Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.02.1980, Az.: 9 C 2/79

Feststellung der Ungültigkeit einzelner in einer kommunalen Straßenbeitragssatzung enthaltener Rechtsvorschriften

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.02.1980
Aktenzeichen
9 C 2/79
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1980, 11589
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1980:0227.9C2.79.0A

Fundstelle

  • DVBl 1980, 760-762 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Nichtigkeitserklärung einzelner Satzungsvorschriften.

Prozessführer

1. des Landwirts ...

2. des Landwirts ...

3. des Landwirts ...

Prozessgegner

die Stadt ...

Der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts
für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 1980
durch
die Richter am Oberverwaltungsgericht Radke und Dr. Driehaus,
den Richter am Verwaltungsgericht Bode sowie
die ehrenamtlichen Richter Krohn und
Lindau
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag der Antragsteller vom 13. September 1979 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1

A.

Die Antragsteller begehren die Feststellung der Ungültigkeit einzelner in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 des Nds. Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Straßenbeitragssatzung) der Stadt ... vom 20. Juli 1978 enthaltener Rechtsvorschriften, die die Beitragserhebung für den Ausbau von Gemeindestraßen im Sinne von § 47 Abs. 3 Nds. Straßengesetz (sog. Wirtschaftswege) betreffen. Die Satzung ist mit Ausnahme des § 4 Abs. 2 Ziff. 4 und 5 rückwirkend zum 16. Juli 1974 in Kraft getreten.

2

Die Antragsteller sind Landwirte, deren landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zum Teil an Wirtschaftswege grenzen, deren Ausbau die Stadt ... nach Angabe der Antragsteller in noch nicht absehbarer Zeit mit der Folge beabsichtigt, daß sie zu Beiträgen nach der genannten Satzung herangezogen werden sollen.

3

Die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Vorschriften in der Straßenbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 20. Juli 1978 lauten wie folgt:

§ 4

(1)
Die Stadt trägt zur Abgeltung des öffentlichen Interesses den Teil des Aufwandes, der auf die Inanspruchnahme der Einrichtungen durch die Allgemeinheit oder die Stadt entfällt. Der übrige Teil des Aufwandes ist von den Beitragspflichtigen zu tragen.

(2)
Der Anteil der Beitragspflichtigen an Aufwand beträgt

1.bei Straßen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen,75 v.H.
2.bei Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr
a) für Fahrbahnen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen sowie Böschungen, Schutz- und Stützmauern40 v.H.
b) ...
4bei Gemeindestraßen in Sinne von § 47 Nr. 3 NStrG75 v.H.
5....

(4)
Die Stadt kann abweichend von Absatz 2 durch Ratsbebeschluß den von den Beitragspflichtigen zu tragenden Anteil an beitragsfähigen Aufwand höher oder niedriger festsetzen, wenn wichtige Gründe für eine andere Vorteilsbemessung bei einer straßenbaulichen Maßnahme sprechen. Der Beschluß ist als Satzung öffentlich bekanntzumachen.

§ 5

"(1)
Der nach § 4 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 5 dieser Satzung auf die Beitragspflichtigen entfallende Anteil des beitragsfähigen Aufwandes ist auf die Grundstücke in dem Verhältnis zu verteilen, in dem die Summen aus den Flächen der einzelnen Grundstücke und ihrer zulässigen Geschoßfläche zueinander stehen.

(2)
...

(4)
Der nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 auf die Beitragspflichtigen entfallende Anteil des beitragsfähigen Aufwandes ist auf die Grundstücke, die von der ausgebauten Straße unmittelbar oder mittelbar über andere Grundstücke bewirtschaftet oder erreicht werden können und denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung bzw. des selbständig nutzbaren Abschnitts dieser Einrichtung (§ 3 Abs. 2 Satz 4) einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil bietet, nach der tatsächlichen Grundstücksgröße zu verteilen.

(5)
Bei der Verteilung nach Absatz 4 werden die Grundstücksflächen bis zu einer Tiefe von 300 m nach ihrer Nutzung mit folgenden Multiplikatoren vervielfältigt:

  1. 1.

    Grundstücke ohne Wohn- oder gewerbliche Bebauung (Ödland, Busch- und wirtschaftlich nicht nutzbare Wasserflächen bleiben außer Ansatz):

    a)Wald, wirtschaftlich nutzbare Wasserflächen2
    b)Grünland, Ackerland und Gartenland einschließlich der zu ihrer Entwässerung dienenden Gräben4
    c)gewerbliche Nutzung ohne Bebauung (Kiesgraben, Steinbrüche und dgl.)12
  2. 2.

    Bei Grundstücken mit Wohnbebauung oder mit landwirtschaftlichen Gebäuden im Sinne des § 146 BBauG wird in der Breite der vorhandenen Hof- und Gebäudeflächen eine Tiefe bis zu 50 m mit dem Multiplikator 10 vervielfältigt und die darüber hinausgehende Restfläche nach Nr. 1 bewertet.

  3. 3.

    Bei gewerblich genutzten, bebauten Grundstücken wird eine Tiefe bis zu 100 m mit den Multiplikator 20 vervielfältigt und die darüber hinausgehende Restfläche nach Nr. 1 bewertet.

