Sozialgericht Stade
Beschl. v. 08.05.2019, Az.: S 33 AY 4/19 ER

Gewährung von Sozialleistungen als Anspruch eines Ausländers bei Leistungsberechtigung i.R.d. Duldung

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
08.05.2019
Aktenzeichen
S 33 AY 4/19 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 11475
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller rückwirkend ab Stellung des Eilantrags weitere 18,00 EUR monatlich als Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG - vorläufig und unter Vorbehalt der Rückforderung - bis zum Abschluss des anhängigen Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 08.01.2019 und eines sich ggf anschließenden Klageverfahrens auszuzahlen. Im Übrigen wird Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der im Oktober 1999 geborene Antragsteller lebt in Achim. Der Antragsgegner ist zuständiger Träger der Leistungen nach dem AsylbLG. Der Antragsteller reiste am 05.01.2017 in die Bundesrepublik ein und meldete sich in der Erstaufnahmeeinrichtung D., stellte jedoch keinen Asylantrag. Am 10.08.2017 meldete er sich beim Antragsgegner und beantragte Grundsicherungsleistungen. Der Aufenthalt zwischen Januar 2017 und August 2017 ist unbekannt. Während der Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung in D. als Geburtsdatum den 01.01.1996 angab, gab er im August 2017 gegenüber dem Antragsgegner den 10.10.1999 als Geburtsdatum an. Er verfügt über eine Duldung gemäß § 60a AufenthG und ist ausreisepflichtig.

Mit Bescheid vom 08.01.2019 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen gemäß § 3 AsylbLG für den Monat Januar 2019 in Höhe von 619,00 EUR. Im Bescheid teilte der Antragsgegner mit, dass die Unterkunft nicht mehr als Sachleistung zur Verfügung gestellt werde, sondern eine Gebühr für die Nutzung in Höhe von 290,00 EUR festgesetzt werde, die direkt an die Wohnungsgeber gezahlt werde. Außerdem wird ein Betrag für Stromkosten in Höhe von 25,00 EUR abgezogen. Hiergegen legte der Antragsteller am 21.01.2019 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

Am 6.3.2019 hat sich der Antragsteller an das erkennende Gericht gewandt.

Er trägt vor, er halte sich seit über 15 Monaten durchgehend im Bundesgebiet auf und habe die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich verlängert. Die geminderten Sätze nach § 3 AsylbLG seien im Hinblick auf das durch die Regelsätze der Sozialhilfe zu sichernde menschenwürdige Existenzminimum allenfalls übergangsweise mit Art 1 Abs 1 GG vereinbar. Der Antragsgegner sei beweisbelastet hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit. Bezüglich des Hilfsantrags bestehe Anspruch auf die fortgeschriebenen Regelsätze gemäß in § 28a SGB XII, auch wenn die Veröffentlichung durch das Bundesministerium (BMAS) gemäß § 3 Abs 4 Satz 3 AsylbLG bislang unterblieben sei. Dies habe das Gericht bereits im Urteil vom 13.11.2018 - S 19 AY 15/18 - entschieden. Auch das Landessozialgericht in Celle gehe im Beschluss vom 01.11.2018 - L 8 AY 37/18 B ER - davon aus, dass eine Anpassung der Leistungssätze zu erfolgen habe. Hilfsweise sei der Unterschiedsbetrag von 17,00 EUR nach Maßgabe des § 6 Abs 1 Satz 1 AsylbLG zu gewähren, da diese Leistungen unerlässlich seien.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach § 2 Abs 1 AsylbLG iVm SGB XII zu gewähren, hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Grundleistungen nach § 3 Abs 4 Satz 1 und 2 AsylbLG, die entsprechend der Veränderungsraten nach § 28a SGB XII iVm den Verordnungen nach § 40 Satz 1 Nr 1 SGB XII fortgeschrieben wurden, in der sich hieraus ergebenden Höhe zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Eilantrag und den Hilfsantrag abzulehnen.

