Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 23.05.2007, Az.: L 3 KA 368/03

Bedarfsunabhängiges Zulassungsbegehren eines Psychotherapeuten; Voraussetzungen der Zulassung von Psychotherapeuten unabhängig von der vertragsärztlichen Bedarfsplanung; Erbringung von mindestens 250 Behandlungsstunden innerhalb eines Zeitfensters von sechs Monaten durch Psychotherapeuten zum Nachweis von Tätigkeiten mit nicht nachrangiger Bedeutung; Erleichterungen zur Darlegung einer rechtlich erheblichen Teilnahme an der Versorgung der Versicherten am Praxissitz; Möglichkeit der Teilzulassung nur nach künftig geltendem Recht

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
23.05.2007
Aktenzeichen
L 3 KA 368/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 33945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0523.L3KA368.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 04.06.2003 - AZ: S 10 KA 239/00

Tenor:

Die Berufungen des Klägers zu 2) gegen die Urteile des Sozialgerichts Hannover vom 04. Juni 2003 werden zurückgewiesen. Der Kläger zu 2) hat die Kosten der Klägerin zu 1) und des Beklagten im Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger zu 2) ist Psychologischer Psychotherapeut und begehrt die bedarfsunabhängige Zulassung, hilfsweise die Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung in F ...

2

Der Kläger zu 2) ist seit 1990 Diplompsychologe. Unter dem 18. Dezember 1998 beantragte er die bedarfsunabhängige Zulassung, hilfsweise die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Psychologischer Psychotherapeut unter der Praxisanschrift: "G., H. F.". In seinem dem Antrag beigefügten Lebenslauf gab er an, er sei seit Juni 1994 bis jetzt in Bremen und später auch in I. freiberuflich als Psychotherapeut tätig, außerdem seit Juli 1995 als Geschäftsführer der "J. GmbH" in F ... Weiterhin legte er u.a. vor:

  1. (1.)

    eine Auflistung von insgesamt 45 anonymisierten Patienten, die er 1995 bis 1998 therapiert hatte, wobei 32 verhaltenstherapeutisch und 13 tiefenpsychologisch fundiert behandelt worden seien, jeweils 9 hiervon unter Supervision;

  2. (2.)

    Kostenübernahmebestätigungen gesetzlicher Krankenkassen;

  3. (3.)

    Supervisionsbescheinigungen von Dr. K. L., M.N. und Dr. O. P.;

  4. (4.)

    Bescheinigungen über die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen in den Bereichen Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und

  5. (5.)

    eine Bescheinigung der "J. GmbH" darüber, dass seine dortige Arbeitszeit im Fall einer Zulassung auf maximal 19 Wochenstunden begrenzt werde. Außerdem reichte er seine Approbationsurkunde vom 04. Januar 1999 nach.

3

Mit Beschluss vom 20. April 1999 (Bescheid vom 20. Mai 1999) lehnte der Zulassungsausschuss Q. für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit die Anträge ab. Für die begehrte Zulassung fehlten im Rahmen der Fachkunde für Verhaltenstherapie die geforderten 5 Behandlungsfälle mit mindestens 250 Behandlungsstunden unter Supervision und im Rahmen der Fachkunde in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie 17 dokumentierte Behandlungsfälle einschließlich der 5 Behandlungsfälle unter Supervision. Die Supervisoren seien - mit Ausnahme des Therapeuten N.- nicht in den gemeinsamen Verzeichnissen von AGPT und AGR bzw. der KBV/Krankenkassenverbände aufgeführt. Im Hinblick auf die Erteilung einer Ermächtigung sei der erforderliche Nachweis von 500 dokumentierten Behandlungsstunden oder 250 dokumentierten Behandlungsstunden unter qualifizierter Supervision nicht erbracht. Zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie reiche die angegebene Stundenzahl nicht aus; bezüglich der Verhaltenstherapie lägen die für die Dokumentation in diesem Rahmen nachzuweisenden Angaben nicht vollständig vor.

4

Hiergegen legte der Kläger zu 2) am 05. Mai 1999 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, dem Zulassungsausschuss stehe hinsichtlich der Qualifikation der Supervisoren keine eigene Prüfungskompetenz zu. Unabhängig hiervon habe er auch unzulässige Anforderungen an die Supervisoren gestellt. Hinsichtlich der bemängelten Dokumentation rügte er, dass der Zulassungsausschuss seine Anforderungen nicht rechtzeitig kundgetan und ihm die Möglichkeit zum Nachreichen entsprechender Informationen und Unterlagen gegeben habe. Ergänzend hierzu legte er nunmehr Muster-Falldokumentationen der abgeschlossenen Fälle sowie weitere Bescheinigungen der Kostenträger vor. Außerdem ergänzte er die Fallzahl im Behandlungsverfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie auf 15.

