist innerhalb des Gebäudes eine Lautstärke von maximal 80 dB(A) zulässig.
5. Nächtliche Veranstaltungen, die einen Innenschallpegel von mehr als den zulässigen 80 dB(A) verursachen, sind untersagt. Dies betrifft sowohl musikalische Darbietungen als auch die Kommunikation der Veranstaltungsteilnehmer mit einer gehobenen Lautstärke (z.B. Rufen, Schreien oder Klatschen).
6. Veranstaltungen dürfen bis längstens um 01.00 Uhr morgens an einem Sonn- oder Feiertag stattfinden.
7. Es wird untersagt, Live-Musikdarbietungen in dem Veranstaltungszentrum oder auf dem umliegenden Gelände zu veranstalten.
8. Feierlichkeiten außerhalb des Veranstaltungszentrums, mit Ausnahme des Freisitzes an der Südfassade des Gebäudes zur Nutzung von Teilnehmer*innen, insbesondere Raucher*innen, werden untersagt.
Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an und drohte der Antragstellerin für den Fall, dass sie der Verfügung nicht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 Euro an. Weiter heißt es in der Verfügung, dass diese ihre Gültigkeit behält, bis die Antragstellerin gutachterlich nachweist, dass durch getroffene Maßnahmen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten werden. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, bei dem Versammlungsraum handele es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes, von der die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche ausgehe. Es habe mehrfach Beschwerden über Lärmbelastungen aus der Nachbarschaft gegeben und der Messbericht der Firma R. habe festgestellt, dass nur bei einer Lautstärke von 80 dB(A) im Veranstaltungsraum der Richtwert von 45 dB(A) nachts in der nachbarschaftlichen Wohnbebauung nicht überschritten werde. Die getroffenen Anordnungen entsprächen den Aussagen der Firma R. und seien geeignet, die Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm während des Betriebs des Versammlungsraums sicherzustellen. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen, da bei einer Nichteinhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm unter Umständen die Gesundheit von Menschen bedroht sei. Lärm stelle einen Stressfaktor dar, aufgrund dessen es in der Folge zu Veränderungen beim Blutdruck und bei der Herzfrequenz kommen könne. Auch gesundheitliche Langzeitfolgen bei einer Lärmbelastung seien möglich. Der Schutz des Rechtsguts der Gesundheit liege im öffentlichen Interesse, welches überwiege, da die Antragstellerin höherrangige Rechtsgüter nicht geltend mache. Die Kosten des Verfahrens setzte der Antragsgegner auf 576,00 Euro fest.
Die Antragstellerin hat am 15.12.2021 Widerspruch gegen die Verfügung erhoben. Zugleich hat sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
Mit E-Mail vom 04.02.2022 hat das Gewerbeaufsichtsamt S. dem Antragsgegner mitgeteilt, dass die in der Baugenehmigung vom 31.07.2019 angegebene Nutzung dem Wirtschaftszweig "Gastronomie" zuzuordnen sei und die immissionsschutzrechtliche Zuständigkeit danach beim Antragsgegner liege.
Nach vorheriger Anhörung erließ der Antragsgegner mit Datum vom 12.07.2022 einen Änderungsbescheid zu der streitgegenständlichen Verfügung vom 19.11.2021. Danach erhält die Nr. 2 der Anordnung folgende Fassung:
"In dem Veranstaltungszentrum ist eine elektroakustische Beschallungsanlage fest zu installieren und auf die unter der lfd. Nr. 1 und 4 meiner o.a. Anordnung aufgeführten maximal zulässigen Innenschallpegel durch eine geeignete Fachfirma bis zum 15.08.2022 einpegeln zu lassen."
Außerdem hat der Antragsgegner die Zwangsgeldandrohung geändert und der Antragstellerin nunmehr ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro je Anordnungspunkt angedroht. Wiederum hat er die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Antragstellerin habe im gerichtlichen Verfahren erstmals vorgetragen, über keine eigene fest installierte Beschallungsanlage zu verfügen. Dieser Sachverhalt habe sich aus den Bauantragsunterlagen nicht erkennen lassen bzw. sich teilweise anders dargestellt. Aufgrund des Sachverhalts sei die immissionsschutzrechtliche Verfügung vom 19.11.2021 anzupassen. Zu berücksichtigen sei, dass unterschiedliche Beschallungsanlagen unterschiedliche Lärmemissionen verursachten, weshalb es im Falle des Einsatzes fremder Beschallungsanlagen weder der Antragstellerin noch ihm, dem Antragsgegner, möglich wäre, die Einhaltung der zulässigen Innenschallpegel zu überprüfen. Alternativ hätte der Antragstellerin nur aufgegeben werden können, ausschließlich fremde Beschallungsanlagen zuzulassen, die eingepegelt seien. Dies erscheine sehr aufwändig und wenig praktikabel. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit werde die feste Installation einer Beschallungsanlage aufgegeben, wobei es nach Auskunft zweier Ingenieurbüros technisch möglich sei, eine Anlage auf zwei unterschiedliche Innenschallpegel einzupegeln. Er habe sich für diese Anordnung entschieden, da alternativ nur die Nutzungsuntersagung für das Veranstaltungszentrum bis zur schalltechnischen Ertüchtigung des Gebäudes in Betracht gekommen sei. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nehme er Bezug auf die Begründung in seiner Verfügung vom 19.11.2021. Ergänzend habe er berücksichtigt, dass in der Vergangenheit vermehrt Nachbarschaftsbeschwerden über Lärmbelästigungen, ausgehend von dem Veranstaltungszentrum der Antragstellerin, bei ihm eingegangen und auch vermehrt Polizeieinsätze wegen ruhestörenden Lärms notwendig gewesen seien, so zuletzt am 10.07.2022.
Mit Schriftsatz ebenfalls vom 12.07.2022 hat die Antragstellerin eine Auftragsbestätigung der Firma T. vom 08.07.2022 vorgelegt, nach der die Firma am 25.07.2022 mit der Dämmung des Gebäudes beginnen wird.
Unter dem 18.07.2022 hat die Antragstellerin Widerspruch gegen den Änderungsbescheid des Antragsgegners eingelegt und mit Schriftsatz vom selben Tag den Änderungsbescheid auch in das gerichtliche Verfahren einbezogen.
