Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 21.10.2004, Az.: 14 U 26/04
Schadensersatzanspruch eines Bauherrn gegen einen ausführenden Handwerker; Berufung eines Handwerkers auf ein Mitverschulden wegen fehlerhafter Planung bei fehlender Planung; Adressat eines Hinweises auf Bedenken gegen eine beabsichtigte Bauausführung; Berücksichtigung von "Sowiesokosten" bei der Berechnung eines Schadensersatzes wegen Mängeln beim Einbau einer Warmluftheizung durch einen Handwerker; Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung des Landgerichts in der Berufungsinstanz; Berücksichtigung von neuen Tatsachen in der Berufungsinstanz
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.10.2004
- Aktenzeichen
- 14 U 26/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 24144
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2004:1021.14U26.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 21.11.2003- AZ: 13 O 402/99
Rechtsgrundlagen
- § 4 Nr. 3 VOB/B
- § 13 Nr. 7 VOB/B
- § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
- § 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
Fundstellen
- BauR 2005, 397-399 (Volltext mit amtl. LS)
- BauR 2005, 152 (amtl. Leitsatz)
- BauRB 2005, 7 (Volltext mit amtl. LS)
- BauRB 2004, VI Heft 12 (Kurzinformation)
- BrBp 2005, 121
- IBR 2004, 685
- IBR 2005, 14
- MDR 2005, 502-503 (Volltext mit red. LS)
- NZBau 2005, VI Heft 2 (Kurzinformation)
- OLGReport Gerichtsort 2005, 1-2
- UBB 2005, 2
Amtlicher Leitsatz
Ein Handwerker, der das ihm übertragene Gewerk (hier: Einbau einer Warmluftheizung in ein Fitnessstudio) in Kenntnis dessen übernimmt, dass es eine Fachplanung des Bauherrn oder seiner Architekten nicht gibt, kann sich im Fall einer mangelhaften Ausführung der Werkleistung nicht auf ein Mitverschulden wegen fehlender Planung berufen.
Ein Hinweis auf Bedenken gegen die beabsichtigte Bauausführung gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B ist an den Bauherrn selbst zu richten, wenn sich dessen Architekt - sei er auch rechtsgeschäftlich bevollmächtigt - den Bedenken verschließt (Anschluss an BGH, Urteil vom 10. April 1975, VII ZR 183/74 = BauR 1978, 278 f.).
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 31. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 21. November 2003 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Beschwer: 17.280,52 EUR.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 540, 313 a Abs. 1 ZPO)
Die Berufung des Klägers erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die dem Kläger zustehende Restwerklohnforderung durch Aufrechnung der Beklagten mit Schadensersatzansprüchen wegen mangelhafter Werkleistung erloschen ist. Die Einwendungen der Berufung, mit welcher der Kläger nach teilweiser Berufungsrücknahme lediglich noch den vom Landgericht in dem vorangegangenen Urteil vom 3. März 2000 zunächst zugesprochenen Teilbetrag von 33.797,75 DM (17.820,52 EUR) weiterverfolgt (hinsichtlich der Teilabweisung wegen des ursprünglich geltend gemachten darüber hinausgehenden Betrags ist jenes Urteil rechtskräftig geworden, vgl. Verfügung des Berichterstatters vom 15. Juli 2004, Bl. 640 d. A.) greifen demgegenüber nicht durch.
1.
So ist entgegen der Auffassung des Klägers für den von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch (der sich im Übrigen auf § 13 Nr. 7 VOB/B stützt und nicht, wie vom Landgericht angenommen, § 13 Nr. 5 VOB/B, welcher lediglich den Nachbesserungsanspruch regelt) eine Ablehnungsandrohung nicht erforderlich, sondern lediglich eine Fristsetzung. Im Übrigen wäre eine Ablehnungsandrohung bei der gegebenen Sachlage ohnehin auch deswegen entbehrlich, weil der Kläger die von der Beklagten gerügten Mängel stets vehement bestritten hat (und noch bestreitet).
2.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Architekten der Beklagten hätten die streitgegenständliche Beheizungsanlage für das Fitnessstudio der Beklagten fehlerhaft geplant (mit der rechtlichen Folge zumindest eines der Beklagten zuzurechnenden Mitverschuldens), teilt der Senat die Auffassung der Kammer, wonach für die Planung dieser Gewerke der Kläger selbst verantwortlich gewesen ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger selber vorgetragen hat, von der Beklagten bzw. den ihm gegenüber auftretenden Architekten lediglich mit Grundrissplänen des Bauobjektes sowie der Maßgabe, eine Warmluftheizung einzubauen, ausgestattet worden sei. Dass es seitens der Beklagten oder der für sie tätigen Architekten eine Fachplanung für das Heizungsgewerk gegeben habe, hat der Kläger weder vorgetragen noch belegt. Irgendeine Planung, die dem Kläger die Ausführung der Heizung vorgeschrieben hätte, hat es nicht gegeben, sodass sich der Kläger auch nicht auf die Richtigkeit einer solchen hat verlassen können.
