Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 13.09.2017, Az.: 3 A 394/17
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 13.09.2017
- Aktenzeichen
- 3 A 394/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53980
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 32 AsylVfG
- § 33 Abs 1 AsylVfG
- § 33 Abs 2 S 1 Nr 1 Alt 2 AsylVfG
- § 33 Abs 4 AsylVfG
- § 58 Abs 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Fehlt dem Einstellungsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache, die
der unvertretene Asylantragsteller versteht, ist die Belehrung unrichtig im Sinne
des § 58 Abs. 2 VwGO.
2. Die Belehrung gem. § 33 Abs. 4 AsylG muss in einer Sprache erfolgen, der der Asylantragsteller mächtig ist.
3. Die Formulierung "dass es für das Asylverfahren nachteilige Folgen haben kann (Einstellung des Verfahrens bzw. Entscheidung ohne persönliche Anhörung)" genügt nicht den an einen Hinweis nach § 33 Abs. 4 AsylG zu stellenden Anforderungen.
Tatbestand:
Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 23. Juni 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27. Juni 2016 einen Asylantrag.
Bei der Asylantragstellung am 27. Juni 2016 unterzeichnete er ein mit „Wichtige Mitteilung“ überschriebenes Schriftstück des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) in deutscher Sprache und ein weiteres in der Sprache Paschtu. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass „es für das Asylverfahren nachteilige Folgen (Einstellung des Verfahrens bzw. Entscheidung ohne persönliche Anhörung) haben kann“, wenn er zu dem Termin zur Anhörung unentschuldigt nicht erscheint, ohne vorher dem Bundesamt die Hinderungsgründe schriftlich mitgeteilt zu haben. Weiter wird in dem Schriftstück erklärt, dass Übersendungen von Mitteilungen, Ladungen oder Entscheidungen durch Behörden und Gerichte immer an die letzte dorthin mitgeteilte Anschrift erfolgen würden. Übersandte Schreiben seien auch dann wirksam, wenn der Empfänger dort nicht mehr wohne und von dem Inhalt keine Kenntnis erhalten habe. Am 4. August 2016 teilte der zuständige Landkreis dem Bundesamt mit, dass sich die Anschrift des Klägers geändert habe und er nunmehr unter der Anschrift B. in C. wohne. In einem an den Kläger unter seiner neuen Anschrift gerichteten Schreiben des Bundesamtes vom 12. Januar 2017 wird als Termin zur persönlichen Anhörung der 30. Januar 2017 um 8:30 Uhr genannt, mit unter anderem dem Hinweis, dass der Asylantrag nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG als zurückgenommen gilt, wenn er zu diesem Termin nicht erscheint. Die Zustellungsurkunde kam mit dem Hinweis vom 14. Januar 2017 zurück, dass der Kläger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln gewesen sei. In den Verwaltungsvorgängen findet sich ein Vermerk des Bundesamtes vom 30. Januar 2017, nach dem der Kläger zur Anhörung am „30. November 2017“ (gemeint ist wohl der 30. Januar 2017) nicht erschienen sei.
Das Bundesamt entschied daraufhin mit Bescheid vom 13. Februar 2017, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziff. 1 des Bescheides) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2). Der Kläger wird durch den Bescheid weiter dazu aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, anderenfalls werde er nach Afghanistan abgeschoben (Ziff. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde vom Bundesamt auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 4). Der Bescheid wird hinsichtlich der Ziff. 1 damit begründet, dass der Kläger der Aufforderung zu seiner persönlichen Anhörung nicht gefolgt sei, so dass gem. § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG vermutet werde, dass er das Verfahren nicht betreibt, mithin der Asylantrag als zurückgenommen gelte und das Verfahren gem. § 32 AsylG einzustellen sei. Der Tenor und die Rechtsbehelfsbelehrung wurden in die Sprache Dari übersetzt. Der Bescheid wurde nach einem Vermerk des Bundesamtes vom 14. Februar 2017 am gleichen Tag als Einschreiben, adressiert an den Kläger unter der Anschrift B. in C., zur Post gegeben. Dieses kam am 21. Februar 2017 an das Bundesamt mit dem Hinweis zurück, dass der Antragsteller unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln gewesen sei. Nach einem Vermerk des Bundesamtes vom 23. Februar 2017 wurde die Anschrift des Klägers von der Ausländerbehörde auf Nachfrage bestätigt.