(6)
Wird ein Grundstück über die in Absatz 5 Nrn. 2 und 3 genannten Grenzen hinaus bebaut oder gewerblich genutzt, so ist die Fläche der tatsächlichen Bebauung bzw. gewerblichen Nutzung mit den Multiplikatoren 10 (Absatz 5 Nr. 2) oder 20 (Absatz 5 Nr. 3) zu vervielfältigen. Die darüber hinausgehende Restfläche wird entsprechend Absatz 5 Nr. 1 bewertet.

(7)
Die Grundstückstiefe i. S. der Absätze 5 und 6 wird von der Straßenbegrenzung an gerechnet. Bei bebauten Grundstücken, die nicht an die Straße angrenzen, werden die Flächen zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer dazu im Abstand von 50 m (Absatz 5 Nr. 2) und 100 m (Absatz 5 Nr. 3) verlaufenden Parallele der Berechnung zugrunde gelegt."

4

Die Antragsteller sind der Ansicht, die Umlage von 75 v.H. der Ausbaukosten von Wirtschaftswegen auf die Eigentümer der von diesen Wegen aus erreichbaren Grundstücke verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn der Anteilssatz der Anlieger sei in den Satzungen der umliegenden Gemeinden lediglich mit 20 bis 30 v.H. festgesetzt. Da die Wirtschaftswege weitgehend überörtlich und im öffentlichen Interesse benutzt würden (z.B. durch Schulbusse, Urlaubsverkehr und öffentliche Entsorgungsfahrzeuge), seien sie Strafen mit starkem innerörtlichen Verkehr vergleichbar, für deren Ausbau die Beitragspflichtigen nach der Satzung der Antragsgegnerin nur einen Anteil von 40 v.H. zu tragen hätten. Im übrigen sei ein Anteilssatz von 75 v.H. auch nicht mit dem für die Landwirte entstehenden wirtschaftlichen Vorteil in Einklang zu bringen. Landwirtschaftliche Maschinen und Traktoren, die den überwiegenden Anteil des landwirtschaftlichen Verkehrs bildeten, seien nicht auf feste Straßen angewiesen. Diese robusten Fahrzeuge könnten ebensogut Wege und Schlackestraßen befahren. Ein nennenswerter Vorteil entstehe den Landwirten daher durch den Ausbau nicht. Im übrigen sei zu beanstanden, daß die Satzung hinsichtlich das. Anteilssatzes der Beitragspflichtigen nicht zwischen dem erstmaligen Ausbau und den weiteren Ausbau von Wirtschaftswegen differenziere.

5

Fehlerhaft sei ferner die Regelung des § 5 Abs. 4 der Satzung. Alleiniger Verteilungsmaßstab sei danach die Grundstücksfläche. Bei landwirtschaftlichen Grundstücken sei jedoch nicht nur die Größe, sondern u.a. auch die Nähe zur Hofstelle zu berücksichtigen. Die Tatsache, daß ein Grundstück mittelbar über andere Grundstücke von der ausgebauten Straße erreicht werden könne, dürfe kein Kriterium für die Heranziehung zu Beiträgen sein. Wenn die wirtschaftliche Vernunft unter Berücksichtigung der Lage der Hofstelle eine Nutzung der Straße nicht erlaube, weil eine andere Straße eine bessere Zufahrt zum Hofe ermögliche, oder wenn das Erreichen der ausgebauten Straße nur über das Grundstück eines fremden Eigentümers möglich sei, so könne ein Ausbau keine Heranziehung zu Beiträgen rechtfertigen.

6

Schließlich sei auch die an § 5 Abs. 4 anknüpfende Regelung des § 5 Abs. 5 der Beitrags Satzung anzugreifen. Die Berücksichtigung einer Grundstückstief o von 300 m bei der Festsetzung von Multiplikatoren nach der Nutzungsart sei kein zutreffender Anhaltspunkt für den Beitragsmaßstab. Diese Regelung schaffe Ungleichheiten bei sehr langgestreckten Grundstücken, die nur eine geringe Straßenfront aufweisen. Die Nutzungsart auf dem Teilstück, das im 300-Meter-Bereich entlang der Straße liege, entscheide damit über den Multiplikator für die Nutzungsart des gesamten Grundstücks.

7

Die Antragsteller beantragen,

die §§ 4 Abs. 2 Ziff. 4, 5 Abs. 4 und 5 der Straßenbaubeitragssatzung der Stadt ... vom 20. Juli 1978 für nichtig zu erklären.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

9

Sie entgegnet: Schon die Zulässigkeit des Antrags sei zweifelhaft. Nach ihrem Haushaltsplan für das Jahr 1980 und der Empfehlung ihres Straßen- und Wegeausschusses vom 26. November 1979 sollten im Jahre 1980 nur Wirtschaftswege ausgebaut werden, in deren Bereich die Antragsteller nicht Eigentümer von Grundstücksflächen seien. Sie könne allerdings nicht ausschließen, daß in den Jahren nach 1980 auch Wirtschaftswege ausgebaut würden, an denen Grundstücksflächen der Antragsteller liegen. Dies treffe wahrscheinlich in erster Linie für den "... weg" zu, dessen Ausbau ihre Gremien erwogen hätten, doch sei ein Ausbau nicht für die Jahre 1980/1981 geplant. Im Falle des Ausbaues dieses Wirtschaftsweges müßte der Antragsteller zu 1) mit seiner Veranlagung rechnen. Da § 47 Abs. 2 VwGO einen in "absehbarer Zeit" zu erwartenden Nachteil verlange, stelle sich die Frage, ob der Antrag nicht zu früh gestellt worden sei. Die Antragsteller hatten wohl warten müssen, bis "ihr" Wirtschaftsweg in das Ausbauprogramm eines folgenden Jahres aufgenommen worden sei.

