Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 25.08.2021, Az.: 1 A 1451/17

Ausländerjagdschein; Europarecht; Fortsetzungsfeststellungsklage; Gleichheitsgebot; Unionsrecht; Verfassungsrecht; Unions- und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Nichterteilung eines Ausländerjagdscheins

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
25.08.2021
Aktenzeichen
1 A 1451/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 45191
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2021:0825.1A1451.17.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Nichterteilung eines Ausländerjagdscheins an eine Person, die neben der deutschen über eine weitere Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats verfügt, stellt nicht zwangsläufig einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht dar.

  2. 2.

    Die Anforderungen an die Erteilung eines Ausländerjagdscheins nach § 15 Abs. 6 BJagdG begründen für einen deutschen Staatsangehörigen keinen Gleichheitsverstoß (Art. 3 Abs. 1 GG).

[Tatbestand]

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Jahresjagdscheins.

Er stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien und lebt seit Anfang der 1970er Jahre im Bundesgebiet. Er verfügt aufgrund einer Einbürgerung seit dem Jahr 1994 über die deutsche Staatsangehörigkeit. Außerdem ist er kroatischer Staatsbürger.

Der Kläger absolvierte im Jahr 2005 die kroatische Jagdscheinprüfung. Im September 2016 beantragte er beim Beklagten die Zulassung zur Prüfung zwecks Erlangung seines ersten Jagdscheins. Daraufhin teilte der Beklagte mit, dass der Kläger auf seinen Antrag hin zur Jägerprüfung zugelassen wird und an welchen Tagen die Schießprüfung, die schriftliche Prüfung und die Revierprüfung stattfinden. Im November 2016 absolvierte der Kläger erfolgreich die Schießprüfung. Im März 2017 beantragte er die Erteilung eines Jahresjagdscheins für das am 1. April 2017 beginnende Jagdjahr.

Mit Bescheid vom 11. April 2017 lehnte der Beklagte die Erteilung eines Jagdscheins ab. Zur Begründung führte er im Bescheid aus, dass der Kläger die erforderliche Jägerprüfung im Bundesgebiet nicht abgelegt habe. Die Erteilung eines Ausländerjagdscheins komme nicht in Betracht, da der Kläger deutscher Staatsangehöriger sei. Dies stelle auch keinen Verstoß gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot dar, weil es das legitime Recht des Gesetzgebers sei, die Erteilung einer jagdlichen Erlaubnis davon abhängig zu machen, dass eine Jägerprüfung nach den im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen absolviert werde. Dieses Erfordernis stelle auch keine Einschränkung der Freizügigkeit dar, da dieses Erfordernis nicht nur für deutsche Staatsangehörige, sondern generell für Inländer gelte.