Der Kläger teilte dem Bundesamt mit Schreiben vom 23. Mai 2017 mit, dass er nunmehr bei der Ausstellung seines neuen Ausweises von seiner Duldung erfahren habe. Einen Brief über einen negativen Bescheid habe er bislang nicht erhalten. Daraufhin wurde dem Kläger eine Abschrift des Bescheides vom 13. Februar 2017 mit einem Anschreiben vom 29. Mai 2017 übersandt. Wann diese Sendung zur Post gegeben wurde bzw. wann der Kläger sie erhalten hat, ist nicht bekannt.
Gegen den Bescheid vom 13. Februar 2017 hat der Kläger am 14. Juni 2017 Klage erhoben und die Anordnung deren aufschiebender Wirkung beantragt. Eine Begründung der Klage (oder des Antrages) ist nicht erfolgt.
Auf den Eilantrag des Klägers hin hat das Gericht mit Beschluss vom 24. Juli 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (Az. 3 B 27/17, juris).
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Beklagte zu verpflichten, sein Asylverfahren fortzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der angegriffene Bescheid aufgrund der Zustellung am 17. Februar 2017 seit dem 4. März 2017 bestandskräftig und die Klage daher verfristet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten (hinsichtlich der Beklagten aufgrund der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes vom 27. Juni 2017) gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes begehrt, zulässig und begründet. Soweit darüber hinaus auch die Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung des Asylverfahrens des Klägers beantragt wird, ist sie unzulässig. Maßgeblich ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG die Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird.
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, im Übrigen unzulässig.
a) Die Klage ist fristgerecht erhoben. Selbst bei Annahme einer Fiktion der Zustellung zum Zeitpunkt der Aufgabe zur Post am 14. Februar 2017 gem. § 10 Abs. 2 Satz 1, Satz 4 AsylG hat der Kläger mit seiner am 14. Juni 2017 bei Gericht eingegangen Klage die Klagefrist gewahrt. Diese beträgt vorliegend abweichend von der Zweiwochenfrist des § 74 Abs. 1 AsylG nach § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr. Eine Unrichtigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO kann auch dann gegeben sein, wenn sie nicht eine der in § 58 Abs. 1 VwGO genannten Angaben betrifft, jedoch - wie vorliegend - dennoch geeignet ist, die Einlegung des entsprechenden Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Auflage, § 58 Rn. 12; vgl. auch Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Stand: Oktober 2016, § 58 Rn. 57; Nds. OVG, Urt. v. 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris Rn. 71; Beschl. v. 27.09.2012 - 7 MS 33/12 -, juris Rn. 25). Die dem Bescheid vom 13. Februar 2017 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist insoweit unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO, als dass sie in der Sprache Dari abgefasst ist, der Kläger - nach den Verwaltungsvorgängen - jedoch ausschließlich Paschtu spricht. Zwar muss die Rechtsbehelfsbelehrung eines behördlichen Bescheides grundsätzlich nicht in der (Heimat-)Sprache des Betroffenen abgefasst sein, um den Lauf der Klagefrist beginnen zu lassen (BVerfG, Beschl. v. 07.04.1976 - 2 BvR 728/75 -, juris Rn. 11; BVerwG, Beschl. v. 14.04.1978 - 1 B 113/78 -, juris Rn. 4). Amtssprache ist gem. § 23 Abs. 1 VwVfG deutsch. In Asylverfahren ergibt sich jedoch aus der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie), dass im Falle der Ablehnung eines Antrages auf internationalen Schutz die Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache erfolgen muss, die der Betroffene versteht. Nach Art. 12 Buchst. f) der Verfahrensrichtlinie werden Antragsteller (im Prüfungsverfahren auf Anträge auf internationalen Schutz) von der Asylbehörde über das Ergebnis der Entscheidung in einer Sprache unterrichtet, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, sofern sie nicht von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater unterstützt