5

Der Beklagte hob die Entscheidung des Zulassungsausschusses mit Beschluss vom 08. Dezember 1999 auf, wies den Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung erneut zurück und ermächtigte den Kläger zu 2) als Psychologischen Psychotherapeuten für den Vertragsarztsitz Wilhelmshaven mit Wirkung vom 01. Januar 2000 zur Nachqualifikation für die Dauer von fünf Jahren. Zur Begründung führte er aus, er teile die Auffassung des Zulassungsausschusses bezüglich des abzuweisenden Antrags auf Zulassung. Nach Prüfung der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen sei aber die für die Erteilung einer Ermächtigung erforderliche Sockelqualifikation für Verhaltenstherapie und für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie erfüllt; bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie seien nunmehr 15 Fälle mit 675 Behandlungsstunden nachgewiesen, bei der Verhaltenstherapie müsse von 507 Behandlungsstunden ausgegangen werden. Der entsprechende Bescheid wurde der Klägerin zu 1) am 07. Februar 2000 zugestellt und an den Kläger zu 2) am 07. Februar 2000 abgesandt.

6

Parallel zu dem genannten Verfahren hatte der Kläger zu 2) bei dem Zulassungsausschuss Psychotherapeuten/Krankenkassen im Lande Bremen am 18. Dezember 1998 eine bedarfsunabhängige Zulassung, hilfsweise eine Ermächtigung, für seine Praxis in Bremen beantragt. Seinem Antrag hatte er dieselbe Liste von 45 Patienten beigefügt wie im vorliegenden Verfahren. Unter dem 24. Juni 1999 beschloss der Zulassungsausschuss, ihm eine Ermächtigung zur Nachqualifikation für das Verfahren Verhaltenstherapie in Bremen zu erteilen. Gegen die Ablehnung der Zulassung bzw. einer weiter gehenden Ermächtigung legte der Kläger zu 2) (erfolglos) Widerspruch ein, zu dessen Begründung er u.a. eine Auflistung von ihm vom 27. Juni 1996 bis zum 24. Juni 1997 erbrachter Behandlungsstunden - insgesamt 335 - beifügte. Zum 01. Dezember 1999 nahm er seine vertragsärztliche Tätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut aufgrund der Ermächtigung im Verfahren Verhaltenstherapie auf (Mitteilung an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen vom 28. November 1999). Sein im Übrigen weiterverfolgtes Begehren, eine bedarfsunabhängige Zulassung bzw. die Ermächtigung im Verfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie zu erhalten, ist Gegenstand des vom Senat mit Urteil vom heutigen Tag entschiedenen Berufungsverfahrens L 3 KA 210/04.

7

Gegen den Beschluss des Beklagten hat die Klägerin zu 1) am 03. März 2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben (Az.: S 10 KA 239/00), mit der sie die Erteilung der Ermächtigung zu Gunsten des Klägers zu 2) angegriffen hat. Diese hätte nicht erfolgen dürfen, weil der Kläger zu 2) inzwischen in Bremen ermächtigt worden sei, dort seine Vertragspraxis aufgenommen und erstmals für das Quartal IV/99 einen Honorarbescheid der KV Bremen erhalten habe. Eine doppelte Zulassung bzw. Ermächtigung sei jedoch rechtlich nicht möglich. Dies folge aus § 24 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV); anderenfalls würde im Übrigen die vertragsarztrechtliche Bedarfsplanung verfälscht werden.

