Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 04.09.2017, Az.: 2 B 102/17
Christentum; Eilverfahren; Konversion; Pakistan
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 04.09.2017
- Aktenzeichen
- 2 B 102/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 53632
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 71a AsylVfG
Gründe
Der Antrag mit dem der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (2 A 400/17) gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: das Bundesamt) vom 20. Juli 2017 begehrt, ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, weil der Klage des Antragstellers von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 Asylgesetz - AsylG -).
In der Sache hat der Antrag aber keinen Erfolg, weil das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung dem Interesse des Antragstellers, bis zu einer Entscheidung über seine Klage vorerst im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.
Gemäß §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Norm liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 -, juris).
Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) sind keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 20. Juli 2017 im Sinne dieser Norm gegeben. Durch diesen lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Ziffer 1.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nahm es nicht an (Ziffer 2.) und forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Pakistan auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Ziffer 3.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG befristete es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4.).
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers voraussichtlich zu Recht abgelehnt. Soweit - wie hier - der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a) in der Bundesrepublik Deutschland einen erneuten Asylantrag (Zweitantrag, § 71a AsylG) stellt, ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des weiteren Verfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.Dies ist u.a. der Fall, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat oder neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Nach § 51 Abs. 2 AsylG ist Voraussetzung, dass der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
Der Antragsteller hat weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren Umstände vorgetragen, die ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens nach § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 VwVfG begründen könnten. Dies gilt insbesondere in Bezug auf den einzig neu geltend gemachten Umstand, zum Christentum konvertiert zu sein, bzw. sich christlich taufen lassen zu wollen. Selbst wenn die Konversion des Antragstellers zum Christentum mit einer Taufe bereits vollzogen sein sollte, vermögen die vom Antragsteller dargelegten Umstände keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG) zu begründen. Denn nach den Erkenntnissen des Gerichts, liegt weder eine Gruppenverfolgung von Christen in Pakistan vor, noch kann sich der Antragsteller hier auf individuelle Verfolgungsgründe berufen.
Zur Frage der Gruppenverfolgung von hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014 – A 11 S 1128/14 –, ausgeführt:
„Christen in Pakistan droht nach den im Verfahren vom Senat zugrunde gelegten und ausgewerteten Erkenntnismitteln nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wegen ihres Glaubens und ihrer – auch öffentlichen – Glaubensbetätigung einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL ausgesetzt zu sein. Der Senat geht davon aus, dass in Pakistan mindestens 3 Millionen Christen leben (vgl. AA Lagebericht vom 08.04.2014, S. 6 und 16 – im Folgenden Lagebericht; vgl. aber auch Home Office, Pakistan, Country of Origin Information Report vom 09.10.2013, Ziffer 19.178 – im Folgenden COI – wonach laut einiger Quellen die Zahl in Wirklichkeit das Doppelte betragen soll). Nach der Rechtslage bestehen - anders als bei der religiösen Minderheit der Ahmadis – keine wesentlichen unmittelbaren Diskriminierungen der Christen in Pakistan (vgl. etwa Lagebericht, S. 13 f.; BAA, Bericht zur Fact Finding Mission, Pakistan, Juni 2013, S. 38 ff. und 51 ff. – im Folgenden BAA). Eine Ausnahme besteht insoweit, als der Premierminister sowie der Präsident Muslim sein muss, was teilweise als schlechtes Signal an die Bevölkerung beschrieben wird, dass die Minderheiten auch minderwertig seien (vgl. BAA, S. 51). Allerdings wirkt sich die sog. Blasphemiegesetzgebung auch bei der christlichen Minderheit faktisch zu ihrem Nachteil aus, zumal diese – nicht anders als bei anderen Minderheiten, aber auch bei der Mehrheitsbevölkerung – in erheblichem Maße aus eigensüchtigen Motiven und Gründen von den Anzeigeerstattern missbraucht wird (vgl. ausführlich auch BAA, S. 48 ff.; COI, Ziffer 19.33. ff.