Am 26. April 2017 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er geltend macht, dass in Niedersachsen die von ihm in Kroatien absolvierte Jagdscheinprüfung mit Ablegung einer zusätzlichen Schießprüfung vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz als gleichwertig anerkannt werde. Ihm sei nach der bestandenen Schießprüfung aufgrund seines kroatischen Jagdscheins der Jahresjagdschein vom Beklagten zu erteilen. Es lägen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 6 BJagdG in Verbindung mit Ziffer 22.1.6 der Verwaltungsvorschrift AB-NJagdG und Art. 3 Abs. 1 GG vor. Er sei Ausländer im Sinne des § 15 Abs. 6 BJagdG, da er neben der deutschen auch die kroatische Staatsangehörigkeit innehabe. Dass er auch über die deutsche Staatsangehörigkeit verfüge, dürfe nicht dazu führen, dass er als Unionsbürger diskriminiert werde. Art. 21 AEUV verbiete es den EU-Mitgliedstaaten, Nachteile daran zu knüpfen, dass ein Unionsbürger von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe. Der Beklagte erschwere seine Freizügigkeit, indem Nachteile daran geknüpft würden, dass er als kroatischer Staatsangehöriger dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebe und die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt habe. Personen, die nur über die kroatische Staatsangehörigkeit verfügten, würden besser gestellt als er, der neben der kroatischen auch über die deutsche Staatsangehörigkeit verfüge. Ihm werde die Freizügigkeit erschwert, da er einen deutschen Ausländerjagdschein nicht mehr erlangen und als Teil der Freizügigkeit in der Bundesrepublik Deutschland die Jagd nicht mehr ausüben könne. Er habe sich auch nach 1971 und 1994 regelmäßig in Kroatien aufgehalten und dort die Jagd ausgeübt. Auch seien der naturschutzrechtliche, wildbrethygienische und der waffenrechtliche Bereich weitgehend durch Verordnungen und Richtlinien europarechtlich bestimmt, was zu einem einheitlichen Kenntnisstand der Jäger geführt habe. Rechtfertigungsgründe für den Verstoß gegen Art. 21 AEUV lägen nicht vor. Der Begriff "Ausländer" in Ziffer 22.1.6 der Verwaltungsvorschrift AB-NJagdG müsse in unionsrechtskonformer Auslegung deshalb so verstanden werden, dass auch Personen erfasst seien, die als Unionsbürger nach Deutschland gekommen seien und im Rahmen der Freizügigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hätten. Zudem stelle es einen Gleichheitsverstoß dar, wenn Personen mit lediglich einer ausländischen Staatsangehörigkeit in Bezug auf den Erhalt eines Ausländerjagdscheins besser gestellt würden als eine Person, die neben einer ausländischen Staatsangehörigkeit auch die deutsche Staatsangehörigkeit innehabe. Die Ungleichbehandlung bestehe in der Verletzung eines durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG geschützten Rechts, das der einen Vergleichsgruppe verliehen werde und der anderen nicht. Eine solche Ungleichbehandlung sei nicht am Willkürmaßstab, sondern anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen. Diese Ungleichbehandlung sei aufgrund der Anerkennung der kroatischen Jagdscheinprüfung als gleichwertig nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Insofern sei es verfassungsrechtlich geboten, unter den Begriff "Ausländer" im Sinne des § 15 Abs. 6 BJagdG auch Personen zu verstehen, die neben einer ausländischen Staatsangehörigkeit über eine deutsche Staatsangehörigkeit verfügten. Sofern das Gericht einer grundrechts- oder unionsrechtskonformen Auslegung nicht folge, sei die Verwaltungsvorschrift Ziffer 22.1.6 AB-NJagdG unwirksam. Die Erteilung müsste dann nach § 15 Abs. 6 BJagdG erfolgen, wobei das Ermessen des Beklagten aufgrund der Verwaltungspraxis bei der Anerkennung einer kroatischen Jagdscheinprüfung auf Null reduziert wäre. Das Ermessen wäre zumindest intendiert, weil das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die kroatische Jagdscheinprüfung im Zusammenhang mit einer deutschen Schießprüfung als gleichwertig anerkenne. Sollte einer derartigen Auslegung nicht gefolgt werden, müsste die Vorschrift des § 15 Abs. 6 BJagdG unangewendet bleiben, da sie gegen Art. 21 AEUV verstoße. Sollte das Gericht § 15 Abs. 6 BJagdG nicht unangewendet lassen, wäre eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof geboten. Es bestehe jedenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Der Bescheid des Beklagten lasse nicht erkennen, dass ihm bewusst gewesen sei, dass er Ermessen auszuüben habe.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 11. April 2017 aufzuheben,

den Beklagten zu verurteilen, ihm einen Jahresjagdschein zu erteilen und hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, seinen Antrag ermessensfehlerfrei zu bescheiden.

Nachdem der Zeitraum, für den ein Jagdschein längstens erteilt werden kann, abgelaufen war, hat der Kläger mitgeteilt, dass er weiterhin die Erteilung eines Jahresjagdscheins begehre, entsprechende Anträge aber aufgrund des beklagten Bescheids nicht gestellt habe.

