Landgericht Verden
Urt. v. 24.07.2017, Az.: 9 O 10/17
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 24.07.2017
- Aktenzeichen
- 9 O 10/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53699
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger fördert satzungsgemäß einen fairen Wettbewerb und ist gerichtsbekannt berechtigt, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen.
Die Beklagte betreibt in W. seit vielen Jahren das Hotel H. in dem sogenannten Künstlerort W.. In einem in bestimmter Art und Weise gestalteten Internetauftritt (Anlage K1) warb die Beklagte am 9. Januar 2017 und auch danach für ihr Hotel. Danach werden hervorgehoben und wie in einer Überschrift in fettgedruckter Großschrift zwischen den Worten „Hotel H.“ und „Familie S.“ in einer Reihe drei Sternen ähnliche Symbole abgebildet. Das findet sich auf allen Unterseiten des Internetauftritts. Nach Darstellung der Beklagten handelt es sich bei diesen Symbolen um solche in grüner Farbe gehaltene fünfblätterige Blümchendarstellungen. Über eine aktuelle Hotelklassifizierung der DEHOGA oder einer anderen neutralen Stelle verfügte die Beklagte nicht. Die DEHOGA vergibt im Rahmen ihrer Klassifizierung regelmäßig bis zu 5 goldfarbene, fünfzackige Sterne. Der Kläger mahnte die Beklagte wegen der Werbung ab. In ihrer Antwort vom 6. Februar 2017 (Anlage K3) zitierte die Beklagte aus der im Internet nachzulesenden Hotelgeschichte, wonach anlässlich der Hotelbewertung der DEHOGA 2005 die beantragten drei Sterne mit großem Erfolg bestätigt worden seien. Weil sie also drei Sterne erhalten und sich an ihrem Haus nichts geändert habe, sie ferner auf den temporären Charakter der Bewertung hinweise, sei sie sich keiner Schuld bewusst. Im Übrigen wies die Beklagte auch darauf hin, dass derzeit ein weiteres Bewertungsverfahren laufe. Jedenfalls seit April 2017 hat die Beklagte das Klassifizierungsverfahren bei der DEHOGA durchlaufen und erhielt drei DEHOGA-Sterne mit der Berechtigung, diese bis 2020 zu führen. Offensichtlich hatte der Betrieb der Beklagten unverändertes Dreisterneniveau.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die im Januar 2017 abgemahnte Werbung mit den drei Sternen ohne entsprechende aktuelle Klassifizierung zu unterlassen sei. Ohne Unterlassungserklärung sei die Wiederholungsgefahr trotz der zwischenzeitlich erfolgten Klassifizierung nicht entfallen.
Er beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte am Hotelbetrieb, in gedruckten Werbeunterlagen oder sonst werblich mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuell gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt, wie geschehen am 9. Januar 2017 auf der Internetseite www. ###.de und aus der Anlage K1 ersichtlich;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 267,50 € (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass sie nicht mit goldenen Sternen, sondern mit grünen Blümchen geworben habe, die nicht mit Sternen der DEHOGA verwechselt werden könnten. Eine Irreführung sei damit nicht gegeben. Das Hotel habe im Übrigen seit über 100 Jahren „Drei-Sterne-Niveau“. In jedem Fall gebe es auch wegen der aktuellen, bis 2020 wirksamen Klassifizierung keine Wiederholungsgefahr.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die im Tatbestand zitierten Urkunden mit ihren Verweisungen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger, der sicher berechtigt ist, den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu verfolgen, kann von der Beklagten keine Unterlassung verlangen. Er hat deshalb auch keinen Anspruch auf die Erstattung von Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Die Beklagte hat nicht schon deshalb unlauter im Sinne von § 3 Abs. 3 UWG, Anhang zu § 3 UWG, Nr. 2 gehandelt, weil sie mit den drei Sternen ähnlichen Symbolen Qualitätszeichen ohne Genehmigung verwendet hätte. Die von ihr verwendeten drei Zeichen werden offenkundig von keiner (neutralen) Stelle vergeben. Sie unterscheiden sich insbesondere auch hinreichend deutlich von der bekannten Gestaltung der goldenen Sterne, die es bei einer Klassifizierung durch die DEHOGA gibt und die sicher Qualitätszeichen im Sinne dieser Vorschrift sind.
Es handelt sich bei den von der Beklagten verwendeten drei Zeichen aber auch nicht um eine relevante irreführende Werbung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
Ob die Verwendung einer Reihe von drei sternenähnlichen Zeichen in der Überschrift des Internetauftritts und im Hotelprospekt zwischen der Hotel Bezeichnung „Hotel H.“ und „Familie S.“ von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden wird, dass sich dahinter eine „offizielle“ Klassifizierung, d. h. Einordnung des Hotels in eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie, verbirgt, kann man bezweifeln, auch wenn es bekanntermaßen üblich ist, dass Hotels in durch die Anzahl der Sterne gekennzeichneten Kategorien eingeteilt sind und damit auch nach außen werben, um den Kunden auf diese Weise ihren Qualitäts- und Ausstattungsstandard auf den ersten Blick nahe zu bringen.