8

Der Kläger zu 2) hat ebenfalls - am 08. März 2000 - Klage vor dem SG Hannover erhoben (Az.: S 10 KA 256/00), mit der er weiterhin die Erteilung einer Zulassung angestrebt und im Übrigen den zeitlichen Umfang der ihm erteilten Ermächtigung angegriffen hat. Zur Begründung hat er seine Auffassung dargelegt, der Fachkundenachweis i.S.d. § 95 c Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei auch erbracht, wenn die hiernach erforderlichen 30 dokumentierten Behandlungsfälle nicht zu einem einzigen, sondern kumulativ zu mehreren Richtlinienverfahren nachgewiesen werden könnten; deshalb sei ihm eine unbegrenzte bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs. 10 SGB V zu erteilen. Der Beklagte habe außerdem nur das Vorliegen von Richtlinienverfahren prüfen dürfen, nicht aber die ausreichende Qualifikation der Supervisoren, die im Übrigen bei Dr. K.R. und Dr. S. vorläge. Da unstreitig in 32 Fällen der Fachkundenachweis für Verhaltenstherapie erbracht worden sei und diesbezüglich auch die notwendige Zahl von Fällen unter Supervision nachgewiesen worden sei, könne er zumindest eine Zulassung für Verhaltenstherapie bei Aufrechterhaltung der Ermächtigung für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie beanspruchen. Hilfsweise hat sich der Kläger gegen die Befristung der Ermächtigung bis zum 31. Dezember 2000 gewandt. Diese sei rechtswidrig, weil die in § 95 Abs. 11 SGB V vorgesehene 5-Jahresfrist bei vorherigem Umwandlungsantrag nicht vor der Entscheidung des Zulassungsausschusses hierüber enden könne. Außerdem sei ihm der Beschluss vom 08. Dezember 1999 erst drei Monate später zugestellt worden und ihm sei bisher keine Abrechnungsbefugnis durch die Klägerin zu 1) erteilt worden. Schließlich hat er darauf hingewiesen, dass er die Zulassung bzw. Ermächtigung für einen Praxissitz in I. und nicht in Wilhelmshaven beantragt habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) sei auch die Führung vertragspsychotherapeutischer Praxen an zwei Orten möglich. Das Bundessozialgericht (BSG) habe für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen (MKG-Chirurgen) auch die gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt und als -zahnarzt für möglich gehalten. Im Übrigen könne eine Entscheidung darüber, ob er in I. oder in T. praktizieren wolle, von ihm frühestens nach Bestandskraft eines Zulassungsbeschlusses erwartet werden. Auf Gesichtspunkte der Bedarfsplanung berufe sich die Klägerin zu 1) zu Unrecht. Auch deren Hinweis, dass die Zulassung grundsätzlich nur für einen Vertragsarztsitz erfolgen dürfe, führe nicht weiter. Denn seine Wohnung in T. liege in ausreichender Nähe zu F., außerdem sei die psychotherapeutische Tätigkeit ohnehin auf fest vereinbarte Stunden beschränkt. Schließlich komme es vorliegend auch auf eine (auf den Wohnort des Arztes bezogene) Arztregistereintragung nicht an.

9

Auf die Klage der Klägerin zu 1) hat das SG den Beschluss des Beklagten mit Urteil vom 04. Juni 2003 aufgehoben, weil der Kläger zu 2) keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung zur Nachqualifikation zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologischer Psychotherapeut mit Vertragsarztsitz in I. bzw. Q. habe. Dem stehe entgegen, dass eine weitere Ermächtigung neben der bereits vom Zulassungsausschuss Psychotherapeuten/Ärzte Bremen erteilten Ermächtigung zur Nachqualifikation für den Vertragsarztsitz Bremen nicht möglich sei. Dies ergebe sich neben § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV auch aus § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wonach die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit für den Ort der Niederlassung als Arzt erfolge. Durch die Zulassung an zwei verschiedenen Vertragsarztsitzen werde auch die Regelung zur Bedarfsplanung verfälscht. Wenn der Kläger zu 2) eine hauptamtliche Tätigkeit in T. ausübe, sei es ihm nicht möglich, noch zusätzlich in Q. oder in I. eine derartige Tätigkeit auszuüben. Die Möglichkeit der Doppelzulassung von MKG-Chirurgen beruhe auf berufsrechtlichen Besonderheiten und könne im Übrigen auch nur für einen Vertragsarztsitz erfolgen.

10

Die Klage des Klägers zu 2) ist vom SG mit Urteil vom 04. Juni 2003 abgewiesen worden. Zur Begründung hat das SG zum einen auf die fehlende Möglichkeit eines weiteren Vertragsarztsitzes in I. verwiesen. Zum anderen habe er den für eine bedarfsunabhängige Zulassung erforderlichen Fachkundenachweis nicht erfüllt, weil er bis zum 31. Dezember 1998 nicht 2000 Stunden psychotherapeutischer Berufstätigkeit abgeleistet oder 30 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschlossen habe.

11

Gegen beide - ihm jeweils am 18. Juli 2003 zugestellten - Urteile hat der Kläger am 18. August 2003 Berufungen bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt, die der erkennende Senat zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