Die Antragstellerin trägt vor, ihr Betriebskonzept bestehe darin, dass sie die Räumlichkeiten im Dachgeschoss vermiete. Das Dachgeschoss eigne sich für die Ausrichtung von Veranstaltungen wie beispielsweise Abibällen und Hochzeiten, aber auch für andere Feiern und für Seminare. Der jeweilige Mieter könne entscheiden, ob und gegebenenfalls welches Mobiliar er dazu buche. Sie vermiete auf Wunsch eine Bestuhlung und Tische und biete an, die Tische einzudecken und zu dekorieren. Weiterhin biete sie an, Speisen und Getränke zu liefern und die Speisen, die in der hauseigenen Küche zubereitet würden, auch zu servieren. Jeder Mieter könne aber auch selbst für Speisen und Getränke sorgen. Eine fest installierte Musikanlage sei nicht vorhanden, auf Wunsch stelle sie eine Musikanlage zur Verfügung oder organisiere einen DJ oder eine Live-Band. Der Mieter könne aber auch eine eigene Beschallungsanlage mitbringen, einen Dritten damit beauftragen oder eine Band engagieren.
Der Antragsgegner sei für die immissionsschutzrechtliche Anordnung nicht zuständig. Die Zuständigkeit liege beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt S..
Sie, die Antragstellerin, sei auch nicht die Betreiberin im immissionsschutzrechtlichen Sinne und damit die falsche Adressatin der Verfügung. Betreiber seien lediglich die jeweiligen Mieter des Veranstaltungsraums. Im Fall der Vermietung einer immissionsschutzrechtlichen Anlage sei der jeweilige Mieter letztverantwortlich, da er den maßgeblichen Einfluss auf den Betrieb der Anlage ausübe. Dies gelte umso mehr in ihrem Fall, wenn der Mieter eine Beschallungsanlage beschaffe und selbst betreibe, denn dann habe sie keinen Zugriff auf die Anlage und könne sie nicht "einpegeln". Sie werde sich nicht durch die Installation einer elektroakustischen Beschallungsanlage erstmalig in die Position einer "Anlagenbetreiberin" zwingen lassen.
Die Immissionsschutzbehörde sei an die mit einer Baugenehmigung getroffene Entscheidung der Baubehörde, dass das Vorhaben dem öffentlichen Baurecht einschließlich dem Immissionsschutzrecht entspreche, gebunden. Sie dürfe solche Anordnungen, die hinter dem Umfang des mit der Baugenehmigung genehmigten Betriebs zurückblieben, nur dann verfügen, wenn neue tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen zu einem Verstoß gegen immissionsschutzrechtlichen Pflichten führten. So habe sie, die Antragstellerin, sich darauf verlassen, dass sie für den Betrieb des Veranstaltungsraums eine Baugenehmigung bekommen habe und im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch die Einhaltung des Immissionsschutzrechts geprüft worden sei. Der Baugenehmigung liege das Gutachten vom 19.07.2018 zugrunde. Die nachträgliche Anordnung der Immissionsschutzbehörde hätte sich mit diesen Inhalten der Baugenehmigung auseinandersetzen müssen. Man könne nicht von ihr als Betreiberin des Veranstaltungszentrums verlangen, dass sie eine Nutzung einstelle, die ihr zuvor ausdrücklich genehmigt worden sei. Die vorgenommenen Messungen würden keinen Anlass geben, von ihr, der Antragstellerin, mehr zu verlangen als die Einhaltung der Baugenehmigung. Dies lasse sich den Aussagen des Dipl.-Ing. U. entnehmen, nach denen sich seine Messungen nicht wesentlich unterschieden von den im Baugenehmigungsverfahren zugrunde gelegten Schallprognosen des Dipl.-Ing. Q..
Der Antragsgegner habe sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Insbesondere sei nicht abgewogen worden, ob ihr eine angemessene Übergangszeit eingeräumt werden müsse. Sie habe ausdrücklich angeboten, die Schalldämmung des Daches zu verbessern. Der Antragsgegner hätte ihr Gelegenheit geben müssen, das Dach innerhalb einer angemessenen Frist nachzurüsten, weshalb sie darum gebeten habe, eine Anordnung nicht mit sofortiger Wirkung in Kraft treten zu lassen. Darauf sei der Antragsgegner in seiner Verfügung nicht ansatzweise eingegangen. Auch habe der Antragsgegner nicht bedacht, dass sie nicht Eigentümerin des Grundstücks sei. Als Mieterin dürfe sie bauliche Maßnahmen nur durchführen, soweit die Eigentümerin dies gestatte. Sie müsse für eine Übergangszeit noch Veranstaltungen durchführen, da sie anderenfalls keine Einnahmen erziele, mit denen sie die Umbaumaßnahmen finanzieren könne. Der Vorwurf des Antragsgegners, für die bauliche Anlage sei noch keine Schlussabnahme erfolgt, weil ein Mängelkatalog noch nicht abgearbeitet sei, treffe nicht sie, sondern die Grundstückseigentümerin.
Der Antragsgegner stelle rechtswidrig auf eine bestimmte Lautstärke innerhalb des Gebäudes ab, wenn er diese in Nr. 1 auf maximal 93 dB(A) in der Tageszeit und in Nr. 4 auf maximal 80 dB(A) in der Nachtzeit begrenze, denn es komme nicht auf den Innenpegel, sondern auf den Außenpegel an. Rechtswidrig versuche der Antragsgegner, die Emissionen zu begrenzen, ohne zu prüfen, ob die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Einwirkungsort überhaupt überschritten würden. Da das vorhandene Dach schon jetzt eine Dämmwirkung von etwa 25 dB(A) habe, bleibe nicht viel an Schallbelastung am Einwirkungsort übrig. Zum Einbau einer fest installierten Beschallungsanlage könne sie, die Antragstellerin, nicht verpflichtet werden. Eine Immissionsschutzbehörde könne kein aktives Tun verlangen, das die Ausgestaltung einer Anlage betreffe, sondern könne nur dasjenige prüfen, was sie vor Ort tatsächlich vorfinde. Auch ein Verweis auf die Auflage Nr. 14 der Baugenehmigung helfe nicht weiter, denn in der Auflage werde lediglich aufgezeigt, welche zukünftigen Handlungsoptionen es gebe. Sie stelle keine Verpflichtung dar, eine Pegelbegrenzungsanlage einzubauen. Für die Testmessung der Firma R. habe ihr Bruder eine Anlage ausgeliehen, die er zurückgegeben habe.
