Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.02.1998, Az.: 10 M 5793/97

Ermittlung der Sitzverteilung in den Ausschüssen eines Gemeinderats gemäß § 51 Abs 2 GemO ND

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.02.1998
Aktenzeichen
10 M 5793/97
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1998, 40212
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1998:0226.10M5793.97.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 1999, 189-190 (Volltext mit red. LS)

Redaktioneller Leitsatz

Gegen das mit der Neufassung des § 51 Abs. 2 NGO anstelle des Verteilungsverfahrens nach Hare/Niemeyer eingeführten d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch dann, wenn es sich um kleine Ausschüsse handelt und dasselbe Besetzungsverfahren bereits bei der Ermittlung der den einzelnen Parteien und Wählergruppen zustehenden Ratssitze angewandt worden ist.

  1. 1.

    Die Bildung der Ausschüsse durch Bestimmung ihrer Zusammensetzung nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren entspricht der Neufassung des GemO ND § 51 Abs 2. Dieses Verfahren ist verfassungsgemäß. Das gilt auch dann, wenn es sich um kleine Ausschüsse handelt und dasselbe Verfahren bereits bei der Ermittlung der den einzelnen Parteien zustehenden Ratssitzen angewandt ist.

  2. 2.

    Die Frage, ob das dem Rat eingeräumte Entschließungsermessen bei der Bestimmung der Zahl der Ausschußsitze durch das Prinzip der repräsentativen Demokratie begrenzt wird, stellt sich so lange nicht, wie die Ungleichgewichtigkeiten bei der Sitzverteilung sich noch im Rahmen des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren halten.

Gründe

1

Der Zulassungsantrag ist nicht begründet.

2

Die geltend gemachten Zulassungsgründe der §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO sind nicht gegeben.

3

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des anzufechtenden Beschlusses

4

bestehen nicht schon dann, wenn Erfolg oder Mißerfolg der Beschwerde gleichermaßen wahrscheinlich sind, sondern erst, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, daß die anzufechtende Entscheidung einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird (OVG Bautzen, B. v. 22.4.1997, SächsVBl. 1997, 29, 30; VGH Kassel, B. 17.2.1997, NVwZ-RR 1998, 78, 79; VGH Mannheim, B. v. 10.6.1997, NVwZ-RR 1998, 31, 32; OVG Weimar, B. v. 29.8.1997, ThürVBl. 1998, 42, 43). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

5

Die Antragstellerin stützt ihre Bedenken gegen die Besetzung der Ausschüsse - vor allem des Verwaltungsausschusses und des Stadtwerkeausschusses - darauf, daß in diesen Gremien wesentliche Entscheidungen getroffen werden, die den Kernbereich der Zuständigkeit des Antragsgegners nach § 40 Abs. 1 der Nds. Gemeindeordnung (NGO) i.d.F. v. 22.8.1996 (Nds. GVBl. S. 383) berühren. Sollte der Antragsgegner einen Teil der ihm zustehenden Kompetenzen in rechtlich unzulässiger Weise auf einzelne Ausschüsse übertragen haben, so könnte dies nicht dazu führen, daß auch die Antragstellerin mit Sitz und Stimme in jedem Ausschuß vertreten sein müßte. Vielmehr wäre es, worauf auch der Antragsgegner hingewiesen hat, Sache der Kommunalaufsicht, den Antragsgegner zu veranlassen, die ihm zugewiesenen Entscheidungskompetenzen selbst wahrzunehmen. Deshalb bedarf es keiner Klärung, ob der Vortrag der Antragstellerin zutrifft, der Antragsgegner habe eigene Zuständigkeiten in die Ausschüsse verlagert, um ihr ein Mitentscheidungsrecht zu nehmen.

6

Weiterhin ist nicht zu beanstanden, daß der Antragsgegner die Ausschüsse nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren gebildet hat. Dies entspricht der Neufassung des § 51 Abs. 2 NGO, die durch das Gesetz zur Reform des Niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts vom 1.4.1996 (Nds.GVBl. S. 82) anstelle des Verteilungsverfahrens nach Hare/Niemeyer eingeführt worden ist. Gegen dieses Verfahren bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG (Kammerentscheidung), B. v. 8.9.1994, NVwZ-RR 1995, 213, 214; BVerwG, B. v. 14.10.1993, NVwZ-RR 1994, 109; VGH München, Urt. v. 7.10. 1992, NVwZ-RR 1993, 267). Dies gilt auch dann, wenn es sich um kleine Ausschüsse handelt und dasselbe Besetzungsverfahren bereits bei der Ermittlung der den einzelnen Parteien und Wählergruppen zustehenden Ratssitze angewandt ist (BVerwG, NVwZ-RR 1994, 109; VGH München, NVwZ-RR 1993, 268 [VGH Bayern 07.10.1992 - 4 B 91.2372]). Ein verfassungsrechtlicher Zwang zum Übergang auf ein Berechnungsverfahren, das solche Gruppen stärker als das d'Hondt'sche Höchstzahlverfahren begünstigt, besteht nicht (BVerwG, aaO). Damit war der Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, das für sie günstigere Verteilungsverfahren nach Hare/Niemeyer vorzusehen. Dies gilt um so mehr, als § 51 Abs. 3 NGO Fraktionen und Gruppen, auf die bei der Sitzverteilung in einem Ausschuß kein Sitz entfallen ist, berechtigt, ein zusätzliches Mitglied mit beratender Stimme in den Ausschuß zu entsenden.

7

Daran ändert nichts, daß die Antragstellerin mehr als 10 v.H. der Gemeinderatssitze innehat. Dies allein berechtigt sie nicht, einen Ausschußsitz über eine dann notwendige Erhöhung der Zahl der Sitze zu erlangen. Vielmehr müßte ein willkürliches Vorgehen des Antragsgegners bei der Festlegung der Größe der Ausschüsse zu erkennen sein. Dies ist nicht ersichtlich, wenn dieser bei insgesamt 37 Ratssitzen die Zahl der Ausschußsitze auf 7 begrenzt hat. Er hat damit im Verhältnis zur Gesamtzahl der Ratsmitglieder eine nicht zu kleine Ausschußgröße gewählt (vgl. hierzu auch VGH München, NVwZ-RR 1993, 269 [OVG Nordrhein-Westfalen 03.09.1992 - 14 B 684/92]).

8

2. Ebensowenig hat die Rechtssache die von der Antragstellerin

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angenommene grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob im Hinblick auf den Beschluß des BVerwG vom 7.12.1992 (NVwZ-RR 1993, 209 [BVerwG 07.12.1992 - BVerwG 7 B 49.92]) das dem Rat eingeräumte Entschließungsermessen bei der Bestimmung der Zahl der Ausschußsitze durch das Prinzip der repräsentativen Demokratie begrenzt wird, würde sich hier nicht stellen, da die hier bestehenden Ungleichgewichtigkeiten bei der Sitzverteilung sich noch im Rahmen des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren halten (vgl. hierzu auch BVerfG, NVwZ-RR 1995, 214 [BVerwG 01.12.1994 - BVerwG 7 B 146/94]).

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

11

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO); mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird der angefochtene Beschluß rechtskräftig (§ 124 a Abs. 2 Satz 3 VwGO entsprechend).