12

Der Kläger zu 2) hält auch im Berufungsverfahren an seiner Auffassung fest, dass Psychotherapeuten aufgrund von Besonderheiten ihrer Tätigkeit an zwei Orten zugelassen werden könnten. Dem stünden weder die Regelungen des § 24 Ärzte-ZV noch § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV entgegen. Auch Gesichtspunkte der Bedarfsplanung ließen sich hiergegen nicht anführen, zumal seine frühere Tätigkeit in Elsfleth bereits in den Bedarfszahlen dieses Bezirks ihren Niederschlag gefunden habe. Falls eine Zulassung an zwei Vertragsarztsitzen nicht möglich sei, müsse ihm zumindest eine echte Wahl zwischen den beiden in Frage kommenden Vertragsarztsitzen ermöglicht werden. Angesichts der langen Verfahrensdauer vor den Zulassungsgremien habe er jedenfalls zu Recht die erste Gelegenheit zur Aufnahme einer vertragspsychotherapeutischen Versorgung in Bremen ergriffen, weil von ihm nicht habe erwartet werden können, viele Jahre untätig abzuwarten, ohne sich zwischenzeitlich eine andere Einkommensquelle zuzulegen. Entgegen der Auffassung des SG habe er auch die notwendige Zahl von Behandlungsstunden und -fälle nachgewiesen. Es bestünde außerdem kein vernünftiger Zweifel daran, dass für jeden der von ihm durchgeführten und eingereichten Behandlungsfälle eine Indikation und ein Behandlungsplan in einem Richtlinienverfahren vorgelegen habe. Schließlich habe seine Praxis in I. innerhalb des Zeitfensters einen wesentlichen Bestandteil seiner Tätigkeit und seines wirtschaftlichen Auskommens dargestellt, auch wenn er an zwei Praxissitzen vollberuflich tätig gewesen sei. Aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Fallliste habe er mit Sicherheit 10 Fälle in I. therapiert, davon insgesamt 228 Stunden innerhalb des sog. Zeitfensters.

13

Der Kläger zu 2) beantragt,

  1. 1.

    die Urteile des Sozialgerichts Hannover vom 04. Juni 2003 aufzuheben,

  2. 2.

    die Klage der Klägerin zu 1) abzuweisen,

  3. 3.

    den Beschluss des Beklagten vom 08. Dezember 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologischen Psychotherapeuten bedarfsunabhängig für den Vertragsarztsitz I. zuzulassen,

  4. 4.

    hilfsweise:

    den Beschluss des Beklagten vom 8. Dezember 1999 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm die in Ziffer 2 des Beschlusses genannte Ermächtigung zur Nachqualifikation für den Vertragsarztsitz I. zu erteilen sowie festzustellen, dass die Ermächtigung gemäß Ziffer 2 dieses Beschlusses bei Abschluss der Nachqualifikation endet, spätestens fünf Jahre nach Erteilung der Abrechnungsnummer durch die Bezirksstelle Q. der Klägerin zu 1), so- fern nicht vor diesem Tag der Antrag auf Umwandlung g stellt worden ist, in jenem Fall bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses.

14

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15

Er verteidigt die angefochtenen Urteile und hält es insbesondere für zutreffend, dass auch Psychotherapeuten nicht gleichzeitig zwei Vertragsarztsitze haben dürfen. Darüber hinaus sei es bisher nicht nachgewiesen, dass der Kläger zu 2) die Voraussetzungen des § 95 Abs. 10 und Abs. 11 - jeweils Satz 1 Nr. 3 - SGB V erfüllt habe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine bedarfsunabhängige Zulassung bzw. Ermächtigung nur an dem Ort der Praxis möglich, in der der Psychotherapeut im Zeitfenster in notwendigem Umfang an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilgenommen habe. Ob dies im Fall des Klägers angesichts seiner Nebenbeschäftigung für die J. GmbH und der außerdem innerhalb des Zeitfensters in T. betriebenen Praxis vorliege, erscheine mehr als zweifelhaft.

16

Die Klägerin zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

17

Es sei nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen des Zeitfensters gemäß § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V im Hinblick auf den beantragten Praxissitz in I. erfüllt seien. Darüber hinaus sei eine Zulassung bzw. Ermächtigung für zwei Vertragsarztsitze offensichtlich unzulässig.

18

Die übrigen Beteiligten haben keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der in der mündlichen Verhandlung beigezogenen Gerichts- und Verwaltungsakten des Parallelverfahrens L 3 KA 210/04 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die Berufungen des Klägers zu 2) sind zulässig.

21

Hinsichtlich der Berufung gegen das SG-Urteil vom 04. Juni 2003 im erstinstanzlichen Klageverfahren S 10 KA 239/00 ist klarzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 08. Dezember 1999 dort - entgegen dem Wortlaut des Urteilstenors zu 1. - nicht vollständig, sondern nur hinsichtlich der dem Kläger zu 2) erteilten Ermächtigung aufgehoben worden ist. Denn im Übrigen - d.h. in Hinblick auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung - ist der Beschluss im Parallelverfahren S 10 KA 256/00 gerade durch Urteil vom selben Tag bestätigt worden.