Eine Rechtsgrundlage für ein Verbot der Nutzung "fremder" Anlagen gebe es nicht. Die vom jeweiligen Mieter mitgebrachten Beschallungsanlagen könnten nicht per se als rechtswidrig eingeordnet werden. Es komme auf die Lautstärke und nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Wenn externe Anlagen in angemessener Lautstärke betrieben würden, biete das Immissionsschutzrecht keine Handhabe, sie zu verbieten. Rechtswidrig sei auch die Nr. 6, denn eine "leise" Veranstaltung dürfe selbstverständlich auch an Sonn- und Feiertagen über 01.00 Uhr nachts hinausgehen. Ebenfalls rechtswidrig sei ein Verbot von Livemusik unabhängig von der Lautstärke. Eine einzelne Blockflöte sei für die Nachbarschaft vollkommen unerheblich, aber gleichwohl verboten. Die Verfügung unterscheide auch nicht hinreichend zwischen anlagenbezogenen und verhaltensbedingten Immissionen. Auf das Verhalten der Gäste und Besucher könne sie keinen Einfluss nehmen. Außerhalb der Regelungskompetenz der Immissionsschutzbehörde des Antragsgegners liege die Anordnung in Nr. 8, da diese nicht speziell durch den Immissionsschutz gerechtfertigt sei.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 19.11.2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.07.2022 hinsichtlich der laufenden Nummern 1 bis 8 wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
- 2.
bezüglich der ursprünglichen Fassung der Nr. 2 des Bescheides vom 19.11.2021 das Verfahren einzustellen und die Verfahrenskosten dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt vor, seine Zuständigkeit für die immissionsschutzrechtliche Anordnung sei gegeben, da die Nutzung der Anlage dem Wirtschaftszweig "Gastronomie" zuzuordnen sei. Aufgrund der ursprünglichen Betriebsbeschreibung und der ergänzenden Betriebsbeschreibung vom 24.05.2019 sei davon auszugehen, dass entgegen der Darstellung der Antragstellerin durch sie auch eine Versorgung der Veranstaltungsteilnehmer mit Speisen erfolge.
Die Antragstellerin sei die Betreiberin der Anlage. Anlagenbetreiber sei, wer die Anlage auf seinen Namen, auf seine Rechnung und in eigener Verantwortung führe und wer die unmittelbare Entscheidungsgewalt über den Betrieb der Anlage innehabe und die wirtschaftlichen Risiken des Betriebes trage. Als Anlage sei das Veranstaltungszentrum als solches anzusehen. Die Antragstellerin stelle die Räumlichkeiten anderen Personen zur Durchführung von Veranstaltungen zur Verfügung, vermiete die Räume im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes wirtschaftliches Risiko. Sie habe auch die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Anlage inne.
Als Betreiberin sei die Antragstellerin verpflichtet, die Anlage so zu betreiben, dass von dieser keine vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen ausgingen. Zwar treffe es zu, dass die Antragstellerin Baumaßnahmen zur Ertüchtigung des Daches nur mit Zustimmung bzw. Duldung der Eigentümerin durchführen könne. Es sei jedoch ihre Sache, etwaige privatrechtliche Hindernisse in Bezug auf die Durchführung von Baumaßnahmen aus dem Weg zu räumen. Sowohl das Verbot externer elektroakustischer Beschallungsanlagen als auch das Verbot der Livemusik seien rechtmäßig, da es insoweit keine andere Handhabe gebe, die Einhaltung der Lärmrichtwerte sicherzustellen. Es sei der Antragstellerin zuzugeben, dass nicht jede Form von Livemusik notwendigerweise die Lärmrichtwerte überschreite, aber eine Einhaltung der Richtwerte sei anders nicht kontrollierbar und durchsetzbar. Im Übrigen zeichne sich die auf den geplanten Feierlichkeiten typischerweise dargebotene Livemusik durch eine "größere" Lautstärke aus, die die einschlägigen Lärmrichtwerte in der Regel deutlich überschreite. Auch seien die Lautäußerungen von Veranstaltungsbesuchern entgegen der Ansicht der Antragstellerin dem Betrieb der Anlage zuzurechnen. Nach der Rechtsprechung gelte dies jedenfalls dann, wenn die von Menschen ausgehenden Lärmemissionen in einem funktionellen Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage stünden und dieser auch in räumlicher Hinsicht zuzurechnen seien.
Sein Ermessen habe er fehlerfrei ausgeübt. Da die angeordneten Maßnahmen keine Vorbereitungszeit erforderten, sei der Antragstellerin auch keine großzügigere Umsetzungsfrist zu gewähren gewesen. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig, dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Lärmimmissionen, die vom Betrieb der Anlage ausgehen könnten, die einschlägigen Richtwerte erheblich überschritten. Der Messbericht der Firma R. gehe bei voller Beschallungsstärke von einer Überschreitung von 13 dB(A) aus, was mehr als einer Verdopplung der erlaubten Lautstärke entspreche. Die Anordnungen seien darüber hinaus geeignet, um die vom Betrieb der Anlage ausgehenden Lärmimmissionen auf das zulässige Maß zu reduzieren und auch erforderlich, da mildere Mittel nicht ersichtlich seien. Sie seien schließlich angemessen, da die Belastung für die Antragstellerin zumutbar und als Alternative nur die Untersagung der Nutzung bzw. die Durchsetzung der Auflage aus der Baugenehmigung, wonach die bauliche Anlage bis zur - bislang noch nicht erfolgten - Schlussabnahme nicht genutzt werden dürfe, in Betracht gekommen wäre. Nach Abschluss der Ertüchtigung der Schalldämmung des Gebäudedaches sei die Sache neu zu bewerten und zu prüfen, ob der streitgegenständliche Bescheid aufgehoben werden könne oder geändert werden müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sämtlicher Akteninhalt war Gegenstand der Beschlussfassung.
II.
Der Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und teilweise begründet.
1. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung für seine immissionsschutzrechtliche Verfügung vom 19.11.2021 in der Gestalt seines Änderungsbescheides vom 12.07.2022 insgesamt in genügender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet.
Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung wird immer dann genügt, wenn einzelfallbezogene und nicht formelhafte Ausführungen die von der Behörde getroffene Interessenabwägung erkennen lassen. Es bedarf der Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im konkreten Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat.