Er trägt vor, der Antragsteller sei nach Abmeldung in der Aufnahmeeinrichtung bis zum 09.08.2017 unbekannten Aufenthaltes gewesen, also untergetaucht. Dadurch habe er sich den Ausländerbehörden und deren Maßnahmen entzogen und dadurch seinen Aufenthalt rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Außerdem habe er in der Erstaufnahmeeinrichtung Karlsruhe sein Geburtsdatum ursprünglich mit 01.01.1996 angegeben und am 10.08.2017 als Geburtsdatum den 10.10.1999 angegeben und somit eine falsche Identität angeführt, was ebenfalls als rechtsmissbräuchliches Verhalten zu werten sei. Die Sache sei nicht eilbedürftig, weil der notwendige Lebensunterhalt durch die Grundleistungen bereits gewährleistet sei. Bezüglich des Hilfsantrags sei es so, dass der Antragsgegner als kommunale Leistungsbehörde nicht legitimiert sei, aus eigener Kompetenz heraus eine Fortschreibung der Leistungssätze vorzunehmen, wenn eine gesetzliche Neufestsetzung bleibe. Für weitergehende Leistungen nach § 6 AsylbLG bleibe im Übrigen kein Raum.

Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den vorliegenden Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen.

II. Der zulässige und als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Eilantrag hat teilweise Erfolg.

Nach § 86b Abs 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszuges. Voraussetzung für den Erlass der hier begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) das Bestehen eines Anspruchs auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 3 SGG iVm § 920 Abs 2 ZPO).

Der Antragsteller konnte einen Anordnungsanspruch in Bezug auf Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG nicht glaubhaft machen. Gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3, 4, 6 und 7 AsylbLG das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Der Antragsteller ist leistungsberechtigt im Sinne des § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG, da er nach Kenntnisstand des Gerichts über eine Duldung verfügt, und hält sich seit mehr als 15 Monaten im Bundesgebiet auf. Zumindest hat das Gericht keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Antragsteller zwischen Januar 2017 und August 2017 das Bundesgebiet verlassen haben könnte. Nach vorläufiger Bewertung des Gerichts hat der Antragsteller jedoch seinen Aufenthalt rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen setzt nach Maßgaben des Bundessozialgerichts (grundlegend: Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R - juris Rn. 32 ff.) ein rechtsmissbräuchliches Verhalten iSd § 2 Abs 1 AsylbLG in objektiver Hinsicht ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus, das in subjektiver Hinsicht vorsätzlich im Bewusstsein der objektiv möglichen Aufenthaltsbeeinflussung getragen ist (vgl LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 01.02.2018 - L 8 AY 16/17 B ER). Eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer liegt demnach schon dann vor, wenn bei generell-abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann. Dabei genügt angesichts des Sanktionscharakters des § 2 AsylbLG nicht schon jedes irgendwie zu missbilligende Verhalten. Art, Ausmaß und Folgen der Pflichtverletzung wiegen für den Ausländer so schwer, dass auch der Pflichtverletzung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein erhebliches Gewicht zukommen muss. Daher führt nur ein Verhalten, das unter jeweiliger Berücksichtigung des Einzelfalls, der besonderen Situation eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland und der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist (Sozialwidrigkeit), zum Ausschluss von Analogleistungen. Dem Antragsteller sind insoweit zwei konkrete Handlungen vorwerfbar, die beide bei generell-abstrakter Betrachtungsweise typischerweise geeignet sind, die Aufenthaltsdauer zu beeinflussen, nämlich zum einen das Untertauchen von Januar 2017 bis August 2017 und zum anderen die dokumentierten unterschiedlichen Angaben zur Identität in Bezug auf das Geburtsdatum. Durch das Untertauchen hat der Antragsteller sich der ordnungsgemäßen Durchführung des ausländerrechtlichen Verfahrens entzogen und ist seinen Meldepflichten nicht nachgekommen. Die unterschiedlichen Angaben zum Geburtsdatum waren und sind geeignet, eine ordnungsgemäße Feststellung seiner Identität zu erschweren und dadurch eine Rückführung unmöglich zu machen. Beide Verhaltensweisen sind auch subjektiv vorwerfbar. Aus derzeitiger Sicht muss das Gericht mangels Hinweisen auf einen andersgelagerten Sachverhalt davon ausgehen, dass der Antragsteller vorsätzlich und im Bewusstsein der objektiv möglichen Aufenthaltsbeeinflussung handelte und sich bewusst nicht an seine ausländerrechtlichen Pflichten gehalten hat. Dies ist zu missbilligen. Der Antragsteller muss sich an die geltenden gesetzlichen Vorgaben halten und darf sich nicht bewusst den behördlichen Zugriff entziehen. Auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und im Bewusstsein der Bedeutung dieser Feststellung für einen dauerhaften Ausschluss von Analogleistungen erscheint es nach Bewertung des Gerichts gerechtfertigt und angemessen, aufgrund der genannten Verhaltensweisen Rechtsmissbräuchlichkeit in Bezug auf die erfolgte Beeinflussung der Aufenthaltsdauer anzunehmen. Die Gewährung von Analogleistungen kommt damit nicht in Betracht. Der Antragsteller hat Anspruch auf Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG.

