Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 18.01.2007, Az.: 3 A 77/06
Anpassung; Auslastung; Bedarf; Bescheid; Eigenleistung; Einrichtung; Ermessen; Finanzierung; freier Träger; Förderung; Hilfe; Jugend; Jugendhilfe; Kind; Kindergarten; Minderauslastung; Platz; Rückwirkung; Tageseinrichtung; Träger; Zuwendung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 18.01.2007
- Aktenzeichen
- 3 A 77/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 7 KTagStG ND
- § 13 KTagStG ND
- § 13 KJHGAG ND
- § 24 SGB 8
- § 74 SGB 8
- § 74a SGB 8
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Planungsverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe verbietet rückwirkende Kürzungen der Förderung einer Kindestagesstätte bei Schwankungen der Kinderzahl, bei denen ein Abbau von Kapazitäten (Gruppenschließungen) nicht geboten ist.
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit beide Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.05.2005 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu Gunsten des Klägers eine Förderung der von diesem betriebenen Kindertagesstätte ohne die unter Ziff. 3 des Bescheides geregelte Anpassungsklausel zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
I.
1. Der Kläger ist Träger der freien Jugendhilfe und unterhält im Stadtgebiet der Beklagten Kindertagesstätten. Die Beklagte fördert die Kindertagesstätten der freien Jugendhilfe gemäß einem Ratsbeschluss vom 21.12.2004 grundsätzlich in Form einer gruppenbezogenen Förderung unter Berücksichtigung eines pauschalierten Aufwandmodells (PAM), wobei sich die Bruttoförderbeträge aus Grundpauschale, Maßnahmepauschale und Investitionspauschale zusammensetzen.
In den vorliegenden Klageverfahren wendet sich der Kläger gegen eine Nebenbestimmung in den jeweiligen Förderungsbescheiden, mit denen die Beklagte für dauerhaft nicht belegte Plätze im Rahmen der Abrechnung der Förderung eine Anpassung des Nettoförderbetrages für die gesamte Einrichtung in den Fällen vornimmt, in denen Plätze jeweils volle 24 Monate nicht belegt sind, wobei nur die Monate September bis Juni Berücksichtigung finden.
Diese Anpassungsregelung hat folgenden Wortlaut:
„Für dauerhaft nicht belegte Plätze erfolgt im Rahmen der Abrechnung der Förderung eine Anpassung für die Einrichtung insgesamt. Eine gruppenbezogene Betrachtungsweise kommt somit nicht zum Tragen.
Für die Feststellung der Unterbelegung werden nur die Monate September bis Juni betrachtet. Die jeweils für einen vollen Monat nicht belegten Plätze werden zusammengezählt.
Für jeweils volle 24 Monate Nichtbelegung wird auf den Nettoförderbetrag der anteilige Betrag für einen Platz angerechnet und demzufolge in Abzug zur Nettoförderung gebracht.“
Der Kläger macht geltend, diese Anpassungsregelung bei Minderauslastung verstoße gegen die Bestimmungen des § 74 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII und § 74 Abs. 5 SGB VIII, verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz und sei mangels Vorliegens sachlicher Differenzierungsgesichtspunkte und wegen Fehlens einer sachlich angemessenen Risikoverteilung ermessensfehlerhaft. Zunächst verschiebe die Beklagte mit der Anpassungsregelung das Risiko der ihm gemäß den §§ 79, 80 SGB VIII obliegenden Gesamt- und Planungsverantwortung bei der Bedarfsplanung auf die Träger der freien Jugendhilfe. Diese hätten im Nachhinein praktisch keine Möglichkeit, das wirtschaftliche Risiko zu steuern. Sie hätten bei Greifen der rückwirkenden Anpassungsregelung keine Möglichkeit, ihre Platzkapazitäten dem reduzierten Bedarf anzupassen und personelle und sachliche Ausstattung rückwirkend zu vermindern. Der Kläger hätte als freier Träger einen berechtigten Anspruch auf Planungssicherheit, der durch die genannte Anpassungsregelung beeinträchtigt werde. Allein der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, d. h. die Beklagte, habe die entsprechende sachliche und finanzielle Ausstattung zur differenzierten Bedarfsermittlung und Planung. Diese Gesamt- und Planungsverantwortung könne nicht durch die Möglichkeit nachträglicher Kürzung der Förderung auf den Kläger verschoben werden. Bereits aus diesem Grunde sei die Anpassungsregelung ermessensfehlerhaft. Sie verstoße weiter auch gegen § 74 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII, weil sie ohne jegliche Differenzierung nach der Finanzkraft des jeweiligen freien Trägers eine entsprechende Kürzung, die einer Eigenleistung gleichkomme, nachträglich einfordere. Dies verstoße gegen § 74 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII, wonach im Rahmen der Eigenleistung die unterschiedliche Finanzkraft der freien Träger und die sonstigen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.
