Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 08.09.2017, Az.: 6 A 368/17

Darfur; inländische Fluchtalternative; Khartoum; Khartum; Sudan

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
08.09.2017
Aktenzeichen
6 A 368/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54163
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Auch für afrikanischstämmige Bewohner des Darfur kommt der Großraum Khartum als inländische Fluchtalternative in Betracht.

Tatbestand:

Der 1985 geborene Kläger und die 1986 geborene Klägerin, sudanesische Staatsangehörige, sind seit 2010 miteinander verheiratet und wenden sich gegen die Ablehnung ihres am 22. August 2014 bei der Beklagten gestellten Asylantrages.

Der Kläger gab im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch die Beklagte an, er gehöre zum Stamme der Massalit und sei in einem Dorf geboren worden, das zwischen Nyala und Al Fashir liege. Dort habe er bis zu seiner Ausreise gelebt. Er habe die Grundschule besucht. Im Jahr 2005 hätten Janjaweed-Milizionäre und Truppen der Regierung das Dorf überfallen und in Brand gesetzt. Es seien 20 oder 21 Personen ums Leben gekommen. Seine Schwester sei vergewaltigt worden. Er selbst sei auf die Arme und Beine geschlagen worden. Nachdem man sie aus dem Dorf herausgetrieben habe, seien sie in ein Flüchtlingscamp in der Stadt Greda gegangen. Er habe sich dort 15 Tage lang aufgehalten, dann sei er zu seinem Onkel nach Al Fashir gegangen, wo er einen Monat lang gearbeitet habe. Der Onkel habe ihm dann mitgeteilt, dass er Angst um seine Familie habe, da er - der Kläger - schwarz sei und die Leute im Ort annähmen, dass er - der Kläger - für die Rebellen gearbeitet habe. Er habe von seinem Onkel Geld erhalten und sei mit diesem nach Libyen ausgereist. In Libyen habe er 2010 seine Ehefrau, die Klägerin, geheiratet. Sie seien von der Familie der Klägerin schikaniert worden, da die Klägerin ihre Tochter aus der zweiten Ehe habe wiederhaben wollen, was die Familie jedoch zu verhindern versucht habe. Die Tochter sei bei der Schwester der Klägerin gewesen. Der Mann der Schwester habe immer wieder Rebellen zu ihnen geschickt, die sie schikaniert hätten. Als er in einer Autowaschanlage in Zaouia gearbeitet habe, sei einmal ein Auto gekommen und habe ihn mit nach Misrata genommen. Er vermute, dass auch hierfür der Mann der Schwester der Klägerin verantwortlich sei. Dort sei er - der Kläger - 45 Tage lang in einem Raum festgehalten worden. In dem Raum seien auch andere Personen untergebracht gewesen, die aus Ägypten, Tunesien oder dem Tschad gestammt hätten. Man hätte ihnen gesagt, wer heraus wolle, bekomme ein Telefon und solle seine Familie anrufen, die dann Geld zur Auslösung mitbringen müsse. Soweit sei es bei ihm allerdings nicht gekommen. Hin und wieder sei ein freundlicherer Mann in den Raum gekommen, der vier oder fünf Leute zum Saubermachen zu sich nach Hause geholt habe. Er habe dem Mann erzählt, was passiert sei. Dieser habe ihm helfen wollen. Er habe für den Mann noch mit anderen zusammen Autos repariert. Nach einer Woche habe der Mann ihm ein Ticket für den Zug gekauft, mit dem er - der Kläger - zurück nach Zaouia gefahren sei. In Khartoum zu leben könne er sich nicht vorstellen. Dort würden Personen seiner Volkszugehörigkeit als Sklaven betrachtet.