Der Kläger beantragt nunmehr,

festzustellen, dass er zum 31. März 2020 einen Anspruch auf Erteilung eines Jahresjagdscheins hatte.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass auf den Kläger als deutschen Staatsangehörigen die Vorschriften über die Erteilung von Ausländerjagdscheinen keine Anwendung fänden. Ein Deutscher, der im Ausland die dortige Jägerprüfung bestanden und einen entsprechenden Jagdschein erworben habe, könne auf dieser Grundlage keinen Ausländerjagdschein erwerben. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege hierin nicht. Ferner verstoße die Regelung nicht gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot, da das Jagdrecht dem nationalen Sicherheitsrecht zuzurechnen sei.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, insbesondere ist die Umstellung der Klage von einer Verpflichtungs- auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne der entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Die Umstellung des Klageantrags ist keine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO, sondern eine Einschränkung des Klageantrags gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) (vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 C 33.13 -, Rn. 11 ff., juris; speziell im Hinblick auf jagdrechtliche Erlaubnisse: vgl. Hess. VGH, Urteil vom 24. September 1992 - 3 UE 819/89 -, Rn. 29, juris; OVG SH, Urteil vom 17. April 1998 - 2 L 49/97 -, Rn. 14, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2014 - 16 A 2367/11 -, Rn. 24, juris; VG Regensburg, Urteil vom 13. Oktober 2020 - RO 4 K 19.134 -, Rn. 32, juris). Nach § 15 Abs. 2 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) sowie § 22 Abs. 1 des Niedersächsischen Jagdgesetzes (NJagdG) wird der Jagdschein als Jahresjagdschein für höchstens drei Jagdjahre erteilt. Das Jagdjahr beginnt am 1. April und endet am 31. März eines jeden Jahres (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 5 BJagdG). Ausgehend davon hat sich der die Erteilung des beantragten Jahresjagdscheins ablehnende Bescheid vom 11. April 2017 mit Ablauf des 31. März 2020 erledigt. Der Kläger durfte seinen Klageantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids umstellen. Es liegt auch ein Feststellungsinteresse vor, denn der Kläger hat konkret deutlich gemacht, dass er erneut einen Antrag auf Erteilung eines Jagdscheins stellen möchte (Fallgruppe der Wiederholungsgefahr).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Form der erledigten Verpflichtungsklage ist begründet, wenn der Kläger zum Zeitpunkt der Erledigung Anspruch auf die vom Beklagten abgelehnte Erteilung eines Jagdscheins hatte. Dies war vorliegend nicht der Fall.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 C 33.13 -, Rn. 21, juris). Dies war hier - wie im Rahmen der Zulässigkeit ausgeführt - der Zeitpunkt, zu dem das Jagdjahr 2019/2020 abgelaufen war, mithin am 31. März 2020. Es ist das Bundesjagdgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Tiergesundheitsgesetzes, des Bundesjagdgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 14. November 2018 (BGBl. I S. 1850), heranzuziehen.

Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Erteilung eines Jahresjagdscheins, und zwar weder nach § 15 Abs. 5 BJagdG noch nach § 15 Abs. 6 BJagdG.

Die erste Erteilung eines Jagdscheins ist nach § 15 Abs. 5 BJagdG davon abhängig, dass der Bewerber eine Jägerprüfung bestanden hat, die aus einem schriftlichen und einem mündlich-praktischen Teil und einer Schießprüfung bestehen soll; er muss in der Jägerprüfung ausreichende Kenntnisse der Tierarten, der Wildbiologie, der Wildhege, des Jagdbetriebes, der Wildschadensverhütung, des Land- und Waldbaues, des Waffenrechts, der Waffentechnik, der Führung von Jagdwaffen (einschließlich Faustfeuerwaffen), der Führung von Jagdhunden, in der Behandlung des erlegten Wildes unter besonderer Berücksichtigung der hygienisch erforderlichen Maßnahmen, in der Beurteilung der gesundheitlich unbedenklichen Beschaffenheit des Wildbrets, insbesondere auch hinsichtlich seiner Verwendung als Lebensmittel, und im Jagd-, Tierschutz- sowie Naturschutz- und Landschaftspflegerecht nachweisen; mangelhafte Leistungen in der Schießprüfung sind durch Leistungen in anderen Prüfungsteilen nicht ausgleichbar.