Wie das Beispiel in der Anlage 2 zur Anpassung der Förderung bei Minderauslastung verdeutliche, könne bereits eine Unterbelegung von zwei Plätzen zu einer erheblichen Kürzung der Förderung führen und damit den Eigenanteil des freien Trägers wesentlich erhöhen. Schließlich lege die Anpassungsregelung ermessensfehlerhaft widersprüchliche Bewertungsmaßstäbe zugrunde. Denn die Beklagte habe zunächst explizit festgelegt, dass die städtische Förderung als Gruppenförderung erfolge. In der Begründung hierzu heiße es: „Die Abschaffung des Pro-Kind-Fördermodells wird von den freien Trägern in vollem Umfang unterstützt, da dieses Modell von ihnen wegen der damit verbundenen Übernahme des Auslastungsrisikos abgelehnt wird.“ Das Angebot an Gruppen erfolge auch in enger Abstimmung mit den freien Trägern, wobei über die Anzahl der betreuten Kinder regelmäßig und unregelmäßig Auskunft zu erteilen sei, so dass der tatsächliche Bedarf an Gruppen exakt festzustellen sei.
Entgegen dieser Vorgabe stelle die Anpassungsregelung demgegenüber wieder auf die tatsächlich belegten einzelnen Plätze ab und sehe eine Pro-Kopf-Reduzierung der Förderung bei dauerhafter Nichtbelegung vor. Auf diese Weise würde den freien Trägern über die Anpassungsregelung wiederum das Auslastungsrisiko auferlegt. Dies gelte umso mehr, als die Förderung rückwirkend angepasst werde, obwohl die Träger dann keine Möglichkeit mehr hätten, ihre Platzkapazitäten dem reduzierten Bedarf anzupassen. Diese widersprüchlichen Kriterien seien nicht ermessensgerecht.
Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 74 Abs. 5 SGB VIII vor, denn die Einführung der Anpassungsregelung für die freien Träger stelle eine Ungleichbehandlung öffentlicher städtischer und freier Träger der Jugendhilfe dar, da die Einrichtungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe einer solchen Anpassungsregelung nicht unterworfen seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, zu Gunsten des Klägers einen Bescheid zur Förderung von Kindertagesstätten der Träger der freien Jugendhilfe ohne die unter Ziff. 3 des Bescheides genannte Anpassungsregelung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung weist sie darauf hin, dass der Rat der Beklagten am 21.12.2004 für die Zeit ab 01.08.2005 ein neues Förderungsmodell für die Kindertagesstätten der Träger der freien Jugendhilfe und für die Eltern-Kind-Gruppen beschlossen habe, das eine gruppenbezogene Förderung mit einem pauschalierten Aufwandsmodell vorsehe. Dabei regelten die Anlage 1 Ziff. X sowie die Anlage 2 Ziff. X des Ratsbeschlusses eine Anpassung der Förderung in Höhe eines anteiligen Betrages des Nettoförderbetrages für jeweils einen Platz bei vollen 24 Monaten Unterbelegung. Die Größe der Gruppen richte sich nach der Gruppenstärke gemäß der Betriebserlaubnis, § 45 SGB VIII, bzw. den Angaben in Ziff. IV 1. der Anlage 2 zum Ratsbeschluss vom 21. Dezember 2004. Nach diesen Regelungen erfolge die Anpassung für die Einrichtung insgesamt, so dass für jede Einrichtung die Möglichkeit bestehe, eine Unterbelegung bei einer Angebotsform, z. B. im Hort, durch Überbelegungen in einer anderen Angebotsform, z. B. im Kindergartenbereich, auszugleichen. Diese Ausgleichsmöglichkeit gelte für sämtliche Angebotsformen der jeweiligen Einrichtung. Bei der Unterbelegung seien bei der Gruppenbetrachtung nur die Monate Januar bis Juni und September bis Dezember des jeweiligen Kalenderjahres maßgeblich. Die Monate Juli und August seien nicht mit einbezogen, da in dieser Zeit Ferien sowie Wechsel im Kindergartenbereich und vom Kindergarten in die Schule anstünden, so dass für diese Monate eine Gegensteuerung der freien Träger kaum möglich sei. Ferner würden nur volle Kalendermonate der Unterbelegung berücksichtigt. Außerdem werde nur bei vollen 24 Monaten Nichtbelegung der anteilige Nettoförderbetrag für einen Platz zurückgefordert, wobei der Betrachtungszeitraum für die Unterbelegung das Kalenderjahr sei. Hierzu werde auf das Berechnungsbeispiel in Ziff. 10 der Anlage 2 zum Ratsbeschluss vom 21.12.2004 Bezug genommen. Daraus ergebe sich z. B., dass bei einer genehmigten Gruppengröße von 25 Kindern und einer tatsächlichen Belegung mit 23 Kindern für ein Kalenderjahr keine Rückforderung erfolge, da wegen Außerachtlassens der Monate Juli und August nur 20 berücksichtigungsfähige Monate der Unterbelegung entstünden. Da der Betrachtungszeitraum zur Festlegung einer Minderauslastung das Kalenderjahr sei, während sich die Förderung am Kindergartenjahr orientiere, werde den freien Trägern bei einer erkannten Unterbelegung genügend Zeit zur Reaktion gegeben. Auch würden die im laufenden Kalenderjahr entstandenen Unterauslastungen nicht in das nächste Kalenderjahr übertragen. Unter Berücksichtigung dieser Anpassungsregelung sei bereits fraglich, ob die Klage überhaupt zulässig sei. Denn es stehe überhaupt nicht fest, ob der Kläger für seine Kindertagesstätte von der Anpassung wegen Unterbelegung betroffen sein werde. Aufgrund der genannten Regelungen könne die Beklagte für diese Einrichtung frühestens Anfang 2007 eine Anrechnung vornehmen, sofern mindestens zwei Plätze im gesamten Kalenderjahr 2006 und ein weiterer Platz für vier Monate im Jahr 2006 nicht belegt sei. Hierfür bestünden keinerlei Anhaltspunkte. Eine konkrete Entscheidung der Beklagten über eine Anpassung werde frühestens nach Ablauf des Jahres 2006 getroffen. Gegen diese Entscheidung könne der Kläger dann Klage erheben. Zuvor sei ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht gegeben. Nach einer ersten Auswertung habe die Auslastung der Kindertagesstätten 2006 fast bei 100 % gelegen, so dass kaum ein freier Träger von der Anpassungsklausel betroffen sei.