Die Klägerin gab in ihrer persönlichen Anhörung gegenüber der Beklagten an, sie gehöre ebenfalls zum Stamme der Massalit. Mit ihren Eltern, mit denen sie zuvor in Darfur in einem Flüchtlingslager gelebt hätte, habe sie den Sudan verlassen, als sie vier Jahre alt gewesen sei, dies sei 1990 gewesen. Zur Schule sei sie nie gegangen. Als sie etwa 11 Jahre alt gewesen sei, sei sie vergewaltigt worden. Dies sei für ihre Familie eine große Schande gewesen. Man habe sie daher zwangsverheiratet, als sie 16 Jahre alt gewesen sei. Die Ehe habe von 1997 bis 2006 angedauert. Aus ihr seien drei Töchter hervorgegangen. Im Jahr 2008 habe sie ein weiteres Mal geheiratet. Der zweite Ehemann sei - wie auch der erste - Sudanese gewesen. Er habe sich um die Kinder aus der ersten Ehe mit gekümmert. Aus der zweiten Ehe sei eine Tochter hervorgegangen. Die drei Töchter aus der ersten Ehe seien von ihrer Familie in den Sudan zurückgeschickt worden. Sie wisse nichts über sie. Ihre Tochter aus der zweiten Ehe sei, nachdem auch ihre zweite Ehe im Jahr 2009 geschieden worden sei und sie im Jahr 2010 ihren jetzigen Mann, den Kläger, geheiratet habe, gewissermaßen entführt und zu ihrer größeren Schwester nach Tripolis geschickt worden. Dort lebe ihre Tochter noch heute. Sie habe bisher keine Möglichkeit gehabt, ihre Tochter von ihrer Schwester zurückzuholen. Libyen habe sie mit dem Kläger verlassen, weil dieser inhaftiert worden sei und es Bombenanschläge auf ihre Wohnung gegeben habe. Der Kläger sei drei Monate lang inhaftiert worden. Einen Monat, bevor sie Libyen verlassen hätten, sei er entlassen worden.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Kläger mit Bescheid vom 19. Mai 2017, umdatiert auf den 21. Juni 2017, ab (Ziffern 1-3 des Bescheides), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte ihnen die Abschiebung in den Sudan an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, der Vortrag der Kläger sei oberflächlich, detailarm und nicht glaubhaft. Dem Vortrag sei außerdem kein Anknüpfungsmerkmal im Sinne von § 3b AsylG zu entnehmen. Im Übrigen wird auf die Gründe des Bescheides verwiesen.

Hiergegen haben die Kläger am 3. Juli 2017 Klage erhoben. Sie legen ein Attest der Psychiatrischen Klinik D. vom 13. Juli 2017 vor, welches der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig eine schwere Episode ohne psychotische Symptome (F33.2), attestiert. Auf den Inhalt des Attestes wird verwiesen. Des Weiteren legen sie ein Attest des Facharztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin E. vom 29. Juni 2017 für den Kläger vor. Auf den Inhalt des Attestes wird verwiesen. Im Übrigen wenden die Kläger sich gegen die Gründe des angefochtenen Bescheides und tragen zur Situation im Sudan und in Libyen vor.

Die Kläger haben ursprünglich auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Asylberechtigung und des Flüchtlingsschutzes beantragt. Insoweit haben Sie die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Sie beantragen nunmehr,

die Beklagte unter insoweitiger Aufhebung ihres Bescheides vom 19. Mai 2017 zu verpflichten, die Kläger als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylG anzuerkennen,
hilfsweise

festzustellen, dass in den Personen der Kläger Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich des Sudan vorliegen,
hilfsweise

festzustellen, dass ein anderer Staat, in den abgeschoben wird (Ziffer 5 des Bescheides der Beklagten), nicht Libyen sein darf.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie auf die Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Klage ursprünglich auch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Asylberechtigung und des Flüchtlingsschutzes gerichtet war und in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Im Übrigen ist die Klage, über die trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO), teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1. Hinsichtlich des Hauptantrages – des Begehrens, die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als subsidiär Schutzberechtigte anzuerkennen – ist die Klage unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2017 ist, soweit er die Zuerkennung subsidiären Schutzes versagt, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Vorliegend kommt zwar in Betracht, dass den Klägern im Falle einer Rückkehr in ihre Heimatregion ein ernsthafter Schaden in Gestalt unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) droht. Grund hierfür ist zum einen, dass es in Darfur immer wieder zu Übergriffen von Regierungstruppen und verbündeten Milizen auf Angehörige afrikanischstämmiger Bevölkerungsteile kommt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, Stand Juni 2016, S. 10). Zum anderen finden in der Region nach wie vor bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und verbündeten Milizen einerseits und bewaffneten Rebellengruppen andererseits statt, die auch von der Beklagten teils als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt eingestuft werden.