Zwar lässt die Verfügung des Antragsgegners vom 19.11.2021 noch keine ausreichende Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs erkennen, da der Antragsgegner in der Verfügung insoweit lediglich abstrakt zu Gesundheitsgefahren ausführt, die mit Lärm einhergehen können. So heißt es in der Verfügung auf Seite 4 unter anderem, Lärm stelle einen Stressfaktor dar, aufgrund dessen es in der Folge zu Veränderungen beim Blutdruck und bei der Herzfrequenz kommen könne. Auch gesundheitliche Langzeitfolgen bei Lärmbelastung seien möglich. Auch soweit abschließend ausgeführt ist, dass der Schutz des Rechtsguts der Gesundheit im öffentlichen Interesse liege, welches überwiege, da die Antragstellerin höherrangige Rechtsgüter nicht geltend mache, fehlt es an einer Darlegung, wessen Rechtsgüter der Antragsgegner konkret in die Abwägung eingestellt hat und warum sie im Einzelfall überwiegen. Die gegebene Begründung ließe sich so in jeder immissionsschutzrechtlichen Anordnung zur Reduzierung von Lärm, der von einer Anlage ausgeht, ohne Änderungen anführen.
Der Antragsgegner hat die Anordnung des Sofortvollzugs jedoch in seinem Änderungsbescheid vom 12.07.2022 in ausreichender Weise begründet, indem er über die Bezugnahme auf die Ausführungen in seiner Verfügung vom 19.11.2021 nunmehr ergänzt, er habe zu berücksichtigen gehabt, dass in der Vergangenheit vermehrt Nachbarschaftsbeschwerden über Lärmbelästigungen - ausgehend von dem Veranstaltungszentrum der Antragstellerin - bei ihm vorgetragen worden seien und es auch vermehrt Einsätze der Polizei wegen ruhestörenden Lärms gegeben habe, so zuletzt am 10.07.2022. Damit hat der Antragsgegner in ausreichender Weise gezeigt, dass er die Interessen der Antragstellerin mit den Interessen der Nachbarn des Veranstaltungszentrums abgewogen hat und der überwiegende Schutz der Gesundheit der Nachbarn für ihn Anlass der Anordnung des Sofortvollzugs war.
2. In der Sache kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen, wenn das private Interesse des Antragstellers oder der Antragstellerin, von einer sofortigen Vollziehung einer behördlichen Anordnung verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an einer solchen sofortigen Vollziehung überwiegt. Maßgeblich für diese Interessenabwägung sind dabei die im Rahmen einer summarischen Prüfung zu beurteilenden Erfolgsaussichten des Widerspruchs. Während an der Vollziehung eines (offensichtlich) rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann, überwiegt das Vollziehungsinteresse in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch bei einem (offensichtlich) rechtmäßigen Verwaltungsakt das Aussetzungsinteresse allerdings nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes besteht. Dieses muss - ohne Bindung des Gerichts an die Begründung der Behörde - anhand der Umstände des konkreten Falles positiv festgestellt werden, weil der gesetzliche Regelfall hier derjenige des Aufschubinteresses ist. Der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (vgl. BVerfG, Beschl. vom 29.01.2020 - 2 BvR 690/19 -, juris Rn. 16).
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer behördlichen Anordnung ist im Falle einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO bei noch nicht abgeschlossenem Widerspruchsverfahren die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung (vgl. Bay.VGH, Beschl. vom 31.08.2021 - 11 CS 21.1631 -, juris Rn. 24; VG Schleswig, Beschl. vom 16.06.2021 - 11 B 28/21 -, juris Rn. 18; Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 80 Rn. 147, m.w.N.). Maßgebend auf den Ausgang eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens abzustellen, kommt nicht in Betracht, da ein solches noch gar nicht eingeleitet ist, wenn bei noch anhängigem Widerspruchsverfahren die letzte Behördenentscheidung noch aussteht.
a) Auf der Grundlage des Sachstandes zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergibt sich, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Regelungen Nr. 1 bis Nr. 6 der Anordnung des Antragsgegners vom 19.11.2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.07.2022 das private Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, überwiegt, weil sich diese Regelungen nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweisen und ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Die Regelungen Nr. 7 und Nr. 8 stellen sich demgegenüber als offensichtlich rechtswidrig dar, weshalb die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin insoweit wiederherzustellen ist.
Rechtsgrundlage für die insgesamt acht Regelungen der immissionsschutzrechtlichen Anordnung des Antragsgegners ist § 24 Satz 1 BImSchG, nach dem die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen kann. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen unter anderem so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1) und dass nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Nr. 2).
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine immissionsschutzrechtliche Anordnung nach den genannten Vorschriften liegen vor.
(1) Der Antragsgegner ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin die für die streitgegenständliche Anordnung zuständige Behörde. Seine Zuständigkeit ergibt sich aus Nr. 56 des Anhangs zu Nr. 8.1 Buchst. a) der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Zuständigkeitsverordnung für Umwelt- und Arbeitsschutz (UmArbZustVO). Danach ist der Landkreis zuständig für Aufgaben nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, die nicht genehmigungsbedürftige Anlagen der im Anhang aufgeführten Wirtschaftszweige betreffen, soweit sie gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. In Nr. 56 des Anhangs ist als Wirtschaftszweig die Gastronomie aufgeführt. Diesem Wirtschaftszweig ist der Betrieb der Antragstellerin zuzuordnen. Dies ergibt sich aus den Bauvorlagen zum Bauantrag der derzeitigen Eigentümerin. So heißt es in der Betriebsbeschreibung zum Bauantrag vom 05.04.2019, "Veranstaltung mit Bewirtung von Feiern..." und in der ergänzenden Bau- und Betriebsbeschreibung der Nebenräume vom 24.05.2019, "die Gäste sollen bewirtet werden", "es wird je nach Veranstaltung sowohl "kalte" als auch "warme" Küche zubereitet/gereicht. Die Zubereitung erfolgt in der Küche." Dafür ist ausweislich der Baubeschreibung unter anderem eine Dunstabzugshaube in der Küche und ein Fettabscheider im Technikraum installiert. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Nutzung der Räumlichkeiten durch die Antragstellerin der (bau-)genehmigten Nutzung entspricht. Sollten gelegentlich Veranstaltungen ohne Bewirtung stattfinden, ändert dies an der grundsätzlichen Einordnung des Betriebes des Veranstaltungszentrums nichts. Dementsprechend hat auch das Gewerbeaufsichtsamt S. in einer E-Mail vom 04.02.2022 an den Antragsgegner unter Bezugnahme auf die erteilte Baugenehmigung von 31.07.2019 die Nutzung des Veranstaltungszentrums dem Wirtschaftszweig der Gastronomie zugeschrieben.