Diese Vorgaben erfüllte der Kläger nicht. Er hatte lediglich die Schießprüfung abgelegt, konnte jedoch weder einen Nachweis über eine in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich bestandene schriftliche noch eine mündlich-praktische Prüfung vorlegen.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Vorschrift des § 15 Abs. 6 BJagdG. Danach können bei der Erteilung von Ausländerjagdscheinen Ausnahmen von den Anforderungen des § 15 Abs. 5 Satz 1 BJagdG gemacht werden. Diesbezüglich bestimmt Ziffer 22.1.6 der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Jagdgesetz (AB-NJagdG), RdErl. d. MLv. 11. Januar 2005 - 407-65001-244 - (Nds. MBl. 2005 S. 152), dass Jahresjagdscheine an Ausländer, die bisher keinen deutschen Jahresjagdschein besitzen, nur nach bestandener deutscher Jägerprüfung oder einer in ihrem Heimatland bestandenen, der deutschen Jägerprüfung gleichwertigen Jägerprüfung ausgestellt werden dürfen. Ob eine ausländische Jägerprüfung als eine gleichwertige anerkannt wird, entscheidet die oberste Jagdbehörde. In Niedersachsen wird danach ausweislich einer Liste des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der in Kroatien erworbene Jagdschein mit zusätzlicher Schießprüfung als eine gleichwertige Jägerprüfung anerkannt.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Ausländerjagdscheins nach § 15 Abs. 6 BJAgdG i.V.m. Ziffer 22.1.6. Satz 1 AB-NJagdG lagen hier nicht vor. Denn der Kläger war kein Ausländer im Sinne des § 15 Abs. 6 BJagdG. Ausländer ist nach § 2 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ist. Danach ist Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes unter anderem, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Personen, die neben der deutschen Staatsangehörigkeit über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügen, sind keine Ausländer im Sinne des AufenthG (vgl. Bender/Welge/Keßler, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 2 AufenthG Rn. 2). Dieses Begriffsverständnis gilt auch für § 15 Abs. 6 BJagdG. Der Kläger war kein Ausländer, denn er verfügte über die deutsche Staatsangehörigkeit. Dass er auch die kroatische Staatsangehörigkeit innehatte, führte nicht dazu, dass er (auch) Ausländer ist. Einem deutschen Staatsangehörigen mit ständigem Wohnsitz im Bundesgebiet kann jedoch ein Ausländerjagdschein nach § 15 Abs. 6 BJagdG nicht erteilt werden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 23. April 1997 - 19 B 96.763 -, Rn. 29, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 19. Mai 2014 - 11 ME 74/14 -, Rn. 10, juris; VG Hamburg, Urteil vom 18. März 2015 - 4 K 3351/14 -, Rn. 38, juris).

Dies war im Fall des Klägers auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Es lag weder ein Verstoß gegen Unions- noch gegen Verfassungsrecht vor.

Dass der Anspruch des Klägers auf einen Ausländerjagdschein nach § 15 Abs. 6 BJagdG ausgeschlossen war, stand insbesondere mit dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot des Art. 18 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) im Einklang. Danach ist unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Verpflichtete dieser Bestimmung sind neben der Europäischen Union auch die Mitgliedstaaten, darunter alle ihnen organisatorisch oder funktionell zurechenbaren Akteure (vgl. Rust, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 18 AEUV Rn. 39). Berechtigte sind Unionsbürger im Sinne des Art. 20 Abs. 1 Satz 2 AEUV. Unionsbürger ist danach, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Der Unionsbürgerstatus ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dazu bestimmt, der grundlegende Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, der es denjenigen unter ihnen, die sich in der gleichen Situation befinden, erlaubt, im sachlichen Anwendungsbereich des AEUV unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unbeschadet der insoweit ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2012, Rs. C-75/11, EU:C:2012:605, Rn. 38 m.w.N., curia.europa.eu - Kommission / Österreich). In den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 1 AEUV fallen Sachverhalte, in denen sich Personen in einer gemeinschaftsrechtlich geregelten Situation befinden (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Februar 1989, Rs. 186/87, EU:C:1989:47, Rn. 10, curia.europa.eu - Cowan / Trésor public; Urteil vom 24. November 1998, Rs. C-274/96, EU:C:1998:563, Rn. 14, curia.europa.eu - Bickel und Franz). Nicht erfasst sind Sachverhalte, die außerhalb des Unionsrechts stehen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 1985, Rs. 293/83, EU:C:1985:69, Rn. 19, curia.europa.eu - Gravier / Ville de Liège) oder keinerlei Berührungspunkte mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1982, verb. Rs. 35 und 36/82, EU:C:1982:368, Rn. 16, curia.europa.eu - Morson und Jhanjan / Staat der Nederlanden; Urteil vom 5. Juni 1997, verb. Rs. C-64/96 und C-65/96, EU:C:1997:285, Rn. 23, curia.europa.eu - Uecker und Jacquet; Urteil vom 2. Oktober 2003, Rs. C-148/02, EU:C:2003:539, Rn. 26, curia.europa.eu - Garcia Avello; Urteil vom 26. Oktober 2006, Rs. C-192/05, EU:C:2006:676, Rn. 23, curia.europa.eu - Tas-Hagen und Tas).

