Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.01.2003, Az.: 8 K 403/00

Berücksichtigung eines Kindes bei fehlender Haushaltsaufnahme; Anspruch auf Kindergeld bei volljährigen Kindern die nicht im elterlichen Haushalt leben; Voraussetzungen für das Vorliegen einer Unterhaltsrente

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
14.01.2003
Aktenzeichen
8 K 403/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 27340
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2003:0114.8K403.00.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 02.06.2005 - AZ: III R 66/04

Fundstellen

  • DStR 2005, VIII Heft 1 (Kurzinformation)
  • DStRE 2005, 84 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

"Unterhaltsrente" i.S. des § 64 Abs. 3 Satz 1 EStG.

Amtlicher Leitsatz

Für die Berücksichtigung eines Kindes bei fehlender Haushaltsaufnahme ist allein die Höhe des monatlich gezahlten Barunterhalts eines Elternteils maßgeblich.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Vater (Kläger) oder die Mutter (Beigeladene) Anspruch auf das Kindergeld für ihren Sohn ... hat.

2

Der volljährige Sohn des Klägers und der Beigeladenen, der seit dem 01.10.1999 ... studiert, lebt weder im Haushalt seines Vaters noch in dem seiner von seinem Vater geschiedenen Mutter, sondern unterhält ... eine eigene Wohnung.

3

Mit Schreiben vom 06.01.2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm für seinen Sohn ... ab dem 01.10.1999 das Kindergeld zu gewähren. Nachdem die Beigeladene gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, dass sie nach Absprache mit dem Kläger bei Inanspruchnahme des Kindergeldes 600 DM monatlich zahle, lehnte der Beklagte den Antrag des monatlich 525 DM zahlenden Klägers ab.

4

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die vorliegende Klage. Der Kläger trägt vor, dass er gemäß § 64 Abs. 3 EStG Anspruch auf das Kindergeld habe, weil er den höheren Unterhalt zahle. ... erhalte monatlich von ihm und der Beigeladenen 1.125 DM Unterhalt. Sein Anteil betrage 525 DM und der Anteil der Beigeladenen 350 DM. Zusätzlich erhalte ... das Kindergeld. Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse das Kindergeld bei der Bestimmung des höheren Unterhalts außer Ansatz bleiben.

5

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids vom 08.02.2000 und des Einspruchsbescheids vom 10.04.2000 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger das Kindergeld für seinen Sohn ... ab dem 01.10.1999 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Die Beigeladene erbringe im Vergleich zum Kläger die höheren Unterhaltsleistungen. Die Unterhaltsleistungen seien auch nicht um das Kindergeld zu verringern, weil das Kindergeld für den Berechtigten und nicht für das Kind bestimmt sei.

8

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird ergänzend auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Kindergeldakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist unbegründet.

10

Ist das Kind - wie im Streitfall - nicht in dem Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt (§ 64 Abs. 3 Satz 1 EStG). Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrente, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt (§ 64 Abs. 3 Satz 2 EStG).

11

Unter dem Begriff der "Unterhaltsrente" ist ausschließlich der Barunterhalt in Form einer laufend wiederkehrenden und gleichmäßigen Geldleistung zu verstehen (vgl. Urteile der Finanzgerichte Köln vom 31.08.2000 - 2 K 6067/99, in EFG 2001, 297, und Münster vom 14.12.2001 - 5 K 5688/00 Kg - in EFG 2002, 417, und Dienstanweisung des Bundesamtes für Finanzen zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des EStG vom 12.05.2000 in BStBl I 2000, 636, Nr. 64.3 Abs. 1). Denn nach § 1612 BGB ist der Unterhalt grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente, also in Form von Barunterhalt, zu gewähren. Diese Auslegung entspricht auch dem erkennbaren Zweck des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG, bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität an verhältnismäßig klare und leicht feststellbare Tatsachen anzuknüpfen.

12

Dabei ist, dem FG Münster a.a.O. folgend, unerheblich, woher die Mittel für diese Geldleistung stammen. Daher handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers auch dann um eine Unterhaltsrente, wenn die Mittel aus erhaltenem Kindergeld stammen.

13

Der Kläger hat unstreitig seit dem 01.10.1999 seinem Sohn ... laufend wiederkehrende und gleichmäßige Geldbeträge in Höhe von monatlich 525 DM überwiesen. Ebenso unstreitig hat die Beigeladene seit dem 01.10.1999 ihrem Sohn ... monatlich 600 DM gezahlt.

14

Danach hat nicht der Kläger, sondern die Beigeladene die höhere Unterhaltsrente (600 DM gegenüber 525 DM) gezahlt und damit seit dem 01.10.1999 gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG Anspruch auf das Kindergeld für ihren Sohn ....

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.