Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 29.01.2007, Az.: 7 B 485/06
Anwärterbezüge; Arglist; arglistige Täuschung; Beamter; Begründung; Bezüge; Ernennung; Kausalität; Lehramt; Lehramtsanwärter; Referendariat; Rückforderung; Rücknahme; sofortige Vollziehung; Sofortvollzug; Tatsachen; Täuschung; Verschweigen; Vorbereitungsdienst; vorläufiger Rechtsschutz; Widerrufsbeamter; öffentlicher Dienst
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 29.01.2007
- Aktenzeichen
- 7 B 485/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 71800
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 19 BG ND
- § 80 Abs 2 VwGO
- § 80 Abs 3 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Macht eine Lehramtsanwärterin bei Einstellung in den Vorbereitungsdienst trotz Abfrage auf einem Bewerberbogen keine Angaben zu einer früheren, mehr als die Hälfte des Vorbereitungsdienstes in Niedersachsen dauernden Beschäftigung im Vorbereitungsdienst, ist die Rücknahme der daraufhin erfolgenden Ernennungen wegen arglistiger Täuschung nicht zu beanstanden.
2. Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung aus fiskalischen Erwägungen in Gestalt des öffentlichen Interesse an der Nichtweitergewährung von Bezügen bei arglistiger Täuschung.
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (7 A 483/06) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. November 2006 wird insoweit wiederhergestellt, als sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf die Rücknahme der am 1. November 2002 erfolgten Ernennung der Antragstellerin zur Anwärterin für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen bezieht.
Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.224,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen die Rücknahme von zwei Ernennungen zur Anwärterin des Lehramts an Grund-, Haupt- und Realschulen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf.
Die D. geborene Antragstellerin legte im Sommer 2000 die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen ab. Am 1. Februar 2001 wurde sie in Nordrhein-Westfalen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Anwärterin für das Lehramt für die Sekundarstufe I ernannt und trat ihren Vorbereitungsdienst im Bereich der Bezirksregierung E. an. Auf ihren mit einem Wohnortwechsel begründeten Antrag wurde sie mit Ablauf des 31. Juli 2002 aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Mit dem Antrag auf Entlassung bestätigte die Antragstellerin mit Erklärung vom 22. Juli 2002 darauf hingewiesen worden zu sein, dass nach dem einschlägigen Landesrecht eine Wiedereinstellung nur erfolgen könne, wenn der Vorbereitungsdienst aus wichtigem Grund beendet worden sei. Mit Bescheid vom 23. Juli 2002 stellte die Bezirksregierung E. fest, dass eine Wiederbewerbung um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst mangels wichtigen Grundes für die Beendigung des Vorbereitungsdienstes ausgeschlossen sei. Den von der Antragstellerin erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2002 als unbegründet zurück.
Ende Mai 2002 bewarb sich die Antragstellerin in Niedersachsen um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst. Auf dem von ihr am 29. Mai 2002 unterzeichneten Bewerbungsbogen machte sie zu den eine frühere Beschäftigung im Vorbereitungsdienst betreffenden Feldern keine Angaben. Der Bewerbungsbogen schließt mit der Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben und dem Hinweis darauf, dass eine durch arglistige Täuschung oder unrichtige bzw. unvollständige Angaben herbeigeführte Ernennung zurückzunehmen ist. Am 1. November 2002 wurde die Antragstellerin in Niedersachsen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Anwärterin des Lehramts an Grund-, Haupt- und Realschulen ernannt und trat den Vorbereitungsdienst im Bereich der Bezirksregierung F. an. Auf ihren mit der Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern begründeten Antrag wurde sie mit Ablauf des 2. August 2003 aus dem Beamtenverhältnis entlassen.
Mit am 19. November 2004 von der Antragstellerin unterzeichneten Bewerberbogen bewarb sie sich erneut beim Nds. Kultusministerium um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst. Zu einer früheren Beschäftigung im Vorbereitungsdienst machte sie wiederum keine Angaben. Auch die erneute Bewerbung schließt mit der von der Antragstellerin unterschriebenen Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben und dem Hinweis darauf, dass eine durch arglistige Täuschung oder unrichtige bzw. unvollständige Angaben herbeigeführte Ernennung zurückzunehmen ist. Am 1. November 2005 erfolgte die Ernennung zur Anwärterin des Lehramts an Grund-, Haupt- und Realschulen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf.