In den unionsrechtlich geregelten Bereich fallen vor allem Sachverhalte, die - auf Grundlage einer entsprechenden Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union - durch Sekundärrechtsakte, insbesondere Richtlinien und Verordnungen im Sinne des Art. 288 AEUV, geregelt werden können. Der hier zu entscheidende Fall wurde nicht durch EU-Sekundärrechtsakte bestimmt, denn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Jagdscheins nach § 15 Abs. 6 BJagdG beruhten nicht auf unionsrechtlichen Vorgaben. Ein solcher Berührungspunkt konnte auch nicht damit begründet werden, dass die Europäische Union im Bereich des Umweltschutzes über Rechtsetzungskompetenzen verfügt (Art. 191 f. AEUV).

In den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen darüber hinaus außerhalb der unionsrechtlichen Kompetenzen liegende Fallgestaltungen, die sich auf die Ausübung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten beziehen, insbesondere auch die, in denen es um das durch Art. 21 AEUV verliehene Recht geht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (vgl. EuGH, Urteil vom 24. November 1998, Rs. C-274/96, EU:C:1998:563, Rn. 15 f. - Bickel und Franz; Urteil vom 20. September 2001, Rs. C-184/99, EU:C:2001:458, Rn. 33 - Grzelczyk; Urteil vom 11. Juli 2002, Rs. C-224/98, EU:C:2002:432, Rn. 29 - D'Hoop; Urteil vom 2. Oktober 2003, Rs. C-148/02, EU:C:2003:539, Rn. 24 - Garcia Avello; Urteil vom 15. März 2005, Rs. C-209/03, EU:C:2005:169, Rn. 33 - Bidar; Urteil vom 4. Dezember 2008, Rs. C-221/07, EU:C:2008:681, Rn. 29 - Zablocka-Weyhermüller; Urteil vom 12. Mai 2011, Rs. C-391/09, EU:C:2011:291, Rn. 62 - Runevic-Vardyn und Wardyn; Urteil vom 4. Oktober 2012, Rs. C-75/11, EU:C:2012:605, Rn. 39 - Kommission / Österreich; Urteil vom 18. Juli 2013, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11, EU:C:2013:524, Rn. 25 - Prinz und Seeberger; Urteil vom 2. Juni 2016, Rs. C-438/14, EU:C:2016:401, Rn. 31 - Bogendorff von Wolffersdorff; Urteil vom 25. Juli 2018, Rs. C-679/16, EU:C:2018:601, Rn. 57 - A (Hilfe für eine schwerbehinderte Person); jeweils curia.europa.eu). Hingegen stellt die rein hypothetische Aussicht auf die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit keinen Bezug zum Unionsrecht her, der eng genug wäre, um die Anwendung der Unionsbestimmungen zu rechtfertigen; gleiches gilt für die rein hypothetische Aussicht einer Beeinträchtigung dieses Rechts (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Juni 1984, Rs. 180/83, EU:C:1984:233, Rn. 18, curia.europa.eu - Moser / Land Baden-Württemberg; Urteil vom 29. Mai 1997, Rs. C-299/95, EU:C:1997:254, Rn. 16, curia.europa.eu - Kremzow / Republik Österreich; Urteil vom 8. November 2012, Rs. C-40/11, EU:C:2012:691, Rn. 77, curia.europa.eu - Iida). Die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit und die zur Durchführung dieser Bestimmungen erlassenen Maßnahmen sind ferner nicht auf Sachverhalte anwendbar, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. EuGH, Urteil vom 1. April 2008, Rs. C-212/06, EU:C:2008:178, Rn. 33 m.w.N., curia.europa.eu - Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon; Urteil vom 25. Juli 2008, Rs. C-127/08, EU:C:2008:449, Rn. 77, curia.europa.eu - Metock u.a.; Urteil vom 5. Mai 2011, Rs. C-434/09, EU:C:2011:277, Rn. 45, curia.europa.eu - McCarthy.