10

Jedenfalls sei aber der Antrag unbegründet. Entgegen der Auffassung der Antragsteller verstoße die Festlegung des Anliegeranteils auf 75 v. H. nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ein Vergleich mit entsprechenden Regelungen anderer Gemeinden gebe in diesem Zusammenhang nichts her. Denn sie - die Antragsgegnerin - dürfe nur innerhalb ihres Hoheitsbereiches Regelungen treffen und sei demzufolge nur innerhalb ihres Hoheitsbereiches verpflichtet, bei diesen Regelungen den Gleichheitsgrundsatz zu beachten.

11

Ob der festgesetzte Anliegeranteil von 75 v.H. bei Wirtschaftswegen dem Anliegervorteil entspreche, lasse sich nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit anderen - möglicherweise vergleichbaren - Regelungen innerhalb des Gemeindegebietes beantworten. Der Beitragssatz für eine einzelne Straßenart müsse sich in die Beitragssätze für die - anderen Straßenarten nach dem Grad des Vorteils für die Anlieger einfügen. Sie - die Antragsgegnerin - habe die Wirtschaftswege mit den überwiegend dein Anliegerverkehr dienenen Straßen vergleichbar erachtet. Ebenso wie die Anliegerstraße dazu diene, den Grundstücksbesitzern den Verkehr von und zu ihren Grundstücken zu vermitteln, diene nämlich der Wirtschaftsweg in erster Linie der Gewährleistung des landwirtschaftlichen Verkehrs. Natürlich habe ein gut aus gebauter Verkehrsweg regelmäßig die Zunahme auch teilweise "artfremden" Verkehrs zur Folge. Das sei eine notwendige Folge des Ausbaus einer jeden Straße und gebiete keine differenzierende Betrachtung. Schulbusverkehr finde auch in reinen Anliegerstraßen statt. Andernfalls würde er den Zweck, die gefahrlose Beförderung der Kinder zur und von der Schule zu gewährleisten, ohnehin nicht erfüllen können. Das gleiche gelte für den Fußgängerverkehr. Die Landwirte an Wirtschaftswogen seien gegenüber den Anliegern von Wohnstraßen allerdings dadurch begünstigt, daß keine Bürgersteige und keine Beleuchtung gebaut werde und wenn doch, die Aufwendungen dafür nicht umlagefähig seien.

12

Die von den Antragstellern geforderte Differenzierung zwischen erstmaligem Ausbau und weiterem Ausbau von Wirtschaftswegen berühre nicht den Verteilungsmaßstab und nicht einmal den festgesetzten Anliegeranteil. Da dieser gleich sei, ergebe sich die natürliche Differenzierung aus den unterschiedlichen Ausbaukosten.

13

Offenbar wollten die Antragsteller die Grundstücksfläche als einzig sachgerechten Verteilungsmaßstab bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken nicht angreifen. Angriffe inswoweit wären auch erfolglos, weil alle bislang diskutierten anderen Maßstäbe den Anliegervorteil des landwirtschaftlichen Grundstückes weit weniger wirklichkeitsgetreu ausdrücken könnten.

14

Eine Herausnahme der Hinterliegergrundstücke aus der Vorschrift des § 5 Abs. 4 der Satzung - wie es die Antragsteller forderten - würde den Gleichheitssatz verletzen. Auch die Hinterliegergrundstücke (Grundstücke, die über andere Grundstücke bewirtschaftet oder erreicht werden können) seien durch den Wirtschaftsweg erschlossen. Die rechtliche Situation sei nicht anders als die im Erschließungsbeitragsrecht. Es komme darauf an, ob die Erreichbarkeit oder Bewirtschaftungsmöglichkeit über das andere Grundstück tatsächlich und rechtlich möglich sei.

15

Die von den Antragstellern offenbar grundsätzlich nicht gerügte weitere Differenzierung in § 5 Abs. 5 der Satzung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Da im übrigen die an Wirtschaftswegen liegenden Außenbereichsgrundstücke im Bereich der Stadt ... grundsätzlich nicht tiefer als 300 m seien, bedürfe es keiner Antwort auf die Frage, ob die für den Multiplikator bei Grundstücken ohne Wohnbebauung und gewerbliche Bebauung festgesetzte Tiefenbegrenzung von 300 m zu beitragsrechtlich ungerechten Ergebnissen führen könne.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsunterlagen Bezug genommen.

17

B.

I.