Im September 2006 erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis von den früheren Einstellungen der Antragstellerin in den Vorbereitungsdienst. Am 6. und am 10. Oktober 2006 wurden ihr die früheren Personalakten der Antragstellerin übersandt. Mit Schreiben vom 11. und vom 13. Oktober 2006 gab sie der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Rücknahme der zum 1. November 2002 und 1. November 2005 erfolgten Ernennungen zur Beamtin auf Widerruf. Dabei führte sie aus, die Antragstellerin habe nicht in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden dürfen, weil sie zu den genannten Zeitpunkten bereits mehr als die Hälfte des in Niedersachsen vorgeschriebenen Vorbereitungsdienstes absolviert gehabt habe. Ausnahmen von dieser Regelung seien nur aus schwerwiegenden persönlichen Gründen zulässig. Die Antragstellerin entgegnete, von der entsprechenden Regelung keine Kenntnis gehabt zu haben, weshalb es an der für die Rücknahme der Ernennungen erforderlichen arglistigen Täuschung fehle. Da sie die angetretenen Vorbereitungsdienste habe abbrechen müssen, um ihre pflegebedürftigen Eltern zu betreuen, seien zudem schwerwiegende persönliche Gründe gegeben, die eine erneute Einstellung in den Vorbereitungsdienst gerechtfertigt hätten. Insofern legte sie ein ärztliches Attest des praktischen Arztes G. vom 6. November 2006 vor, nach dem sie seit Anfang des Jahres 2003 die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Eltern übernommen habe. Unter Berücksichtigung der Ernennungszeitpunkte sei fraglich, ob die für die Rücknahme der Ernennungen einzuhaltende Frist von sechs Monaten gewahrt sei. Zumindest müssten ihr die gezahlten Anwärterbezüge belassen werden.
Mit Bescheid vom 8. November 2006, zugestellt am 14. November 2006, nahm die Antragsgegnerin die zum 1. November 2002 und 1. November 2005 erfolgten Ernennungen der Antragstellerin zur Lehramtsanwärterin zurück. Die der Antragstellerin gewährten Leistungen würden zurückgefordert werden. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Die Antragstellerin habe in Nordrhein-Westfalen für eine gleichwertige Laufbahn mehr als die Hälfte des in Niedersachsen vorgeschriebenen Vorbereitungsdienstes von 18 Monaten abgeleistet und aus diesem Grund in Niedersachsen nicht mehr in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden dürfen. Schwerwiegende persönliche Gründe, die eine Einstellung ausnahmsweise dennoch gerechtfertigt hätten, seien nicht gegeben. Soweit die Antragstellerin auf die Pflege ihrer Eltern hinweise, sei dies unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit gestellten Versetzungs- und Entlassungsanträge und der während der Ausbildung aufgetretenen Schwierigkeiten als Schutzbehauptung zu werten. Da die Antragstellerin die in den Bewerberbögen enthaltenen Fragen zu früheren Beschäftigungen im Vorbereitungsdienst nicht beantwortet habe, seien die Ernennungen jeweils durch arglistige Täuschung bewirkt worden. Dies umso mehr, als der Antragstellerin aufgrund ihrer Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen bekannt gewesen sei, dass eine frühere Einstellung in den Vorbereitungsdienst für eine erneute Ernennung zur Anwärterin von Bedeutung sein könne. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geboten, weil es in Anbetracht der arglistigen Täuschung nicht hinnehmbar sei, dass während eines eventuellen Rechtsbehelfsverfahrens weiterhin Anwärterbezüge und sonstige Leistungen gewährt würden.