oder vertreten werden. Nach Art. 12 Buchst. f) Satz 2 der Verfahrensrichtlinie muss die Mitteilung auch Informationen darüber enthalten, wie eine ablehnende Entscheidung gemäß Art. 11 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie angefochten werden kann. Gem. 11 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie stellen die Mitgliedstaaten ferner sicher, dass bei der Ablehnung eines Antrages auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und/oder des subsidiären Schutzstatus die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung in der Entscheidung dargelegt werden und eine schriftliche Belehrung beigefügt wird, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann. Auch nach § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG ist - wenn kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt wurde - eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Die dem vom Kläger angegriffenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht in einer Sprache gefasst, die der Kläger versteht und der Verstoß gegen Art. 12 Buchst. f) der Verfahrensrichtlinie und § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG ist auch geeignet, die Erhebung der Klage zu erschweren, da der Kläger selbst vom Inhalt der Belehrung keine Kenntnis nehmen kann. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist damit unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO (vgl. auch VG München, Urt. v. 29.11.2013 - M 2 K 13.30275 -, juris Rn. 26; VG Minden, Beschl. v. 07.11.2016 - 10 L 1597/16.A -, juris Rn. 11; a.A. VG Berlin, Beschl. v. 19.05.2017 - 6 L 383.17 A -, juris Rn. 29).
b) Die fristgerecht erhobene Klage ist lediglich als Anfechtungsklage statthaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 10 C 1/13 -, juris Rn. 14 für die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 AsylVfG; VG München, Gerichtsbescheid v. 06.07.2017 - M 21 K 16.35587 -, juris Rn. 15; Urt. v. 14.03.2017 - M 7 K 17.30072 -, juris Rn. 10). Insbesondere darf das Gericht mit der Aufhebung des Bescheides nicht zugleich über die Begründetheit des Asylantrages bzw. des Antrages auf internationalen Schutz entscheiden; diese Sachentscheidung ist im Falle der Aufhebung des Bescheides zunächst dem Bundesamt vorbehalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 10 C 1/13 -, juris Rn. 14 für die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 AsylVfG m.w.N.; VG München, Urt. v. 15.05.2017 - M 17 K 17.35748 -, juris Rn. 16; Urt. v. 14.03.2017 - M 7 K 17.30072 -, juris Rn. 10; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 -, juris Rn. 16). Auch ein - wie vorliegend - demgegenüber eingeschränkter, auf die Durchführung bzw. Fortsetzung des Asylverfahrens gerichteter Verpflichtungsantrag ist insoweit nicht statthaft, weil das Bundesamt hierzu nach Aufhebung der Entscheidung über die Einstellung automatisch verpflichtet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.06.2017 - 1 C 9/17 -, juris Rn. 15; Urt. v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 -, juris Rn. 19; jeweils für den Fall einer Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes).
c) Dem Kläger fehlt auch, trotz der Möglichkeit, gem. § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG die Wiederaufnahme seines Verfahrens zu beantragen, nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage, weil der Wiederaufnahmeantrag kein gleichgeeignetes, keine anderweitigen Nachteile mit sich bringendes behördliches Verfahren darstellt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 20.07.2016 - 2 BvR 1385/16 -, juris Rn. 8; VG München, Urt. v. 15.05.2017 - M 17 K 17.35748 -, juris Rn. 17; VG Cottbus, Beschl. v. 10.05.2017 - 1 L 583/16.A -, juris Rn. 4; VG München, Beschl. v. 03.05.2017 - M 6 S 17.35642, juris Rn. 18, 20; VG Magdeburg, Beschl. v. 25.04.2017 - 1 B 166/17 -, juris Rn. 3; VG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2017 - 12 L 1310/17.A -, juris Rn. 7; VG München, Urt. v. 14.03.2017 - M 7 K 17.30072 -, juris Rn. 11).