Der statthafte Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen, weil den Antragstellern - gegenwärtig - die erforderliche Antragsbefugnis für die begehrte Entscheidung fehlt.

18

1.

Zwar ist der Antrag auf die begehrte Normenkontrolle statthaft. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in der seit dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung (vgl. Art. I des Gesetzes vom 24. August 1976, BGBl I S. 2437) iVm § 6 a des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 12. April 1960 (Nds GVBl S. 21) idF des 2. Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 18. Mai 1976 (Nds GVBl S. 125) entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit einer landesrechtlichen Verordnung oder einer anderen in Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift. Um solche im Range unter den Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften handelt es sich bei den von den Antragstellern beanstandeten Regelungen in der Straßenbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 20. Juli 1978.

19

2.

Der Antrag ist aber mangels Antragsbefugnis (noch) nicht zulässig.

20

a)

Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die durch die beanstandete Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten ... oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat. Das Erfordernis eines eingetretenen oder in absehbarer Zeit zu erwartenden Nachteils in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO soll eine Beschränkung des Kreises der Antragsbefugten erreichen, d.h. - wie es meist ausgedrückt wird - zumindest die Zulässigkeit von Popularanträgen ausschließen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.11.1979 - 4 N 1.78, 2 bis 4.79). Das Gesetz ermöglicht es - mit anderen Worten - nicht jedem Staatsbürger, der an der Feststellung der Ungültigkeit einer Rechtsvorschrift ein irgendwie geartetes (z.B. ideelles) Interesse zu haben glaubt, das Oberverwaltungsgericht anzurufen.

21

b)

Es bedarf keiner Erörterung, daß die Antragsteller durch die Anwendung der beanstandeten Rechtsvorschriften in der Straßenbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin von 20. Juli 1978 einen Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erlitten hätten, wenn sie aufgrund dieser Satzung zu einem Beitrag herangezogen worden wären. Da eine Beitragserhebung jedoch noch nicht erfolgt ist, kann ihre Antragsbefugnis nur angenommen werden, wenn der durch eine Heranziehung eintretende Nachteil in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Zur Erfüllung des Merkmals "in absehbarer Zeit" muß eine Heranziehung mit hinreichender Gewißheit für eine so nahe Zukunft zu erwarten sein, daß ein vorsichtig und vernünftig Handelnder sich schon jetzt zur Antragstellung entschließen darf (vgl. dazu Eyermann/Fröhler, VwGO, 7: Aufl., § 47 Rdn. 31; Redeker/von Oertzen, VwGO, 6. Aufl., § 47 Rdn. 23; Hoffmann, Die Antragsbefugnis im verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO, Diss., 1974, S. 88); sie muß nach den konkret gegebenen Umständen bereits vorausgesehen werden können (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 28.09.1976 - V N 3/75 - DVBl 77, 216 und v. 20.05.1976 - V N 8/73 - DGemStZ 79, 24 m.w.N.).

22

Im vorliegenden Fall ist mit einer Beitragserhebung in absehbarer Zeit im vorgenannten Sinne nicht zu rechnen. Es liegen keinerlei konkrete Anhaltspunkte (z.B. die Aufnahme der Maßnahme in den Haushaltsplan, eine entsprechende Entscheidung eines zuständigen Gemeindegremiums oder dergleichen mehr) für den alsbaldigen Ausbau eines Wirtschaftsweges vor, für den die Antragsteller beitragspflichtig werden könnten. Der Hinweis der Antragsgegnerin, der Ausbau eines solchen Wirtschaftsweges in den Jahren nach 1980/81 könne nicht ausgeschlossen werden, was wahrscheinlich in erster Linie für den "... weg" zutreffe, vermittelt keine hinreichende Gewißheit für einen Ausbau in so naher Zukunft, daß eine Beitragserhebung bereits voraussehbar wäre.

23

II.

Da somit der Antrag bereits als unzulässig zurückzuweisen ist, konnte den von den Antragstellern zur Sache selbst vorgetragenen Beanstandungen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen. Gleichwohl sieht sich der Senat im Interesse der Beteiligten veranlaßt, auf folgende Gesichtspunkte (in angemessen verkürzter Form) hinzuweisen:

24

1.

Die Festlegung des Anliegeranteils für die Kosten des Ausbaus von Wirtschaftswegen auf 75 v.H. - und damit zugleich die Festlegung des Gemeindeanteils auf 25 v.H. - ist entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht zu beanstanden.