(2) Bei dem Veranstaltungszentrum im Dachgeschoss des Gebäudes D. 1 in E., F., handelt es sich auch um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des § 22 BImSchG. Dies dürfte unter den Beteiligten unstreitig sein und ergibt sich aus § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, nach dem Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes unter anderem Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen sind. Der Antragsgegner hat der Eigentümerin des Gebäudes für die Nutzung des gesamten Dachgeschosses als Veranstaltungszentrum (zusammen mit 55 Einstellplätzen) mit Bescheid vom 31.07.2019 eine Baugenehmigung erteilt und seitdem werden die Räumlichkeiten entsprechend genutzt. Eine Genehmigungsbedürftigkeit nach der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen) liegt nicht vor.
(3) Der Betrieb des Veranstaltungszentrums verursacht derzeit schädliche Umwelteinwirkungen in Form unzumutbarer Lärmbelästigungen der Nachbarschaft.
Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BImSchG dabei solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
Ob Immissionen als schädlich anzusehen sind, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Schädlichkeit lässt sich nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab für jegliche Art von Geräuschen bestimmen. Es kommt darauf an, ob die Einwirkungen - bezogen auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen - das zumutbare Maß überschreiten. Für die Bewertung der Zumutbarkeit von Immissionen kann dabei die auf der Ermächtigungsgrundlage in § 48 BImSchG beruhende Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, TA Lärm) vom 26.08.1998 herangezogen werden. Diese gilt nach Nr. 1 Satz 3 Buchst. b) bb) ausdrücklich für Entscheidungen über Einzelfallanordnungen für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach den §§ 24 und 25 BImSchG. Dazu enthält Nr. 6.1 TA Lärm Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden entsprechend den einzelnen Baugebietskategorien der Baunutzungsverordnung, differenziert nach Tages- und Nachtzeiten.
Zwar liegt das Veranstaltungszentrum selbst in einem Gewerbegebiet. Maßgeblich abzustellen ist für die Feststellung schädlicher Umwelteinwirkungen jedoch auf die - geringeren - Immissionsrichtwerte für Mischgebiete, da die nächstgelegene Wohnbebauung nördlich der I. in einem faktischen Mischgebiet liegt. Nach Nr. 6.1 Buchst. d) TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A).
Diese Immissionsrichtwerte werden bei dem Betrieb des Veranstaltungszentrums derzeit nicht eingehalten.
Der Messbericht der Firma R. V. vom 07.10.2021 ergibt, dass der Betrieb einer Beschallungsanlage in dem Veranstaltungsraum mit einer Lautstärke von 95 dB(A) an der Grundstücksgrenze D. M. zu einem Beurteilungspegel von 58 dB(A) führt, was von den Nachbarn als eine Verdoppelung der zulässigen Lautstärke empfunden wird (wovon bereits bei einer Erhöhung um 10 dB(A) ausgegangen werden kann). Da zur Zeit in dem Veranstaltungszentrum Musikanlagen zum Einsatz kommen, die nicht limitiert sind und bei Hochzeitsfeiern und vergleichbaren Events üblicherweise eine Mindestlautstärke von etwa 90 bis 95 dB(A) zu erwarten ist (vgl. die Ausführungen im Messbericht der Firma R. auf der letzten Seite), folgt aus den Messergebnissen der Firma R., dass bei der ganz überwiegenden Zahl von Veranstaltungen in dem Veranstaltungszentrum die Immissionsrichtwerte auf den Grundstücken der Wohnbebauung massiv überschritten werden. Fernliegend ist demgegenüber, dass der - für die Nachbarn verträgliche - Innenpegel von 80 dB(A) bei den Veranstaltungen eingehalten wird, da ein solcher Lautstärkepegel ausweislich der telefonischen Auskunft von Dipl.-Ing. U. gegenüber dem Gericht lediglich der Hintergrundbeschallung in einer Bar, aber weder einer Tanzveranstaltung noch dem Konzert einer Liveband entspricht.
Eine Überschreitung der in Nr. 6.1 TA Lärm definierten Immissionsrichtwerte an den Wohngebäuden auf der nördlichen Seite der I. führt auch zu schädlichen Umwelteinwirkungen, da die Anwohner sich dem nächtlichen Lärm nicht entziehen können. Ruhestörender Lärm zur Nachtzeit ist zudem geeignet, die Gesundheit der betroffenen Nachbarn zu gefährden (VG Augsburg, Urteil vom 08.11.2012 - Au 5 K 12.1055 -, juris Rn. 57).
(4) Die Pflichten des § 22 BImSchG zum Betrieb des Veranstaltungszentrums obliegen der Antragstellerin, da sie entgegen ihrer Ansicht die Betreiberin im immissionsschutzrechtlichen Sinne und damit zugleich die richtige Adressatin der streitgegenständlichen Anordnung ist.
Adressat der Grundpflichten ist der Betreiber der immissionsschutzrechtlichen Anlage. Betreiber einer Anlage ist diejenige Person, die die Anlage in ihrem Namen, auf ihre Rechnung und in eigener Verantwortung führt (Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 3 Rn. 87), also letztverantwortlich den maßgeblichen Einfluss auf den Anlagenbetrieb ausübt (Lechelt in Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 33) und die wirtschaftlichen Risiken des Betriebs trägt (Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 3 Rn. 87). Die Betreiberpflichten gelten demgegenüber nicht für die bloßen Anlagenbenutzer; vielmehr sind dem Betreiber die vorhersehbaren Emissionen der Anlagenbenutzer zuzurechnen (Heilshorn/Sparwasser in Landmann/Rohmer, UmweltR, Loseblatt Stand 01.09.2021, vor § 22 BImSchG Rn. 39f. und § 22 BImSchG Rn. 14; Roßnagel/Hentschel in Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 22 Rn. 9f.), wenn die von den Nutzern ausgehenden Lärmemissionen in einem funktionellen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und diesem auch in räumlicher Hinsicht zuzurechnen sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 18.03.2020 - ME 4/20 -, juris Rn. 11).