Die Antragstellerin hat am 12. Dezember 2006 Klage erhoben (7 A 483/06) und am Folgetag die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie trägt vor: Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formelhaft und unzureichend. Bloße fiskalische Erwägungen seien ohne Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Interessen des Betroffenen und zur Vermeidung einer ohne die Fortzahlung der Bezüge drohenden Notlage nicht ohne weiteres geeignet, die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen. Soweit sie die in den Bewerberbögen enthaltenen Fragen zu einer früheren Beschäftigung im Vorbereitungsdienst nicht beantwortet habe, sei die Antragsgegnerin gehalten gewesen, im Vorfeld der Ernennungen um Vervollständigung der Angaben zu bitten bzw. die Anträge um Einstellung in den Vorbereitungsdienst wegen Unvollständigkeit der Angaben zurückzuweisen. Aus ihrem Schweigen habe die Antragsgegnerin nicht darauf schließen dürfen, dass sie zuvor noch nicht in den Vorbereitungsdienst eingestellt worden sei. Ferner sei nicht ersichtlich, dass ihr Verhalten für die Entscheidung über ihre Ernennungen ursächlich gewesen sei.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. November 2006 erhobenen Klage wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält die Anordnung der sofortigen Vollziehung für hinreichend begründet und unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich die Antragstellerin noch nicht in einem regulären Beamtenverhältnis, sondern in Ausbildung befinde, für die nicht unerhebliche Ressourcen zur Verfügung gestellt würden, auch inhaltlich für gerechtfertigt. Ergänzend stellt sie klar, dass sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung allein auf die Rücknahme der Ernennungen und nicht auf die Rückforderung der Bezüge erstrecke. Da die Antragstellerin auf den von ihr unterzeichneten Bewerberbögen die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben versichert habe, sei eine Rückfrage zu früheren Beschäftigungen im Vorbereitungsdienst nicht geboten gewesen. Bei Angabe der zuvor erfolgten Einstellung in den Vorbereitungsdienst hätte die Antragstellerin in Niedersachsen nicht in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden können, so dass die arglistige Täuschung auch für die Ernennungen ursächlich gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. November 2006 über die Rücknahme der Ernennungen der Antragstellerin zur Lehramtsanwärterin erhobenen Klage ist zulässig und mangels besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts insoweit begründet, als die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung auch hinsichtlich der Rücknahme der am 1. November 2002 erfolgten Ernennung der Antragstellerin zur Anwärterin für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen angeordnet hat. Soweit sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf die Rücknahme der am 1. November 2005 erfolgten Ernennung bezieht, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dagegen unbegründet. Insoweit ist die von der Antragsgegnerin verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung weder formell noch inhaltlich zu beanstanden.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Ernennungen der Antragstellerin zur Anwärterin für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen ist zunächst mit einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechenden Begründung versehen worden. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO besonders angeordnet hat, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Sinn und Zweck des Begründungszwanges ist es, die Behörde zu veranlassen, sich des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst zu werden und die Frage, ob das öffentliche Interesse die sofortige Vollziehung erfordert, sorgfältig zu prüfen. Außerdem soll die Begründung dem Betroffenen die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ermöglichen und dem Gericht die Erwägungen der Verwaltungsbehörde, die zu der Anordnung der sofortigen Vollziehung geführt haben, nachvollziehbar und überprüfbar machen (Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2005 - 5 ME 156/05 -). Die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung ist geeignet, diese Zwecke zu erfüllen. Trotz ihrer Kürze lässt sie erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Ausnahmecharakters einer solchen Anordnung bewusst gewesen ist, dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Ernennungen mit der Folge der bereits vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 8. November 2006 entfallenden Verpflichtung zur weiteren Gewährung von Anwärterbezügen und sonstigen Leistungen an die Antragstellerin aber im Hinblick auf die von der Antragstellerin bewirkte arglistige Täuschung den Vorrang vor den widerstreitenden Interessen der Antragstellerin beigemessen hat. Zur Begründung des besonderen Vollzugsinteresses müssen zwar regelmäßig andere Gründe angeführt werden, als sie zur Rechtfertigung des zu vollziehenden Verwaltungsakts herangezogen werden. Ausnahmsweise kann aber auf die den zu vollziehenden Verwaltungsakt tragenden Erwägungen Bezug genommen werden, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts tragenden Gründe, wie bei einer wegen arglistiger Täuschung erfolgenden Rücknahme einer Ernennung, sich mit den für die Anordnung der sofortigen Vollziehung maßgebenden Gründen überschneiden (vgl. Nds. OVG, a. a. O.). Ob die angegebenen Gründe in der Sache die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen, ist keine Frage der hinreichenden Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 VwGO, sondern Gegenstand der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzustellenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem privaten Interesse des Betroffenen am Eintritt der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs, für die den Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage wesentliche Bedeutung zukommt.