Die Klage sei im Übrigen aber auch nicht begründet: Durch die angegriffene Entscheidung werde nicht die der Beklagten obliegende Gesamt- und Planungsverantwortung gemäß den §§ 79, 80 SGB VIII auf die freien Träger der Jugendhilfe verschoben. Aus dieser Gesamtverantwortung und Gewährleistungspflicht folge zwar die Verpflichtung zur ausreichenden Finanzausstattung der freien Träger der Jugendhilfe u. a. für ihre Kindertagesstätten. Bereits in seiner Entscheidung vom 18.07.1967 habe das Bundesverfassungsgericht zu dem damaligen § 5 JWG ausgeführt, mit der Verwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe „erforderlich“, „ausreichend“ und „geeignet“ (vgl. jetzt § 79 Abs. 2 SGB VIII) wolle der Gesetzgeber sicherstellen, dass Einrichtungen für die Wohlfahrt der Jugend u. a. unter wirtschaftlich sinnvollem Einsatz öffentlicher und privater Mittel bereitgestellt werden (BVerfGE 22, 180 ff.). Die angegriffene Anpassungsklausel entspreche diesem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, der für die Beklagte auch ausdrücklich in § 82 Abs. 2 NGO normiert sei. Die Verwendung öffentlicher Mittel für längerfristig nicht belegte Plätze in Kindertagesstätten freier Träger und somit ohne entsprechende Gegenleistung würde ein nicht hinnehmbares unwirtschaftliches Verhalten der Beklagten darstellen. Ein Ermessensfehlgebrauch liege daher nicht vor. Die Beklagte habe vielmehr mit der großzügigen Berücksichtigung nur voller Monate der Unterbelegung, der Außerachtlassung der Monate Juli und August, der Kalenderjahrregelung und der 24-Monatsregelung sowie der Ausgleichsmöglichkeiten für die jeweilige Einrichtung insgesamt eine angemessene Risikoverteilung vorgenommen, die die freien Träger keineswegs einseitig nachträglich belaste. Die Beklagte habe darüber hinaus in Wahrnehmung ihrer Planungsverantwortung gemäß § 80 SGB VIII außer dem Kindertagesstättenentwicklungsplan Instrumente zur flexiblen Steuerung des Platz- bzw. Gruppenangebotes in sämtlichen Kindertagesstätten des Stadtgebietes geschaffen. Gemäß Ratsbeschluss vom 19.06.2001 führe die Beklagte jährlich eine Planungskonferenz mit den freien Trägern durch, um regionale Bedarfe festzustellen und eine wohnortnahe Versorgung mit ausreichenden Kindertagesstätten sicherzustellen. Die freien Träger hätten die Möglichkeit, auf der Grundlage der ermittelten Anmeldungen bzw. des ermittelten Bedarfs jeweils zum Beginn des neuen Kindergartenjahres ab 1. August die Einrichtung/Schließung bzw. Erweiterung/Verringerung von Gruppen zu beantragen. Eine Anpassung könne zum 1. Januar des Folgejahres erfolgen, wie sich aus dem Ratsbeschluss vom 26.04.2005 ergebe. Außerdem habe die Beklagte den freien Trägern die Errichtung einer zentralen Koordinationsstelle angeboten, mit der in benachbarten Kindertagesstätten das Angebot z. B. für einen Stadtteil koordiniert und entsprechend dem Bedarf angepasst werden sollte. Dies hätten die freien Träger jedoch als zu bürokratisch abgelehnt und sich nicht in der Lage gesehen, die erforderlichen Bedarfsmitteilungen auf elektronischem Weg an die zentrale Koordinationsstelle weiterzuleiten. Hierzu sei anzumerken, dass die gleichwohl durchgeführte Koordination allein für die städtischen Kindertagesstätten zu einer Einsparung von 10,5 Vollzeitstellen ohne wesentlichen Angebotsabbau geführt habe. Auch habe die Anpassungsklausel offenbar bewirkt, dass die freien Träger in stärkerem Maße als bei früheren Regelungen erfolgreich um eine volle Auslastung der Gruppen bemüht gewesen seien.