Danach ist in Bezug auf das Veranstaltungszentrum allein die Antragstellerin als Betreiberin anzusehen. Die Grundstückseigentümerin kommt als Betreiberin nicht in Betracht, da sie das Dachgeschoss des Gebäudes nicht nutzt, sondern an die Antragstellerin zur Nutzung vermietet hat. Die Antragstellerin hat für den Betrieb des Veranstaltungszentrums ein Gewerbe angemeldet und nutzt die Räumlichkeiten entsprechend der baugenehmigten Betriebsbeschreibung in eigener Verantwortung zur Vermietung - mit oder ohne Essen -, um Gewinn zu erzielen. Ihre Betreiberpflichten bestehen im Übrigen auch entgegen der Ansicht der Antragstellerin ganz unabhängig von dem Vorhandensein einer Beschallungsanlage, da als immissionsschutzrechtliche Anlage das Veranstaltungszentrum als Ganzes zu betrachten ist. Die jeweiligen Mieter sind lediglich - einmalige - Nutzer der Räumlichkeiten. Auch soweit von ihnen Emissionen ausgehen, ist letztverantwortlich dafür die Antragstellerin, der die Emissionen zuzurechnen sind, da der von feiernden Gästen ausgehende Lärm in funktionellem Zusammenhang mit der Nutzung des Veranstaltungszentrums steht.
bb) Danach konnte der Antragsgegner die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen im Ermessenswege treffen. Dabei hat der Antragsgegner sein Ermessen hinsichtlich der Regelungen Nr. 1 bis 6 seiner Anordnung fehlerfrei ausgeübt. Die Regelungen Nr. 7 und 8 stellen sich demgegenüber als ermessensfehlerhaft dar.
(1) Dem Einschreiten des Antragsgegners steht nicht entgegen, dass der Betrieb des Veranstaltungszentrums baugenehmigt ist. Eine Baugenehmigung steht einer Anordnung nach § 24 BImSchG nicht entgegen (Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 24 Rn. 16), denn der baurechtliche Bestandsschutz ist von vornherein durch die Existenz der eigentumsinhaltsbestimmenden immissionsschutzrechtlichen Eingriffsnormen der §§ 24, 25 BImSchG beschränkt (Koch/König in Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 24 Rn. 20). Die Antragstellerin kann sich auf einen auf der Baugenehmigung beruhenden Vertrauensschutz darüber hinaus deshalb nicht berufen, weil die Baugenehmigung unter der Auflage steht, dass der Veranstaltungsraum so zu betreiben ist, dass die jeweils einschlägigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten werden (Auflage Nr. 14) und die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Anordnung dasselbe Ziel hat.
Auch soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass der Baugenehmigung das Prognosegutachten Q. vom 19.07.2018 zugrunde gelegen habe, ergibt sich nichts anderes. Schon dem Gutachten ist zu entnehmen, dass Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für die Nacht in der Nachbarschaft nur ausgeschlossen werden bei einem Innendruckpegel von 80 dB(A). Soweit das Gutachten (unter 4.1.2) zur Schallleistung LWA = 100 ausführt, beschreibt es entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht einen zulässigen "Lärmpegel", sondern die zu Grunde gelegte Schallleistung einer Beschallungsanlage.
Da die Baugenehmigung vom 31.07.2019 ein immissionsschutzrechtliches Einschreiten nicht hindert, kann im Übrigen dahinstehen, ob die Nutzung der Räumlichkeiten im Dachgeschosses des Gebäudes D. 1 in E. durch die Antragstellerin derzeit baurechtswidrig ist, weil entgegen der Nebenbestimmung Nr. 11 der Baugenehmigung eine Schlussabnahme noch immer nicht erfolgt ist. Einer baurechtswidrigen Nutzung wäre gegebenenfalls mit den Mittel des Bauordnungsrechts zu begegnen.
(2) Auch dass der Antragsgegner der Antragstellerin für die Umsetzung der Regelungen Nr. 1 und Nr. 3 bis 8 keine (Übergangs-)Frist gesetzt hat, obwohl für die "Durchführung" einer Anordnung nach § 24 BImSchG regelmäßig eine angemessene Frist vorzusehen ist (Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 24 Rn. 13, § 17 Rn. 30; Sparwasser/Heilshorn in Landmann/Rohmer, UmweltR, Loseblatt Stand 01.09.2021, § 24 BImSchG Rn. 62), stellt sich als ermessensfehlerfrei dar. Die darin liegende Anordnung, die einzelnen Regelungen - die durch Bescheid vom 12.07.2022 geänderte Nr. 2 enthält eine Fristbestimmung - sofort zu befolgen, ist rechtmäßig, da sich die Regelungen - außer diejenige in Nr. 2 - in der Anordnung von Unterlassungen erschöpfen, für deren Umsetzung es keiner Frist bedarf, worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist. Ohnedies hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung bereits darauf hingewiesen, dass nach Abschluss der Ertüchtigung der Schalldämmung die Sache neu zu bewerten und zu prüfen sei, ob die streitgegenständliche Anordnung aufgehoben oder geändert werden könne, weshalb es die Antragstellerin seit Erlass der streitgegenständlichen Verfügung vom 19.11.2021 in der Hand hatte, die ihr auferlegten Pflichten zeitlich zu begrenzen.
Soweit der Antragstellerin mit dem Änderungsbescheid vom 12.07.2022 die Installation und Einpegelung einer Beschallungsanlage aufgegeben worden ist, hat der Antragsgegner dafür zugleich eine angemessene Frist bis zum 15.08.2022 bestimmt.
(3) Im Einzelnen ergibt sich zu den Regelungen der Verfügung vom 19.11.2021 Folgendes:
Jede einzelne Anordnung muss geeignet sein, die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Normen zu erreichen (Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 24 Rn. 15) und muss sich darüber hinaus auch als erforderlich und angemessen darstellen, um als verhältnismäßig angesehen werden zu können.