Die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. November 2006 verfügte Rücknahme der am 1. November 2002 und am 1. November 2005 erfolgten Ernennungen der Antragstellerin zur Anwärterin für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf erweist sich bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Nds. Beamtengesetz (NBG) ist eine Ernennung zurückzunehmen, wenn sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde. Die Rücknahme der Ernennung ist gemäß § 19 Abs. 3 NBG auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses zulässig (Satz 1). Sie muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfolgen, nachdem die für die Ernennung zuständige Behörde von dem Grund zur Rücknahme Kenntnis erlangt hat (Satz 2) Vor der Rücknahme ist der Beamte zu hören, wenn dies möglich ist (Satz 3). Die Rücknahme wird von der für die Ernennung zuständigen Behörde erklärt (Satz 4). Die Rücknahme hat nach § 19 Abs. 4 Satz 1 NBG die Wirkung, dass die Ernennung von Anfang an unwirksam ist.
Die Antragstellerin hat die zum 1. November 2002 und zum 1. November 2005 erfolgten Ernennungen zur Anwärterin für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf i. S. d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 NBG durch arglistige Täuschung herbeigeführt. Eine Täuschung ist insbesondere arglistig, wenn der täuschende Beamte erkennt oder jedenfalls damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass die ernennende Stelle aufgrund seines Verhaltens der Ernennung hinderliche Umstände als nicht gegeben erachtet, obgleich solche in Wahrheit vorliegen, und dadurch zu einer für den Beamten günstigen Entscheidung bestimmt wird. Das Verschweigen von Tatsachen ist eine Täuschung, wenn die Ernennungsbehörde nach Tatsachen gefragt hat oder der Ernannte auch ohne Befragung weiß oder in Kauf nimmt, dass die verschwiegenen Tatsachen für die Entscheidung erheblich sind oder sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 D 33/02 -, BVerwGE 120, 33 ff.; Urt. v. 24.10.1996 - 2 C 23/96 -, BVerwGE 102, 178 ff.; Urt. v. 18.09.1985 - 2 C 30/84 -, ZBR 1986, 52 ff.).
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin arglistig getäuscht, indem sie in den von ihr am 29. Mai 2002 und am 19. November 2004 unterzeichneten Bewerberbögen für die Bewerbung um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst zu den eine frühere Beschäftigung im Vorbereitungsdienst betreffenden Feldern jeweils keine Angaben gemacht hat. Bereits der Umstand, dass in den Bewerberbögen ausdrücklich nach einer früheren Beschäftigung im Vorbereitungsdienst gefragt wurde, musste der Antragstellerin verdeutlichen, dass eine solche für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst und die Ernennung zur Lehramtsanwärterin von Bedeutung sein kann. Dass eine frühere Tätigkeit im Vorbereitungsdienst einer erneuten Ernennung zur Lehramtsanwärterin entgegenstehen kann, war der Antragstellerin - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist - im Übrigen auch aufgrund des in Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit ihrer Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst durchgeführten Verfahrens bekannt, in dem die Bezirksregierung Detmold mit Bescheid vom 23. Juli 2002 und Widerspruchsbescheid vom 15. August 2002 festgestellt hatte, dass nach nordrhein-westfälischem Landesrecht eine Wiedereinstellung mangels wichtigen Grundes für die Beendigung des Vorbereitungsdienstes ausgeschlossen sei. Vor diesem Hintergrund und angesichts der in den Bewerberbögen ausdrücklich geforderten Angaben zu einer Beschäftigung im Vorbereitungsdienst musste die Antragstellerin auch ohne Kenntnis der einschlägigen Regelungen des nds. Landesrechts jeweils zumindest damit rechnen, dass die frühere Einstellung in den Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen für die Entscheidung über eine Ernennung zur Lehramtsanwärterin in Niedersachsen von Bedeutung sein kann. Indem sie die frühere Einstellung in den Vorbereitungsdienst dennoch nicht angegeben hat, hat sie billigend in Kauf genommen, dass die ernennende Stelle aufgrund ihres Verhaltens der Ernennung ggf. hinderliche Umstände als nicht gegeben erachtet und damit arglistig getäuscht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin konnte ihr Schweigen zu den in den Bewerberbögen geforderten Angaben zu einer früheren Beschäftigung im Vorbereitungsdienst nur dahin gewertet werden, dass eine solche Beschäftigung bislang nicht erfolgt war. Dies umso mehr, als die Antragstellerin auf den Bewerberbögen jeweils die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben versichert hat. Eine Nachfrage zwecks Vervollständigung der Angaben bzw. eine Zurückweisung der Bewerbung mangels Vollständigkeit der Angaben war unter Berücksichtigung des Aufbaus der Bewerberbögen, der einen Eintrag in die eine frühere Beschäftigung im Vorbereitungsdienst betreffenden Felder nicht in jedem Fall, sondern nur für den Fall einer bereits erfolgten Beschäftigung im Vorbereitungsdienst erfordert, nicht geboten.