22

Der Kläger zu 2) ist durch das SG-Urteil im Verfahren S 10 KA 239/00 auch beschwert. Dem steht nicht entgegen, dass der hiermit aufgehobene Beschluss ihm lediglich eine Ermächtigung für den Vertragsarztsitz Q. zugesprochen hat, die er gar nicht beantragt hatte und die er auch nicht anstrebt. Denn es spricht viel dafür, dass dem Beklagten insoweit ein Irrtum unterlaufen ist und er den Kläger - antragsgemäß - für I. ermächtigen wollte; weder in der Begründung des Beschlusses noch im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte jedenfalls dargelegt, dass er bewusst vom diesbezüglichen Antrag des Klägers zu 2) abweichen wollte. Diesen Fehler könnte der Beklagte aber jederzeit korrigieren, und zwar - je nach Grund des Irrtums - gemäß § 38 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) oder nach § 44 Abs. 2 SGB X. Die Beschwer des Klägers zu 2) ist demzufolge darin zu sehen, dass ein ihm dem Grunde nach begünstigender, hinsichtlich des Vertragsarztsitzes noch korrekturfähiger Beschluss vom SG aufgehoben worden ist, weil das Gericht die Voraussetzungen einer Ermächtigung in Niedersachsen verneint hat.

23

Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Die Urteile des SG vom 04. Juni 2003 sind nicht zu beanstanden.

24

Die Klage der Klägerin zu 1) gegen die Erteilung einer Ermächtigung zu Gunsten des Klägers zu 2) ist als (isolierte) Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

25

Die Klage des Klägers zu 2) auf Erteilung der Zulassung ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft. Soweit der Kläger zu 2) eine Ermächtigung für den Vertragsarztsitz I. (statt U.) begehrt, kann er dies ebenfalls mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen. Soweit er rügt, die sich aus § 95 Abs. 11 Satz 5 SGB V kraft Gesetzes ergebende Befristung der ihm erteilten Ermächtigung sei vom Beklagten unzutreffend festgestellt worden, ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 SGG) die richtige Klageart. Das insoweit erforderliche berechtigte Interesse des Klägers zu 2) an der baldigen Feststellung des Fristendes ergibt sich dabei daraus, dass die angegriffene Feststellung im Beschluss vom 08. Dezember 1999 ohne fristgerechte Anfechtung des entsprechenden Verwaltungsakts bestandskräftig (§ 77 SGG) werden könnte.

26

Die Klage der Klägerin zu 1) ist auch begründet, weil der Kläger zu 2) keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung hat. Dagegen ist seine Klage gegen die Versagung einer bedarfsunabhängigen Zulassung in I. unbegründet, weil er keinen Anspruch auf eine derartige Zulassung hat.

27

Anspruchsgrundlage für die streitbefangene Zulassung bzw. Ermächtigung ist § 95 Abs. 10 und Abs. 11 SGB V. Nach § 95 Abs. 10 SGB V können Psychotherapeuten unabhängig von der vertragsärztlichen Bedarfsplanung zugelassen werden, wenn sie die in Satz 1 Nr. 1 bis 3 der Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllen. Hierzu müssen sie bis zum 31. Dezember 1998 die Voraussetzung der Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes und des Fachkundenachweises nach § 95 c Satz 2 Nr. 3 SGB V erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben (1.), bis zum 31. März 1999 die Approbationsurkunde vorlegen (2.) und in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis zum 24. Juni 1997 an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen haben (3.; sog. Zeitfenster). Mit der Vorschrift sollen unbillige Härten für die Psychologischen Psychotherapeuten vermieden werden, die zum 01. Januar 1999 in das vertragsärztliche System integriert worden sind, in dem die Möglichkeit der Zulassung durch eine regionale Bedarfsplanung (vgl. §§ 101 ff SGB V) eingeschränkt ist. Derartige Härten könnten ansonsten für Psychotherapeuten eintreten, die bereits vor 1999 eine Praxis geführt haben, diese aber aufgeben müssten, weil der Praxisort in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich liegt, sodass eine Zulassung für diesen Praxissitz nicht möglich ist (zu diesem Verständnis der Norm vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 25 m.w.N.). Die Psychotherapeuten, die den Fachkundenachweis nach § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 95 c Satz 2 Nr. 3 SGB V nicht erbringen können, haben gemäß § 95 c Satz 2 Nr. 3 SGB V die Möglichkeit, einen Antrag auf Nachqualifikation zu stellen, wenn sie die in § 95 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 SGB V vorgesehene sog. Sockelqualifikation vorweisen können. Unter den weiteren Voraussetzungen von Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 (Vorlage der Approbationsurkunde bis zum 31. März 1999) und Nr. 3 (Teilnahme an der Versorgung im Zeitfenster vom 25. Juni 1994 bis zum 24. Juni 1997) werden sie zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt.