Freizügigkeit im Sinne des Art. 21 AEUV meint die umfassende personelle Mobilität im Binnenraum der EU (vgl. Hatje, in: Schwarze/Becker/ders./Schoo (Hrsg.), EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 21 Rn. 9). Eine Unionsbürgerin bzw. ein Unionsbürger kann sich dabei auch gegenüber dem Mitgliedstaat auf ihr bzw. sein Recht auf Freizügigkeit berufen, dessen Staatsangehörigkeit sie bzw. er (auch) innehat (vgl. EuGH, Urteil vom 21. September 1999, Rs. C-378/97, EU:C:1999:439, Rn. 22 - Wijsenbeek; Urteil vom 2. Oktober 2003, Rs. C-148/02, EU:C:2003:539, Rn. 28 - Garcia Avello; Urteil vom 26. Oktober 2006, Rs. C-192/05, EU:C:2006:676, Rn. 19 - Tas-Hagen und Tas; Urteil vom 23. Oktober 2007, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06, Rn. 22 - Morgan und Bucher; jeweils curia.europa.eu).

Gemessen daran ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, dass der Kläger in seiner durch Art. 21 AEUV gewährleisteten Freizügigkeit beeinträchtigt wurde, indem der Beklagte es ablehnte, ihm einen Ausländerjagdschein zu erteilen.

Der Kläger kann sich in persönlicher Hinsicht auf Art. 21 AEUV berufen, denn er ist sowohl als deutscher als auch als kroatischer Staatsangehöriger Unionsbürger i.S.d. Art. 20 Abs. 1 Satz 2 AEUV. Allerdings lag keine Beschränkung des Freizügigkeitsrechts vor. Allein der Umstand, dass der Kläger im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats, nämlich derjenigen der Republik Kroatien, als des Aufnahmestaats (Bundesrepublik Deutschland) war, genügte nicht, um einen Bezug zum Unionsrecht herzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Mai 2011, Rs. C-434/09, EU:C:2011:277, Rn. 56, curia.europa.eu - McCarthy). Dass der Kläger vor dem Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union in die Bundesrepublik Deutschland gezogen war, begründete ebenfalls nicht die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs des Freizügigkeitsrechts. Denn inwiefern der seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland lebende Kläger zu dem in diesem Verfahren maßgebenden Zeitpunkt gehindert war, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, weil er nicht über einen deutschen Ausländerjagdschein verfügte, erschließt sich der erkennenden Kammer nicht.

Die vom Kläger als freizügigkeitsbeschränkend angesehene Regelung führte weder unmittelbar noch mittelbar-faktisch zu einer Beschränkung seines Freizügigkeitsrechts. Dabei ist an Art. 21 AEUV nicht jede mitgliedstaatliche Maßnahme zu messen, die sich irgendwie faktisch auf den Willen der Unionsbürgerinnen und -bürger auswirken kann, von dem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen (vgl. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/ders. (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Werkstand: 73. EL Mai 2021, Art. 21 AEUV Rn. 22). Der EuGH hat vielmehr deutlich gemacht, dass außerhalb des Aufenthaltsrechts liegende Regelungen eine Beschränkung der Freizügigkeit darstellen können, wenn diese zu schwerwiegenden Nachteilen beruflicher oder privater Art führen können (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2008, Rs.C-353/06, EU:C:2008:559, Rn. 23 f., curia.europa.eu - Grunkin und Paul). Eine solche faktische Beschränkung war jedoch vorliegend nicht zu erkennen. Der Kläger lebte mehrere Jahrzehnte ohne einen deutschen Jagdschein in der Bundesrepublik Deutschland. Er verfügte zudem seit etwas mehr als zehn Jahren über die kroatische Jagdscheinprüfung, bevor er einen deutschen Jagdschein beantragte, ohne dass er im Verfahren deutlich machen konnte, dass er in dieser Zeit in seiner Freizügigkeit eingeschränkt war. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, inwiefern gerade die Ablehnung eines Jagdscheins für den Kläger nach etwa 50 Jahren des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland zu einem schweren Nachteil führen sollte, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass er durchaus einen deutschen Jagdschein erhalten konnte, wenn er alle erforderlichen Prüfungen absolviert hätte. Soweit er vorgetragen hat, dass die Jagdausübung Teil seiner Freizügigkeit sei, ist dem entgegenzuhalten, dass Freizügigkeit die Fortbewegungsfreiheit meint. Nicht jede mitgliedstaatliche Regelung, die bestimmte Anforderungen an denjenigen stellt, der eine staatliche Erlaubnis begehrt, stellt eine Beschränkung dieser Fortbewegungsfreiheit dar.

Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu möglichen Beschränkungen der Freizügigkeit. Keine der bislang vom EuGH entschiedenen Fallkonstellationen lässt für den hier zu entscheidenden Fall erkennen, dass von einer Beschränkung des Freizügigkeitsrechts auszugehen ist. Denn der EuGH ist von einer Betroffenheit des Freizügigkeitsrechts unter anderem in Fällen ausgegangen, welche die Voraussetzungen für die Sprache in einem Strafverfahren (vgl. EuGH, Urteil vom 24. November 1998, Rs. C-274/96, EU:C:1998:563, Rn. 13 ff., curia.europa.eu - Bickel und Franz), für den Zugang zur Schul- und Hochschulbildung (zur Schulbildung: vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, Rs. C-224/98, EU:C:2002:432, Rn. 29 ff. - D'Hoop; Urteil vom 15. März 2005, Rs. C-209/03, EU:C:2005:169, Rn. 35 - Bidar; zum Studium vgl.: EuGH, Urteil vom 20. September 2001, Rs. C-184/99, EU:C:2001:458, Rn. 35 ff. - Grzelczyk; Urteil vom 23. Oktober 2007, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06, Rn. 30 - Morgan und Bucher; Urteil vom 18. November 2008, Rs. C-158/07, EU:C:2008:630, Rn. 52 ff. - Förster; Urteil vom 13. April 2010, Rs. C-73/08, EU:C:2010:181, Rn. 32 ff. - Bressol; Urteil vom 4. Oktober 2012, Rs. C-75/11, EU:C:2012:605, Rn. 41 - Kommission / Österreich; Urteil vom 18. Juli 2013, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11, EU:C:2013:524, Rn. 31 - Prinz und Seeberger; Urteil vom 26. Februar 2015, Rs. C-359/13, EU:C:2015:118, Rn. 31 - Martens; jeweils curia.europa.eu), für die Kürzung einer Hinterbliebenenversorgung bei Umzug in einen anderen Mitgliedstaat (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Dezember 2008, Rs. C-221/07, EU:C:2008:681, Rn. 32, curia.europa.eu - Zablocka-Weyhermüller), für die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat eingetragenen Namens (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Oktober 2003, Rs. C-148/02, EU:C:2003:539, Rn. 29 - Garcia Avello; EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2008, Rs.C-353/06, EU:C:2008:559, Rn. 22 ff. - Grunkin und Paul; Urteil vom 12. Mai 2011, Rs. C-391/09, EU:C:2011:291, Rn. 63 ff. - Runevic-Vardyn und Wardyn; Urteil vom 2. Juni 2016, Rs. C-438/14, EU:C:2016:401, Rn. 32 f. - Bogendorff von Wolffersdorff; Urteil vom 8. Juni 2017, Rs. C-541/15, EU:C:2017:432, Rn. 35 ff. - Freitag; jeweils curia.europa.eu), für die Gewährung eines Aufenthaltsrechts für einen mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Juni 2018, Rs. C-673/16, EU:C:2018:385, Rn. 39 f., curia.europa.eu - Coman u.a.) oder für Auslieferungsersuchen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. September 2016, Rs. C-182/15, EU:C:2016:630, Rn. 30 ff. - Petruhhin; Urteil vom 10. April 2018, Rs. C-191/16, EU:C:2018:222, Rn. 33 ff. - Pisciotti; Urteil vom 17. Dezember 2020, Rs. C-398/19, EU:C:2020:1032, Rn. 27 ff. - Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Extradition vers l'Ukraine); jeweils curia.europa.eu) betrafen. Weder die in diesen Fällen aufgezeigten noch vergleichbare erhebliche Nachteile sind - wie zuvor ausgeführt - für den Kläger ersichtlich.

Ein Vorabentscheidungsverfahren durch den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV hat die Kammer deshalb nicht für erforderlich gehalten.

Der Kläger wurde durch die angegriffene Entscheidung des Beklagten auch nicht im Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Weder die Regelung des § 15 Abs. 6 BJagdG noch die Anwendung der Norm durch den Beklagten stellten im Fall des Klägers einen derartigen Grundrechtsverstoß dar.

§ 15 Abs. 6 BJagdG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. zum Vorstehenden BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 -, Rn. 94 f., www.bverfg.de).