Die arglistigen Täuschungen der Antragstellerin waren auch für die zum 1. November 2002 und zum 1. November 2005 erfolgten Ernennungen ursächlich. Wie von der Antragsgegnerin in dem angegriffenen Bescheid vom 8. November 2006 ausgeführt, wäre die Antragstellerin in Anwendung von § 3 Abs. 4 der Nds. Verordnung über die Ausbildung und die Zweiten Staatsprüfungen für Lehrämter (PVO-Lehr II) vom 18. Oktober 2001 (Nds. GVBl. S. 655) jeweils nicht zur Anwärterin für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen ernannt worden, wenn sie die Zeit des in Nordrhein-Westfalen abgeleisteten Vorbereitungsdienstes wahrheitsgemäß in den von ihr ausgefüllten Bewerberbögen angegeben hätte. Nach § 3 Abs. 4 PVO-Lehr II wird in den Vorbereitungsdienst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht eingestellt, wer bereits mehr als die Hälfte des in Niedersachsen vorgeschriebenen regelmäßigen Vorbereitungsdienstes für eine entsprechende oder gleichwertige Lehramtslaufbahn im Geltungsbereich des Beamtenrechtsrahmengesetzes abgeleistet hat (Satz 1). Ausnahmen hiervon sind nur aus schwerwiegenden persönlichen Gründen zulässig (Satz 2). Mit dem von der Antragstellerin von Februar 2001 bis einschließlich Juli 2002 in Nordrhein-Westfalen abgeleisteten Vorbereitungsdienst für das Lehramt für die Sekundarstufe I ist der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 4 Satz 1 PVO-Lehr II erfüllt, denn es handelt sich um eine der nds. Laufbahn des Lehramtes für Grund-, Haupt- und Realschulen gleichwertige Laufbahn (vgl. Ziff. III 1.) b) des RdErl. d. Nds. MK v. 01.05.2005, SVBl. S. 322) und die Dauer des abgeleisteten Vorbereitungsdienstes beträgt mehr als die Hälfte der regulären Dauer des Vorbereitungsdienstes in Niedersachsen von einem Jahr und sechs Monaten (vgl. § 3 Abs. 2 der Besonderen Nds. Laufbahnverordnung i. d. F. d. Bekanntmachung v. 27.01.2003, Nds. GVBl. S. 42, zuletzt geändert durch Verordnung v. 20.07.2004, Nds. GVBl. S. 254).
Soweit die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren das Vorliegen schwerwiegender persönlicher Gründe i. S. v. § 3 Abs. 4 Satz 2 PVO-Lehr II geltend gemacht hat, weil sie den Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen und den im Jahre 2002 in Niedersachsen angetretenen Vorbereitungsdienst jeweils wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern habe abbrechen müssen, kann ihrem Vorbringen hinsichtlich der Beendigung des Vorbereitungsdienstes in Nordrhein-Westfalen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie den Antrag auf Entlassung zum damaligen Zeitpunkt nicht mit der Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern, sondern mit einem damit nicht in Zusammenhang stehenden Wohnortwechsel begründet und an dieser Begründung auch im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 23. Juli 2002, mit dem das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Beendigung des Vorbereitungsdienstes festgestellt wurde, festgehalten hat. Im Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung E. vom 15. August 2002 ist zudem ausgeführt, dass die Antragstellerin zunächst auf Antrag wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern versetzt worden war, die angegebene Pflegebedürftigkeit der Eltern nunmehr aber offenbar nicht dem beabsichtigten Wohnortwechsel entgegenstehe, der nach Angaben der Antragstellerin erfolgen solle, um mit ihrem Partner zusammenleben zu können. Das von der Antragstellerin vorgelegte ärztliche Attest des Dr. H. vom 6. November 2006 ist ebenfalls nicht geeignet, das Vorliegen schwerwiegender persönlicher Gründe i. S. v. § 3 Abs. 4 Satz 2 PVO-Lehr II glaubhaft zu machen, denn danach hat die Antragstellerin die Pflege ihrer Eltern Anfang des Jahres 2003 und mithin erst nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes in Nordrhein-Westfalen Ende Juli 2002 übernommen.