2. Die Klage ist auch begründet. Die Feststellung der Einstellung des Asylverfahrens des Klägers durch das Bundesamt mit Bescheid vom 13. Februar 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens durch die Beklagte, § 113 Abs. 1 Satz1 VwGO (vgl. zur Rechtsverletzung auch BVerwG, Urt. v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 -, juris Rn. 43; VG Lüneburg, Urt. v. 14.08.2017 - 3 A 110/16 -, juris Rn. 25; jeweils zur Ablehnung der Durchführung eines Asylverfahrens durch das Bundesamt).
Gem. § 32 AsylG stellt das Bundesamt im Falle der Antragsrücknahme in seiner Entscheidung fest, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt, wobei in den Fällen des § 33 AsylG nach Aktenlage zu entscheiden ist. Nach § 33 Abs. 1 AsylG gilt ein Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Dies wird gem. § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG vermutet, wenn der Ausländer einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist. Gem. § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die nach den Absätzen 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.
In dem an den Kläger adressierten Schreiben vom 12. Januar 2017 wurde zwar der 30. Januar 2017 als Termin zur persönlichen Anhörung genannt. Die Aufforderung zur Anhörung ist jedoch - unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer Zustellungsfiktion gem. § 10 Abs. 2 AsylG vorliegen - aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt, so dass das Ausbleiben des Klägers am Termin zur Anhörung nicht die Vermutung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG begründen kann (vgl. auch VG München, Urt. v. 15.05.2017 - M 17 K 17.35748 -, juris Rn. 18; Urt. v. 14.03.2017 - M 7 K 17.30072 -, juris Rn. 12). Die Rücknahmefiktion des § 33 Abs. 1 AsylG tritt nur ein, wenn der Ausländer gem. § 33 Abs. 4 AsylG belehrt worden ist (OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 12.05.2017 - 4 LA 45/17 -, juris Rn. 16). Diese in der schriftlichen Aufforderung enthaltene Belehrung ist vorliegend fehlerhaft, was der Rücknahmefiktion des § 33 Abs. 1 AsylG entgegensteht und zur Rechtswidrigkeit der Einstellung führt (vgl. auch VG München, Urt. v. 29.06.2017 - M 21 K 16.34701 -, juris Rn. 28; Beschl. v. 08.03.2017 - M 21 S 16.32737 -, juris Rn. 24 m.w.N.; VG Minden, Beschl. v. 28.02.2017 - 10 L 162/17.A -, juris Rn. 44 m.w.N.; VG Greifswald, Beschl. v. 16.01.2017 - 5 B 2251/16 As HGW -, juris Rn. 24). Zwar wurde in dem Ladungsschreiben vom 12. Januar 2017 unter anderem darauf hingewiesen, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt, wenn der Kläger zum Anhörungstermin nicht erscheint. Eine Übersetzung des Hinweises in eine Sprache, die er mächtig ist, war dem Schreiben jedoch nicht beigefügt. Eine solche wäre jedoch nach § 33 Abs. 4 AsylG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Buchst. a) der Verfahrensrichtlinie erforderlich gewesen (so auch bereits VG Lüneburg, Beschl. v. 23.06.2017 - 6 B 57/17 -, juris Rn. 10 m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2017 - 14 L 1129/17.A -, juris Rn. 8, 10 f. m.w.N.; VG München, Beschl. v. 08.03.2017 - M 21 S 16.32737 -, juris Rn. 23 VG Minden, Beschl. v. 28.02.2017 - 10 L 162/17.A -, juris Rn. 40, 54 m.w.N.). Insoweit der Kläger aufgrund der Zustellungsfiktion ohnehin - unabhängig von der Sprache - keine Kenntnis von dem Inhalt der Belehrung hätte nehmen können, kann dies für ihn keine nachteiligen Folgen haben. Der Kläger kann, wenn der Erhalt der Ladung lediglich (gem. § 10 Abs. 2 AsylG) fingiert wird und er sie daher tatsächlich nicht erhalten hat, nicht schlechter gestellt werden, als wenn ihm die Ladung zugegangen wäre (nach VG München, Beschl. v. 21.07.2017 - M 21 S 17.35568 -, juris Rn. 25, 27 ist bereits ein Hinweis, dessen Zustellung fingiert wird, nicht ordnungsgemäß; der Hinweis auf die Rechtsfolgen muss vielmehr gegen eine Empfangsbestätigung erfolgt sein).