25

a)

Aus der Rechtskonstruktion des Straßenbaubeitragsrechts als Entgelt für wirtschaftliche Sondervorteile von Grundstückseigentümern bzw. Erbbauberechtigten ergibt sich bereits, daß Vorteile, die der Allgemeinheit, also nicht individualisierbaren Dritten, zufließen (Vorteile der beitragserhebenden Gemeinde als Grundstückseigentümerin können in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden, weil eine Gemeinde regelmäßig nicht Eigentümerin landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im Außenbereich ist und im vorliegenden Fall für eine gegenteilige Annahme keinerlei Anhaltspunkte gegeben sind), bei der Ermittlung des auf die Beitragspflichtigen umzulegenden Aufwands (umlagefähiger Aufwand) außer Ansatz zu bleiben haben. Demgemäß ordnet § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG an, daß dann, wenn eine Einrichtung erfahrungsgemäß auch von der Allgemeinheit in Anspruch genommen wird - wovon bei Wirtschaftswegen ohne weiteres ausgegangen werden kann -, bei der Ermittlung des Beitrages ein den besonderen Vorteilen der Allgemeinheit entsprechender Teil des Aufwands vorweg abzuziehen ist. Der für die Durchführung einer Maßnahme im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts entstehende beitragsfähige Aufwand ist mithin aufzuteilen ausschließlich auf die Gemeinde als Repräsentantin der Allgemeinheit einerseits und die Gruppe der Beitragspflichtigen (Anlieger) andererseits mit der Folge, daß der regelmäßig in einem Vomhundertsatz zu bestimmende Gemeindeanteil und der ebenfalls in einem Vomhundertsatz, zu bestimmende, auf die Gruppe der Anlieger entfallende Anteil (Anliegeranteil) zusammengenommen den Vomhundertsatz Hundert, d.h. den beitrage fähigen Gesamtaufwand ausmachen müssen. Je geringer demgemäß der die Vorteile der Allgemeinheit ausdrückende Gemeindeanteil ist, desto größer muß notwendigerweise der Anliegeranteil sein und umgekehrt. Die Vorteile der Allgemeinheit gehören infolgedessen als Kehrseite der Eigentümervorteile zum Abgabentatbestand in Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG; der Gemeindeanteil ist daher in der Beitragssatzung festzulegen (vgl. u.a. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.01.1976 - VI A 78/75 -, KStZ 76, 216).

26

b)

Die Festsetzung des Gemeindeanteils ist ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie kann deshalb wie jeder andere Gesetzgebungsakt nur daraufhin überprüft werden, ob die Gemeinde den durch Gesetz und Recht gesteckten Rahmen ihres gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat (vgl. u.a. OVG Lüneburg, Beschl. v. 02.04.1976 - VI B 141/75 -, KStZ 76, 96 = ZMR78, 31 und Urt. v. 30.03.1976 - VI A 221/75 -, DVBl 77, 391 - Schl.-H. Gemeinde 76, 264). Dabei muß der Gemeinde, soweit es um die Ausfüllung des Begriffs des wirtschaftlichen Vorteils geht, ein gewisser Einschätzungsspielraum zugebilligt werden, da die wirtschaftlichen Auswirkungen - hier des Ausbaus eines Wirtschaftsweges - für diejenigen, denen hierdurch wirtschaftliche Vorteile geboten werden, von vielen Faktoren abhängen und daher eine sichere Prognose nicht möglich ist (vgl. u.a. OVG Münster, Urt. v. 07.12.1976 - II A 1563/74 -). Der Gemeinde steht insoweit ein durch die Beziehung zum wirtschaftlichen Vorteil beschränktes wertendes Ermessen (Einschätzungsermessen) zu. Sie hat den normativen Akt der Bestimmung des Gemeindeanteils nach dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Grundsatz durchzuführen, daß der Gemeindeanteil den Vorteil widerspiegeln muß, den die Allgemeinheit im Verhältnis zur Gesamtheit der Anlieger durch eine Ausbaumaßnahme hat (vgl. u.a. OVG Koblenz, Urt. v. 08.11.1976 - 6 A 48/75 - KStZ 77, 132 = DVBl 77, 388), sie muß also die zu erwartenden Vorteile der Allgemeinheit gegen die zu erwartenden Vorteile der Beitragspflichtigen angemessen gerecht abwägen.

27

c)

Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung hat die Gemeinde das Maß der schätzungsweise zu erwartenden Nutzung der ausgebauten Straße bzw. des ausgebauten Wirtschaftsweges durch die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits gegenüberzustellen und dementsprechend die jeweiligen Anteilssätze festzulegen (vgl. dazu u.a. Menger, Verw.Arch. 79, 275 und Schmidt, KStZ 79, 184). Je größer der Anteil der Anlieger an der Straßennutzung erfahrungsgemäß ist bzw. sein wird, desto höher muß der auf sie entfallende Anteil am beitragsfähigen Aufwand sein (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 31.05.1979 - V OE 19/78 - HSGZ 80, 22).

28

aa)

Die Grundlage für die Ermessensentscheidung der Gemeinde bildet nach § 6 Abs. 1 KAG das Vorteilsprinzip, das nicht nur im Verhältnis der Beitragspflichtigen untereinander, sondern auch im Verhältnis der Allgemeinheit zur Gesamtheit der Anlieger gilt. Dieses Vorteilsprinzip erstreckt sich ausschließlich auf solche Vorteile, die sich wirtschaftlich auswirken und insoweit meßbar sind. Für die Anliegervorteile ergibt sich das aus § 6 Abs. 1 iVm Abs. 5 Satz 1 KAG, der vorschreibt, daß der auf die Beitragspflichtigen aufzuteilende Aufwand nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten umzulegen ist. Da die Vorteile der Allgemeinheit die Kehrseite der wirtschaftlichen Vorteile der Gruppe der Anlieger sind, folgt daraus, daß die beitragsrechtlich relevanten Vorteile der Allgemeinheit ebenso wie die Vorteile der Anlieger wirtschaftlich meßbar sein müssen. Sie müssen nicht nur für den Ortsgesetzgeber zur Ausübung seines Ermessens schätzbar sein, sondern sie müssen auch von ihrer Qualität her mit den Anliegervorteilen verglichen werden können. Dies trifft aber nur zu, wenn die Vorteile der Allgemeinheit ebenso einer wirtschaftlichen Bewertung zugänglich sind, wie die Sondervorteile der Eigentümer bzw. Erbbauberechtigten (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 04.07.1978 - GS 1/78 - KStZ 78, 214 = DVBl 80, 74; ferner von Mutius in: Driehaus/Hinsen/von Mutius, Grundprobleme des kommunalen Beitragsrechts, S. 37).