28

Der Kläger zu 2) erfüllt vorliegend nicht die Voraussetzungen des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 SGB V, weil er im Zeitfenster nicht in rechtlich erheblicher Weise an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung "teilgenommen" hat. Eine Teilnahme i.S.d. Vorschrift liegt nur vor, wenn der jeweilige Psychotherapeut im Zeitfenster einen gewissen Mindestumfang an Behandlungsstunden erbracht hat, weil die Verweisung auf eine bedarfsabhängige Zulassung nur dann eine unzumutbare Härte sein kann, wenn die früheren Behandlungen in einer bereits vorhandenen Praxis die Berufstätigkeit des Psychotherapeuten mitgeprägt haben (ständige BSG-Rechtsprechung, vgl. grundlegend SozR 3-2500 § 95 Nr. 25). Dies ist anzunehmen, wenn der Behandlungsumfang gegenüber Versicherten der Krankenkassen annähernd einer halbtägigen Tätigkeit entsprochen hat und die Behandlungen in der eigenen Praxis nicht gegenüber anderen beruflichen Tätigkeiten von nachrangiger Bedeutung gewesen sind. In der Regel setzt dies voraus, dass der Psychotherapeut im Rahmen des Zeitfensters in sechs Monaten 250 Behandlungsstunden erbracht hat, mithin einen Wochendurchschnitt von 11,6 Stunden (BSG a.a.O.; BSG MedR 2003, 359, 361) [BSG 11.09.2002 - B 6 KA 41/01]. Diese Voraussetzung muss an dem Ort erfüllt worden sein, für den die bedarfsunabhängige Zulassung begehrt wird, weil nur eine dort bereits bestehende schutzwürdige Praxissubstanz die Freistellung von der Bedarfsplanung aus Härtefallgesichtspunkten rechtfertigen kann (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 25; BSG-Beschluss vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 89/04 B - und der dem zu Grunde liegende Senatsbeschluss vom 07. Oktober 2004 - L 3 KA 501/03).

29

Ein derartiger Behandlungsumfang am Praxisstandort I. kann jedoch nicht festgestellt werden. Der Kläger zu 2) hat schriftsätzlich im Berufungsverfahren lediglich angegeben (Schreiben vom 22. November 2005), er habe "jedenfalls" 10 der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Fälle in Elsfleth mit einer Gesamtstundenzahl von 228 im Zeitfenster behandelt. Eine annähernd halbtägige Behandlungstätigkeit in Elsfleth während eines Zeitraums von mindestens sechs Monaten ergibt sich hieraus nicht. Wegen des Fehlens dieser Voraussetzung hat das BSG selbst einen Behandlungsumfang von 250 Stunden im (gesamten) Zeitfenster nicht für ausreichend gehalten (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 25 RdNr. 54).

30

Nichts anderes ergibt sich aus den Unterlagen, die der Kläger zu 2) im Widerspruchsverfahren vor dem Berufungsausschuss Psychotherapeuten/Ärzte in Bremen vorgelegt hat. Als Anlage zu seinem Widerspruch hat er dort einzelne Behandlungsstunden (mit genauem Datum und anonymisierter Patientenbezeichnung) aufgelistet, die er vom 27. Juni 1996 bis 24. Juni 1997 erbracht hat; diese summieren sich auf insgesamt 335 Stunden. Außerdem hat er ein Diagramm vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass sich die Behandlungsstunden am Ende dieses Zeitraums konzentriert haben. Aus einem weiteren Diagramm - eingereicht im vorliegenden Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 22. November 2006 - ergibt sich, dass die Höchstzahl der Behandlungsstunden im Januar 1997 erbracht worden ist.

31

Addiert man demgemäß die in den letzten durchgehenden sechs Monaten (d.h. vom 25. Dezember 1996 bis zum 24. Juni 1997) erbrachten Behandlungsstunden, ergibt sich ein Betrag von 219 Stunden (bei Zugrundelegung der Monate November 1996 bis April 1997: 202 Stunden; der Monate Dezember 1996 bis Mai 1997: 217 Stunden). Bereits hiermit wird die notwendige Mindestzahl von 250 Stunden klar verfehlt. Erst recht gilt dies, wenn man - den oben genannten rechtlichen Vorgaben entsprechend - nur die 10 Behandlungsfälle berücksichtigt, die der Kläger nach eigenen Angaben in I. therapiert hat; diese ergeben insgesamt lediglich 122 Stunden.

32

Hieran ändert nichts, dass der Kläger zu 2) in seinem Widerspruchsschreiben vom 9. Juni 1999 - und erneut in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2007 - darauf hingewiesen hat, dass die genannte Auflistung die Fälle noch nicht enthalte, die am 31. Dezember 1998 noch nicht abgeschlossen waren. Denn nach der ergänzten Fallliste kann es sich hierbei nur um die Fälle Nrn. 46 bis 50 und 52 bis 54 handeln, von denen aber nur ein einziger - der Fall 46, Patientenchiffre: W140370 - noch innerhalb des Zeitfensters behandelt worden ist (ab 12. Juli 1996). Aus der hierzu in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigung der Betriebskrankenkasse des Bundesverkehrsministeriums ergibt sich, dass hierauf insgesamt 61 von der Kasse bestätigte Behandlungsstunden entfallen. Der Kläger zu 2) hat insoweit aber weder angegeben, wie viele Stunden hiervon innerhalb des Zeitfensters erbracht worden sind, noch an welchem Praxisstandort er diesen Patienten behandelt hat. Unabhängig hiervon ergäbe sich auch bei einer (unrealistischen) vollen Berücksichtung des genannten Falls für die Praxis in Elsfleth eine Gesamtsumme von lediglich 183 Stunden.