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Angehörigen religiöser Minderheiten in Pakistan, 10.10.2012, S. 6 f. – im Folgenden UNHCR; Human Rights Commission of Pakistan, State of Human Rights in 2013, S. 27 ff und 101 ff. – im Folgenden HRCP).(…) Betroffen sind davon allerdings in erster Linie nicht Angehörige der christlichen Minderheit. Dokumentiert sind zwei nicht rechtskräftige Todesurteile gegen eine christliche Frau und ein christliches Mädchen, ohne dass nähere Umstände hierzu bekannt geworden sind (vgl. etwa Human Rights Watch World Report 2014, S. 367 f. – im Folgenden HRWWR). Im Jahre 2012 kam es zu insgesamt 113 Anklagen (gegenüber 79 im Jahre 2011), davon 12 gegen Christen (Lagebericht, S. 14; vgl. auch HRCP, S. 33 f., die von geringfügig höheren Zahlen ausgeht). Im Jahre 2013 wurden insgesamt gegen 68 Personen Verfahren eingeleitet, darunter gegen 14 Christen; es wurden insgesamt mindestens 16 oder 17 Personen zum Tode und 19 oder 20 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, davon eine Verurteilung eines Christen zu lebenslanger Freiheitsstrafe und zwei Freisprüche von Christen (vgl. US Commission of International Religious Annual Report 2014, S. 76 – Im Folgenden USCIRF I; HRWWR, S. 367; HRCP, S. 33 ff.; vgl. zu weiteren Verurteilungen eines britischen Staatsangehörigen und einer pakistanischen Christin im Jahre 2014 Briefing Notes vom 27.01.2014 und 31.03.2014). Die Religionsausübung der christlichen Minderheit wird grundsätzlich staatlicherseits nicht eingeschränkt oder behindert. Für das Jahr 2012 wurde allerdings berichtet, dass auch staatliche Stellen sich an der Zerstörung christlicher Einrichtungen beteiligt hätten (vgl. US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2012, S. 126 – Im Folgenden USCIRF II). Vergleichbare Vorkommnisse werden für das Jahr 2013 in den zahlreichen Erkenntnismitteln an keiner Stelle mehr erwähnt (vgl. USCRIF I, S. 75 ff. und US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2013, S. 123 – im Folgenden USCRIF IV). Die wesentlichen Probleme, mit denen religiöse Minderheiten konfrontiert sind, sind die Auswirkungen der zunehmenden interkonfessionellen Gewaltakte von nicht-staatlicher Seite und Diskriminierungen im gesellschaftlichen Leben (vgl. hierzu schon ausführlich Senatsurteil vom 12.06.2013 – A 11 S 757/13). Allerdings ist festzustellen, dass sich diese Gewalttaten bislang überwiegend gar nicht gegen Christen, sondern gegen Angehörige der schiitischen Minderheit richten (vgl. BAA, S. 19 f und 47 f.; Lagebericht, S. 16; HRWWR, S. 367; USCIRF I, S. 75). Für das Jahr 2013 wurden insgesamt 658 Tote und 1195 Verletzte gezählt (vgl. Lagebericht S. 16), die gegen religiöse Minderheiten gerichteten interkonfessionellen Gewaltakten zum Opfer gefallen sind, während es sich im Jahre 2012 „nur“ um 507 Tote und 577 Verletzte gehandelt hatte (vgl. COI, Ziffer 19.233). Was die christliche Minderheit betrifft, sind besonders hervorzuheben ein Anschlag auf die anglikanische Allerheiligen-Kirche in Peshawar am 22.09.2013, durch den wohl etwa 100 Personen getötet und über 150 zum Teil schwer verletzt wurden (vgl. Lagebericht, S. 16, und USCIRF I, S. 76). Im März und April attackierte eine aufgehetzte Menschenmenge christliche Siedlungen bzw. Dörfer; bei den Attacken wurden über 100 Häuser zerstört, ohne dass aber Menschenleben zu beklagen waren (vgl. USCIRF I, S. 76; vgl. auch BAA, S. 42 f.; vgl. auch HRCP, S. 94 - zu weiteren – allerdings vereinzelten – Übergriffen auf Kirchen S. 94), wobei auch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Vorfall im März 2013 von langer Hand vorbereitet worden war. Im Wesentlichen alle verwerteten Erkenntnismittel sind sich in diesem Zusammenhang einig, dass staatliche Sicherheits- und Strafverfolgungsorgane hierbei den erforderlichen Schutz nur lückenhaft gewähren oder jedenfalls viel zu spät eingreifen, wobei dieses oftmals nicht allein darauf zurückzuführen ist, dass diese Organe überfordert wären, sondern auch auf einer offensichtlich mangelnden Bereitschaft beruht, effektiven Schutz zu gewähren (vgl. etwa BAA, S. 19 