Jedenfalls hat die Beklagte, die nach ihrer Hotelgeschichte bei entsprechender Klassifizierung von der DEHOGA offenbar bis 2008 drei DEHOGA-Sterne führen durfte, zur Zeit der Abmahnung weder von der DEHOGA noch von einer anderen neutralen Stelle über eine drei Sternen entsprechende aktuelle Klassifizierung verfügt. Eine Irreführung könnte deshalb auch bereits deshalb festzustellen sein, weil mit einem Qualitätskennzeichen geworben wird, ohne dass dieses von einer unabhängigen Stelle vergeben worden ist (vgl. OLG Celle, Beschl. vom 15.07.2014, 13 U 76/14).
Die Auszeichnung eines Hotels mit Sternen ähnlichen Symbolen mag irreführend sein, weil diese „Sterne“ nicht von einem hierfür zuständigen Verband verliehen wurden und die hiermit angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, dass die Güte eines Güte- bzw. Qualitätskennzeichens anhand objektiver Merkmale in Erfüllung von Mindestanforderungen bestimmt wird und dass dies durch eine neutrale, unabhängige und außerhalb des gewerblichen Gewinns stehende Stelle überprüft und gewährleistet wird.
Die Angaben der Beklagten zu der mit drei Sternen ähnlichen Symbolen ausgedrückten Klassifizierung ihres Hotel sind allerdings nicht objektiv falsch. Immerhin hat es offenbar früher eine entsprechende Klassifizierung durch die DEHOGA gegeben. Und aktuell ist die Beklagte wieder ohne weiteres berechtigt, sich mit drei Sternen von der DEHOGA, bei der sie Mitglied ist, zu schmücken. Unrichtig kann deshalb allenfalls der bei den angesprochenen Verkehrskreisen möglicherweise entstandene Eindruck sein, die Beklagte verfüge wieder oder schon über eine aktuelle Klassifizierung, die drei Sternen entspricht.
Eine zulässige und im Ergebnis auch richtige Angabe zur Qualitätseinstufung kann aber nur irreführend sein, wenn sie beim angesprochenen Verkehr zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, sein Marktverhalten zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf einem unrichtigen Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung der gesetzlichen Irreführungstatbestände eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (Vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30. September 2016, 4 U 102/16, bei juris). Die Auswirkungen einer Werbung mit drei Sternen vergleichbaren Symbolen, drei Sterne bekommt offensichtlich jedes einigermaßen vernünftige Hotel problemlos, sind nicht bedeutend. Eine besondere Beeinträchtigung von Interessen des Verbrauchers ist auch kaum vorstellbar. Dass er sich in diesem Durchschnitts-Hotelsegment davon beeinflussen lässt, ob es eine neutrale Klassifizierung gibt oder nicht, wenn die nachgefragte Qualität stimmt, ist aus Sicht der Kammer eher auszuschließen. Selbst wenn der Verbraucher aber wüsste, dass keine offizielle Klassifizierung erfolgt ist, kann man sich kaum vorstellen, dass er eine andere Auswahl treffen würde, wenn er ein Hotel in dem schönen Künstlerort W. sucht. Die Auswirkungen bei der Beklagten mit einer Korrektur ihrer offensichtlich schon länger bestehenden Werbung in Prospekten und auf der Internetseite mögen gering sein. Die Auswirkungen der bisherigen Werbung sind jedenfalls nicht bedeutsamer.
Weil die Werbung der Beklagten damit zwar noch geeignet sein mag, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der Kammer gehören, die diese Frage deshalb auch aus eigener Sachkunde beurteilen können, irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers hinsichtlich einer aktuellen neutralen Hoteleinstufung hervorzurufen, im Übrigen aber eine noch zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise dadurch kaum oder jedenfalls nicht wesentlich beeinflusst wird, kommt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG und damit ein Unterlassungsanspruch nicht Betracht.
Es muss damit auch nicht entschieden werden, ob die spätere Genehmigung durch die DEHOGA, drei offizielle Sterne zu führen, nicht nachträglich ein möglicherweise wettbewerbswidriges Verhalten rechtfertigt bzw. entfallen lässt oder, weil der Unterlassungsanspruch ja in die Zukunft wirken soll, wie im Falle einer späteren Gesetzesänderung das beanstandete Verhalten nicht mehr verboten ist.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.