Soweit der Antragsteller hilfsweise die Gewährung von Grundleistungen begehrt, die entsprechend der Veränderungsraten nach § 28a SGB XII iVm den Verordnungen nach § 40 Satz 1 Nr 1 SGB XII fortgeschrieben wurden, konnte er einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen. Der Antragsteller hat vorläufig Anspruch auf Gewährung um 18,00 EUR erhöhter Grundleistungen trotz der bisher fehlenden neuen Bekanntmachung gemäß § 3 Abs 4 Satz 3 AsylbLG (vgl SG Stade, Beschluss vom 06.03.2019 - S 19 AY 1/19 ER -).

Der Leistungsanspruch des alleinstehenden Antragstellers richtet sich § 3 Abs 1 Satz 8 Nr 1 AsylbLG und § 3 Abs 2 Satz 2 Nr 1 AsylbLG. In § 3 Abs 4 Satz 1 AsylbLG ist vorgesehen, dass der Geldbetrag für alle notwendigen persönlichen Bedarfe nach Absatz 1 Satz 8 sowie der notwendige Bedarf nach Absatz 2 Satz 2 jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a SGB XII iVm der Verordnung nach § 40 Satz 1 Nr 1 SGB XII fortgeschrieben wird. In Satz 3 ist gesetzlich vorgeschrieben, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) jeweils spätestens bis zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe der Bedarfe, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt gibt.

Das Bundesministerium ist seiner gesetzlichen Pflicht aus § 3 Abs 4 AsylbLG nicht nachgekommen. Zuletzt wurden die Leistungssätze am 26.10.2015 für die Zeit ab 01.01.2016 bekannt gemacht (BGBl I 1793), danach zum derzeitigen Kenntnisstand des Gerichts jedoch nicht mehr. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller Leistungen in dieser damals bekannt gemachten Höhe auch bewilligt. Die Leistungssätze sind im Rahmen des SGB XII und des SGB II jedoch zwischenzeitlich jedes Jahr verändert worden, die Anpassungen im AsylbLG lassen sich nach den eindeutigen Vorgaben im Gesetz auch im Einzelnen berechnen. Demnach müssten die Leistungen nach § 3 AsylbLG für einen Alleinstehenden mittlerweile eigentlich 372,00 EUR anstelle der zuletzt bekanntgemachten und bewilligten 354,00 EUR umfassen. Dem Antragsteller sind daher weitere 18,00 EUR monatlich im Rahmen der Leistungsgewährung nach § 3 AsylbLG zu bewilligen und auszuzahlen, und zwar hier im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig und rückwirkend ab Stellung des Eilantrags. Er hat einen einklagbaren Anspruch auf Leistungen in angepasster Höhe auch ohne die vorgesehene Bekanntmachung durch Bundesministerium für Arbeit und Soziales (so auch schon SG Stade, Urteil vom 13.11.2018 - S 19 AY 15/18 -, Rn 7; offenbar auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 01.11.2018 - L 8 AY 37/18 B ER -, veröffentlicht bei sozialgerichtsbarkeit.de).

Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, dass die in § 3 Abs 4 Satz 3 AsylbLG vorgesehene Bekanntmachung durch das zuständige Bundesministerium unterblieben ist und deshalb die zuletzt bekannt gemachten Leistungssätze weitergelten. Es ist festzustellen, dass das gesetzlich vorgesehene Verfahren nicht eingehalten wurde. Das Bundesministerium hätte spätestens zum 01.11.2018 die Höhe der Bedarfe, die für das folgende Jahr 2019 maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt machen müssen. Die Rechtsnatur der Bekanntmachung ist nicht ohne Weiteres bestimmbar. Teilweise wird vertreten, dass die Bekanntmachung aufgrund des Gesetzesvorbehalts des AsylbLG konstitutiv sei, um ein subjektives Recht auf die entsprechenden Leistungssätze erst zu begründen (vgl Hohm in: ZFSH SGB, Heft 2/2019, S. 68ff, S. 71). Die Fortschreibung der Leistungssätze und die Bekanntmachung der angepassten Leistungssätze sei gesetzlich dem Bundesministerium als Aufgabe zugewiesen, es sei den Gerichten in der Folge verwehrt, selbst die Fortschreibung der Leistungssätze vorläufig und fiktiv vorzunehmen (vgl SG Aurich, Beschluss vom 29.11.2018 - S 23 AY 7/18 ER - , Rn 24 - juris.de). Bis zur Bekanntmachung müsse es bei den bisherigen Leistungssätzen bleiben. Dem kann nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht gefolgt werden, denn dann hätte es die Exekutive in der Hand, wann die von der Legislative befohlene Anpassung der Leistungssätze tatsächlich durchgreift, obwohl die gesetzliche Vorgabe eindeutig eine andere ist. Der Gesetzgeber hat in § 3 Abs 4 AsylbLG eine klare Regelung hinsichtlich der Fortschreibung der Leistungssätze des AsylbLG getroffen und die Fortschreibung nicht in das Ermessen der Exekutive gestellt. Dem Bundesministerium ist kein eigener Entscheidungsspielraum eingeräumt, die Anpassung ist vorzunehmen (vgl zB Siefert, AsylbLG, 2018, § 3 Rn 42). Nach der hier vertretenen Auffassung kann deshalb bereits aus § 3 Abs 4 Satz 1 AsylbLG ohne weitere Handlungen des BMAS ein subjektives Recht auf Gewährung von Leistungen in der jeweils angepassten Höhe abgeleitet werden. Nach den dortigen Vorgaben lässt sich die jährliche Anpassung unter Bezug auf die im Gesetz angegebenen Quellen auch konkret und ohne notwendige Zwischenhandlungen des Bundesministeriums berechnen. Würde der subjektive Anspruch des Leistungsberechtigten auf angepasste Leistungen nach dem AsylbLG indessen verneint werden, weil die Anpassung und Bekanntmachung der Leistungssätze durch das Ministerium unterblieben sind, hieße dies nicht weniger, als dass die Exekutive sich zu ihren Gunsten auf eine eigene Pflichtverletzung berufen könnte. Sie missachtet zunächst den eindeutigen Handlungsbefehl des Gesetzgebers hinsichtlich der jährlichen Anpassung der Leistungssätze und verweigert dem Leistungsberechtigten dann gerade wegen ihres Versäumnisses die ihm nach dem Willen des Gesetzgebers zustehenden Leistungen. Dies erscheint treuwidrig und im Übrigen auch mit Blick auf Art 20 Abs 3 GG, die Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz, verfassungsrechtlich bedenklich (ebenfalls in dieser Richtung bereits LSG Niedersachsen-Bremen im bereits benannten Beschluss vom 01.11.2018 - L 8 AY 37/18 B ER -).

Der Antragsteller konnte auch in noch ausreichender Weise einen Anordnungsgrund glaubhaft machen, auch wenn es nur um 18,00 EUR monatlich geht und er im Übrigen im laufenden Leistungsbezug steht. Im Rahmen der Grundsicherung sind auch 18,00 EUR nicht völlig unerheblich. Das Gericht sieht im Übrigen keinen überzeugenden Grund, dem Antragsteller die ihm zustehenden Leistungen mit der Begründung vorläufig vorzuenthalten, die Sache sei nicht eilig, wenn der entsprechende Leistungsanspruch zugleich offenkundig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und berücksichtigt den Umfang des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.