ff. und 42 ff.; HRWWR, S. 367; UNHCR, S. 1 f.; vgl. zu unzureichenden Schutzmaßnahmen schon Departement of State‘s International Religious Freedom Report for 2012, Stichwort „Government Inaction“ – Im Folgenden USCIRF III). Allerdings ist auch festzuhalten, dass es fundierte Berichte gibt, dass Polizeiorgane bei dem Versuch, den gebotenen Schutz zu gewähren, ernsthafte Verletzung erlitten haben (vgl. BAA, S. 43; vgl. auch S. 46 zu Schutzmaßnahmen bei Prozessionen). Immerhin haben die Sicherheitsorgane nach gewalttätigen Übergriffen auch Ausgangssperren zum Schutze der Minderheiten und gegenüber muslimischen Klerikern Verbote verhängt, die Stadt zu betreten, um zu verhindern, dass diese zur Gewalt aufstacheln und Hassreden halten (vgl. HRCP S. 76). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang abschließend, dass es nach dem Angriff am 22.09.2013 in Lahore und Islamabad bemerkenswerte zivilgesellschaftliche Solidaritätsaktionen zugunsten der Christen gab, indem um mehrere Kirchen Menschenketten gebildet wurden (HRCP, S. 94).Selbst wenn man bei der gebotenen qualitativen Bewertung (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - NVwZ 2011, 56, vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 und vom 13.02.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487) berücksichtigt, dass derartige Gewaltakte teilweise nicht vorhergesehen werden und die Angehörigen der religiösen Minderheiten gewissermaßen aus heiterem Himmel treffen können, was es ihnen dann aber unmöglich macht, ihnen auszuweichen, so genügen selbst die für das Jahr 2013 festgestellten Opferzahlen, die nach den verwerteten Erkenntnismitteln überwiegend nicht die christliche Minderheit betreffen, bei weitem nicht, um die Annahme zu rechtfertigen, jeder Angehörige dieser mindestens drei Millionen zählenden Minderheit müsse mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in einer noch überschaubaren Zeit Opfer derartiger Leib oder Leben betreffenden Akte zu werden. Daran ändern nichts die etwa vom Auswärtigen Amt im Lagebericht vom 08.04.2014 (S. 16) getroffene Feststellung, dass nach den Ereignissen des Jahres 2013 die Bedrohungslage der christlichen Minderheit in Pakistan eine neue Qualität habe, und die Tatsache, dass die Human Rights Commission of Pakistan davon spricht, dass das Jahr 2013 eines der schwärzesten für die christlichen Gemeinden in Pakistan gewesen sei (HRCP, S. 92). Auch UNHCR ist bislang der Auffassung gewesen, dass eine generelle, vom Einzelfall unabhängige Gefährdung nicht besteht (UNHCR, S. 8). Selbst die Organisation „Open Doors“ (Länderprofile Pakistan), die insgesamt ein durchaus düsteres Bild vermittelt, das aber in den anderen Erkenntnismitteln keine unmittelbare Entsprechung findet, geht davon aus, dass die christlichen Gemeinden sich nach wie vor ungehindert auch mit Öffentlichkeitsbezug versammeln und arbeiten können, auch wenn mitunter die Kirchen von bezahlten Wachleuten geschützt werden. Der Senat kann daher offen lassen, ob der pakistanische Staat den durch Art. 7 Abs. 2 QRL geforderten effektiven Schutz gewährleistet, was aber nach den verwerteten Erkenntnismitteln eher zu verneinen sein dürfte. Etwas anderes gilt auch nicht allgemein und generell betrachtet für den Personenkreis der vom Islam zum Christentum Konvertierten. Zunächst ist davon auszugehen, dass die pakistanische Rechtsordnung den Vorgang der Konversion nicht untersagt oder gar strafrechtlich bewertet (vgl. Lagebericht, S. 14). Versuche, die Rechtslage zu Lasten der Konvertiten zu verändern, sind sogar gescheitert und aufgegeben worden (vgl. COI, Ziff. 19.66). Allerdings kann hier die bereits erwähnte Blasphemie-Gesetzgebung zum Einfallstor für Verfolgungen und Diskriminierungen werden, wenn es um die Beurteilung von Äußerungen und Verhaltensweisen im Kontext einer Konversion geht (vgl. missio, S. 13 und 17; Deutschlandradio Kultur vom 11.02.2014, S. 3). Dass aber in signifikantem Umfang der hier zu beurteilende Personenkreis betroffen sein könnte, lässt sich den vielfältigen Erkenntnismitteln nicht entnehmen, obwohl in ihnen eine unübersehbare Fülle von Einzelinformationen verarbeitet wurden. (…) Die Folgen der gesellschaftlichen und innerfamiliären Ablehnung und Missbilligung gehen dahin, dass Konvertiten es teilweise, jedoch nicht generell, bewusst vermeiden, die Konversion an die Öffentlichkeit zu tragen, und daher ggf. auch den Wohnort wechseln, um nicht in ihrem bisherigen Wohnumfeld aufzufallen, um dann andernorts