Zwar wurde dem Kläger bereits zuvor am 27. Juni 2016 ein Schriftstück mit der Bezeichnung „Wichtige Mitteilung“ auch in der Sprache Paschtu übergeben und von ihm auch gegengezeichnet, in welchem er unter anderem auch darauf hingewiesen wurde, „dass es für das Asylverfahren nachteilige Folgen haben kann (Einstellung des Verfahrens bzw. Entscheidung ohne persönliche Anhörung)“, wenn er zu dem Anhörungstermin nicht erscheint, ohne vorher seine Hinderungsgründe rechtzeitig dem Bundesamt schriftlich mitgeteilt zu haben (nach VG München, Beschl. v. 08.03.2017 - M 21 S 16.32737 -, juris Rn. 24 soll ein Hinweis in einer allgemeinen Belehrung über Mitwirkungspflichten nicht genügen). Auch diese Formulierung genügt jedoch nicht den nach § 33 Abs. 4 AsylG an eine ordnungsgemäße Belehrung zu stellenden Anforderungen (so auch VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 22.08.2017 - 7 L 601/16.A -, juris Rn. 7; im Ergebnis auch VG München, Beschl. v. 08.03.2017 - M 21 S 16.32737 -, juris Rn. 23). Zum einen geht aus dem Hinweis nicht eindeutig hervor, welche Folge ein Nichterscheinen hat (so auch VG Minden, Beschl. v. 28.02.2017 - 10 L 162/17.A -, juris Rn. 48). So wird insbesondere offengelassen, ob das Asylverfahren eingestellt oder ob über den Asylantrag ohne persönliche Anhörung entschieden wird. Zum anderen deutet die Formulierung darauf hin, dass dem Bundesamt ein Ermessen über deren Eintritt eingeräumt ist („kann“), was jedoch nicht der Fall ist (vgl. § 33 Abs. 1 AsylG („ist“); so auch bereits VG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2017 - 14 L 1129/17.A, juris Rn. 19; VG Greifswald, Beschl. v. 16.01.2017 - 5 B 2251/16 As HGW -, juris Rn. 23; a.A. wohl VG Augsburg, Urt. v. 17.03.2017 - Au 3 K 16.32041 -, juris, für eine Belehrung über die Folgen einer unterlassenen Anzeige eines Wohnungswechsels). Auch soweit der Kläger in dem Schriftstück darauf hingewiesen wird, dass Hinderungsgründe vorher sowie schriftlich geltend zu machen seien, entspricht der Hinweis nicht der gesetzlichen Regelung (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 AsylG; so auch VG München, Beschl. v. 21.07.2017 - M 21 S 17.35568 -, juris Rn. 26) und ist insoweit auch irreführend (VG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2017 - 14 L 1129/17.A, juris Rn. 21; VG Minden, Beschl. v. 28.02.2017 - 10 L 162/17.A -, juris Rn. 52 f.).
Die Feststellung des Bundesamtes über die Fiktion der Rücknahme des Asylantrages und die Einstellung des Asylverfahrens (Ziff. 1 des Bescheides) war daher rechtswidrig und aufzuheben. Dies gilt gleichsam für die Feststellung des Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (Ziff.2), die erlassene Abschiebungsandrohung (Ziff. 3) und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes (Ziff. 4), da diese Entscheidungen jedenfalls verfrüht ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 -, juris Rn. 21; VG München, Urt. v. 29.06.2017 - M 21 K 16.34701 -, juris Rn. 28).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.