Soweit in Regelung Nr. 1 für die Tageszeit eine Lautstärke der elektroakustischen Beschallungsanlage von maximal 93 dB(A) als zulässig festgesetzt wird, ist diese Regelung geeignet, erforderlich und angemessen. Nach telefonischer Auskunft von Herrn Dipl.-Ing. U. von der Firma R. ist bei einem von einer Beschallungsanlage ausgehenden Schalldruckpegel von 93 dB(A) damit zu rechnen, dass sich die Lautstärke durch die Gäste um 1 bis 2 dB(A) noch erhöht, und nach dem Messbericht der Firma R. führt ein Schalldruckpegel von 95 dB(A) im Innenraum am nächstgelegenen Wohngebäude I. M. zu einem Beurteilungspegel von 58 dB(A). Dies ergibt, dass eine Beschallungsanlage im Veranstaltungszentrum am Tage nicht mit mehr als der festgesetzten Lautstärke genutzt werden darf, da anderenfalls der nach der TA Lärm für ein Mischgebiet geltende Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten würde. Der Wert ist maßgeblich, da die Umgebung der Wohnbebauung an der I. als Mischgebiet einzuordnen ist.
Soweit in Nr. 4 geregelt ist, dass in der Nachtzeit innerhalb des Gebäudes eine Lautstärke von maximal 80 dB(A) zulässig ist, ist auch diese Regelung zumindest unter Berücksichtigung des ergänzenden Bescheides des Antragsgegners vom 12.07.2022 geeignet, erforderlich und angemessen, um die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Da der ergänzende Bescheid des Antragsgegners vorsieht, dass eine fest zu installierende Beschallungsanlage für die Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr auf 80 dB(A) einzupegeln ist, ist Nr. 4 nunmehr einschränkend als Regelung lediglich in Bezug auf die Beschallungsanlage auszulegen und nicht - mehr - in Bezug auf den Lärm der Gäste. Ein solches Verständnis ergibt sich auch mit Blick auf die Regelung in Nr. 5, die nächtlichen Lärm, der nicht von einer Anlage ausgeht, betrifft. Eine Regelung zur Beschallungsanlage erscheint nach der telefonischen Auskunft des Dipl.-Ing. U. auch ausreichend, um den Immissionsrichtwert von 45 dB(A) am nächstgelegenen Wohnhaus einzuhalten, da bei Musik in dieser Lautstärke nicht zu erwarten ist, dass von den Gästen Lärm ausgeht, der sich pegelerhöhend auswirkt. Die Lautstärke entspricht der Hintergrundmusik in einer Bar, weshalb es offenbar erfahrungsgemäß nicht dazu kommt, dass die Gäste die Stimme zu erheben, um sich zu verständigen.
Wenn die Antragstellerin zu den Regelungen Nr. 1 und Nr. 4 im Übrigen vorträgt, der Antragsgegner versuche rechtswidrig, die Emissionen zu begrenzen, obwohl es nicht auf den Innen-, sondern den Außenpegel ankomme, es sei nicht geprüft worden, ob die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Einwirkungsort überhaupt überschritten würden und da das vorhandene Dach schon jetzt eine Dämmwirkung von etwa 25 dB(A) habe, bleibe nicht viel an Schallbelastung übrig, argumentiert sie an den Messergebnissen der Firma R. vorbei. Der Antragsgegner stützt seine immissionsschutzrechtliche Anordnung auf die Aussagen der Firma R., denen wiederum - anders als das Prognosegutachten Q. - konkret durchgeführte Messungen im Veranstaltungszentrum selbst - Innenpegel - und an dem nächstgelegenen Wohngebäude I. M. - Außenpegel - zugrunde liegen. Der Bruder der Antragstellerin war seinerzeit vor Ort und hat dem Messingenieur für die Messungen eine Beschallungsanlage zur Verfügung gestellt.
Soweit in der Regelung Nr. 2 in der Fassung des ergänzenden Bescheides des Antragsgegners vom 12.07.2022 nunmehr angeordnet ist, in dem Veranstaltungszentrum eine elektroakustische Beschallungsanlage fest zu installieren und auf die unter der Nr. 1 und Nr. 4 der Anordnung vom 19.11.2021 aufgeführten maximal zulässigen Innenschallpegel durch eine geeignete Fachfirma einpegeln zu lassen, ist auch diese Anordnung geeignet, erforderlich und angemessen. Zwar erlegt sie der Antragstellerin auf, eine solche Anlage käuflich zu erwerben und einen Messingenieur zu beauftragen. Tatsächlich stellt sich aber neben dieser Anordnung nur die Anordnung, das Dach des Gebäudes in ausreichender Weise - der Messbericht der Firma R. beschreibt die Notwendigkeit der Verbesserung der Schalldämmung um etwa 15 dB - zu dämmen, als geeignetes Mittel dar, um den von einer Beschallungsanlage im Inneren des Gebäudes ausgehenden Lärm auf ein notwendiges Maß zu begrenzen. Von diesen beiden Mitteln ist die vom Antragsgegner verfügte Anordnung zur Installation und Einpegelung einer Beschallungsanlage das mildere Mittel. Andere gleich geeignete Mittel sind nicht ersichtlich und auch von der Antragstellerin nicht aufgezeigt worden. Insbesondere ist - worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist - eine Anordnung dahingehend, dass jede mitgebrachte Beschallungsanlage mit einem Limiter zu versehen und zu verplomben ist, praktisch nicht umsetzbar und deshalb nicht geeignet.
Da der Antragsgegner die Regelung Nr. 2 seiner Verfügung vom 19.11.2021 durch seinen Bescheid vom 12.07.2022 ergänzt bzw. im Regelungsgehalt erweitert hat, ist die Regelung Nr. 2 im Übrigen streitgegenständlich geblieben und vom Gericht in der Sache rechtlich zu bewerten. Eine Erledigung des Verfahrens hinsichtlich der Regelung Nr. 2 hätte sich lediglich ergeben, wenn der Antragsgegner die Regelung aufgehoben hätte. Aufgrund der Ergänzung bzw. Erweiterung geht der von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18.07.2022 formulierte Antrag zu 2. ins Leere.
Das gleichzeitige Verbot der Nutzung elektroakustischer Beschallungsanlagen, die nicht dem Veranstaltungszentrum gehören, in Nr. 3 der Verfügung, ist ebenfalls geeignet, erforderlich und angemessen. Der Ausschluss der Nutzung fremder elektroakustischer Anlagen stellt sich als konsequente Ergänzung der Verpflichtung dar, eine eigene eingepegelte Anlage zu nutzen und ist aus den oben angeführten Gründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin werden damit weder von Mietern mitgebrachte Anlagen als "per se rechtswidrig" eingeordnet noch wird mit der Regelung rechtswidrig an Eigentumsverhältnisse angeknüpft. Vielmehr wird damit lediglich sicher ausgeschlossen, dass von nicht eingepegelten Beschallungsanlagen unbegrenzter Lärm ausgeht. Ein solcher Ausschluss fremder Musikanlagen ist in der Rechtsprechung auch bereits für zulässig gehalten worden (vgl. Bay.VGH, Beschl. vom 28.08.2015 - 9 ZB 13.1876 -, juris Rn. 16).