Dabei ist es ohne Bedeutung, dass das von der Beklagten beauftragte Architekturbüro (welches in erster Instanz als Streithelferin der Beklagten beteiligt gewesen ist) gegenüber der Beklagten verpflichtet gewesen sein mag, eine solche Fachplanung zu erstellen. Solange eine solche Planung, wie hier, nicht vorgenommen wird, gibt es nichts, worauf sich der Kläger als Fachunternehmer hätte verlassen können. Insofern greift auch nicht etwa, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 28. September 2004 nahe legen will (vgl. Bl. 650 d. A.) eine Art "ErstRechtSchluss". Eine vorliegende, aber fehlerhafte Planung kann als Mitverschulden für einen konkreten Fehler bei der Ausführung ursächlich werden, eine von vornherein fehlende Planung hingegen nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers vermag der Senat auch nicht davon auszugehen, dass sich die Architekten der Beklagten das zuvor eingeholte Angebot einer weiteren Anbieterin (der Firma B.) als Planung zu Eigen gemacht hätten, weshalb der Kläger sich auf diese habe verlassen dürfen. Abgesehen davon, dass das Landgericht zu Recht angenommen hat, dass sich die Architekten der Beklagten auf die Richtigkeit dieser Angebote keineswegs verlassen wollten, sondern die Verantwortung bei den Werkunternehmern belassen wollten (vgl. Bl. 236 d. A.: "Die Verantwortung für eine technisch und funktional einwandfreie Lösung obliegt ausschließlich Ihnen"), stellt ein Angebot (welches Leistungspositionen, die nach vorläufiger Einschätzung erforderlich werden, auflistet) keine Fachplanung für die technische Umsetzung dieser Leistung dar.
3.
Deswegen kommt es auf die Erwägungen des Klägers zu der Frage, ob er hinsichtlich der Ausführung der Heizungsanlage gegenüber der Beklagten hätte Bedenken anmelden müssen, nicht an. Abgesehen davon, dass dies selbstverständlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beklagte durch Architekten vertreten gewesen ist, der Fall gewesen wäre, hätte der Beklagte nicht etwa nur auf Bedenken hinsichtlich der Planung hinweisen müssen, sondern er hat ja nach dem oben Gesagten die Planung der Installation der Warmluftheizung insgesamt selbst übernommen.
4.
Zutreffend ist die Kammer auch davon ausgegangen, dass es den Kläger - hinsichtlich des Problemkreises der unzureichenden Entlüftung im Saunabereich - nicht entlastet, dass er seiner (von der Beklagten bestrittenen) Behauptung nach die Architekten der Beklagten auf die Erforderlichkeit einer solchen Entlüftungsvorrichtung hingewiesen habe, diese aber aus Kostengründen auf die Beauftragung verzichten wollten. Ein solcher Hinweis wäre nämlich, wie das Landgericht (der vom Senat im vorangegangenen Urteil vom 22. Februar 2001, Bl. 286 ff. d. A., kundgetanen Auffassung folgend) ausgeführt hat, schon deswegen unzureichend, weil er nicht an die Beklagte selbst weitergetragen worden wäre. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt ein Hinweis gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B an den Architekten, selbst wenn dieser vom Bauherrn rechtsgeschäftlich bevollmächtigt ist, jedenfalls dann nicht, wenn dieser - wie nach der Behauptung des Klägers hier der Fall war - trotz ihm gegenüber geäußerter Bedenken nicht bereit ist, von seinem Vorhaben abzugehen (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 10. April 1975, VII ZR 183/74, BauR 1978, 278 f.). Angesichts dessen kann es dahinstehen, dass die Richtigkeit der Behauptung des Klägers zu diesem angeblich erteilten Hinweis schon deswegen zweifelhaft erscheint, weil er ja nicht etwa den Architekten auf dessen eigene Fehlplanung hätte hinweisen können (eine Detailplanung hat es auch insoweit seitens des Architekten nicht gegeben), sondern vielmehr auf die Unzulänglichkeit der von ihm, dem Kläger, selbst vorgesehenen Entlüftungsmaßnahmen.
5.