Ob den Klägern im Falle ihrer Rückkehr in ihre Heimatregion tatsächlich ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht, kann indes offen bleiben. Denn selbst wenn ihnen ein ernsthafter Schaden drohte, schiede ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG aus. Nach diesen Bestimmungen wird einem Ausländer subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn ihm in einem Teil seines Herkunftslandes keine tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens droht oder er in einem Teil seines Herkunftslandes Schutz vor einem ernsthaften Schaden hat (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG) und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Vorliegend steht den Klägern mit der Möglichkeit einer Wohnsitznahme im Großraum Khartoum die Inanspruchnahme internen Schutzes offen. Die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger insoweit geäußerten Bedenken, man werde als Angehöriger der Massalit in Khartoum als „schwarz, Sklave, Teufelsanbeter“ angesehen, stehen dem nicht entgegen. Zwar müssen die Kläger – mit Blick auf sein äußeres Erscheinungsbild insbesondere der Kläger – im Falle einer Wohnsitznahme in Khartoum durchaus mit rassistischen Anfeindungen rechnen. Derartige Anfeindungen sind indes prägender Teil der aus hunderten ethnischen Gruppen bestehenden sudanesischen Gesellschaft (vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 10). Eine hohe Wahrscheinlichkeit, solchen Anfeindungen ausgesetzt zu sein, macht ein Ausweichen für die Kläger daher nicht unzumutbar. In Khartoum und auch in Omdurman existieren Gegenden mit einem hohen Anteil von Bewohnern aus Darfur, zum Beispiel der Markt Libia oder der Stadtteil Al Thawra (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 29.06.2012; UK Home Office, Country Policy and Information Note, Sudan: Non arab Darfuris, Stand August 2017, S. 8, abgerufen unter www.gov.uk/government/publications/sudan-country-policy-and-information-notes am 19.09.2017). Auch Flüchtlinge aus dem Südsudan, die ebenfalls ganz überwiegend afrikanischstämmig sind, werden in Khartoum bereitwillig aufgenommen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, Stand Juni 2016, S. 13). In Khartoum existiert ein – gemessen an den im Übrigen kritischen Versorgungsverhältnissen im Lande – recht gutes Warenangebot, wenngleich für die Bevölkerung auch dort über den Mindestbedarf hinausgehende Güter kaum erschwinglich sind (vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 17). Gemessen an den allgemeinen Gegebenheiten ihres Herkunftslandes ist den Klägern ein den Mindestbedarf abdeckender, aber nicht wesentlich über der Schwelle des Existenzminimums liegender wirtschaftlicher und sozialer Standard zumutbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 -10 C 15/12 -, juris, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 29.05.2008 -10 C 11/07 -, juris, Rn. 35). Eine Umsiedlung nach Khartoum stellt für afrikanischstämmige Sudanesen daher grundsätzlich eine angemessene Vorgehensweise dar (vgl. UK Home Office, a.a.O.). Anhaltspunkte, die mit Blick auf die Kläger eine abweichende Einschätzung gebieten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es spricht nichts dafür, dass es den Klägern nicht möglich sein könnte, in Khartoum ihr Existenzminimum zu sichern. Insbesondere ist den Klägern eine Rückkehr in die Region Khartoum zumutbar, obwohl dort keine Großfamilie, Verwandten oder Angehörigen zur Unterstützung zur Verfügung stünden. Die Kläger sind erwerbsfähig und haben ihr Existenzminimum auch in einem fremden Land – in Libyen – nicht nur ohne familiäre Unterstützung, sondern sogar trotz negativer familiärer Einflussnahme sichern können.