Mit der Anpassungsregelung verstoße die Beklagte auch nicht gegen § 74 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII. Bei den eventuellen Rückforderungen wegen längerfristiger Unterbelegung handele es sich nicht um eine Eigenleistung, sondern nur um eine angemessene Beteiligung der freien Träger an ihrem eigenen Auslastungsrisiko zur Vermeidung einer unwirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel. Dementsprechend sei die unterschiedliche Finanzkraft der einzelnen freien Träger bei der Berechnung des Kürzungsbetrages wegen Unterbelegung nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen sei es so, dass die Eigenleistungen der ev.-luth. Kirche und der katholischen Kirche jeweils 10 % und für die Kindertagesstätten der übrigen freien Träger jeweils 5 % des Bruttoförderbetrages betragen. Bei der Berechnung der Reduzierung werde hingegen der Nettoförderungsbetrag zugrunde gelegt. Dieser ergebe sich aus dem Bruttoförderbetrag abzüglich Eigenleistung, Elternentgelte und der Finanzhilfe des Landes. Aufgrund der höheren Eigenleistung der ev.-luth. Kirche und der katholischen Kirche sei deren Nettoförderbetrag und damit ggf. auch die Kürzung wegen Unterbelegung zwangsläufig geringer als bei den anderen freien Trägern. Die kirchlichen Träger erbrächten aber andererseits mit ihrer höheren Eigenleistung bereits einen entsprechend höheren Anteil an den Betriebskosten und damit auch am Auslastungsrisiko. Daher bedürfe es bei einer eventuellen Kürzung wegen längerfristiger Unterbelegung keiner Differenzierung zwischen finanzstarken und finanzschwachen Trägern.
Der Rat der Beklagten habe sich trotz der Gegenargumente bewusst für die angemessene Beteiligung der freien Träger an dem Auslastungsrisiko entschieden unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel. Darin liege weder ein Widerspruch zu dem Modell der Gruppenförderung noch zu dem Gebot der Abstimmung des Bedarfs und der entsprechenden Anpassung der Angebote. Vielmehr werde den freien Trägern mit den Instrumenten der Planungskonferenz, der Veränderungsmöglichkeit hinsichtlich des Angebots jeweils zum 1. Januar und der Ausgleichsmöglichkeiten innerhalb der jeweiligen Einrichtung die Möglichkeit eröffnet, dem Risiko nicht belegter bzw. nicht zu belegender Plätze zeitnah entgegenzusteuern. Es sei daher der Beklagten nicht nachvollziehbar, warum es dem Kläger ggf. nicht möglich sein solle, unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlichen Verhaltens rechtzeitig auf einen reduzierten Bedarf zu reagieren.
Auch der Vorwurf einer Ungleichbehandlung von Kindertagesstätten der Beklagten und der freier Träger sei zurückzuweisen. Auch für die städtischen Einrichtungen werde ab August 2005 die gruppenbezogene Bruttoförderung nach dem pauschalierten Aufwandsmodell mit der beanstandeten Anpassungsklausel zugrunde gelegt. Bei entscheidungserheblichen Unterauslastungen in städtischen Kindertagesstätten werde ggf. ein Nettoförderbetrag ermittelt, der sich aus den jeweils durchschnittlichen Eigenanteilen, Elternentgelten und Landeszuschüssen der freien Träger und Eltern-Kind-Gruppen ergebe. Von dieser fiktiven „Nettoförderung“ erfolge dann ggf. ein Abzug wegen Unterbelegung. Diese Beträge würden ggf. nachvollziehbar im Haushalt der Beklagten dargestellt als Minderausgaben im Unterabschnitt der städtischen Kindertagesstätten. Hierfür sei für den städtischen Haushalt 2007 eine gesonderte Haushaltsstelle geschaffen worden.
2. Am 07.08.2006 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2006 erhoben, in dem diese die Förderung der Kindertagesstätten im Kindergartenjahr 2006/2007 geregelt hat. Der Bescheid enthält wiederum die bereits genannte Anpassungsklausel. Zur Begründung der Klage bezieht sich der Kläger auf sein bisheriges Vorbringen.
Die Beklagte hält diese Klage für entbehrlich, da sie mit Schreiben vom 08.08.2006 zugesichert habe, dass die Entscheidung des erkennenden Gerichts in den Verfahren hinsichtlich der Bescheide vom 24.05.2005 auch im Hinblick auf die bereits ergangenen oder künftigen Bescheide über die Förderung der freien Träger Anwendung finden werde.
Beide Parteien haben das Verfahren daraufhin insoweit für erledigt erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage gegen den Bescheid vom 24.05.2005 ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Für die Klage besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger ist durch die in dem Förderungsbescheid enthaltene Anpassungsregelung beschwert, auch wenn aufgrund dieser erst im Nachhinein konkret festgestellt werden kann, ob zu Lasten des Klägers eine Reduzierung des Förderungsbetrages nachträglich erfolgen wird. Der Förderungsbescheid regelt i. V. m. dem für maßgeblich erklärten Ratsbeschluss vom 21.12.2004 und den in den Anlagen zu diesem Ratsbeschluss formulierten Grundsätzen und Ausführungsbestimmungen (Förderungsrichtlinien) die Förderung der Kindertagesstätte des Klägers der Art und Höhe nach verbindlich. Die in Ausführung der in dem Förderungsbescheid enthaltenen Anpassungsregelung später getroffene konkrete Förderungsabrechnung könnte im Falle der Bestandskraft und Unanfechtbarkeit des Förderungsbescheides vom Kläger nicht ohne weiteres mehr nachträglich mit Erfolg angegriffen werden (vgl. hierzu VG Saarbrücken, Urt. v. 02.02.2006 - 3 K 102/05 -, zitiert nach Juris).