Auch die Regelung in Nr. 5 ist geeignet, erforderlich und angemessen. Es ist die Pflicht der Antragstellerin, dafür Sorge zu tragen, dass nächtlichen Veranstaltungen in dem von ihr betriebenen Veranstaltungszentrum keinen Innenschallpegel von mehr als 80 dB(A) verursachen. Sie hat die Mieter der Räumlichkeiten in geeigneter Weise dazu anzuhalten, dass die Veranstaltungen in den Räumen nicht zu laut werden und hat die Einhaltung des (Lärm-)Pegels zu kontrollieren. Die Regelung deckt dabei insbesondere die von den Gästen ausgehenden Geräusche ab, die der Antragstellerin als Betreiberin zuzurechnen sind (s.o.).
Die Regelung Nr. 6 ist als weiteres Mittel zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen in der Nachbarschaft anzusehen, indem es als immissionsschutzrechtliche - und zwangsgeldbewehrte - Anordnung festlegt, dass an einem Sonn- oder Feiertag Veranstaltungen bis längstens um 01.00 Uhr stattfinden dürfen. Die Anordnung ist schon deshalb verhältnismäßig, weil sie lediglich die baugenehmigten Betriebszeiten für das Veranstaltungszentrum wiederholt und nicht einschränkt. Soweit in der Baugenehmigung durch Grünstempel der Betriebsbeschreibung eine Betriebszeit von Montag bis Donnerstag von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr und von Freitag bis Sonntag von 17.00 Uhr bis 01.00 Uhr genehmigt ist und sich insoweit eine Abweichung durch die streitgegenständliche Regelung Nr. 6 für den Samstag(morgen) ergibt, ist dies unschädlich, da der Wortlaut der Regelung Nr. 6 nicht ausschließt, dass an anderen Tagen als Sonn- und Feiertagen Veranstaltungen bis 01.00 Uhr stattfinden. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorträgt, die Regelung sei unverhältnismäßig, weil sie "leise" Veranstaltungen über 01.00 Uhr nachts hinaus verbiete, ist sie darauf zu verweisen, dass eine Nutzung des Veranstaltungszentrums länger als bis 01.00 Uhr nachts an Samstagen und Sonn- und Feiertagen schon von der Baugenehmigung nicht umfasst ist.
Die Regelung in Nr. 7, die sämtliche Live-Musikdarbietungen in dem Veranstaltungszentrum verbietet, ist allerdings unverhältnismäßig, weshalb insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wiederherzustellen ist.
Zwar überschreiten Liveband-Auftritte mit elektroakustischer Verstärkung laut Auskunft von Dipl.-Ing. U. in aller Regel einen Innenpegel von 80 dB(A) (vgl. auch VG Bauyreuth, Urteil vom 22.03.2012 - B 2 K 10.483 -, juris Rn. 30) und erreicht auch ein Schlagzeug diesen Pegel und ein Blechblasinstrument in der Regel. Der Ausschluss jeglicher Live-Musikdarbietungen auch im Innenraum geht jedoch zu weit, da von dem Verbot auch das von der Antragstellerin angeführte Blockflötenkonzert umfasst ist. Auch beispielsweise der nicht verstärkte Gesang von Besuchern des Veranstaltungszentrums bleibt nach Auskunft des Dipl.-Ing. U. in der Lautstärke unter 80 dB(A). Als erforderlich und angemessen dürfte sich nur eine Regelung darstellen, die zwischen Live-Darbietungen mit und ohne elektroakustischer Verstärkung und nach Tag- und Nachtzeit differenziert.
Auch die Regelung Nr. 8 ist unverhältnismäßig. Da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Feierlichkeiten außerhalb der Räumlichkeiten des Veranstaltungszentrums stattfinden, ist es nicht erforderlich, derartige Feierlichkeiten zu untersagen.
b) Hinsichtlich der Regelungen Nr. 1 bis 6 liegt angesichts der erheblichen Überschreitung der zulässigen Richtwerte und der Nähe der Wohnbebauung zum Veranstaltungszentrum der Antragstellerin ein erhebliches öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung auf der Hand.
c) Die Zwangsgeldandrohung ist in der Fassung, die sie durch den Bescheid des Antragsgegners vom 12.07.2022 erhalten hat, rechtmäßig, weshalb der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs insoweit abzulehnen ist.
Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 70, 64, 65 und 67 NPOG. Danach kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Die Verfügung des Antragsgegners steht unter Sofortvollzug, weshalb eine Durchsetzung mit Zwangsmitteln möglich ist.
Eines der Zwangsmittel ist das Zwangsgeld. Dieses droht der Antragsgegner der Antragstellerin nunmehr hinreichend bestimmt und in angemessener Höhe von 1.000,00 Euro je Anordnungspunkt in rechtmäßiger Weise an. Der Antragsgegner konnte auch auf eine Frist zur Erfüllung der Verpflichtung in den Regelungen Nr. 1 und Nr. 3 bis 8 verzichten. Zwar ist gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 NPOG grundsätzlich in der Androhung eines Zwangsmittels der betroffenen Person zur Erfüllung eine angemessene Frist zu setzen, jedoch braucht nach dem zweiten Halbsatz des Satzes eine Frist dann nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. Die genannten Regelungen enthalten sämtlich Unterlassungen. Für die Regelung Nr. 2 in der Fassung des Änderungsbescheides ist eine angemessene Frist bis zum 15.08.2022 bestimmt worden.
3. Soweit die Verfügung vom 19.11.2021 am Ende eine Kostenfestsetzung in Höhe von 576,00 Euro enthält, sieht das Gericht diese nicht als streitgegenständlich an, da die Antragstellerin gegen diese Festsetzung keine Einwände formuliert hat.
Die Kosten sind gemäß § 155 Abs. 1 VwGO verhältnismäßig zu verteilen, da die Antragstellerin teils obsiegt und teils unterliegt. Das Gericht sieht eine Verteilung von 3/4 zu 1/4 als verhältnismäßig an, da die Antragstellerin nur in zwei Verfügungspunkten gewinnt.