33

Soweit der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2007 darum gebeten hat, "weitere" innerhalb des Zeitfensters absolvierte Behandlungsstunden bzw. "Buchhaltungs- und Steuerunterlagen" nachreichen zu können, war dem darin liegenden Vertagungsantrag nicht nachzukommen. Hierzu hätte allenfalls dann Anlass bestanden, wenn der Kläger selbst - spätestens in der mündlichen Verhandlung - behauptet hätte, dass er die (hier erforderlichen) 250 Behandlungsstunden innerhalb eines Halbjahrs in seiner Praxis in Elsfleth erbracht hat. Dies hat er jedoch nicht getan, obwohl er vom Senat frühzeitig - mit am 20. Mai 2005 abgesandter Verfügung des Berichterstatters - auf die Problematik des Zeitfensters und die hierfür grundlegende BSG-Rechtsprechung hingewiesen worden ist. Damit ist ihm auch in ausreichender Weise rechtliches Gehör (§ 62 SGG) gewährt worden.

34

Weitergehende Erleichterungen zur Darlegung einer rechtlich erheblichen Teilnahme an der Versorgung der Versicherten in I. können dem Kläger zu 2) nicht eingeräumt werden. Das BSG hat es unter Härtefallgesichtspunkten zwar auch als ausreichend angesehen, dass der Therapeut in den letzten drei Monaten des Zeitfensters durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche erbracht hat, wenn seine Praxis erst zu Beginn oder im Frühjahr des Jahres 1997 neu gegründet worden ist (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 25). Ausweislich der Auflistung der Behandlungsstunden von Juni 1996 bis Juni 1997 hat der Kläger zu 2) aber auch schon im Jahr 1996 Versicherte behandelt, die er im vorliegenden Berufungsverfahren dem Praxisort I. zugeordnet hat; im Übrigen kann aus der genannten Liste auch nicht ersehen werden, dass er zuletzt durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche erbracht hat.

35

Eine rechtlich beachtliche Besonderheit kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger zu 2) seine Arbeitszeit und -kraft auf zwei Praxissitze verteilt hat und dieses auch in Zukunft tun möchte, sodass hinsichtlich des Zeitfensters "für den halben Sitz" auch nur die Hälfte der Anforderungen gestellt werden könnten (Schriftsatz vom 17. Dezember 2003). Die Möglichkeit, den Versorgungsauftrag auf die Hälfte eines vollzeitigen Versorgungsumfangs zu beschränken und damit u.U. zwei Halbtagsstellen in verschiedenen Planungsbereichen auszufüllen, ist erst zum 01. Januar 2007 mit dem durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) eingeführten § 19 a Abs. 1 Ärzte-ZV geschaffen worden (vgl. hierzu Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 88 f). Für die Möglichkeit einer rückwirkenden Anwendung dieser Regelung auf die bedarfsunabhängige Zulassung oder Ermächtigung von Psychotherapeuten gemäß § 95 Abs. 10 und 11 SGB V ergeben sich weder im Gesetzeswortlaut noch in der gesetzgeberischen Begründung zum VÄndG Hinweise; vielmehr hat der Ausschuss für Gesundheit im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich hervorgehoben, dass die Möglichkeit der Teilzulassung nur nach künftig geltendem Recht bestehen soll (BT-Drs. 16/3157 Seite 19). Im Übrigen würde eine Teilzulassung nach § 19 a Abs. 2 Ärzte-ZV voraussetzen, dass der Arzt bzw. Psychotherapeut seinen Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss auf die Hälfte beschränkt. Eine derartige Beschränkung hat der Kläger zu 2) aber nicht erklärt. Vielmehr hat er sowohl bei den Zulassungsgremien in Bremen als auch in Niedersachsen eine uneingeschränkte Zulassung bzw. Ermächtigung beantragt, ohne überhaupt auf die gleichzeitige Tätigkeit im jeweils anderen Bundesland hinzuweisen.

36

Einer Zulassung bzw. Ermächtigung in I. steht schließlich auch entgegen, dass der Kläger zu 2) bereits seit dem 4. Quartal 1999 eine Vertragspraxis auf der Grundlage der ihm vom bremischen Zulassungsausschuss Psychotherapeuten/Krankenkassen erteilten Ermächtigung vom 24. Juni 1999 betreibt. Zutreffend hat bereits das SG in dem die Ermächtigung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in I. betreffenden Klageverfahren S 10 KA 239/00 darauf hingewiesen, dass eine vertragsärztliche Tätigkeit an zwei Vertragsarztsitzen nicht möglich ist (vgl. in diesem Sinn auch schon Senatsbeschluss vom 15. Februar 2006 - L 3 KA 21/06 ER).