gewissermaßen als „unbeschriebenes Blatt“ als Christ auftreten und diesen Glauben mit den oben beschriebenen Einschränkungen leben zu können (vgl. etwa Open Doors, Länderprofile Pakistan). Das bedingt aber andererseits, dass es verlässliche Zahlen über die Konversionen vom Islam weg nicht geben kann. Auch wenn angesichts der geschilderten Haltung der Mehrheitsgesellschaft davon auszugehen sein wird, dass die Zahl der erfolgten Lösungen vom Islam oder Konversionen weg vom Islam nicht sehr groß sein wird, so fehlt es doch gegenwärtig an ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass nach Maßgabe der für die Annahme einer Gruppenverfolgung zugrunde zu legenden Prognosemaßstäbe jeder pakistanische Staatsangehörige, der sich vom Islam löst, unterschiedslos ein reales Risiko läuft, von einer schweren Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) QRL betroffen zu sein.(…)“
Diesen allgemeinen Ausführungen zur Lage der Christen in Pakistan schließt sich die erkennende Einzelrichterin auch nach Auswertung der neusten Erkenntnismittel an. Denn auch dem neusten Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 30. Mai 2016) sind keine Erkenntnisse zu entnehmen, die für eine Gruppenverfolgung von Christen in Pakistan sprechen. Zwar sind in den Jahren 2015 und 2016 wieder Anschläge auf Christen in Pakistan verübt worden (bspw. Doppel-Selbstmordanschlag auf zwei Kirchen in dem überwiegend von Christen bewohnten Stadtteil Yohanabad von Lahore, bei dem 20 Personen ums Leben kamen; bei einem Anschlag auf einen öffentlichen Park in Lahore am Ostersonntag im März 2016 wurden zahlreiche Christen getötet (s. Die Welt (online) vom 28.3.2016, „Christen als-Suendenböcke“). Wenngleich die Mehrzahl der getöteten Muslime war, behauptete die Taliban, der Anschlag habe den Christen gegolten, Lagebericht Auswärtiges Amt, S. 16; Open Doors, Länderbericht Pakistan Berichtszeitraum 1.11.2015 - 31. 10.2016). Im September 2016 wurde der christliche Wachmann D. E. getötet, als er versuchte, den Angriff von vier bewaffneten Männern auf die christliche Siedlung Warsak Dam bei Peschawar abzuwehren. Mindestens vier weitere Fälle wurden erfasst (Open Doors, Länderbericht Pakistan Berichtszeitraum 1.11.2015 - 31.10.2016). Auch diese neuen Anschläge sind nicht geeignet, eine Bedrohungslage anzunehmen, die für eine Gruppenverfolgung spricht. Es handelt sich vielmehr um vereinzelte Angriffe auf die christliche Minderheit, die weder von ihrer Quantität noch von ihrer Qualität übergreifenden Charakter aufweisen.
Im konkreten Einzelfall mag aufgrund individueller Umstände des Antragstellers keine andere Beurteilung erforderlich werden. Insbesondere hat der Antragsteller aufgrund der Tätowierung (Jesus am Kreuz auf dem Oberarm) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Tätowierung der Öffentlichkeit und insbesondere den pakistanischen Behörden überhaupt bekannt werden kann. Denn eine Tätowierung am Arm wird in der Regel vollständig von der Kleidung bedeckt. Dies gilt umso mehr, als in Pakistan überwiegend vom Tragen geschlossener Bekleidung in der Öffentlichkeit auszugehen ist. Aber auch wenn die Tätowierung bekannt sein sollte, sind ernsthafte, die Flüchtlingseigenschaft begründende Verfolgungsmaßnahmen, nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Denn es sind hier keine durchgreifenden Hindernisse für eine Person in der Lage des Antragstellers ersichtlich, im Falle von unmittelbaren Anfeindungen und Übergriffen im persönlichen Umfeld - etwa aufgrund des Bekanntwerdens der Tätowierung über eine Verbreitung der Bilder über das Portal Facebook - seinen Wohnort zu wechseln, wie dieses nach den verwerteten Erkenntnismitteln immer wieder geschieht, um ein Leben als Christ führen zu können (vgl. Lagebericht, S. 22; Open Doors, Länderprofile Pakistan). Im Übrigen kann der Antragsteller sich die Tätowierung entfernen lassen bzw. diese umgestalten lassen, so dass allein von ihr keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit ausgeht.
Weitere (neue) Gründe, die für eine Flüchtlingsanerkennung sprechen könnten, hat der Antragsteller nicht vorgebracht. Solche sind auch nicht ersichtlich.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nach §§ 166 VwGO; 114 Satz 1 ZPO abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den Gründen dieses Beschlusses nicht hinreichend erfolgversprechend war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 83b AsylG, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.