Mit Erlass des Bescheides vom 8. November 2006 ist die Rücknahme der Ernennungen unter Wahrung der gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 NBG geltenden Frist von sechs Monaten nach Kenntniserlangung vom Rücknahmegrund durch die Behörde, die hier frühestens im September 2006 angenommen werden kann, ausgesprochen worden. Da auch im Übrigen keine rechtlichen Bedenken gegen die Rücknahme der zum 1. November 2002 und zum 1. November 2005 erfolgten Ernennungen bestehen, erweist sich der Bescheid der Antragsgegnerin 8. November 2006 bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage insoweit als offensichtlich rechtmäßig. Die Rückforderung der der Antragstellerin als Lehramtsanwärterin gewährten Leistungen ist nicht Gegenstand des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung bezieht sich - wie von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich klargestellt - allein auf die Rücknahme der Ernennungen. In diesem Sinne ist der von der Antragstellerin gestellte Antrag bei verständiger Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehen, dass auch lediglich insofern vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird.
Hinsichtlich der Rücknahme der am 1. November 2005 erfolgten Ernennung der Antragstellerin zur Beamtin auf Widerruf liegt die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch im besonderen, die Belange der Antragstellerin überwiegenden öffentlichen Interesse i. S. d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, nämlich dem fiskalischen Interesse an der Nichtweitergewährung von Bezügen und sonstigen Leistungen bei Rücknahme einer durch arglistige Täuschung herbeigeführten Ernennung. Soweit die Fürsorgepflicht des Dienstherrn es bei der Entlassung eines Beamten auf Probe nach der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1989 (2 BvR 1574/89 - NVwZ 1990, 853) gebieten kann, von der sofortigen Vollziehung abzusehen, um zu verhindern, dass die wirtschaftliche Lage des Beamten vor rechtskräftiger Entscheidung in unvertretbarem Maße bis zur Notlage absinkt, vermag dieser Gesichtspunkt das widerstreitende öffentliche Interesse an der Nichtweitergewährung von Bezügen und sonstigen Leistungen - wie auch von der Antragstellerin ausgeführt - jedenfalls dann nicht zu überwiegen, wenn die für sofort vollziehbar erklärte Rücknahme der Ernennung - wie hier - offensichtlich rechtmäßig ist (vgl. BVerfG, a. a. O., mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerwG; Hess. VGH, Urt. v. 23.08.1995 - 1 UE 2433/91 -, ZBR 1996, 340 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 23.03.1988 - 2 B 5/88 -, NVwZ 1989, 82 f.; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn. 1179).
Hinsichtlich der Rücknahme der am 1. November 2002 erfolgten Ernennung der Antragstellerin ist ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts demgegenüber nicht gegeben, denn das mit der Ernennung begründete Beamtenverhältnis ist bereits durch Entlassung der Antragstellerin mit Ablauf des 2. August 2003 beendet worden, so dass der Antragstellerin aus diesem Beamtenverhältnis ohnehin, d. h. auch ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung keine laufenden Bezüge mehr gewährt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Obgleich der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes teilweise erfolgreich ist, sind die Kosten des Verfahrens insgesamt von der Antragsstellerin zu tragen, denn der Umstand, dass sich die von der Antragsgegnerin verfügte Rücknahme nicht nur auf eine, sondern auf zwei Ernennungen bezieht, wirkt sich zum einen nicht streitwerterhöhend aus und zum anderen steht nach der Interessenlage der Beteiligten die zuletzt zum 1. November 2005 erfolgte Ernennung, hinsichtlich derer die Antragstellerin unterliegt, im Vordergrund des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG und orientiert sich an dem für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwert in Höhe des 6,5-fachen Betrages des Anwärtergrundbetrages für die Besoldungsgruppe A 12 (992,02 EUR), mithin von insgesamt 6.448,13 EUR. Für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird die Hälfte dieses Wertes und damit ein Betrag in Höhe von 3.224,00 EUR festgesetzt (vgl. Ziff. 1.5 und 10.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in NVwZ 2004, 1327 ff.).