Die Klage ist auch als Verpflichtungsklage zulässig. Der Kläger begehrt zwar lediglich eine Förderung der Kindertagesstätte ohne die unter Ziff. 3 in dem angefochtenen Förderbescheid genannte Anpassungsregelung. Eine isolierte Anfechtung dieser Anpassungsregelung kommt aber nicht in Betracht. Denn bei der Anpassungsregelung handelt es sich nicht um eine gesondert anfechtbare Nebenbestimmung zum Förderungsbescheid, sondern um eine sog. modifizierende Gewährung der Förderungsmittel, d. h. eine Maßgabe, die den Inhalt der Förderung als solche betrifft. Nach der herrschenden Meinung kann deswegen die von dem Kläger erstrebte und beantragte Begünstigung ohne diese Modifizierung nur mittels einer Verpflichtungsklage herbeigeführt werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rz. 23 m. w. N. und a. A.).
Auf die danach zulässige Verpflichtungsklage ist der Bescheid der Beklagten aufzuheben und diese zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Denn die Beklagte hat das ihr nach § 74 a SGB VIII iVm § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII, §§ 1 und 13 Nds. AG KJHG zukommende Auswahlermessen bei der Entscheidung über die Art und Höhe der Förderung der von dem Kläger betriebenen Kindertagesstätte nicht fehlerfrei ausgeübt.
Nach § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII, der gemäß § 74 a SGB VIII iVm mit dem Nds. KitaG in Niedersachsen für die weiterhin im Wege des Zuwendungssystems erfolgende Finanzierung von Kindertagesstätten anwendbar ist (vgl. Münder u. a. Frankfurter Kommentar zum SGB VIII § 74 a Rdnr. 1) , entscheidet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn, was im vorliegenden Fall außer Streit ist, die Förderungsvoraussetzungen für die Kindertagesstätte dem Grunde nach vorliegen, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art und Höhe der Förderung. Dabei sind nach § 74 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII bei der Bemessung der Eigenleistung die unterschiedliche Finanzkraft und die sonstigen Verhältnisse zu berücksichtigen. Dieses der Beklagten zukommende Auswahlermessen hat diese bei der Festlegung der Anpassungsklausel und damit der Entscheidung über die Art und Höhe der Förderung der von dem Kläger betriebenen Kindertagesstätte nicht fehlerfrei ausgeübt. Sie ist deswegen zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, soweit eine Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ob die behördliche Entscheidung rechtswidrig ist, weil die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ermessensfehlerhaft ist eine Entscheidung u. a. dann, wenn die Behörde von dem ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes, d. h. der im Einzelnen im Gesetz und in der Rechtsordnung insgesamt zum Ausdruck kommenden Regelungen und Zwecksetzungen Gebrauch gemacht hat, also z. B. Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht berücksichtigt hat, die nach dem Sinn und Zweck des zu vollziehenden Gesetzes zu beachten sind (vgl. § 39 SGB I analog).
Für die Einrichtung und Förderung von Tageseinrichtungen für Kinder haben der Bundes- und Landesgesetzgeber über die allgemeinen Regelungen zur Förderung von Einrichtungen der Jugendhilfe hinaus spezielle Vorschriften erlassen. Seit den 90er Jahren ist im Bundesrecht ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz erstmals verankert. Nach § 24 Abs. 1 SGB VIII hat nunmehr ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen oder ergänzend Förderung in Kindertagespflege zur Verfügung steht. Nach § 24 Abs. 2 SGB VIII in der Fassung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes /TAG vom 27.12.2004 ist für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten. Dies gilt nach § 24 Abs. 3 SGB VIII für Kinder unter drei Jahren mindestens dann, wenn die Erziehungsberechtigten oder die allein erziehungsberechtigte Person einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schul- oder Hochschulausbildung sind oder an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit usw. teilnehmen. Nach der Übergangsregelung des § 24a SGB VIII ist in den Ländern, in denen dieses genannte Angebot (insbesondere an Krippenplätzen) nicht sofort gewährleistet werden kann, eine Übergangsregelung zu treffen, wonach die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die geschilderten Verpflichtungen bis spätestens zum 01.10.2010 zu erfüllen haben. In einer Übergangsphase sind die Träger verpflichtet, jährlich Ausbaustufen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots zu beschließen und jährlich zum 15. März jeweils den aktuellen Bedarf zu ermitteln und den erreichten Ausbaustand festzustellen.
Nach § 79 Abs. 1 SGB VIII tragen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung und haben nach § 80 Abs. 1 SGB VIII im Rahmen ihrer Planungsverantwortung den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.
Nach § 80 Abs. 3 SGB VIII haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Nach § 80 Abs. 4 SGB VIII sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planung insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen. Landesrechtlich regelt § 13 Nds. KiTaG die Planung hinsichtlich des Angebotes an Plätzen in Krippen, Kindergärten und Horten sowie kleinen Kindertagesstätten.