Soweit die Berufung die Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts zur Frage des Vorliegens eines Mangels und zu dessen Bewertung der Höhe nach in Abrede nimmt (die Kammer ist insoweit den Feststellungen des von ihr beauftragten Sachverständigen J. in dessen überaus aufwendigem Gutachten gefolgt) sind seine Ausführungen nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung des Landgerichts zu wecken, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. So ist es nicht zutreffend, dass der Sachverständige bei seiner Ursachenfeststellung die vom Kläger behauptete mangelhafte Wartung der Filter in der Warmluftheizung unberücksichtigt gelassen habe. Vielmehr hat der Sachverständige ausdrücklich herausgearbeitet, dass die Luftmenge der von der Klägerin erstellten Anlage auch dann um mindestens 60 % zu klein ist, wenn die Filter gereinigt sind (vgl. S. 67 des Ausgangsgutachtens vom 18. November 2002). Auch der Einwand des Klägers, die Anlage sei noch nicht richtig einreguliert gewesen, weil die Beklagte zwischenzeitlich die Zahlungen eingestellt habe, rechtfertigt schon deswegen kein anderes Ergebnis, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen die Heizungsanlage grundsätzlich nicht ausreichend dimensioniert gewesen ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers (Bl. 604 d. A.) hat das Landgericht auch nicht etwa die Sowiesokosten völlig unberücksichtigt gelassen. Diese Auffassung ist offenkundig unzutreffend, schon der Beweisbeschluss der Kammer (Bl. 335 d. A.) verhält sich ausdrücklich auch zu diesem Gesichtspunkt. Der Sachverstände hat diese Kosten jeweils im Einzelfall herausgearbeitet und von den Mängelbeseitigungskosten in Abzug gebracht, allein hinsichtlich der Warmluftheizung handelt es sich um einen Betrag von stattlichen 48.307,56 EUR Sowiesokosten, siehe etwa S. 97 des Sachverständigengutachtens.
Dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, im Ergebnis damit eine gänzlich andere Heizungsanlage konzipiert habe, die nicht mehr dem entspreche, was der Kläger angeboten habe, ist dabei ohne Belang. Entscheidend ist vielmehr, dass die Anlage so, wie sie vom Kläger erstellt worden ist, jedenfalls nicht in der Lage ist, ihrem Zweck (gleichmäßige Beheizung des Fitnessstudios über beide Ebenen) gerecht zu werden. Dass eine mangelfreie Heizungsanlage einen wesentlich höheren Aufwand erfordert, hat der Sachverständige durch die von ihm angesetzten Sowiesokosten berücksichtigt, hinsichtlich derer der Kläger nicht belastet wird.
Soweit der Kläger schließlich noch geltend macht, die Feststellungen des Sachverständigen seien deswegen unzureichend, weil zum Zeitpunkt der Besichtigung der Anlage diverse Teile gefehlt hätten, ist dieser Vortrag schon deswegen nicht zu berücksichtigen, weil er erstmals in der Berufungsinstanz erfolgt, ohne dass erklärt würde, warum er nicht im ersten Rechtszug geltend gemacht worden ist und dass dies nicht auf grober Nachlässigkeit des Klägers beruhe (§ 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Schließlich hätte es dem Kläger freigestanden, dem Sachverständigen im ersten Rechtszug entsprechende Vorhaltungen zu machen. Angesichts dessen kann es dahinstehen, dass dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen ist, welche (für die Funktion der Anlage entscheidenden) Teile denn überhaupt gefehlt haben sollen. Auch der Sachverständige hat ja eine Unvollständigkeit der Anlage nicht festgestellt.
6.
Ebenfalls neu und damit im Berufungsrechtszug nicht zu berücksichtigen ist die Einwendung des Klägers, er habe hinsichtlich seiner etwaigen Nachbesserungsverpflichtungen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 648 a BGB gehabt. Auf einen entsprechenden Sachverhalt hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen. Im Übrigen ist für ein Leistungsverweigerungsrecht nach dieser Vorschrift nicht die bloße "Bitte" um Bestellung einer Sicherheitsleistung Voraussetzung, sondern die Setzung einer angemessenen Frist mit der Erklärung, dass nach deren Ablauf die Leistung verweigert werde. Dass dies der Fall gewesen sei (oder warum, wie der Kläger jetzt meint, eine solche Frist nicht erforderlich gewesen sei) ist nicht, schon gar nicht in erster Instanz, vorgetragen worden.
7.
Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO, die zu der vorläufigen Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat mit Blick auf § 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt. Gründe für die vom Kläger ohne nähere Erläuterung verlangte Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer: 17.280,52 EUR.