2. Auch der auf die Feststellung von Abschiebungsverboten bezüglich des Sudan zielende Hilfsantrag ist unbegründet. Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen nicht. Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug genommen (S.12-15 des angefochtenen Bescheides; § 77 Abs. 2 AsylG). Eine abweichende Einschätzung gebieten auch die von den Klägern vorgelegten Atteste nicht. Mit dem die Klägerin betreffenden Attest der Psychiatrischen Institutsambulanz D. vom 13. Juli 2017 werden die in dem Attest erwähnte Erkrankung der Klägerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sowie das Bestehen einer Suizidalität nicht hinreichend dargelegt.

Das Attest verfehlt nicht nur die vom Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags aufgestellten Anforderungen an die Darlegung einer PTBS-Erkrankung. Nach diesen ist angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests erforderlich, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Hierzu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. BVerwG, Urt. vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, juris, Rn. 15). Vorliegend ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage das fachärztliche Attest erstellt wurde; erwähnt werden zwei Termine (am 11. November 2016 sowie am 30. Juni 2017), deren Gegenstand allerdings unbekannt bleibt. Zu einer Befunderhebung schweigt sich das Attest aus; im Kern werden die Angaben der Klägerin gegenüber dem Facharzt wiederholt. Ferner nimmt die Klägerin nicht zu dem Umstand Stellung, dass sie erst deutlich über zwei Jahre nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik fachärztliche Behandlung in Anspruch in Anspruch zu nehmen begonnen hat.

Darüber hinaus ist das hinsichtlich der Klägerin vorgelegte Attest aber auch für sich betrachtet widersprüchlich. Während auf Seite 1 des Attestes ausgeführt wird, die PTBS-Erkrankung sei „mit Sicherheit auf die Lebensbedrohung in Libyen zurückzuführen“, findet sich auf Seite 2 des Attestes die Behauptung, eine Rückführung der Klägerin in den Sudan „würde die bereits bestehenden oben ausführlich beschriebenen Störungen und die Suizidalität verstärken“. Aus welchem Grund eine Rückführung in den Sudan zu einer Verschlechterung des Zustandes der Klägerin führen soll, wenn eine Traumatisierung der Klägerin in Libyen erfolgte, ist nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für die behauptete Verstärkung „der Suizidalität“: Eine solche wird in der Bescheinigung vorstehend nicht attestiert, es ist lediglich von geäußerten Lebensüberdrussgedanken die Rede.

Das für den Kläger vorgelegte Attest des Facharztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin E. von 29. Juni 2017 stellt keine ernsthaften oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen fest. Auch ist eine akute Behandlungsbedürftigkeit nicht vorgetragen. Aus welchem Grunde der Facharzt „eine Abschiebung in den Sudan aus medizinischen Gründen für nicht möglich“ hält, ist weder dargelegt noch nachvollziehbar. Der Kläger selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, er leide gelegentlich unter Bauchschmerzen.

3. Hinsichtlich des weiteren Hilfsantrages, mit dem begehrt wird, festzustellen, dass eine Abschiebung nicht nach Libyen erfolgen dürfe, ist die Klage unzulässig. Insoweit fehlt es den Klägern an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der allgemeine Hinweis nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 2, 2. Hs. AufenthG, wonach die Kläger auch in einen anderen Staat abgeschoben werden können, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Übernahme verpflichtet ist, hat keinen Regelungsgehalt (vgl. BVerwG, Urt. 04.12.2001 - 1 C 11/01 -, juris, Rn. 11; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 23/10 -, juris, Rn. 19). Das Bestehen von Abschiebungsverboten für Libyen wurde von der Beklagten nicht geprüft und folglich auch nicht verneint.

4. Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig ergangen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.