29

bb)

Ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht besteht auch im Straßenbaubeitragsrecht der eine Beitragspflicht auslösende wirtschaftliche Vorteil der Anlieger in der ihnen - mit Rücksicht auf die räumlich enge Beziehung ihrer Grundstücke zu "ihrer" Straße im Verhältnis zu nicht individualisierbaren Dritten in besonderem Maße - gebotenen Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten bzw. verbesserten Straße oder - wie hier - des ausgebauten Wirtschaftsweges. Dies macht nicht zuletzt § 6 Abs. 1 KAG unmißverständlich deutlich, wenn es darin heißt, daß Beiträge von den Grundstückseigentümern erhoben werden können, "denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme ... besondere wirtschaftliche Vorteile bietet". Diese Möglichkeit reicht - im Gegensatz etwa zur Benutzungsgebühr - aus, um eine Beitragsverpflichtung grundsätzlich zu begründen. Aber auch die Beitragshöhe - und das sei ergänzend hinzugefügt - bestimmt sich nach dem gebotenen Gebrauchsvorteil, d.h. dem Umfang der aufgrund von bestimmten Umständen zu erwartenden Inanspruchnahme der Straße (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht u.a. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.06.1979 - IX A 94/78 - Schl.-H. Gemeinde 79, 375).

30

Den somit in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Straße liegenden wirtschaftlichen Vorteilen der Anlieger hat die Gemeinde gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 KAG die wirtschaftlichen Vorteile gegenüberzustellen, die die Allgemeinheit durch ihre "erfahrungsgemäß" zu erwartende Inanspruchnahme dieser Straße hat. Die Gemeinde kann somit - und das sei wiederholend betont - ihre Abwägung lediglich auf das Maß der zu erwartenden Inanspruchnahme der ausgebauten Straße durch die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits abstellen, da nur dieser Faktor bei der Bemessung der wirtschaftlichen Vorteile von Bedeutung ist. Für die Einbeziehung sonstiger, beispielsweise ästhetischer oder anderer am Gemeinwohl orientierter Gesichtspunkte ist in dem auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ausgerichteten Straßenbaubeitragsrecht kein Raum (vgl. ebenso OVG Koblenz, Beschl. v. 04.07.1978 - GS 1/78 - a.a.O.).

31

d)

Da die wirtschaftlichen Vorteile der Allgemeinheit einerseits und diejenigen der Anlieger andererseits sowohl nach der Verkehrsbedeutung ausgebauter Straßen (etwa überwiegend dem Anliegerverkehr dienende Straßen zum einen und überwiegend dem Durchgangsverkehr dienende Straßen zum anderen) als auch nach den einzelnen ausgebauten Teileinrichtungen. (die Fahrbahn bringt regelmäßig der Allgemeinheit größere Vorteile als die primär den Interessen der Anlieger dienenden Gehwege) differieren, ist die Gemeinde gehalten, wenigstens grundlegenden Unterschieden bei der Festlegung des Gemeindeanteils Rechnung zu tragen. Die starre Festlegung eines einzigen Vomhundertsatzes für alle Straßen bzw. Teileinrichtungen einer Gemeinde in der Beitragssatzung, mit dem die wirtschaftlichen Vorteile der Allgemeinheit generell abgedeckt werden sollen, würde gegen die aus § 6 KAG folgende Verpflichtung zur Vorteilsabwägung und damit zugleich gegen den Gleichsheitsgrundsatz verstoßen (vgl. dazu u.a. von Mutius, a.a.O., S. 39 m.w.Nachw.). Unzulässig wäre aus diesem Grunde selbst die Festlegung eines so hohen, einheitlichen Gemeindeanteils (z.B. 80 v.H.), daß er in jedem in der Gemeinde denkbaren Fall den durch die Ausbaumaßnahme entstehenden wirtschaftlichen Vorteil der Anlieger (im Verhältnis zum Vorteil der Allgemeinheit) übersteigt. Denn durch eine solche Bestimmung würde auf die Anlieger etwa einer reinen Wohnstraße ein ebenso hoher Anteil am beitragsfähigen Aufwand entfallen wie auf die Anlieger einer Durchgangsstraße, obwohl die auf der zu erwartenden Inanspruchnahme der jeweiligen Straßen beruhende Vorteilssituation dieser beiden Gruppen von Anliegern offensichtlich unterschiedlich ist. Es würden also ohne sachliche Rechtfertigung völlig unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt, was mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar wäre.