Gemessen daran ist die in der Regelung des § 15 Abs. 6 BJagdG i.V.m. Ziffer 22.1.6 AB-NJagdG zu Tage tretende Differenzierung zwischen Ausländerinnen bzw. Ausländern und deutschen Staatsangehörigen sachlich gerechtfertigt. Denn Personen, die über einen Jagdschein verfügen, müssen hierzu besonders geeignet sein, da sie durch einen Jagdschein unter anderem die Möglichkeit erhalten, Waffen zu benutzen (vgl. § 13 Abs. 3 - 6 des Waffengesetzes - WaffG) sowie Wild aufzusuchen, nachzustellen, zu erlegen und zu fangen (vgl. § 1 Abs. 5 BJagdG). Inhaber eines Jagdscheins müssen deshalb Kenntnisse der jagdlichen Gegebenheiten, unter anderem das Jagdrecht, das jagdbare Wild und die bei der Jagdausübung zu beachtenden naturschutzrechtlichen Vorschriften, nachweisen. Es ist angesichts dessen verhältnismäßig, wenn der Gesetzgeber an den Erwerb des Jagdscheins hohe Anforderungen durch entsprechende Prüfungen stellt. Dass er dabei die Möglichkeit vorsieht, dass Ausländerinnen bzw. Ausländer von der Ablegung bestimmter Prüfungen befreit werden können, soweit diese eine gleichwertige, im Ausland absolvierte Prüfung nachweisen, begründet keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung deutscher Staatsangehöriger. Vielmehr strebt der Gesetzgeber auf diese Weise eine Gleichbehandlung von Ausländerinnen und Ausländern mit deutschen Staatsangehörigen an, indem er tatsächlich bestehende Hindernisse für den Erwerb eines Jagdscheins in Deutschland, insbesondere die sprachliche Barriere und die weite Entfernung zwischen Wohnsitz und Prüfungsort, durch modifizierte Anforderungen abbaut, was sachlich gerechtfertigt ist (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. Oktober 1994 - 19 B 94.1271 -, Rn. 27, juris; VG Schleswig, Urteil vom 25. Juni 2002 - 7 A 222/00 -, Rn. 21, juris; VG Hamburg, Urteil vom 18. März 2015 - 4 K 3351/14 -, Rn. 36, juris). Dass der Gesetzgeber dies durch den Begriff "Ausländerjagdschein" in § 15 Abs. 6 BJagdG typisiert, liegt im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit.

Der Beklagte verstieß durch die Ablehnung des beantragten Ausländerjagdscheins im angegriffenen Bescheid bei der Anwendung von § 15 Abs. 6 BJagdG i.V.m. Ziffer 22.1.6 AB-NJagdG nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso wie der Gesetzgeber ist auch die einzelne Behörde verpflichtet, in ihrem Handeln die Grundrechte Betroffener zu berücksichtigen (Art. 1 Abs. 3 GG). Dabei kann es grundsätzlich auch bei der Anwendung einer verfassungskonformen Norm zu einem Grundrechtsverstoß kommen. Derartiges lag in diesem Fall jedoch nicht vor. Dass der Beklagte den Kläger nicht als Ausländer ansah, entsprach dem - bereits zuvor ausgeführten - etablierten Begriffsverständnis, nach dem Ausländer nicht ist, wer neben der deutschen Staatsangehörigkeit über weitere Staatsangehörigkeiten verfügt. Im Fall des Klägers lagen auch die zuvor beschriebenen tatsächlichen Hindernisse für den Erwerb eines Jagdscheins in Deutschland, nämlich Sprachbarriere und weite Entfernung zwischen Wohn- und Prüfungsort (vgl. VG Schleswig, Urteil vom 25. Juni 2002 - 7 A 222/00 -, Rn. 23, juris), nicht vor. Der Kläger lebt seit Anfang der 1970er Jahre in Deutschland und kann sich angesichts seiner Einbürgerung auch ausreichend in deutscher Sprache artikulieren. Es war ihm deshalb möglich und zumutbar, die Prüfungen für den Erwerb eines Jagdscheins in Deutschland zu absolvieren, die für alle deutschen Staatsangehörigen gelten.

Da weder ein Verstoß gegen Unions- noch gegen Verfassungsrecht vorlag, können die weiteren, vom Kläger geltend gemachten Fragen zur unionsrechtskonformen Auslegung, zur Nichtanwendbarkeit der hier einschlägigen deutschen Normen und zur Ermessensausübung dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.