Die §§ 3 und 4 SGB VIII regeln die Zusammenarbeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und der freien Jugendhilfe. § 4 Abs. 2 SGB VIII regelt insbesondere, dass in den Fällen, in denen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen soll. Nach § 4 Abs. 3 SGB VIII soll die öffentliche Jugendhilfe die freie Jugendhilfe nach Maßgabe des Gesetzes fördern und dabei die verschiedenen Formen der Selbsthilfe stärken. § 74 Abs. 5 SGB VIII bestimmt hierzu ausdrücklich, dass bei der Förderung gleichartiger Maßnahmen mehrerer Träger unter Berücksichtigung ihrer Eigenleistung gleiche Grundsätze und Maßstäbe anzulegen sind und dass dann, wenn gleichartige Maßnahmen von der freien und der öffentlichen Jugendhilfe durchgeführt werden, bei der Förderung die Grundsätze und Maßstäbe anzuwenden sind, die für die Finanzierung der Maßnahmen der öffentlichen Jugendhilfe gelten.
Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die Beklagte als öffentlicher Träger der Jugendhilfe wegen des bestehenden Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz trotz des eingeräumten Ermessens nicht frei ist bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie die freien Träger hinsichtlich des Betriebes von Kindertagesstätten fördert. Die Förderung muss letztlich bewirken, dass ein dem Bedarf entsprechendes ausreichendes Angebot an Kindertagesstättenplätzen sichergestellt wird. Die Finanzierung der Kindertagesstätten nähert sich damit der Finanzierung nach dem Muster der §§ 78 a ff. SGB VIII, also der Finanzierung von Jugendhilfeeinrichtungen auf der Basis von - prospektiven - Entgeltvereinbarungen an ( vgl. Münder u.a. § 74 a SGB VIII RdNr. 1 m. w. N.), bei denen gemäß § 78d Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nachträgliche Ausgleiche nicht zulässig sind. Ferner ergibt sich aus den genannten Vorschriften, dass bei einem grundsätzlich anzustrebenden Vorrang der freien Träger der öffentliche Jugendhilfeträger den Gleichheitssatz zu beachten hat (insbesondere bei der Berücksichtigung der Eigenleistungen gleiche Grundsätze und Maßstäbe anzulegen hat) und es ergibt sich, dass bei der Förderung freier Träger die Grundsätze und Maßstäbe anzuwenden sind, die für die Finanzierung der Maßnahmen der öffentlichen Jugendhilfe gelten (Personalbedarf, Ausstattung usw.).
Daneben sind vom öffentlichen Jugendhilfeträger auch bei der Jugendhilfeplanung und Förderung von Kindertagesstätten die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Erforderlichkeit zu beachten, wie sich auch aus der Gemeindeordnung und den Haushaltsgesetzen ergibt.
Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist deswegen nicht verpflichtet, auf Dauer Überkapazitäten zu finanzieren. Angesichts der zurückgehenden Kinderzahlen auf der einen Seite, der geänderten Lebensverhältnisse - Berufstätigkeit, allein erziehende Eltern, Anforderungen des Arbeitsmarktes - auf der anderen Seite, ergeben sich naturgemäß Anpassungsprobleme und Schwankungen der Kinderzahlen, die in gewissem Umfang unvorhersehbar sind. Sie werden u. a. durch die Zahl der jährlich geborenen Kinder, den Zuzug und Wegzug von Familien sowie durch die Nachfrage der Eltern beeinflusst. Die Berücksichtigung dieser Veränderungen ist nach den oben genannten Vorschriften des Kinder- und Jugendhilferechts aber Teil der Planungsverantwortung des öffentlichen Jugendhilfeträgers, also der Beklagten (§ 79 Abs. 1 SGB VIII, § 13 KiTaG, vgl. OVG Lüneburg, B. v. 16.06.1997 - Az. 4 M 1219/97 -, zitiert nach Juris). Diese Planungsverantwortung und das Gebot der partnerschaftlichen Zusammenarbeit (§ 4 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) sowie der beschränkte Vorrang der Träger der freien Jugendhilfe (§ 4 Abs. 2 SGB VIII) und das Wunsch- und Wahlrecht der leistungsberechtigten Eltern (§ 5 Satz 1 SGB VIII) verbieten es, das Restrisiko solcher Veränderungen und Schwankungen im Wesentlichen den Trägern der freien Jugendhilfe aufzuerlegen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 16.06.1997, a. a. O., Klügel/Reckmann, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, 4. Aufl. zu § 13 - Ziff. 18). Denn auch die Träger der freien Jugendhilfe sind - im Rahmen des Gesamtplans des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe - auf Planungssicherheit angewiesen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 16.06.1997, a. a. O.). Diese Vorgaben sind von der Beklagten mit ihrer Anpassungsregelung nicht eingehalten worden. Ihr Argument, als öffentlicher Träger der Jugendhilfe sei sie nur verpflichtet, den jeweils notwendigen Bedarf zu finanzieren, verkennt, dass die wesentlichen Kosten (Personalkosten, Raumkosten) bei Schwankungen in der Kinderzahl, bei denen ein Abbau von Kapazitäten (Gruppenschließungen) nicht geboten ist, dieselben sind und damit notwendig bleiben (vgl. Klügel/Reckmann aaO § 13 Ziff. 18).
Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass die im Laufe des Verwaltungsverfahrens und der Beratung in den Ausschüssen wesentlich abgemilderte Anpassungsklausel - zunächst war eine Reduzierung der pauschalierten Gruppenförderung bereits bei einer Minderauslastung in einem Zeitraum von 12 Monaten vorgeschlagen - nunmehr erst bei einer längerfristigen Minderauslastung greift und dass besonders freie Träger, die eine große Einrichtung betreiben, d. h. eine Regelkindertagesstätte mit mehreren Gruppen, Krippenplätzen und Hortplätzen, durch die Möglichkeit, eine etwaige Minderauslastung in einer Gruppe durch eine Überbelegung (soweit dies gesetzlich überhaupt zulässig ist) in anderen Gruppen auszugleichen, von der Anpassungsregelung nicht so stark betroffen sind. Dieser Umstand hat aber auch zur Folge, dass die Träger kleinerer Kindertagesstätten, welche diese Ausgleichsmöglichkeiten nur in geringerem Umfang haben, besonders schwer betroffen sein können. Dies verstößt gegen das bei der Ermessensausübung zu beachtende Willkürverbot, den Gleichheitssatz und das Gebot des § 74 Abs. 3 S. 3 SGB VIII, die unterschiedliche Finanzkraft der Träger bei deren Eigenbeteiligung zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die nachträgliche Anpassung im Falle von Minderauslastung nämlich im Ergebnis Auswirkungen auf die Höhe der Eigenbeteiligung der einzelnen freien Träger, ohne dass dabei die in § 74 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII genannten Grundsätze der unterschiedlichen Finanzkraft und der sonstigen Verhältnisse der Träger in angemessener Weise berücksichtigt werden.
Die Förderrichtlinien der Beklagten differenzieren nämlich bei der Eigenbeteiligung lediglich zwischen kirchlichen Trägern auf der einen Seite (10 % Eigenbeteiligung) und sonstigen freien Trägern auf der anderen Seite (pauschal 5 % Eigenbeteiligung). Da sich die Nettoförderung so errechnet, dass von dem pauschalierten Bruttoförderungsbetrag die eingenommenen Elternbeiträge und der Landeszuschuss sowie die Eigenbeteiligung des Trägers abgezogen werden, wirkt sich neben der Auslastung als solcher in erster Linie die Finanzkraft der Elternschaft der einzelnen Kindertagesstätte auf die Höhe der Nettoförderung in dem Sinne aus, dass diese infolge der einkommensabhängig gestaffelten Elternbeiträge in Kindertagesstätten mit einer finanzkräftigen Elternschaft geringer ist als in Kindertagesstätten mit einer weniger finanzkräftigen Elternschaft. Dies hat zur Folge, dass eine Förderungskürzung bei Minderauslastung im Sinne der Anpassungsklausel in Kindertagesstätten, die von weniger finanzkräftiger Elternschaft in Anspruch genommen werden, höher ausfällt als bei den an sich „finanzstärkeren“ Kindertagesstätten. Dies entspricht nicht den gesetzlichen Intentionen einer Eigenbeteiligung in Abhängigkeit von der finanziellen Leistungskraft der Träger (vgl.Klügel/Reckmann, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, 4. Aufl. § 13 KiTaG Ziff. 16).
Der Beklagten kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie demgegenüber anführt, die Minderauslastung könne zu den sonstigen bei der Bemessung der Eigenleistung zu berücksichtigenden Verhältnissen gehören. Aus dem Gesetzestext selbst ergibt sich nicht, welches diese sonstigen zu berücksichtigenden Verhältnisse sind (vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl., § 74 Rz. 48). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu den bei der Förderung anzulegenden Grundsätzen und Maßstäben Folgendes ausgeführt: „Bezogen auf Kindergärten sind insbesondere deren Aufgabe und verschiedene Leistungsangebote in den Blick zu nehmen: In Kindergärten soll die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden (§ 22 Abs. 1 SGB VIII); die Aufgabe umfasst die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes (§ 22 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII); das Leistungsangebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und Familien orientieren“. Es hat ferner ausgeführt, dass Kindergartenplätze so gefördert werden sollen, dass die Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können und Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können. Es sei auch zu berücksichtigen, dass nach der gesetzlichen Regelung - § 5 Abs. 1 Satz 4 und 5 KiTaG - der Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens möglichst ortsnah zu erfüllen ist. Ferner hat es darauf hingewiesen, dass für die Förderung eines Kindergartens die Ortsnähe, die günstige Verkehrsanbindung zu Arbeitsstätten der Eltern und auch die pädagogische Ausrichtung des Kindergartens sowie die Betreuungsorganisation bedeutsam sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.04.2002 aaO). Die Auslastung als solche hat das Bundesverwaltungsgericht nicht ausdrücklich zu den bei Bemessung der Förderung zu berücksichtigenden Verhältnissen gezählt.
Danach ist eine Kürzung der Zuwendung an den freien Träger im Nachhinein, solange die Feststellungen über den Bedarf in der Jugendhilfeplanung nicht korrigiert worden sind, nicht gerechtfertigt (Klügel/Reckmann aaO § 13 Ziff. 17und 18, Nds. OVG, B. v. 16.06.1997, Nds. VBl 1997, 238)). Der Vertrauensschutz gebietet bei der Planung angemessene Übergangsfristen, damit der freie Träger gegebenenfalls Personal einsparen und sich von Räumen trennen kann (Vgl. OVG Lüneburg in NJW 1977,773 [BVerwG 24.06.1976 - BVerwG I C 56.74]).