32

Die Gemeinde ist nicht nur verpflichtet, zumindest für drei typische Straßenarten (nämlich reine Wohnstraßen, Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr und Durchgangsstraßen, vgl. dazu OVG Lüneburg, Urt. v. 08.09.1969 - I A 23/68 - Niedersächsische Gemeinde 71, 19) den Gemeindeanteil unterschiedlich festzusetzen.

33

Vielmehr muß - und das folgt ebenfalls bereits aus dem Gebot der angemessen gerechten Vorteilsabwägung - sich der Gemeindeanteil für eine einzelne Straßenart - wie z.B. die Wirtschaftswege - sachgerecht und jeweils ihrer Funktion entsprechend in das System der für die anderen (möglicherweise recht subtil differenzierten) Straßenarten gewählten Anteilssätze einfügen; er muß sich in angemessener Weise an den aufgrund der Vorteilsabwägung gewonnenen Anteilssätzen für die anderen Straßenarten orientieren.

34

e)

Es ist nicht ersichtlich, daß die Antragsgegnerin den vorstehend skizzierten Rahmen ihres gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat.

35

aa)

Es ist offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung, daß Wirtschaftswege in erster Linie zur Benutzung durch (regelmäßig) die Eigentümer der anliegenden, landwirtschaftlich genutzten Grundstücke bestimmt sind und auch regelmäßig in erster Linie von diesem Personenkreis benutzt werden. Demgegenüber werden derartige Wege von der Allgemeinheit erfahrungsgemäß in erheblich geringerem Maße in Anspruch genommen, etwa von Spaziergängern und gelegentlich von Rad- und Autofahrern, denen diese Wege die Verbindung z.B. zu nahegelegenen Wäldern vermitteln, sowie möglicherweise - wie die Antragsteller vortragen - auch von Schulbussen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem dadurch gekennzeichneten Verhältnis der grundsätzlich zu erwartenden Nutzung eines Wirtschaftsweges durch die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits auch bereits mit der Festlegung des Anliegeranteils auf 60 oder 70 v.H. in angemessener Weise Rechnung getragen sein könnte; Jedenfalls aber sind keine Gesichtspunkte dafür erkennbar, daß die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung, den Anliegeranteil auf 75 v.H. festzusetzen, sachlich schlechterdings nicht vertretbare und deshalb willkürliche Erwägungen zugrunde gelegt hat. Im übrigen erscheint das von der Antragsgegnerin aufgrund einer Abwägung zwischen den Vorteilen der Anlieger und den Vorteilen der Allgemeinheit gefundene Ergebnis durchaus gerechtfertigt. Diese Ansicht wird bestätigt durch die Tatsache, daß zum einen auch das Satzungsmuster im Runderlaß des Innenministers vom 8. November 1977 (vgl. Nds MBl 1977, 1445) für den Ausbau von Wirtschaftswegen einen Anliegeranteilssatz von 75 v.H. vorsieht und zum anderen nach einer Umfrage des Niedersächsischen Städteverbandes (vgl. Rundschreiben 14/79 v. 14.09.1979) 22 der 33 Kommunen, die von den an der Umfrage beteiligten Gemeinden Beiträge für den Ausbau von Wirtschaftswegen erheben, den Anliegeranteil auf zwischen 70 v.H. und 80 v.H. festgesetzt haben.

36

bb)

Die Festlegung des Anliegeranteils auf 75 v.H. der Kosten für den Ausbau von Wirtschaftswegen fügt sich angemessen in das System der von der Antragsgegnerin für die sonstigen Straßenarten gewählten Anteilssätze ein. Zutreffend hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, daß Wirtschaftswege überwiegend dem Anliegerverkehr dienenden Straßen vergleichbar seien, für deren Ausbau nach der Satzung der Antragsgegnerin ebenfalls 75 v.H. der Kosten auf die Anlieger verteilt werden. Beide Verkehrswegearten vermitteln nämlich ihrer bestimmungsgemäßen Hauptfunktion entsprechend in erster Linie den Eigentümern (Anliegern) eine Verbindung zwischen ihren Wohngrundstücken bzw. landwirtschaftlich genutzten Flächen und den übrigen Straßennetz. Sie werden deshalb sowohl hinsichtlich ihrer Breite als auch ihrer Ausstattung regelmäßig nur in einem Maße ausgebaut, das zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlich ist. Dies wirkt sich beispielsweise bei Wirtschaftswegen u.a. dahingehend aus, daß: bei ihnen von der Anlegung von Bürgersteigen regelmäßig abgesehen wird (§ 2 Abs. 3 der Satzung).