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Die Beschränkung der Vertragsärzte (und der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Psychotherapeuten) auf nur einen Praxissitz ergibt sich aus § 95 Abs. 1 Satz 7 SGB V bzw. § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV, wonach die Zulassung für "den Ort" der Niederlassung als Arzt erfolgt. Einer Zulassung für zwei Orte steht dabei schon entgegen, dass die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in einem Maße voraussetzt, das über eine bloße Halbtagsbeschäftigung hinausgeht; eine daneben bestehende Beschäftigung darf demzufolge höchstens 13 Wochen umfassen (BSG SozR 3-5520 § 20 Nr. 2; vgl. auch § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV). Dies hat der Gesetzgeber in dem ab 01. Januar 2007 geltenden § 19 a Abs. 1 Ärzte-ZV nunmehr ausdrücklich klargestellt, wonach die Zulassung den Arzt verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben (in ausdrücklicher Anknüpfung an die o.a. bisherige BSG-Rechtsprechung, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum VÄndG, BT-Drs. 16/2474 Seite 28). Eine jeweils vollzeitige Ausübung der ärztlichen Tätigkeit an zwei Orten ist aber angesichts der begrenzten Leistungsfähigkeit des einzelnen Arztes schon im Interesse der ordnungsgemäßen Behandlung der Versicherten auszuschließen. Für Psychotherapeuten gilt - ungeachtet der vom Kläger zu 2) geltend gemachten Besonderheiten der psychotherapeutischen Behandlungsweise - nichts anderes, weil diese den Vertragsärzten zum 01. Januar 1999 in vollem Umfang gleichgestellt worden sind, ohne dass der Gesetzgeber hinsichtlich des notwendigen Umfangs der Tätigkeit in der Praxis Sonderregelungen getroffen hat (BSG SozR 3-5520 § 20 Nr. 3).

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Auch der Umstand, dass der Kläger zu 2) in T. nur aufgrund einer Ermächtigung nach § 95 Abs. 11 SGB V arbeitet, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Ermächtigung berechtigt den Psychotherapeuten - auf der Grundlage der jeweiligen Sockelqualifikation - ebenso zur psychotherapeutischen Behandlung und Abrechnung wie die Zulassung auf der Grundlage der gemäß § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 95 c Satz 2 Nr. 3 SGB V nachgewiesenen Fachkunde (vgl. hierzu § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 der Psychotherapie-Vereinbarung (Anlage 1 des Bundesmantelvertrags-Ärzte)); der Unterschied liegt im Wesentlichen in der zeitlichen Befristung der Ermächtigung (vgl. Bartha, PsychR 2001, 40, 42 f). Die BSG-Rechtsprechung zur gleichzeitigen Zulassung von MKG-Chirurgen, auf die sich der Kläger zu 2) beruft, gibt für den vorliegenden Zusammenhang nichts her. Denn dieser Fall betrifft nicht die Tätigkeit an zwei verschiedenen Praxisstandorten, sondern die besondere Konstellation, dass ärztliche und zahnärztliche Tätigkeiten an einem Praxisstandort miteinander verknüpft sind (BSG SozR 3-5525 § 20 Nr. 1).

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Auch der Hinweis des Klägers zu 2), er müsse zwischen zwei Praxisstandorten wählen können, an denen er die Voraussetzungen der Absätze 10 bzw. 11 des § 95 SGB V erfüllt, ändert nichts an diesem Ergebnis. Angesichts der nachdrücklich von ihm vertretenen Auffassung, an zwei Orten vertragsärztlich tätig sein zu können, bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob er auf die Ermächtigung in T. verzichten würde, falls er eine Zulassung oder Ermächtigung in I. erlangen könnte. Dies gilt umso mehr, als er erstinstanzlich (Schriftsatz vom 12. Februar 2003) einen Verzicht auf seine Ermächtigung in T. zugunsten einer solchen in I. ausdrücklich unter Hinweis auf die Interessen seiner in T. behandelten Patienten abgelehnt hat. Jedenfalls hat er aber sein Wahlrecht dadurch verwirkt, dass er seine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit in T.- auf der Grundlage der ihm dort bestandskräftig erteilten Ermächtigung - aufgenommen hat. Damit hat er gegenüber allen hierdurch Betroffenen - der KV, den Krankenkassen und den Versicherten - kundgetan, dass er mit seiner dortigen Praxis an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen will. Ein innerer Vorbehalt, dies nur zu wollen, solange er nicht eine Zulassung in I. erhalten hat, ist demgegenüber unbeachtlich.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 SGG (in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung).

41

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.