Da die angegriffene Anpassungsregelung nach den obigen Ausführungen den gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätzen nicht entspricht, braucht nicht entschieden zu werden, ob sie auch das Gleichbehandlungsgebot in § 74 Abs. 5 SGB VIII in Bezug auf die Finanzierung der Kindertagesstätten in städtischer Trägerschaft verletzt (vgl. hierzu Nds. OVG v. 25.03.1998 - 4 L 3057/96 und vom 19.04.2002- 12 L 2078/00, wonach aus § 74 Abs. 5 SGB VIII nicht zu folgern ist, dass die Zuwendungen für die Maßnahmen der freien Träger ebenso hoch sein müssen wie der Zuschussbedarf der öffentlichen Jugendhilfe).
Da die Beklagte nach den obigen Ausführungen mit der Anpassungsregelung die gesetzlich gesetzten Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens bei der Förderung der Kindertagesstätten freier Träger nicht beachtet hat, ist weiter zu prüfen, ob sie zu verpflichten ist, die Förderung entsprechend den Förderungsrichtlinien ohne diese Anpassung vorzunehmen, ob also das Ermessen der Beklagten dahingehend beschränkt ist, dass lediglich noch eine Förderung in der vorgesehenen Höhe ohne die genannte Anpassungsklausel in Betracht kommt.
Eine solche Ermessensreduzierung „auf Null“ ist aber nicht anzunehmen. Der Gesetzgeber hat den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bei der Entscheidung über die Förderung der Kindertagesstätten ausdrücklich einen Ermessenspielraum zugebilligt, auch hinsichtlich der Art, Höhe und Form der Förderung. So sind immer noch verschiedene Förderungsarten möglich. Auch eine Festbetragszuwendung- wie sie hier die Beklagte im Grundsatz vornimmt - im Gegensatz zu einer Fehlbetragsfinanzierung kommt in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.04.2002 - 5 C 23/01). Eine Festbetragsfinanzierung, welche die Deckung eines verbleibenden Fehlbetrages der Eigenleistung des Einrichtungsträgers bzw. den Teilnahmebeiträgen nach § 90 SGB VIII überlässt (BVerwG - 5 C 23/01), kann grundsätzlich auch die Auslastung der Kindertagestätte berücksichtigen. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie nicht gezwungen werden soll, Haushaltsmittel unrationell einzusetzen. Sie kann mit ihren Förderregelungen, die aber im Rahmen der Jugendhilfeplanung den freien Trägern einen verlässlichen Finanzierungsrahmen gewähren müssen, einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz der öffentlichen und privaten Mittel sicherstellen. Dabei liegt es auf der Hand, dass eine gute Auslastung der einzelnen Kindertagesstätten anzustreben ist, um einen möglichst wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel zu gewährleisten. Die Beklagte hat dargelegt, dass es ihr selbst durch eine gute Koordination gelungen ist, Stelleneinsparungen vorzunehmen. Auf der anderen Seite sind aber die allgemeinen Ziele der Jugendhilfe im Auge zu behalten. Diese haben mit dem TAG, dem Tagesbetreuungsausbaugesetz, vom 27.12.2004 einen gesetzlichen Ausdruck gefunden, und erfordern im Einzelfall - wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 3 Nds. KiTa -Gesetz ergibt - bei besonderen Problemfällen sogar die Überlegung, geringere Höchstgrenzen für die Gruppen festzusetzen. Zu den gebotenen notwendigen Kosten - auch bei einem vorübergehenden Rückgang der Kinderzahlen, der keinen Einfluss auf die Jugendhilfeplanung hat - gehören deswegen z. B. die den Hauptumfang der Kosten ausmachenden, arbeitsvertraglich festgelegten Personalkosten und sonstigen Fixkosten je Gruppe, neben geringeren Kosten, welche abhängig von der Zahl der tatsächlich betreuten Kinder sind. Gerade bei kleineren Trägern wird zu berücksichtigen sein, dass diese nicht in gleicher Weise arbeitsvertraglich flexibel beim Personaleinsatz sein können wie die Beklagte mit ihrer Vielzahl von Kindertagesstätten, wenn erfahrenes und qualifiziertes Personal beschäftigt werden soll, wie es nach den oben genannten gesetzlichen Intentionen zu fordern ist. Die Beklagte muss dies bei der Verfolgung ihres Ziels, eine hohe Auslastung der Tagestätten sicherzustellen, beachten, ist aber nicht daran gehindert, im Rahmen ihrer Förderung eine Verpflichtung zur Meldung von nicht besetzten Plätzen zu regeln und bei der Bemessung der Eigenbeteiligung zu berücksichtigen, wenn nicht gemeldete freie Plätze nicht belegt werden, weil der freie Träger die Höchstkinderzahl in den Gruppen nicht ausschöpfen will.
Die Beklagte ist deswegen zu verpflichten, über die Förderung von Kindertagesstätten in freier Trägerschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.
2. Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen beider Parteien bezüglich der am 07.08.2006 erhobenen Klage, welche mit dem Klageverfahren vom 24.06.2005 verbunden wurde, ist das Verfahren insoweit in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und nach §§ 161 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO über die Verfahrenskosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall waren die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, da diese erst nach Klageerhebung ausdrücklich ihre Bereitschaft erklärt hat, die gerichtliche Entscheidung im Klageverfahren hinsichtlich der Bescheide vom 24.05.2005 auch für die folgenden Förderungsbescheide zu akzeptieren.
Die Kostenentscheidung folgt im Übrigen aus §154 Abs. 1 iVm § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708, 711 ZPO.