37

f)

Wie sich bereits aus dem vorstehend dargestellten System des Straßenbaubeitragsrechts ergibt, ist es entgegen der von den Antragstellern vertretenen Ansicht nicht erforderlich, den Anliegeranteil - und damit auch den Gemeindeanteil - für die erstmalige Anlegung eines Wirtschaftsweges anders festzulegen als für dessen (weiteren) Ausbau. Da der für die eine oder die andere Maßnahme entstehende Aufwand lediglich auf die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits umzulegen ist und da das Verhältnis der zu erwartenden Inanspruchnahme grundsätzlich unabhängig davon ist, ob der Wirtschaftsweg erstmals angelegt oder (weiter) ausgebaut wird, kann dieser Gesichtspunkt unberücksichtigt bleiben (vgl. im Ergebnis ebenso OVG Münster, Urt. v. 12.10.1978 - II A 319/76 - DWW 79, 46 bei der Beantwortung der Frage, ob der Anteilssatz für die Verbesserung bereits vorhandener Gehwege anders festzulegen ist als für die erstmalige Anlegung von Gehwegen).

38

2.

In Übereinstimmung mit der u.a. vom erkennenden Gericht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.1974 - I A 111/72 - OVGE 30, 387 = DGemStZ 75, 40 = Niedersächsische Gemeinde 75, 56) vertretenen Auffassung hat die Antragsgegnerin in § 5 Abs. 4 ihrer Straßenbaubeitragssatzung darauf abgestellt, daß bei der Beitragserhebung für den Ausbau von Wirtschaftswegen ein Maßstab zur Verteilung des auf die Anlieger entfallenden Anteils am beitragsfähigen Gesamtaufwand an die reine Grundstücksfläche anknüpfen kann (bzw. muß).

39

a)

Soweit in § 5 Abs. 4 der Beitragssatzung geregelt ist, daß zu dem Kreis der der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke auch solche gehören können, "die von der ausgebauten Straße ... mittelbar über andere Grundstücke bewirtschaftet oder erreicht werden können", ist das zwar überflüssig, aber rechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke ist durch den Landesgesetzgeber in § 6 Abs. 1 KAG vorgegeben; an diese Vorgabe ist der Ortsgesetzgeber mit der Folge gebunden, daß er diesen Kreis weder einengen noch ausweiten darf. Diesem Gesichtspunkt hat die Antragsgegnerin im übrigen Rechnung getragen, indem sie der vorstehend wiedergegebenen Bestimmung die einschränkende, dem § 6 Abs. 1 KAG entnommene Formulierung angefügt hat, beitragspflichtig seien nur die Grundstückseigentümer, "denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil bietet". Diese Voraussetzung dürfte beispielsweise entsprechend der rechtsähnlichen Regelung des § 131 Abs. 1 BBauG grundsätzlich dann nicht mehr gegeben sein, wenn zwischen dem Hinterliegergrundstück und dem Wirtschaftsweg ein im Eigentum eines Dritten stehendes, in der Tiefe den übrigen Grundstücken vergleichbares Grundstück liegt und eine anderweitige Zugangsmöglichkeit besteht oder wenn das Hinterliegergrundstück derartig weit von dem ausgebauten Wirtschaftsweg entfernt liegt, daß es zwar von ihm aus noch (tatsächlich) erreichbar ist, seine Inanspruchnahme aber gerade im Hinblick auf die Entfernung und eine anderweitige Zugangsmöglichkeit wirtschaftlich unvertretbar ist und deshalb ausscheidet.

40

b)

Zu Recht hat die Antragsgegnerin in § 5 Abs. 4 ihrer Satzung die Entfernung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, zur Hofstelle unberücksichtigt gelassen. Dieser Gesichtspunkt bildet kein für die Verteilung des umlagefähigen Aufwands geeignetes Kriterium, da sich die zu erwartende Inanspruchnahme des Wirtschaftsweges in erster Linie nach der Größe und damit der Bewirtschaftungsmöglichkeit der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke richtet, nicht aber (maßgeblich) nach der Entfernung zur Hofstelle. Die Häufigkeit und die Art des Verkehrs zu den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken ist nämlich im wesentlichen abhängig von ihrer Größe (vgl. dazu im einzelnen OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.1974 - I A 111/72 - a.a.O.).

41

3.

Die in § 5 Abs. 5 der Beitragssatzung der Antragsgegnerin enthaltene Beschränkung der Grundstückstiefe auf 300 m für die Ermittlung der nach der Nutzungsart gestaffelten Multiplikatoren ist - worauf die Antragsteller zutreffend hingewiesen haben - rechtlich nicht unbedenklich. Die Anwendung dieser Vorschrift kann in einer - auch bei Berücksichtigung der im Abgabenrecht zu beachtenden Grundsätze der Typisierung und Pauschalierung - nicht mehr hinnehmbaren Vielzahl von Fällen zu mit dem das Straßenbaubeitragsrecht prägenden Vorteilsprinzip nicht vereinbaren Ergebnissen führen. Im Hinblick darauf, daß zum einen der Antrag aus dem oben angegebenen Grunde ohnehin unzulässig ist und zum anderen die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat, die in ihrem Gebiet an Wirtschaftswegen liegenden Außenbereichsgrundstücke seien grundsätzlich nicht tiefer als 300 m, bedarf dieser Gesichtspunkt jedoch keiner Vertiefung.

42

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 13 Abs. 1 GKG auf 6.000,00 DM festgesetzt.

Radke Bode Dr. Driehaus

Radke Bode Dr. Driehaus